Hirntod: Unterschied zwischen den Versionen

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||Das Kleinhirn ist zwar räumlich kleiner als das Großhirn, besitzt aber wie dieses rund 100 Mrd. Gehirnzellen.<ref group="Anm.">Unsere Milchstraße hat etwa 100 Mrd. Sterne."</ref> In ihm sind alle erlernten Fähigkeiten verortet, wie z.B. das Gehen.
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|[[Großhirn]] ||Das Großhirn ist evolutionsgeschichtlich der jüngste Teil des Gehirns. In ihm werden alle Sinneswahrnehmungen verarbeitet:<ref group="Anm.">Für die Verarbeitung unserer visuellen Informationen (Sehen) sind rund 70% des Großhirns beschäftigt.</ref> Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Damit ist auch das [[Schmerzempfinden]] im Gehirn verortet, d.h. bei abgestorbenem Großhirn gibt es kein Schmerzempfinden. <br>

Version vom 2. Februar 2014, 14:32 Uhr

Hirntod Hirntoddiagnostik Schwangere Hirntote Berühmte Organspender

Das Gehirn

Das Gehirn und seine Aufgaben

Das [Gehirn] besteht aus drei wesentlichen Teilen mit ihren je eigenen Aufgaben:

Teil Aufgabe
Hirnstamm
(türkis)
Der Hirnstamm ist der evolutionsgeschichtlich der älteste Teil des Gehirns. In ihm sind alle unbedingten Reflexe[1] verortet. Sie werden auch Hirnstammreflexe genannt. Zu ihnen gehört der Reflex der Atmung.
Kleinhirn
(violett)
Das Kleinhirn ist zwar räumlich kleiner als das Großhirn, besitzt aber wie dieses rund 100 Mrd. Gehirnzellen.[Anm. 1] In ihm sind alle erlernten Fähigkeiten verortet, wie z.B. das Gehen.
Großhirn Das Großhirn ist evolutionsgeschichtlich der jüngste Teil des Gehirns. In ihm werden alle Sinneswahrnehmungen verarbeitet:[Anm. 2] Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Damit ist auch das Schmerzempfinden im Gehirn verortet, d.h. bei abgestorbenem Großhirn gibt es kein Schmerzempfinden.

Gehirnlappen des Großhirns: gelb (Frontallappen), grün (Temporallappen), rot (Partietalllappen), blau (Okzipitallappen)

Gehirn.jpg

Nicht zum Gehirn gehörend

Im Kopf befindlich, aber nicht zum Gehirn gehörend sind u.a.:

Teil Aufgabe
Hypophyse Die Hypophyse ist eine Hormondrüse mit zentraler übergeordneter Rolle im Hormonsystem. Deswegen wird sie über 4 Arterien mit Blut versorgt. Mit den von ihr freigesetzten Hormonen regelt sie Wachstum, Fortpflanzung und Stoffwechsel, das Oxytocin leitet die Geburt ein.
Hypothalamus Der Hypothalamus steuert mit seinen Hormonen die vegetativen Funktionen des Körpers. Als wichtigstes Steuerzentrum des Vegetatives Nervensystems regelt es die Homöostase (Körpertemperatur, Puls, Blutdruck, Wasserhaushalt), die Nahrungsaufnahme, den Wach-Schlaf-Rhythmus und das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten. Bereits geringe Störungen des Hypothalamus können sich auf die Lebensfähigkeit des Menschen auswirken.
Thalamus Der Thalamus besitzt eine besonders starke Verbindung zum Großhirn. Darüber moduliert er die ein- und ausgehenden Informationen zum Großhirn.
Zirbeldrüse Die Zirbeldrüse regelt über das überwiegend nachts produzierte Hormon Melatonin den Schlaf-Wach-Rhythmus und andere zeitabhängigen Rhythmen des Körpers.
Datei:W Talamus1.jpg

Energiebedarf des Gehirns

Das Gehirn ist ein höchst aktives Organ mit sehr hohen Energiebedarf. Bei Erwachsenen ist das Gehirn zwar 2% der Körpermasse, aber es benötigt in körperlicher Ruhe ca. 20% der Glukose (Nährstoff)[Anm. 3] und 25% des Sauerstoffs. - Bei plötzlichem Ausfall der Durchblutung (z.B. Herzstillstand) steht dem Gehirn rund 20% des zirkulierenden Blutes als Energieversorgung zur Verfügung. Damit kann es noch ca. 10 sec normal weiterarbeiten. Danach wird der Mensch bewusstlos (Synkope). Nach ca. 30 sec ist kein EEG ableitbar.[Anm. 4] Nach etwa 3 min ist das Absterben erster Gehirnzellen beobachtbar. Nach ca. 10 min ohne Sauerstoff ist das Gehirn irreparabel schwerst geschädigt mit der Gefahr auf Hirntod. Jede weitere Minute ohne Sauerstoff erhöht die Wahrscheinlichkeit des Hirntods. [2]

Beim Hirntod sterben die Gehirnzellen immer durch Sauerstoffmangel, auch wenn die Ursachen Hirnblutung, Schädelhirntrauma, Hirninfarkt, primärer Hirntumor, Entzündungen im Kopf oder Wasserkopf ist. Mehr hierzu ist unter Todesursachen nachzulsen.

Definitionen des Hirntods

Weltweit gibt es zwei grundlegende Definitionen des Hirntods:

Hirnstammtod Gesamthirntod
Gehirn1b.jpg Gehirn1c.jpg
gültig in USA, Großbritannien, Polen gültig in D/A/CH

Hirnstammtod

Dem im Jahre 1968 von einer Kommission der Harvard Medical School definierten Regelung für den Hirnstammtod dürften diese Überlegungen zu Grunde gelegen haben: Der Mensch könne durch die erloschene Eigenatmung trotz intensivmedizinischer Maßnahmen nicht weiterleben. Durch den Tod des Hirnstamms sind ihm alle lebenswichtigen Reflexe erloschen. Damit liegt eine "mit dem Leben nicht vereinbare Verletzung" vor, so der Terminus in der deutschen Rechtsprechung und Medizin.

Eine "mit dem Leben nicht vereinbare Verletzung" liegt z.B. vor, wenn bei einem Unfall dem Verunglückten der Kopf vom Oberkörper getrennt oder der Oberkörper durchtrennt wurde. Hierfür gibt es keine Rettung. Damit liegt ein sicheres Todeszeichen vor.

1968 wurde betont, dass der Blutkreislauf dieser Menschen auch mit den Maßnahmen der Intensivmedizin nicht lange aufrecht erhalten werden könne. Dies hat jedoch der amerikanische Neurologe Alan Shewmon mit seinen bis zum Jahre 1998 über 170 dokumentierten Fällen widerlegt. Diesen Hirntoten konnte in Einzelfällen der Herztod bis zu 14 Jahren verhindert werden. - Einige Menschen sehen darin eine Widerlegung des Hirntod-Konzepts. Dies ist zu kurz gefasst, denn keiner dieser Menschen hat diesen Zustand je verlassen. Mehr Informationen hierzu unter: Alan Shewmon und Schmerzwahrnehmung

Weil das Konzept des Hirnstammstods nicht nach dem Zustand des Großhirns fragt, kann man von einigen der Hirnstammtoten ein EEG ableiten. Dies ist der Beweis, dass noch zumindest Reste von Wahrnehmung und Bewusstsein vorhanden sind. - Aus diesem Grunde kritisieren amerikanische und englische Ärzte ihr Konzept vom Hirnstammtod.[Anm. 7]

Der Zustand des Hirnstammtods ist infaust (hoffnungslos). Aus diesem Zustand gibt es keine Rettung oder Besserung, sondern nur irgendwann den Herztod.

Gesamthirntod

Nach § 2 TPG ist einen Organentnahme nur dann zulässig, wenn der " nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist."[Anm. 8]

  • Mit dem Tod des Hirnstamms sind alle lebenswichtigen Reflexe[Anm. 9] erloschen, auch die Eigenatmung.
  • Mit dem Tod des Großhirns ist Bewusstsein und Wahrnehmung erloschen.
  • Mit dem Tod des Kleinhirns ist alles Wissen und Können erloschen.

Daher sieht Justiz und Medizin mit dem Gesamthirntod das Ende der Personalität des Menschen und damit den Tod des Menschen. Dass das Herz noch selbständig schlägt hat nichts mit dem Leben des Menschen als Person zu tun.[Anm. 10] Daher gilt in D/A/CH für den Gesamthirntod:

Der Hirntod ist der Tod des Menschen.
Der Herztod ist der Tod des Körpers.

Hirntod in der Sprache

Der Hirntod wird "festgestellt". - Kein Patient wird für Hirntod "erklärt". [Anm. 11]

"Die Todeserklärung ist ein richterlicher Beschluss eines Amtsgerichts, wonach ein Mensch vor der Rechtsordnung als verstorben anzusehen ist.
Rechtliche Grundlage für die Todeserklärung ist in Deutschland das Verschollenheitsgesetz (VerschG) und in Österreich das Todeserklärungsgesetz (TEG), die beide auf dem „Reichsgesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939“ beruhen und weitgehend inhaltsgleich sind." So heißt es in https://de.wikipedia.org/wiki/Todeserklärung - Zugriff am 1.2.2014. Damit ist sachlich klargestellt, dass nur Verschollene für tot erklärt werden.

Liegt der Körper des Toten vor, wird sein Tod festgestellt. 
Liegt der Körper eines Hirntoten vor, wird der Hirntod festgestellt.
Nach Feststellung des Todes wie auch des Hirntodes wird auf dem Totenschein Datum und Uhrzeit der Feststellung eingetragen und der Totenschein unterschrieben.

Die Feststellung drückt sprachlich aus, dass ein vorliegender Zustand durch entsprechende Prüfung ermittelt wurde. Dieser Sachverhalt des Todes bzw. Hirntodes ist von anderen Personen jederzeit überprüfbar.

Feststellung des Hirntods

Sicherheit der Hirntoddiagnostik

Nach § 5 TPG ist der Hirntod "durch zwei dafür qualifizierte Ärzte zu treffen, die den Organ- oder Gewebespender unabhängig voneinander untersucht haben. ... Die an den Untersuchungen nach Absatz 1 beteiligten Ärzte dürfen weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe oder Gewebe des Spenders beteiligt sein. Sie dürfen auch nicht Weisungen eines Arztes unterstehen, der an diesen Maßnahmen beteiligt ist."

  • Durch die beiden "dafür qualifizierte Ärzte" ist eine erste Sicherheit der Hirntoddiagnostik gewährleistet.
  • Dass die beiden Ärzte unabhängig voneinander zu untersuchen haben, erhöht die Sicherheit der Hirntoddiagnostik weiter.
  • Der Ausschluss von Entnahme oder Übertragung schließt die Möglichkeit der Manipulation auf.
  • Dass die beiden untersuchenden Ärzte keinem an der TX beteiligten Ärzte unterstehen dürfen, rundet die Sicherheit ab.

In den "Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes. Dritte Fortschreibung 1997" heißt es unter 2.: "Die Erfüllung der Voraussetzungen (siehe 1.) und alle geforderten klinischen Symptome (siehe 2.) müssen übereinstimmend und unabhängig von zwei qualifizierten Ärzten[Anm. 12] festgestellt und dokumentiert werden (siehe Protokollbogen)."

In keinem anderen Bereich der Medizin wird von Seiten des Gesetzes und als Richtlinie von der BÄK eine solch eindeutige und hohe Anforderungen an die untersuchenden Ärzte gestellt. Auch mit einem 3. untersuchenden Arzt wird die Sicherheit der Hirntoddiagnostik nicht sicherer. Vor allem baut das TPG und die BÄK auf die "mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen".

Durchführung der Hirntoddiagnostik

Die Hirntoddiagnostik baut auf 3 tragende Säulen auf: der Klärung der Voraussetzungen, der Überprüfung der klinischen Symptome für den Ausfall der Hirnfunktionen und den Nachweis der Irreversibilität (Unumkehrbarkeit):

Voraussetzungen

  • Die Diagnose muss beschrieben werden.
  • Die primäre bzw. sekundäre Hirnschädigung muss beschrieben werden.
  • Der Zeitpunkt des Unfalls bzw. der Krankheitsbeginn muss angegeben werden.
  • Nachfolgende Feststellungen und Befunde müssen ausgeschlossen werden:
    • Intoxikation (Vergiftung)
    • Relaxation (medikamentös bedingte Entspannung)
    • Primäre Hypothermie (Unterkühlung)
    • Metabolisches oder endokrines Koma (Stoffwechsel- oder Hormon-bedingtes Koma)
    • Schock

Für jeden dieser Punkte haben beide Ärzte auf dem Protokoll zu unterschreiben.[Anm. 13] Jeder dieser Punkte kann Symptome aufweisen, die den Symptomen des Hirntods ähnlich sind. Daher ist es wichtig, dass alle diese Punkte genannt und einzeln ausgeschlossen werden. Erst wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Überprüfung der Hirnstammreflexe beginnen.

Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion

  • Zunächst muss vorliegendes Koma bestätigt werden.
  • Dann werden die Hirnstammreflexe[Anm. 14] überprüft:
    • Pupillen-Reflex = bei Licht wird sie nicht enger und bei Schatten nicht weiter
    • Puppenkopf-Phänomen = bei plötzlicher Drehung des Kopfes bleiben die Augen starr
    • Trigeminus-Schmerz-Reaktion = es kann beim Reiz des Trigeminus-Nervs keine Schmerzreaktion hervorgerufen werden
    • Würge-Reflex = es kann kein Würgereflex hervorgerufen werden
    • Apnoe-Test = nach Abschalten der künstlichen Beatmung kann bis zu einem CO2-Wert von mind. 60 mmHg[Anm. 15] kein Reflex der Eigenatmung hervorgerufen werden.

Sind alle diese Kriterien erfüllt, gelten die Hirnstammreflexe als ausgefallen.

Irreversibilitätsnachweis

Hierbei geht es um den Nachweis, dass der festgestellte Zustand ein dauerhafter Zustand ist, dass es für den Patienten[Anm. 16] keine Besserung gibt, dass er wirklich nicht wieder aufwacht, dass er wirklich hirntot ist.

Um dies nachzuweisen, gibt es die Wiederholung der klinischen Diagnostik nach 12 Stunden[Anm. 17] bei primärer Hirnschädigung bzw. 72 Stunden nach sekundärer Hirnschädigung. Es wird damit sichergestellt, dass der Ausfall der Hirnstammfunktionen ein dauerhafter Zustand ist.

In einigen besonderen Fällen, sie werden in der Richtlinie der BÄK für die Feststellung des Hirntods eigens genannt, und bei Kindern sind ergänzende Untersuchungen vorgeschrieben. Dies kann ein Nulllinien-EEG von über 30 min sein, ein Nachweis der Nichtdurchblutung des Gehirns durch Dopplersonographi, Perfusionsszintigraphie oder Angiographie oder andere eigens genannte Untersuchungen.
Um Fehlmessungen auszuschließen, ist in den Richtlinien der BÄK detailliert vorgschrieben, wie diese apparative Diagnostik durchzuführen ist. Auch defekte Untersuchungsgeräte werden damit ausgeschlossen. - So ist z.B. für die Durchführung eines Nullinien-EEGs vorgeschrieben:[Anm. 18]

  • Es muss eine Nulllinie von mind. 30 min sein, einwandfrei auswertbar.
  • Die Gehirnströme müssen durch Klebe- oder Ndelekektroden abgeleitet werden.
  • Die Elektroden sind nach dem 10:20-System anzuordnen.
  • Der Elektrodenübergangswiderstand soll zwischen 1 und 10 Kiloohm betragen.
  • Die Filtereinstellung hat zwischen 0,53 und 70 Herz zu sein.
  • Die Ableitung soll mit einer Verstärkereinstellung von 5 bzw. 7 Mikrovolt begonnen werden.
  • Das Nulllinien-EEG soll mit einer Einstellung von weniger als 2 Mikrovolt durchgeführt werden.
  • Der Rauschpegel des Geräts soll mind. 2 Mikrovolt abgrenzen können.
  • Es ist ein EGG-Gerät mit mind. 8 Kanälen zu verwenden.
  • Zu Beginn der Untersuchung ist die Funktionsfähigkeit jedes einzelnen Kanals durch Auslösen von Artefakte (Störungen, z.B. durch Berühren der Elektroden) zu überprüfen.

Im Gegensatz zur klinischen Diagnostik, die in jedem Fall nach 12 bzw. 72 Stunden zu wiederholen ist, ist die ergänzende apparative Diagnostik nur einmal durchzuführen. - Ist die apparative Diagnostik für diesen vorliegenden Fall nicht vorgeschrieben, kann die Beobachtungszeit dadurch verkürzt werden. D.h. es kann unmittelbar nach der apparativen Diagnostik die 2. klinische Diagnostik durchgeführt werden.

Am Ende einer Hirntoddiagnostik müssen 4 Protokolle zur Feststellung des Hirntodes vorliegen, von jedem Arzt zwei, das zweite jeweils nach 12 bzw. 72 Stunden wiederholt.

Das Ergebnis

Kein Hirntod erwiesen

In der Richtlinie der BÄK zur Feststellung des Hirntods ist die Reihenfolge der Tests klar vorgeschrieben: von einfachen Tests (Pupillen) kommend führt er zu immer schwerwiegenderen Test, bis er schließlich mit dem Apnoe-Test endet.

Wird bei der Durchführung der Hirntoddiagnostik auch nur ein Reflex festgestellt, ist der Hirntod nicht erwiesen. Die Hirntoddiagnostik wird an diesem Punkt abgebrochen, d.h. alle nachfolgenden Tests werden nicht durchgeführt.[Anm. 19]

Wurde kein Hirntod erwiesen, wird die intensivmedizinische Behandlung weiter fortgesetzt, es sei denn, es sprechen andere Faktoren dagegen, z.B. eine vorliegende Patientenverfügung, die bestimmt, dass in aussichtslosen Situationen die Therapie beendet werden soll.

Hirntod erwiesen

Ist der Hirntod erwiesen, wird zunächst der Totenschein unterschrieben und die Uhrzeit vom Ende der Hirntoddiagnostik als Todeszeitpunkt eingetragen.[Anm. 20] Danach stehen dem Hirntoten einen dieser drei Wege zur Verfügung:

Möglicher Weg Beschreibung dieses Weges Anzahl[Anm. 21]
Abschalten der künstlichen Beatmung Wenige Minuten danach bleibt das Herz stehen. Als Todeszeitpunkt bleibt jedoch die Feststellung des Hirntods, da dort der Tod des Menschen festgestellt wurde. ca. 4.000
Organspende Der Hirntote wird binnen weniger Stunden[Anm. 22] in den Operationssaal zur Organentnahme gebracht. ca. 1.000
Geburt des Kindes Ist die Hirntote schwanger, wird die intensivmedizinische Behandlung bis zur Geburt des Kindes weiter fortgesetzt. ca. 0,2
Es gibt für Hirntote keinen anderen Weg.

Sonstiges

Hirntod sprachlich korrekt benennen

Johannes Scheele, Professor und Leitender Oberarzt der Chirurgie, verglich im Jahre 1992 die schwangere Hirntote Marion Ploch einem Stein, der im Fall verharrt. "Wir haben dafür keine Worte", sagt er, "als die Sprache erfunden wurde, gab es diesen Zustand nicht. Wir brauchen neue Worte im Zeitalter der Technik."[3]

Was liegt dort auf der Intensivstation? Eine werdende Mutter? Ein Leichnam, in dem ein Kind lebt? Eine Ansammlung von Organen, die einen biologischen Brutkasten hergeben? Oder ein Herz-Lungen-Präparat, ein Objekt, mit dem ehrgeizige Wissenschaftler experimentieren?[3] Bei diesen Fragen handelte es sich um Marion Ploch, die im Jahre 1992 nach einem Verkehrsunfall in den Hirntod gestorben ist, die jedoch schwanger war.

Auf der Intensivstation lag eine schwangere Hirntote. Durch intensivmedizinische Behandlung versuchten die Ärzte das Leben des Kindes zu retten.

Korrekter sprachlicher Umgang

Ungeschickter oder gar falscher sprachlicher Ausdruck vermittelt ein falsches Bild über den Hirntod. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist korrekte Wortwahl unabdingbar.

Ungeschickte Formulierung Korrekte Formulierung
Der Patient wurde für hirntot erklärt.

Für tot werden nur Menschen erklärt, deren Körper man habhaft hat, um an ihm den Tod festzustellen, so z.B. nach Unglücken von Schiffen oder Flugzeugen.

Der Hirntod wurde festgestellt.

Der Hirntod wird festgestellt. Für die Durchführung der Hirntoddiagnostik gibt es klare Vorgaben der BÄK, die hierbei einzuhalten sind.

Wenn der Verdacht auf Hirntod besteht, wird die Hirntoddiagnostikdurchgeführt.

Dies erweckt den Eindruck, dass bereits bei einem Hauch eines Verdachts bereits eine Hirntoddiagnostik durchgeführt werden würde. Erst nach Ausschluss anderer Ursachen, die ähnliches Verhalten hervorrufen können, wird mit der Hirntoddiagnostik begonnen.

Nach Ausschluss anderer Ursachen wird die Hirntoddiagnostik durchgeführt.

Nach Überprüfung der Voraussetzungen zur Hirntoddiagnostik wird diese durchgeführt.

Gegner der Hirntod-Definition

Gegner des Hirntods bzw. der Organspende (meist einzelne Personen) argumentieren in unterschiedlichster Weise gegen den Hirntod als Tod des Menschen. Alle diese Argumente sind völlig haltlos.

Hirntote würden leben, ... Negierung dieser Argumente
weil ihr Herz noch schlägt. Das Herz schlägt autonom, d.h. aus sich heraus. Es braucht keinen Reiz von außen, damit es schlägt. - In der Pharmaindustrie wird Hamstern unter Vollnarkose das Herz herausgeschnitten und in eine Nährlösung gehängt. Dort schlägt es vom Körper getrennt weiter, solange die Nährlösung genug Sauerstoff und Glucose enthält.
weil sie noch atmen. Hirntote atmen nicht selbständig, sondern werden künstlich beatmet. -

Ein Kennzeichen eines Hirntoten ist der fehlende Atemreflex. Dieser kommt vom Hirnstamm. Da dieser jedoch abgestorben ist, fehlt der Impuls zum Atmen. Daher muss jeder Hirntote künstlich beatmet werden.

weil ihr Körper noch warm ist. Der Körper ist warm, weil das Herz noch schlägt, der Stoffwechsel der Organe noch funktioniert - das Gehirn ausgenommen. Im Gehirn von Hirntoten erfolgt kein Stoffwechsel.
weil die Selbstregulierung (Homöostase) des Körpers noch funktioniert. Die Homöostase ist bei Hirntoten mehr oder minder gestört. So ist z.B. bei einigen Hirntoten die Regelung der Körpertemperatur (ca. 37°C) ausgefallen. D.h. sie neigen dazu, die Temperatur der Umgebung (Raumtemperatur) anzunehmen. Das schadet aber dem Körper. Daher werden diese Hirntote mit Wärmedecken auf 37°C gehalten. - siehe: Homöostase
weil männliche Hirntote eine Erektion haben können. Die Erektion hat nichts mit dem Gehirn zu tun,[Anm. 23] sondern mit dem Rückenmark. Es handelt sich hierbei um ein im unteren Bereich der Wirbel verorteter Reflex, der die Erektion auslöst.
weil schwangere Hirntote ihre Kinder gebären können. Durch die Fortsetzung der intensivmedizinischer Maßnahmen[Anm. 24] wird der Blutkreislauf der Hirntoten versucht aufrecht zu erhalten. Durch Gabe von Medikamenten (z.B. für vorzeitige Lungenreifung) wird das Kind auf eine evtl. vorgezogene Geburt vorbereitet. Entzündungen werden vermieden. Festgestellte Entzündungen werden umgehend bekämpft, da sie eine vorzeitige Geburt auslösen können und damit den Tod des Kindes.[Anm. 25] Bei Kreislaufversagen der Mutter wird umgehend die Geburt eingeleitet, um das Leben des Kindes zu retten. Es wird jedoch versucht, die Geburt nach der 35. Schwangerschaftswoche durchzuführen, weil jede Woche im Leib der Mutter der Entwicklung des Kindes gut tut. Entbunden wird immer per Kaiserschnitt, um das Risiko des Kindes so gering wie möglich zu halten. Nach der Entbindung wird die künstliche Beatmung abgeschaltet, worauf nach wenigen Minuten der Herztod folgt. - Von alle dem nimmt die Hirntote nichts wahr, denn seit dem Hirntod ist ihre biologische Grundlage für Bewusstsein und Wahrnehmung erloschen.

Anhang

Anmerkungen

  1. Unsere Milchstraße hat etwa 100 Mrd. Sterne."
  2. Für die Verarbeitung unserer visuellen Informationen (Sehen) sind rund 70% des Großhirns beschäftigt.
  3. Das Gehirn von Neugeborenen benötigt in Ruhe ca. 50% der Glokose.
  4. Dies wurde durch Tierexperimente belegt. (siehe Deutsche Gesellschaft für Neurologie)
  5. Wenn noch ausreichend Gehirnzellen im Großhirn funktionsfähig sind, ist ein eingeschränktes Bewusstsein möglich.
  6. Wenn noch ausreichend Gehirnzellen im Großhirn funktionsfähig sind, ist eine eingeschränkte Wahrnehmung möglich. Siehe hierzu: Schmerzwahrnehmung
  7. Deutsche Kritiker zitieren häufig amerikanische und englische Ärzte, die ihr Konzept des Hirnstammtods kritisieren, und stellen es in Deutschland so dar, als wäre damit das Konzept des Gesamthirntods widerlegt.
  8. Mit dem Ausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm ist der Hirntod auch in Österreich und der Schweiz definiert:
  9. Das Herz ist hiervon ausgenommen. Es schlägt autonom, aus sich heraus.
  10. Bereits Moses Maimonides (1135-1204) soll erkannt haben, dass die Zuckungen der Enthaupteten nicht dem Leben zuzuschreiben sind.
  11. Gegner der Hirntod-Definition geben häufig an, dass Patienten für hirntot "erklärt" worden seien. Dies ist von der Wortwahl absolut unkorrekt.
  12. "Qualifikationsanforderungen an die zwei Untersucher Die beiden den Hirntod feststellenden und dokumentierenden Ärzte müssen gemäß den Anforderungen der „Richtlinien zum Inhalt der Weiterbildung“ über eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen verfügen.
    Nach dem endgültigen, nicht behebbaren Stillstand von Herz und Kreislauf kann der Hirntod von jedem approbierten Arzt durch äußere sichere Todeszeichen (zum Beispiel Totenflecke, Totenstarre) indirekt nachgewiesen werden." So der Wortlaut der an dieser Stelle stehenden Anmerkung.
  13. Hieran wird deutlich, dass die Hirntoddiagnostik mehr ist als nur ein Anlegen eines EEG, wie es einige Menschen immer wieder behaupten.
  14. Dies sind angeborene Reflexe, auf die wir keinen Einfluss haben, da sie unsere Gesundheit schützen oder gar unser Leben erhalten.
  15. Bei einem CO2-Wert von 60 mmHg besteht die Gefahr, dass der Mensch in eine CO2-Narkose fällt. Bis zu diesem hohen Grenzwert wird getestet. - Ist vor dem Wert von 60 mmHg ein Reflex der Eigenatmung feststellbar, gilt der Apnoe-Test (und damit auch die Hirntoddiagnostik) als nicht bestanden. Die künstliche Beatmung wird dann sofort wieder eingeschaltet. Erfolgt auch bei einem Wert von über 60 mmHg kein Reflex der Eigenatmung, gilt der Test als bestanden. Die künstliche Beatmung wird dann wieder eingeschaltet.
  16. In einer 1. Runde ist bewiesen, dass keine Hirnstammreflexe festzustellen sind. Ist dieser Zustand jedoch dauerhaft?
  17. Bei Kindern unter 2 Jahren sind es 24 Stunden.
  18. Die medizin-technische Erklärung wird auf der Seite der Hirntoddiagnostik gegeben. Hier geht es nur um einen kurzen Überblick, der das Ausmaß der Vorschriften aufzeigen soll, der klar machen soll, dass bei der Hirntoddiagnostik nicht irgendwie vage gearbeitet wird, sondern sehr gewissenhaft und genau - damit auch sehr sicher.
  19. Gegner der Hirntod-Definition behaupten, dass die Durchführung der Hirntoddiagnostik Folter sei. Dieser Vorwurf ist damit zurück zu weisen.
  20. Es kann sein, dass der Hirntod bereits vor Stunden oder Tagen eingetreten war. Hiervon wusste jedoch niemand. Medizinisch lässt sich die genaue Uhrzeit vom Eintritt des Hirntods nicht auf die Minute oder Stunde festlegen. Darum geht es auch bei der Hirntoddiagnostik nicht. Sie besagt nur: Jetzt liegt Hirntod vor. Die Person ist tot, auch wenn das Herz noch schlägt.
  21. Jährlich in Deutschland.
  22. Bei rund 70% der Organspender wird binnen 18 Stunden nach der Feststellung des Hirntods mit der Organentnahme im Operationssaal begonnen.
  23. Wenn dem so wäre, gäbe es keine Männer mit Erektionsstörungen. Sie müssten sich nur darauf konzentrieren, dass sie jetzt eine Erektion haben wollen, so wie sie sich darauf konzentrieren, den Arm zu heben.
  24. Dazu gehört nicht nur die künstliche Beatmung und künstliche Ernährung, sondern auch die Korrektur der gestörten Homöostase durch Medikamente (z.B. Adrenalin) und Maßnahmen (z.B. Heizdecke). Dies ist die eigentliche Schwerstarbeit des Personals, die den Aufwand größer werden lässt als bei einem komatösen Patienten (bei denen funktioniert meist noch die Homöostase).
  25. So geschehen bei Marion Ploch im Jahre 1992 in Erlangen.

Einzelnachweise

  1. Unbedingte Reflexe sind angeborene Reflexe verortet. Sie werden auch unkonditionierte Reflexe genannt. - In Abgrenzung dazu stehen die bedingten Reflexe, auch konditioniere Reflexe genannt. Sie sind in unserem Leben erworbene Reflexe.
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Gehirn Zugriff am 1.2.2014.
  3. a b http://www.zeit.de/1992/45/schneewittchens-kind (30.10.1992) Zugriff am 31.1.2014.