Reflexe

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Ein Reflex ist eine unwillkürliche, rasche und gleichartige Reaktion eines Organismus auf einen bestimmten Reiz. Reflexe werden neuronal vermittelt.

Hirntote im Vergleich mit Patienten, bei denen nach Patientenverfügung das Therapieende gewünscht wird.

Fähigkeit Patientenverfügung Hirntod
Kommunikation sich mitteilen können unmöglich unmöglich
Können gehen, sprechen, singen, musizieren, balancieren unmöglich unmöglich
Wahrnehmung sehen, hören, riechen, schmecken, tasten möglich unmöglich
Bewusstsein denken, planen, erfinden, kreativ etwas erschaffen möglich unmöglich
Erinnerung was man erlebt hat (DuL) möglich unmöglich
Wissen was wir gelernt haben (DuL) möglich unmöglich
Gefühle Liebe, Hass, Vertrauen, Angst, Hoffnung, Sorge möglich unmöglich
Eigenatmung atmet selbstständig, wenn auch schwer möglich unmöglich
Hirnstammreflexe Licht-, Lidschluss-, ... Atem-Reflex vorhanden nicht vorhanden
Homöostase Körpertemperatur, Wasserhaushalt gestört sehr gestört
Herzschlag vorhanden vorhanden
Verbesserung des Zustandes? sehr unwahrscheinlich völlig unmöglich
gewünscht Mord?
Das "unmöglich" ist beim Hirntod deswegen dauerhaft, weil die Gehirnzellen im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm seit Eintritt des Hirntodes so schwer geschädigt sind, dass sie nicht nur nie wieder funktionieren werden (irreversibel). Sie befinden sich in einem so weit fortgeschritten Sterbeprozess, dass dieser unaufhaltsamen geworden ist und der nach Tagen des Hirntodes mit der Auflösung des Gehirns (Autolyse) endet.

Gruppierung

Unbedingt und bedingte Reflexe

  • Unbedingte Reflexe sind entweder bereits bei der Geburt angelegt oder entwickeln sich bis zur Geschlechtsreife.
  • Bedingte Reflexe sind alle erlernten Reflexe, z.B. die Art und Weise wie wir fallen.[Anm. 1]

Zerebrale und spinale Reflexe

Zerebrale Reflexe

Zerebrale Reflexe (lat. cerebrum = Gehirn)[1] sind vom Gehirn ausgehende Reflexe. Dazu gehören die unbedingten Hirnstammreflexe, wie auch die angelernten bedingten Reflexe (im Kleinhirn verortet).
Von den lebenswichtigen Hirnstammreflexen werden in Deutschland bei der Hirntoddiagnostik überprüft:[2]

  • Pupillen-Reflex = bei Licht wird sie nicht enger und bei Schatten nicht weiter
  • Puppenkopf-Phänomen = bei plötzlicher Drehung des Kopfes bleiben die Augen starr
  • Trigeminus-Schmerz-Reaktion = es kann beim Reiz des Trigeminus-Nervs keine Schmerzreaktion hervorgerufen werden
  • Würge-Reflex = es kann kein Würgereflex hervorgerufen werden
  • Apnoe-Test (Eigenatmung) = nach Abschalten der künstlichen Beatmung kann bis zu einem CO2-Wert von mind. 60 mmHg

"Sicherlich sind die zu prüfenden Hirnstammreflexe im Einzelnen für ein Überleben nicht entscheidend; ihre Bedeutung liegt nicht im Nachweis einer fehlenden oder noch vorhandenen 'Vitalität' des Betroffenen. Sie repräsentieren vielmehr in ihrer Gesamtheit den Funktionszustand des Hirnstamms auf verschiedenen anatomisch-funktionellen Ebenen. Dabei wird durch die geprüften Reflexe sicherlich nicht die Gesamtheit aller Hirnstammfunktionen in ihrer ganzen Komplexität erfasst. Der Rückschluss auf einen Funktionsverlust des gesamten Hirnstamms bei kompletter Hirnstamm-Areflexie ist ebenso empirisch begründet wie anatomisch verifiziert und hat sich in der praktischen Anwendung bewährt.[3]

Spinale Reflexe

Wirbelsäule des Menschen

Spinale Reflexe (lat. spinalis = Rückenmark)[4] sind vom Rückenmark ausgehende Reflexe. Sie sind benannt nach den 5 Abschnitten der Wirbelsäule:[5]

  • Halswirbel (Pars cervicalis) 8 Segmente (C1–C8):
    Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:
    • C1 = Kopf, Gesicht, Blutzufuhr zum Kopf, Gehirn, Ohren, Sympaathikus
    • C2 = Gesichtshöhlen Augen, Stirn, Zunge, Sehnerv
    • C3 = Wangen, Zähne, Ohren, Gesichtsknochen
    • C4 = Mund, Lippen, Nase, Ohrtrompete
    • C5 = Stimmbänder, Rachenhöhle, Halsdrüsen
    • C6 = Halsmuskel, Mandeln, Schulter
    • C7 = Schulterschleimbeutel, Ellenbogen, Schilddrüse
  • Brustwirbel (Pars thoracica) 12 Segmente (Th1–Th12):
    Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:
    • Th1 = Unterarm und Hand, Luftröhre, Speiseröhre
    • Th2 = Herzklappen, Herzkranzgefäße, Arme
    • Th3 = Brustkorb, Lunge, Brüste, Bronchien, Arme
    • Th4 = Gallenblase, Gallengänge
    • Th5 = Leber, Blut, Sonnengeflecht
    • Th6 = Magen, Knie
    • Th7 = Zwölffingerdarm, Pankreas
    • Th8 = Milz, Zwerchfell, Knie
    • Th9 = Nebennieren
    • Th10 = Nieren
    • Th11 = Harnröhren, Nieren
    • Th12 = Dünndarm, Eileiter, Blutkreislauf, Arm
  • Lendenwirbel (Pars lumbalis) 5 Segmente (L1–L5):
    Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für:
    • L1 = Dickdarm, Arm
    • L2 = Bauch, Oberschenkel, Blinddarm
    • L3 = Geschlechtsorgane, Blase, Knie
    • L4 = Ischias-Nerv, untere Rückenmuskeln, Prostata
    • L5 = Bein, Fußknöchel, Fuß, Hüfte, Gesäß, Mastdarm, After
  • Kreuzbein (Pars sacralis): 5 Segmente (S1–S5)
    Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für: Hüftgelenk, Gesäß
  • Steißbein (Pars coccygis): 1 Segment (Co1)
    Die in diesem Bereich austretenden Nerven sind zuständig für: Mastdarm, After

Reflexe als Beweis von Leben

Einige Menschen weisen darauf hin, dass männliche Hirntote eine Erektion haben können.[6] - Ist dies jedoch ein Beweis, dass der Hirntote noch lebt?

Die von einigen Personen genannte sexuelle Erregung, zu der Hirntote in der Lage sind, sind auf die Nerven L2 und L3 zurückzuführen. Es ist somit ein spinaler Reflex, der kein Beweis auf Leben eines Menschen darstellt.[7]

Reanimation und Scheintod

Die erste Reanimation mittels Elektroschock soll von Soho Squires im Jahre 1747 gelungen sein.[8]

Die "Transactions of the Royal Humane Society" berichtete im Jahre 1774 über die Reanimation eines Mädchens, das aus dem 1. Stock stürzte und von Ärzten im Krankenhaus für tot gehalten wurde. Elektroschocks habe den Herzschlag wieder hergestellt.[9] - Der dänische Veterinärmediziner und Arzt Peter Abildgaard "tötete" mit Stromschlägen ein Huhn (ursprünglich sollte es ein Pferd sein, aber die elektrische Spannung reichte dazu nicht aus), stellte alle Anzeichen von Tod fest erweckte sie mit Stromschlägen wieder zum Leben.[9] - Dies blieb von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt.

Luigi Galvani (1737-1798) entdeckte im Jahre 1780 zufällig, dass vom Frosch abgetrennte Beine zuckten, wenn sie elektrisch gereizt werden. Luigi Galvani verstand die Zusammenhänge nicht. Sein Experiment mit Froschschenkel machte ihn dennoch berühmt, so dass "Galvanische Zellen" und "Galvanismus" nach ihm benannt wurde.

Der französische Arzt und Politiker Joseph-Ignace Guillotin (1737-1814) wollte Hinrichtungen humanisieren.

So waren zuvor Adlige und Wohlhabende meist mit dem Richtschwert gerichtet, Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt, Staatsverbrecher gevierteilt, Diebe gehängt und Falschmünzer bei lebendigem Leib in einem Kessel gekocht worden.

Am 1.12.1789 hielt er hierzu vor der französischen Nationalversammlung eine Rede, in der er die Ausübung der Todesstrafe mit Hilfe einer einfachen Mechanik:[9]

Der Mechanismus wirkt wie der Blitz, der Kopf rollt, das Blut sprudelt, der Mensch ist nicht mehr.

Im Sommer 1791 wurde der Beschluss zu Gunsten von Gouillotins Maschine gefasst, mit der man " in einem Augenblick das Haupt von den Schultern herabtanzen lassen [will], ohne daß Sie auch nur das geringste spüren".[9]
Charles Henri Sanson (1739-1806), der Henker von Paris, drängte auf eine baldige Lösung, um die Leiden der Hinzurichtenden zu verhindern. Hierfür wurde am 17.3.1792 das Fallbeil von Halifax zum Vorbild genommen und am 20.3.1792 ein Gesetz erlassen, dass künftig Todesstrafen nur noch mit diesem Gerät durchgeführt werden dürfe. Am 15.4.1792 wurde es erstmals an menschlichen Leichname getestet. Am 25.4.1792 wurde Nicolas Jacques Pelletier als erster Verurteilter damit hingerichtet.[Anm. 2]
Verfechter der "Louison" oder "Louisette", wie man die Guillotine zunächst nannte,[Anm. 3] waren der Überzeugung, dass durch das sichere und schnelle Durchtrennen der Halswirbel binnen Zehntelsekunden Bewusstlosigkeit eintrete. Der Hingerichtete nehme die Enthauptung gar nicht wahr.

Parallel hierzu führt die heftig geführte Scheintod-Debatte im Jahre 1792 zum ersten Leichenhaus. Darin sollen die Scheintoten ihr innewohnendes Leben zeigen oder bis zu den ersten Anzeichen von Verwesung liegen.[9]

Sommer 1794 wurde Charlotte Cordays enthauptet. Der Henkersgehilfe ohrfeigte den abgeschlagenen Kopf. Statt Leichenblässe errötete das Gesicht vor Ärger und Scham. Noch lange zeigt ihr Kopf den Ausdruck unmißverständlicher Entrüstung.[9] - Dies führte zu der Frage, ob die Enthaupteten wirklich sofort tot seien.

Der deutsche Arzt Johannes Wendt (1777-1845) und der Franzose Séguret stellten Versuche an, um die Reaktionen der Köpfe zu erforschen. Danach sollten sie beispielsweise noch reflexartig die Augen schließen, wenn eine Hand schnell auf das Gesicht zubewegt oder der Kopf hellem Licht ausgesetzt wurde. Nach einem Bericht des französischen Arztes Gabriel Beaurieux von 1905 habe der Kopf eines guillotinierten Verbrechers sogar noch etwa 30 Sekunden auf Zurufe reagiert.[10] Ähnliches wird über Hamida Djandoubi berichtet, die letzte in Frankreich enthauptete Person.[11] - Johannes Wendt brachte im Jahre 1803 die Ergebnisse seiner Untersuchung in dem Buch "Über Enthauptung im Allgemeinen" heraus, im Jahre 1818 das Buch "Die Hülfe bei Vergiftungen und bei den verschiedenen Arten des Scheintodes".[12]

Befürworter und Gegner der Guillotine als schmerzloses Instrument der Hinrichtung, liefern sich hierauf jahrelang eine heftige Diskussion: Der Anatom Samuel Thomas von Soemmering (1755-1830)[Anm. 4] und seine Anhänger vertraten die Ansicht, dass sich das Gefühlszentrum im Kopf befindet und das Gehirn noch funktioniere, solange die Blutversorgung nur teilweise oder kurzfristig unterbrochen sei. Damit würden Guillotinierte ihren eigenen Tod noch bewusst erleben und erst später sterben. - Der Arzt Georg Christoph Gottlieb Wedekind (1761-1831) hielt entgegen, dass alleine der blitzartige Blutverlust im Kopf zu einer sofortigen Ohnmacht und Empfindungslosigkeit.[9]

Giovanni Aldini (1762-1834), ein Neffe Galvanis, wollte beweisen, dass das Experiment mit den Froschschenkel nur auf den Kontakt zweier verschiedener Metalle zurück zu führen sei. Hierzu führte er vor den Augen des "Royal Surgical College" am 17.1.1803 in London am soeben gehängten Mörder Thomas Forster galvanische Versuche durch. Der Leichnam regte sich. Aldini wurde hierauf verspottet.[9]

Die Arbeiten von Giovanni Aldini und Alexander von Humboldt (1769-1859) verbreiteten den Glauben, dass Leben auf elektrische Kraft beruhe.[9]

Hirntote im Vergleich mit Patienten, bei denen nach Patientenverfügung das Therapieende gewünscht wird.

Fähigkeit Patientenverfügung Hirntod
Kommunikation sich mitteilen können unmöglich unmöglich
Können gehen, sprechen, singen, musizieren, balancieren unmöglich unmöglich
Wahrnehmung sehen, hören, riechen, schmecken, tasten möglich unmöglich
Bewusstsein denken, planen, erfinden, kreativ etwas erschaffen möglich unmöglich
Erinnerung was man erlebt hat (DuL) möglich unmöglich
Wissen was wir gelernt haben (DuL) möglich unmöglich
Gefühle Liebe, Hass, Vertrauen, Angst, Hoffnung, Sorge möglich unmöglich
Eigenatmung atmet selbstständig, wenn auch schwer möglich unmöglich
Hirnstammreflexe Licht-, Lidschluss-, ... Atem-Reflex vorhanden nicht vorhanden
Homöostase Körpertemperatur, Wasserhaushalt gestört sehr gestört
Herzschlag vorhanden vorhanden
Verbesserung des Zustandes? sehr unwahrscheinlich völlig unmöglich
gewünscht Mord?
Das "unmöglich" ist beim Hirntod deswegen dauerhaft, weil die Gehirnzellen im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm seit Eintritt des Hirntodes so schwer geschädigt sind, dass sie nicht nur nie wieder funktionieren werden (irreversibel). Sie befinden sich in einem so weit fortgeschritten Sterbeprozess, dass dieser unaufhaltsamen geworden ist und der nach Tagen des Hirntodes mit der Auflösung des Gehirns (Autolyse) endet.

Anhang

Anmerkungen

  1. Berühmt ist das von Petrowitsch Pawlow (1849–1936) durchgeführte Hunde-Experiment: Vor dem Fressen der Hunde ließ Pawlow eine Glocke erklingen. Mit der Zeit begannen die Hunde Verdauungssekrete zu produzieren, sowie sie die Glocke hörten, denn gleich musste was zu Fressen geben.
  2. Nicolas Jacques Pelletier hatte unter Anwendung von Stockhieben einem Straßenpssanten die Brieftasche geraubt.
  3. Volkstümliche Spitznamen waren "le rasoir national" (das nationale Rasiermesser) und "la raccourcisseuse" (die Kurzmacherin).
  4. Er beschrieb im Jahre 1778 in seiner Doktorarbeit die 12 Hirnnerven. Diese Einteilung hat bis heute Gültigkeit. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Thomas_von_Soemmerring. Zugriff am 10..3.2014.)

Einzelnachweise

  1. Pschyrembel: Medizinisches Wörterbuch. Zerebr-. Seite 1813.
  2. BMG: Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes (2015)
  3. Hans-Peter Schlake, Klaus Roosen: Der Hirntod als der Tod des Menschen. 2. Auflage. Neu-Isenburg 2001, 32.
  4. Pschyrembel: Medizinisches Wörterbuch. spinal. Seite 1566.
  5. http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckenmark#Gliederung Zugriff am 8,3.2014.
  6. http://de.wikipedia.org/wiki/Hirntod#Kontroversen
  7. http://www.neuro24.de/show_glossar.php?id=318 Zugriff am 8.3.2014.
  8. http://www2.hs-esslingen.de/~johiller/schrittmacher/prinzip.htm Zugriff am 10.3.2014.
  9. a b c d e f g h i Christa Mörhing: Die Geschichte des Blitzableiters. Doktorarbeit. Berlin 2005. Im Internet: http://e-pub.uni-weimar.de/opus4/files/1374/Dissertation_Moehring.pdf Zugriff am 8.3.2014.
  10. http://de.wikipedia.org/wiki/Enthauptung#Todeseintritt_nach_Abtrennung_des_Kopfes Zugriff am 10.3.2014.
  11. http://de.wikipedia.org/wiki/Guillotine Zugriff am 10.3.2014.
  12. http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Wendt_%28Arzt%29 Zugriff am 10.3.2014.