Begriff Hirntod

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Zwischen der Feststellung, dass bei einigen Komapatienten keine Hirnaktivitäten festgestellt werden kann und dem Begriff "Hirntod" vergingen Jahre. In dieser Zeit verstand die Medizin immer deutlicher, um was für einen neuen medizinischen Zustand es sich hierbei handelt, der eine neue Bezeichnung benötigte.

Entwicklung zur Bezeichnung "Hirntod"

Am 17.01.1959 veröffentlichte Pierre Wertheimer zusammen mit Michel Jouvet und Jacques Descotes den Artikel „Diagnosis of death of the nervous system in comas with respiratory arrest treated by artificial respiration“ (Diagnose des Todes des Nervensystems im Koma bei Atemstillstand durch künstliche Beatmung behandelt).

Diese Bezeichnung von Hirntoten - „mort du système nerveux“ (Tod des Nervensystems) - kannte am 25.05.2019 Google nur auf 29 deutschsprachigen Internetseiten, während hingegen die von Pierre Mollaret und Maurice Goulon 6 Monate später gewählte Bezeichnung für Hirntote, „Coma depassé“ über 150 Ergebnisse aufwies. Lässt man hingegen Google im französischen Internet suchen, erbringt dies ein völlig anderes Ergebnis: für „mort du système nerveux“ rund 60.000 Fundstellen und für „Coma depassé“ rund 46.000 Fundstellen. Dieser gravierende Unterschied im deutschsprachigen Internet mag wesentlich daran liegen, dass den Kritikern des Hirntodkonzeptes die Bezeichnung "Coma depassé" zweckdienlicher war, denn somit konnten sie sprachlich die Nähe zum Koma herausstellen und die Nähe zum Tod meiden.

Dabei veröffentlichten Pierre Wertheimer und Pierre Mollaret im Jahr 1959 nicht als Einzige Artikel über Hirntote:

  • Jacques Descotes veröffentlichte den Artikel „Diagnostic electro-sous-corticographique de la mort du système nerveux central au cours de certains comas“ (Elektrosubkortikographische Diagnose des Todes des zentralen Nervensystems bei einigen Komata). Darin beschreibt er 4 Patienten des Jahres 1958 mit schwersten Hirnschädigungen, die im Hirntod endeten.
  • Am 11.11.1959 veröffentlichte Michel Jouvet den Artikel "Electro-subcorticographic diagnosis of death of the central nervous system during various types of coma" (Elektrosubkortikographische Diagnose des Todes des zentralen Nervensystems bei verschiedenen Arten von Koma).

Zusammenfassend lässt sich hieraus sagen, dass 1959 alle Verfasser Hirntote noch in Verbindung mit Komapatienten sahen, wenngleich die meisten von ihnen mit dem Tod des (zentralen) Nervensystems. Dies sollte sich im nächsten Jahrzehnt ändern.

Wenig bekannt ist, dass am 24.08.1962 Pierre Mollaret in der Münchner medizinischen Wochenschrift den Artikel "Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod" veröffentlichte. Darin betont er, dass „die Dauer eines solchen 'Coma dépassé' nicht länger als nach Tagen gezählt“ wird.() Mitleid zeigte Pierre Mollaret im „Fall beim Coma dépassé, wo das Gehirn nur noch ein Brei ist: Es ist nicht mehr ein Lebender, der sich äußert, alles ist reduziert auf gelegentliches eintöniges Knirschen des bemitleidenswertesten der Roboter." Hervorzuheben ist hierbei, dass bereits 1962 Pierre Mollartet von der Autolyse des Gehirns schrieb.

Dag Moskopp ging der Frage nach, seit wann die Bezeichnung „Hirntod“ im deutschen Sprachraum benutzt wurde. Das Ergebnis seiner Recherche in chronologischer Reihenfolge lautet:Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. In der 3-zeiligen Überschrift heißt es statt dessen „... Regeln zur Feststellung des Todes ...“.

Das Moskopp zieht als Bilanz, dass für „den Begriff 'Hirntod' erst etwa ab 1970 konsequent die Bezeichnung 'Hirntod' zugeordnet wurde.“[1]

Dies zeigt auf, dass man rund ein Jahrzehnt nach der richtigen Bezeichnung für den Zustand Hirntod gesucht hat.

Mit der 4. Fortschreibung der Richtlinie „... zur Feststellung des Todes ...“ (2015) wurde eine neue Bezeichnung „irreversibler Hirnfunktionsausfall“ synonym eingebracht. Ob sich diese neue Bezeichnung gegen das etablierte „Hirntod“ durchsetzen kann, ist höchst zweifelhaft. Das gemeinsame Problem aller dieser Bezeichnungen ist die zentrale Frage, ob mit dieser Bezeichnung nur der Tod des Gehirns oder auch der Tod des Menschen bezeichnet werden soll.



Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Dag Moskopp: Hirntod, 17.