Hirntoddiagnostik

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Hirntod Hirntoddiagnostik Sicherheit Lebende Hirntote Schwangere Hirntote Berühmte Organspender Chronik

Deutschland

Aufbau

Die Hirntoddiagnostik baut auf 3 Säulen auf:

  1. Voraussetzungen
    Als Voraussetzung für die Durchführung der Hirntoddiagnostik müssen gegeben sein: Akute schwere Hirnschädigung + keine anderen Ursachen.
  2. Klinische Diagnostik
    Für die klinische Diagnostik müssen gegeben sein: Komma muss vorliegen + keine Hirnstammreflexe + Apnoe-Test.
  3. Nachweis der Irreversibilität
    Der Nachweis der Irreversibilität (Unumkehrbarkeit des Zustandes) ist dadurch gegeben, dass die klinische Diagnostik bei primärer Hirnschädigung nach mind. 12 Stunden wiederholt werden muss,[Anm. 1] bei sekundärer Hirnschädigung nach mind. 72 Stunden wiederholt werden muss.[Anm. 2]

Voraussetzungen

Die häufigsten Ursachen: Anteil p/s Abstand
Hirnblutung ca. 55% p 12 h
Schädelhirntrauma 10-20% p 12 h
Herzstillstand 10-20% s 72 h
Hirninfarkt 10-20% p 12 h
p = primäre Hirnschädigung Abstand[Anm. 3]
s = sekundäre Hirnschädigung

Keine Hirntoddiagnostik wird einfach nur auf Verdacht durchgeführt. Es müssen hierzu klare Voraussetzungen vorliegen:

Akute schwere Hirnschädigung

Es muss eine akute schwere Hirnschädigung vorliegen. Diese kann als primäre Hirnschädigung oder sekundäre Hirnschädigung erfolgt sein. Sie muss so schwerwiegend sein, dass keine Hirnstammreflexe festgestellt werden, wie sie in der klinischen Diagnostik fachkundlich überprüft werden.

Ausschluss anderer Ursachen

Es müssen andere Ursachen ausgeschlossen werden, die zu einem vorübergehenden Ausfall der Hirnstammreflexe führen können:[Anm. 4]

Intoxikation (Vergiftung)

Verschiedene Vergiftungen können die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuschen. Daher muss eine Vergiftung ausgeschlossen werden.[Anm. 5]

Relaxation (Einfluss von verschiedenen Medikamenten und Drogen)

Verschiedene Medikament wie auch Drogen können die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuschen. Daher muss eine Relaxation ausgeschlossen werden.

Primäre Hypothermie (Unterkühlung des Körpers)

Eine Unterkühlung des gesamten Körpers kann die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuscht. Daher muss eine Unterkühlung ausgeschlossen werden.

Metabolisches oder endokrines Koma

Beim metabolischen Koma sind Werte des Stoffwechsel so stak von Normalwerten abweichend, dass der Patient in ein Koma fällt.
Beim endokrinen Koma sind Hormonwerte so stark von Normalwerten abweichend, dass der Patient in ein Koma fällt.

Schock

Schock ist lebensbedrohlicher Zustand, bei dem die Blutzirkulation in den kleinen Blutgefäßen (Kapillaren) vermindert ist. Dies kann zu einer Sauerstoffunterversorgung der Gewebe und damit zu einer Stoffwechselstörung führen.
Da jeder dieser anderen Ursachen zu vorübergehendem Ausfall der Hirnstammreflexe führen kann, ist es bei der Hirntoddiagnostik so wichtig, die Vorgeschichte des Patienten zu kennen. Kam der Patient aus einem dieser anderen Ursachen in diesen Zustand des Komas, kann ihn die Intensivmedizin wieder heil zurückholen. Im Falle eines erfolgten Hirntods ist eine Rückkehr ins Leben nicht mehr möglich.

Um sicherzustellen, dass alle diese Voraussetzungen gegeben sind, bevor mit der klinischen Diagnostik begonnen wird, hat der Arzt auf dem Protokoll zur Feststellung des Hirntodes all dies zu protokollieren: Diagnose, primäre bzw. sekundäre Hirnschädigung, Zeitpunkt des Unfalls bzw. Krankheitsbeginns und einzeln aufgeführt der Ausschluss aller o.g. anderen möglichen Ursachen für diesen Zustand.
Erst wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann mit der [[Hirntoddiagnostik#klinische Diagnostik|klinischen Diagnostik] begonnen werden.

Klinische Diagnostik

Bei der klinischen Diagnostik werden Hirnstammreflexe überprüft. Dies sind Reflexe, die über Nervenfasern mit dem Hirnstamm verbunden sind. Dabei verlaufen nur die Nervenfasern für die Atmung (Apnoe-Test) vom Hirnstamm abwärts. Alle anderen Nervenfasern, der bei der klinischen Diagnostik überprüften Reflexe, verlaufen vom Hirnstamm aufwärts. - Damit wird sichergestellt, dass kein Bruch der Wirbelsäule (z.B. auch kein Genickbruch) die Ergebnisse der klinische Diagnostik verfälschen kann.

Koma

Wenn die Voraussetzungen für eine Hirntoddiagnostik erfüllt sind, muss tiefes Koma vorliegen, bevor mit der klinischen Diagnostik begonnen werden kann.

1. Grad gezielte Abwehr von Schmerz, Pupillenbewegung intakt
2. Grad ungerichtete Abwehr von Schmerz
3. Grad keine Abwehr von Schmerz
4. Grad keine Schmerzreaktion, Ausfall von Schutzreflexen

Für die Durchführung der Hirntoddiagnostik muss Koma im 4. Grad vorliegen.

Lichtreflex - D/A/CH

Bei viel Licht zieht sich die Pupille zusammen, um wenig Licht zur Netzhaut des Auges zu lassen und damit das Auge zu schützen. - Bei wenig Licht öffnet sich die Pupille, um viel Licht auf die Netzhaut des Auges zu lassen und damit zu ermöglichen, auch bei Dunkelheit noch zu sehen. Diese Veränderung der Pupille ist ein Hirnstammrreflex.

Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. bei beiden Augen ziehen sich die Pupillen bei Licht (mit Taschenlampe ins Auge leuchtend) nicht zusammen und öffnet sich nicht, wenn der Lichtstrahl weggenommen wird.
Wenn die Pupillen starr offen bleiben (lichtstarr), ist der Lichtreflex erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Puppenkopf-Phänomen - D/A/CH

Bei schnellen Kopfbewegungen zur Seite, die von außen kommen, versucht der Hirnstamm die Augen auf das Objekt zu halten, was es zuvor im Blick hatte. Dies ist ein Hirnstammreflex und hat nichts mit einer bewussten Augenbewegung zu tun.

Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. bei ruckartigem Drehen des Kopfes zur Seite gehen die Augen ebenso ruckartig mit. Es gibt kein Anzeichen einer Gegenbewegung, um auf das in Blick genommene weiterhin im Blick zu behalten. Die Augen bewegen sich wie bei einer Puppe synchron zur Drehbewegung mit, was den Begriff "Puppenkopf-Phänomen" schuf.
Wenn die Augen bei ruckartiger Drehbewegung nicht versuchen gegenzusteuern und somit das Puppenkopf-Phänomen vorliegt, ist der sogenannte Okulo-zephaler Reflex erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

W Puppenkopf.png

Ciliospinal-Reflex - A

Durch das Kneifen in den Nacken erweitert sich die Pupille.

Anwendung: Österreich

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Masseter-Reflex - A

Beim Masseterreflex wird mit einem Reflexhammer-Schlag von oben gegen die untere Zahnreihe oder das Kinn geschlagen. Dadurch werden der Musculus masseter und der Musculus temporalis gedehnt. Dies führt zu einer Schließung des Mundes.

Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. es erfolgt keine Reaktion auf den Schlag des Reflexhammers auf die untere Zahnreihe oder das Kinn.

Anwendung: Österreich

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Korneal-Reflex - D/A/CH

Lidschluss-Reflex (Korneal-Reflex) ist ein Hirnstammreflex, der das Auge schützt. Er wird durch Berührung der Hornhaut (Kornea) des Auges oder die nähere Umgebung des Auges ausgelöst. Dadurch verschließen sich die Augenlider, meist binnen 250 ms. Dieser reflektorische Schutzmechanismus schützt den Augapfel vor Fremdkörpern, Schädigung des Augapfels und Austrocknung.

Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. der Augapfel kann berührt werden, ohne dass sich die Augenlider reflektorisch schließen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Trigeminus-Schmerz-Reaktion - D/A/CH

Der Trigeminus (lat. Drillingsnerv) hat seinen Namen von seinen 3 Hauptäste im Gesichtsfeld: ein Ast führt zu den Augen, einer zum Oberkiefer, einer zum Unterkiefer. Er enthält sensible Fasern für die Wahrnehmung wie auch motorische Fasern für die Bewegung.

Bei der Trigeminusneuralgie können heftigste Schmerzen im Trigeminusgebiet auftreten. Diese werden meist als stärkste bekannte Schmerzen beschrieben.[Anm. 6]
Bei der Hirntoddiagnostik wird der Trigeminus gereizt. Es sollte sich eine Schmerzreaktion im Gesicht zeigen.
Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. es zeigt sich keine Schmerzreaktion im Gesicht.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Tracheal-Reflex - D/A/CH

Der Würge-Reflex (Tracheal-Reflex) ist ein Schutzreflex, der Eindringen von Fremdkörpern in die Atemwege verhindert. Er stellt damit ein gewisser Schutz vor Ersticken dar.

Der Würge-Reflex wird bei der Berührung des Zungengrundes sowie des weichen Gaumens ausgelöst, dort vorwiegend der Gaumenbögen.
Bei Hirntoten ist dieser Hirnstammreflex erloschen. D.h. es kommt zu keinem Würgen, wenn Zungengrund oder weicher Gaumen gereizt werden.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Atropini-Test - A

Atropin hemmt als Parasympatholytikum teilweise den Parasympathikus. Dies führt u.a. zu einem Anstieg der Herzfrequenz (Puls). Bei Hirntoten ist dieser Effekt (kein Reflex!) erloschen,[1] da die entsprechenden Trigger-Rezeptoren im unteren Teil im verlängerten Mark (Medulla oblongata) ausgefallen sind.[2]

In Österreich wird 2 mg Atropin intravenös verabreicht und mit von 5 ml NaCl durch die Kanüle (ZVK) nachgespühlt. Für die Feststellung des Hirntods darf es in den nächsten 3 Minuten zu einer Steigerung der Herzausgangsfrequenz um max. 15% kommen.

Anwendung: Österreich

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Apnoe-Test - D/A/CH

Der Apnoe-Test überprüft, in wie weit der Reflex der Eigenatmung ausgefallen ist. Hierzu wird die künstliche Beatmung ausgeschaltet und der Anstieg des CO2-Wertes überprüft. Ist bis 60 mmHg[Anm. 7] kein Anzeichen von Eigenatmung zu erkennen, gilt dieser Reflex als erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Kritik an der klinischen Diagnostik

Einzelne Menschen üben Kritik an der klinischen Diagnostik. Im Wesentlichen werden dabei diese Kritikpunkte vorgebracht:

  1. Hirntoddiagnostik sei Folter
    Die Hirntoddiagnostik wird von diesen Menschen als Folter bezeichnet. Dabei werden Begriffe "Zufügung von Schmerzen" und "Ersticken" benutzt.
    Dem ist entgegen zu halten, dass die Durchführung der Hirntoddiagnostik darauf ausgerichtet ist, dass zunächst mit den leichten Reizen (Lichtreflex) begonnen wird und schrittweise immer schwerere Reize angewandt werden. Dabei wird immer darauf geachtet, ob eine Reaktion zu erkennen ist. Zeigt sich auf einen dieser Reize eine Reaktion, so gilt dieser Test nicht bestanden, der Hirntod als nicht erwiesen. Auf eine Fortsetzung der klinischen Diagnostik wird verzichtet.
  2. Apnoe-Test schädige das Gehirn
    Das Gehirn benötigt beständig Sauerstoff. Ein Stillstand des Blutkreislaufes von 10 min führt bereits zu bleibender Schädigung des Gehirns. - Durch das Ereignis[Anm. 8] ist das Gehirn bereits geschädigt. Durch den Entzug des Sauerstoffs beim Apnoe-Test werde das Gehirn weiter geschädigt. Man gebe mit dem Apnoe-Test dem Gehirn sozusagen den Todesstoß, um am Ende das feststellen zu können, was man beabsichtigt festzustellen: den Hirntod.[Anm. 9]
    Dieser Vorwurf ignoriert die Bemühungen der Ärzte, das Leben des Patienten zu retten und verkennt die Situation völlig. - Man kann es durchaus mit einer Reanimation nach Herzstillstand vergleichen: Bei Erwachsenen wird 30 min lang reanimiert. Setzt das Herz binnen dieser Frist nicht mit dem selbständigen Herzschlag ein, so wird nicht weiter reanimiert. Die Reanimation wird beendet und das Ende der Reanimation wird als Todeszeitpunkt in den Totenschein eingetragen.
    Ähnlich ist es bei der Hirntoddiagnostik. Sie ist ein letzter Versuch, irgendwelche zerebrale Reflexe zu finden. Dem sind jedoch Bemühungen vorausgegangen, das Leben des Patienten zu retten:
    1. Sekundäre Hirnschädigung: Hypothermie nach Herzstillstand
      Nach erfolgreicher Reanimation wird dem bewusstlosen Patienten für 24 Stunden das Blut auf 33°C abgekühlt. In diesen Stunden haben die noch nicht abgestorbenen Gehirnzellen Zeit, sich zu regenerieren. Mit der Phase des Abkühlens und Erwärmens auf 37°C vergehen schon mal 3 Tage. Dann wird dem Patienten weitere Zeit gegeben, um aus dem künstlichen Koma aufzuwachen. Hierzu müssen die verabreichten Narkotikas vom Körper abgebaut werden. Diese Tage sind eindeutig dem Versuch zuzuschreiben, das Leben des Patienten zu retten.
      Zeigt der Patient nach dieser Bemühung keine zerebralen Reflexe, wird die Hirntoddiagnostik in Erwägung gezogen und ggf. durchgeführt. Wird dabei der Hirntod festgestellt, so gleicht es der Feststellung des Herztodes nach erfolgloser 30-minütiger Reanimation. Der Totenschein wird unterschrieben.
    2. Primäre Hirnschädigung
      Bei primärer Hirnschädigung kann die Ursache nicht weggenommen oder gelindert werden. Damit wird das Gehirn nicht durchblutet. Selbst wenn noch eine geringe Durchblutung erfolgt, so ist dies für ein Überleben des Gehirns zu wenig.[Anm. 10] Der Hirntod tritt damit verzögert ein, aber er bleibt auch damit unausweichlich. - Bis zur Feststellung des Sachverhalts vergehen Stunden und Tage, bevor mit der Hirntoddiagnostik begonnen wird. In dieser Zeit wird versucht, das Leben des Patienten zu retten und seine Gesundheit wieder herzustellen.
      Zeigt der Patient nach dieser Bemühung keine zerebralen Reflexe, wird die Hirntoddiagnostik in Erwägung gezogen und ggf. durchgeführt. Wird dabei der Hirntod festgestellt, so gleicht es der Feststellung des Herztodes nach erfolgloser 30-minütiger Reanimation. Der Totenschein wird unterschrieben.

Damit kann die gegen die klinische Diagnostik vorgebrachte Kritik sachlich und eindeutig widerlegt werden.

Apparative Diagnostik

Bei Kindern unter 2 Jahren und in einigen besonderen Fällen schreibt die Richtlinie zur Feststellung des Hirntods eine apparative Diagnostik vor. Ansonsten ist die apparative Diagnostik optional. Sie wird verwendet, wenn die Ursachen für den Zustand nicht 100-prozentig klar sind oder die Wartezeit verkürzt werden soll.

EEG

Die Aktivität unseres Gehirns, jeder Gedanke, ist ein elektro-chemischer Vorgang. Die elektrischen Spannungen und Ströme sind zwar sehr gering, aber messbar.

Mit Elektroenzephalografie kann die elektrische Aktivität des Großhirns gemessen und als Elektroenzephalogramm (EEG) dargestellt werden. Diese elektro-chemische Aktivität unseres Gehirns ist auch während des ganzen Schlafs vorhanden,[Anm. 11] da bei einem gesunden Menschen das Gehirn rund um die Uhr arbeitet. An Hirntoten ist kein EEG ableitbar. Die Richtlinien der BÄK schreiben für die Feststellung des Hirntods eine EEG-Nulllinie von 30 Minuten vor.

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EEG eines Lebenden

DSO EEG0.jpg
EEG eines Hirntoten

Angiographie

Angiographie ist in der Medizin die Darstellung von Gefäßen, meist von Blutgefäßen. Für dieses Bildgebungsverfahren gibt es verschiedene Techniken mit je eigenen Namen:

Bei allen diesen Techniken wird eine leicht radioaktive Substanz (Kontrastmittel) in das Blutgefäß injiziert. Die durchbluteten Gefäße werden bildlich dargestellt. Somit lässt sich ein Durchblutungsstop, wie es z.B. bei einem Hirninfarkt gegen ist, deutlich darstellen. Bei einem zum Hirntod führenden Hirninfarkt (siehe nebenstehendes Bild) ist ein großes, das Gehirn versorgende Blutgefäß verstopft. Damit erhält das Gehirn keinen Sauerstoff. Die Gehirnzellen sterben binnen Minuten ab. Der Hirntod ist die Folge.

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Angiographie eines Lebenden

DSO Kopf0.jpg
Angiographie eines Hirntoten

Dopplersonographie

Dopplersonographie] ist Sonographie an sich bewegenden Objekten, z.B. das fließende Blut. Beim [Doppler-Effekt] ist die reflektierte Frequenz bei sich entfernenden Objekten geringer und bei zukommenden Objekten höher.[Anm. 12] Mit der Dopplersonographie lassen sich fließende Flüssigkeiten nicht nur nachweisen, sondern auch die Geschwindigkeit ihres Flusses. Hirntote mit primärer Hirnschädigung haben keine Durchblutung des Gehirns. Dadurch ist das Gehirn abgestorben. Dieses Nichtdurchblutung lässt sich mit der Dopplersonographie nachweisen.

KeinBild.jpg

Perfusionsszintigraphie

Perfusionsszintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren zur bildlichen Darstellung Darstellung der Durchblutung. Hierzu wird eine leicht radioaktive Substanz injiziert und deren Verteilung im Körper bildlich dargestellt. Hierfür gibt es zwei Techniken:

Für die Hirntoddiagnostik ist es nicht erforderlich, dass die Nichtdurchblutung des Gehirns 3-dimensional dargestellt wird. Hierfür reicht ein 2-dimensionales Bild eines Szintigraphen.

W Szinti1.jpg
normale Durchblutung

W Szinti0.jpg
Hirntod, keine Durchblutung

o =

Nachweis der Irreversibilität

Deutschland

Der Nachweis der Irreversibilität belegt, dass der festgestellte Zustand (keine zerebralen Reflexe) nicht nur ein vorübergehender Zustand ist, sondern ein dauerhafter. Er ist "nicht umkehrbar", wie das Lateinische "irreversibel" zu übersetzen ist. - Dieser Nachweis wird erbracht durch eine zweite klinische Diagnostik:

  • bei primärer Hirnschädigung
    • nach 12 Stunden: Kinder über 2 Jahre und Erwachsene
    • nach 24 Stunden: Kinder unter 2 Jahre
    • nach 72 Stunden: Neugeborene
  • bei sekundärer Hirnschädigung: nach 72 Stunden

Diese Beobachtungszeit kann nur durch apparative Diagnostik verkürzt werden. In Deutschland sind hierbei zugelassen: Null-Linien-EEG (mind. 30 min), frühe akustisch evozierte Potentiale (FAEP), somatosensibel evozierten Potentiale (SEP), Dopplersonographie]], Perfusionsszintigraphie und Zerebrale Angiographie.

Die apparative Diagnostik ersetzt nicht die 2. klinische Diagnostik
sondern verkürzt nur die Beobachtungszeit.

Die gesetzten Fristen der Beobachtungszeit bzw. kürzerer Zeit mit entsprechender apparativen Diagnostik gibt der Hirntoddiagnostik die letzte Sicherheit, dass hier tatsächlich Hirntod vorliegt.

Alle für die Hirntoddiagnostik durchgeführten Untersuchungen müssen mit ihren Ergebnissen im "Protokoll zur Feststellung des Hirntodes" eingetragen werden.
Zum Abschluss der Hirntoddiagnostik liegen somit 4 Protokolle vor: von den beiden untersuchenden Ärzten je zwei Protokolle, jeweils von der 1. und 2. klinischen Diagnostik.

Sicherheit der Hirntoddiagnostik

Um Fehlmessungen auszuschließen, ist in den Richtlinien der BÄK detailliert vorgschrieben, wie diese apparative Diagnostik durchzuführen ist. Auch defekte Untersuchungsgeräte werden damit ausgeschlossen. - So ist z.B. für die Durchführung eines Nullinien-EEGs vorgeschrieben:[Anm. 14]

  • Es muss eine Nulllinie von mind. 30 min sein, einwandfrei auswertbar.
  • Die Gehirnströme müssen durch Klebe- oder Nadelekektroden abgeleitet werden.
  • Die Elektroden sind nach dem 10:20-System anzuordnen.
  • Der Elektrodenübergangswiderstand soll zwischen 1 und 10 Kiloohm betragen.
  • Die Filtereinstellung hat zwischen 0,53 und 70 Herz zu sein.
  • Die Ableitung soll mit einer Verstärkereinstellung von 5 bzw. 7 Mikrovolt begonnen werden.
  • Das Nulllinien-EEG soll mit einer Einstellung von weniger als 2 Mikrovolt durchgeführt werden.
  • Der Rauschpegel des Geräts soll mind. 2 Mikrovolt abgrenzen können.
  • Es ist ein EGG-Gerät mit mind. 8 Kanälen zu verwenden.
  • Zu Beginn der Untersuchung ist die Funktionsfähigkeit jedes einzelnen Kanals durch Auslösen von Artefakte (Störungen, z.B. durch Berühren der Elektroden) zu überprüfen.

Für alle anderen apparativen Diagnostiken zur Feststellung des Hirntods sind ähnlich genau die einzelnen Parameter festgelegt. Dies garantiert die Sicherheit der Diagnostik.

Protokoll zur Feststellung des Hirntodes

Name_____________________________Vorname_____________________ geb.:_______________ Alter:_________

Klinik:__________________________________________________________________________________________
Untersuchungsdatum:_____________ Uhrzeit:_________________ Protokollbogen-Nr.:____________________
1. Voraussetzungen 1.1 Diagnose______________________________________________________________________________________
Primäre Hirnschädigung:________ supratentoriell _____________ infratentoriell ____________________
Sekundäre Hirnschädigung: _______________________________________________________________________
Zeitpunkt des Unfalls/Krankheitsbeginns: ________________________________________________________
1.2 Folgende Feststellungen und Befunde bitte beantworten mit ja oder nein
Intoxikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Relaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Primäre Hypothermie . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Metabolisches oder endokrines Koma . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Systolischer Blutdruck ______________mmHg
2. Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion
2.1 Koma ______________________________________________________________________________________
2.2 Pupillen . . . weit / mittelweit
_ . . . . . . . . . . . . Lichtreflex beidseits . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.3 Okulo-zephaler Reflex (Puppenkopf-Phänomen)
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . beidseits . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.4 Korneal-Reflex beidseits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.5 Trigeminus-Schmerz-Reaktion beidseits . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.6 Pharyngeal-/Tracheal-Reflex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.7 Apnoe-Test bei art. paCO2 _______mmHg . . . . . . . . erfüllt __________________________________________
3. Irreversibilitätsnachweis durch 3.1 oder 3.2
3.1 Beobachtungszeit:
Zum Zeitpunkt der hier protokollierten Untersuchungen bestehen die obengenannten Symptome seit ________ Std.
Weitere Beobachtung ist erforderlich . . . . . . . . . ja____________________ nein____________________________
mindestens 12/24/72 Stunden
3.2. Ergänzende Untersuchungen:
3.2.1 Isoelektrisches (Null-Linien-) EEG, . . . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
_ 30 Min. abgeleitet: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
3.2.2 Frühe akustisch evozierte Hirnstamm- . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
potentiale Welle III–V beidseits erloschen . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
Medianus-SEP beidseits erloschen . . . . . . . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
3.2.3 Zerebraler Zirkulationsstillstand beidseits festgestellt durch:
Dopplersonographie:___________Perfusionsszintigraphie:__________ Zerebrale Angiographie:__________
Datum________________ Uhrzeit_____________________ untersuchender Arzt____________________________
Abschließende Diagnose:
Aufgrund obiger Befunde, zusammen mit den Befunden der Protokollbögen Nr.___________, wird
der Hirntod und somit der Tod des Patienten festgestellt am:____________ um_________ Uhr.
Untersuchender Arzt:____________________________________________ _________________________________
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschrift

Am Ende der Hirntoddiagnostik müssen 4 dieser Protokolle vorliegen, von jedem der beiden untersuchenden Ärzte zwei, das Zweite muss bei primärer Hirnschädigung nach mind. 12 Stunden wiederholt worden sein, bei sekundärer Hirnschädigung nach mind. 72 Stunden wiederholt worden sein (bei Kindern unter 2 Jahren 24 bzw. 72 Stunden).

Österreich

http://www.austrotransplant.at/download/Hirntod_2005.pdf


Schweiz

Anhang

Siehe auch:

Fehldiagnosen

Quellen

  • Bundesärztekammer: Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes (1997).
  • Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG): Empfehlungen zur Durchführung der Hirntoddiagnostik bei einer geplanten Organentnahme. (17.12.2005)
  • Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW): Feststellung des Todes mit Bezug auf Organtransplantationen. (24.5.2011)

Anmerkungen

Constanin Doumat legte im Jahre 2005 in Münster seine Dissertation "Diagnostik des Hirntodes im internationalen Vergleich" "zur Erlangung des doctor medicinae" vor. Dabei vergleicht er die Hirntoddiagnostik aus 24 Ländern der Erde und beschreibt diese kurz. - Was zunächst auffällt, eine zusammenfassende Tabelle fehlt. Zu Österreich fehlt, dass der bereits 1997 geforderte Atropin-Test fehlt. [3]

  1. Bei Kindern unter 2 Jahren sind es mind. 24 Stunden, bei Neugeborenen mind. 72 Stunden.
  2. Für Kinder unter 2 Jahren und Neugeborenen sowie bei besonderen Situationen sind ergänzende Untersuchungen durch apparative Diagnostik vorgeschrieben. Um die Wartezeit zu verkürzen, muss eine ergänzende Untersuchung hinzugenommen werden.
  3. Bei der HTD muss der zeitlicher Abstand zwischen 1. und 2. klinischen Diagnostik bei primärer Hirnschädigung mind. 12 h und bei sekundärer Hirnschädigung mind. 72 h betragen. Diese Wartezeit kann durch eine apparative Diagnostik verkürzt werden.
  4. Beim Hirntod sind die Hirnstammreflexe nicht nur vorübergehend ausgefallen, sondern unumkehrbar.
  5. Colleen S. Burns wurde im Jahre 2009 nach einer Überdosis Medikamente (Drogen?) in ein New Yorker Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte warteten nicht ab, bis der Körper diese Stoffe abgebaut hatte und deren Wirkung nachgelassen hatte, sondern führten zu früh eine Hirntoddiagnostik durch. Damit stellten sie fälschlicher Weise einen Hirntod fest, der nicht vorlag. Colleen S. Burns hatte der Organspende zugestimmt. Daher wurde sie auf die Organentnahme vorbereitet. Bevor es jedoch dazu kam, schlug sie die Augen auf. - Die Klinik wurde im Jahre 2012 wegen dieser schlampigen Hirntoddiagnostik zu einer Geldstrafe von umgerechnet 17.000 Euro verurteilt.
    Dieses Beispiel zeigt deutlich auf, wie wichtig die ordentliche Abklärung der Voraussetzungen bei der Hirntoddiagnostik ist.
  6. unter Trigeminusneuralgie leidende Patienten berichten über einseitige, plötzlich auftretende, heftigste Schmerzen, die wenige Sekunden anhalten. Die Schmerzen erreichen auf einer Schmerzskala von 1-10 in der Selbsteinschätzung durch den Patienten fast immer den höchsten Wert. (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Nervus_trigeminus#Trigeminusneuralgie
  7. Dieser Grenzwert gilt für D/A/CH. - pCO2 von 60 mmHg gilt als sehr großer Anreiz zur Auslösung der Spontanatmung. Was dieser Wert bedeutet, soll diese kurze Liste aufzeigen:
    • Bei pCO2 von unter 35 mmHG wird von Hypokapnie gesprochen, d.h. der Patient hat zu wenig CO2 im Blut.
    • Bei pCO2 von über 40 mmHG wird von Hyperkapnie gesprochen, d.h. der Patient hat zu viel CO2 im Blut..
    • Bei pCO2 von über 60 mmHG droht die CO2-Narkose.
    Siehe hierzu auch:
  8. Gehirnblutung, Schädelhirntrauma, Herzstillstand, Hirninfarkt und die anderen zum Hirntod führenden Ursachen.
  9. Hierbei wird den Ärzten unterstellt, dass sie darum bemüht seien, möglichst viele Hirntote zu "produzieren", um möglichst viele Organe transplantieren zu können.
  10. Unsere Atemluft besitzt rund 78% Stickstoff und 20% Sauerstoff. Wenn wir dauerhaft einer Luft mit nur 2% Sauerstoff ausgesetzt werden (dies ist 10% des Normalwertes), so ersticken wir. Wenn das Gehirn mit nur 10% der Normalmenge durchblutet wird, so "erstickt" das Gehirn.
  11. In den einzelnen Schlafphasen sind unterschiedliche Muster des EEG´s erkennbar: Thetawellen (4 bis 7 Hz), Deltawellen (0,1 bis 4 Hz).
  12. Dies ist bei Autorennen deutlich hörbar: Fährt der Rennwagen auf einen zu, ist der Ton des Motors höher, fährt er von einem weg, ist der Ton des Motors niederer. - Bei sehr großen Geschwindigkeiten wird der Effekt so groß, dass er sogar Einfluss auf das Licht hat. So entdeckte Vesto Slipher bei seinen ab 1912 durchgeführten Beobachtungen von Galaxien eine Rotverschiebung. Edwin Hubble entdeckte im Jahre 1929 den Zusammenhang der Rotverschiebung und der Entfernung der Galaxien und führte dies auf eine Ausdehnung des Universums (kosmologische Expansion) zurück. Je weiter sich eine Galaxie von uns entfernt ist, desto große ist die Rotverschiebung. Dies wird "Hubble-Konstante" genannt.
  13. Einige Ärzte, wie z.B. Sabine Müller, fordern für die Feststellung des Hirntods modernste Techniken, so z.B. auch PET. (siehe: http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/article/608610/sicher-derzeitige-diagnostik-des-hirntodes.html). Dabei spielt es bei der Hirntoddiagnostik keine Rolle, ob die Nichtdurchblutung des Gehirns 2- oder 3-dimensional dargestellt wird. 3-dimensional ist nur aufwändiger und kostspieliger (eine Ganzkörper-PET kostete im Jahr 2008 rund 1.100 €), bringt jedoch für die Hirntoddiagnostik keinen informativen Vorteil.
  14. Die medizin-technische Erklärung wird auf der Seite der Hirntoddiagnostik gegeben. Hier geht es nur um einen kurzen Überblick, der das Ausmaß der Vorschriften aufzeigen soll, der klar machen soll, dass bei der Hirntoddiagnostik nicht irgendwie vage gearbeitet wird, sondern sehr gewissenhaft und genau - damit auch sehr sicher.

Einzelnachweise

  1. http://zs.thulb.uni-jena.de/servlets/MCRFileNodeServlet/jportal_derivate_00019562/akruetzel091.pdf Seite 11. Zugriff am 22.3.2014.
  2. Hans-Peter Schlake: Hirntod - Spannungsfeld zwischen Medizin und Ethik. In: BLICK 1/99. Im Internet erreichbar unter: http://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/files/4636/Blick_1999_1.pdf Zugriff am 22.3.2014.
  3. http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-2675/diss_doumat/diss_doumat_constantin.pdf Zugriff am 23.3.2014.