Thomas Liesen

Aus Organspende-Wiki
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Schriften

Wie tot ist ein Hirntoter? (24.02.2015)

Am 24.05.2015 veröffentlichte Thomas Liesen den Artikel "Wie tot ist ein Hirntoter?".[1] Darin heißt es:

Der Hirntod ist weit weg von jenem Zustand, den Pathologen als Tod definieren.

Auch für Pathologen sind Hirntote Tote.

Totenflecken, Leichenstarre oder bereits einsetzende Fäulnis – das sind sichere Todeszeichen.

... ebenso auch der Hirntod. Siehe: sichere Todeszeichen, Todesbescheinigung

Auf Intensivstationen darf daher auch ein anderer Tod erklärt werden

Siehe: Todesfeststellung, Todeserklärung

Hirntod. Ein rein neurologischer Tod. Er ist viel näher am Leben.
Ein Hirntoter hat ein selbstständig schlagendes Herz, er reguliert seine Körpertemperatur, schwitzt, scheidet aus.

Siehe: Todesverständnis, Leben der Hirntoten

Weil ja auch andere Menschen ein andauernd nicht vorhandenes Bewusstsein haben, wie zum Beispiel die Patienten im sogenannten Wachkoma, die haben auch keine Bewusstheit auf dieser Großhirnebene und die müsste man dann ja auch für tot erklären.

Siehe: irreversibles Koma, Hirntod

Die Organentnahme führt den Tod herbei, davon bin ich überzeugt, und wir müssen uns dann überlegen, ob wir das ethisch und rechtlich auf sichere Füße stellen können oder nicht.

Siehe: Todesverständnis

Die Untoten (14.12.2014)

Am 14.12.2014 erschien von Thomas Liesen die Beschreibung eines Ablaufs einer HTD.[2] Darin heißt es:

Und der Hirntod ist weit weg von jenem Zustand, den Pathologen als Tod definieren.

Auch Pathologen sehen in Hirntoten einen Toten.

Der Hirntod ist näher am Leben.

Siehe: Leben der Hirntoten

Tatsächlich galten bis 1968 Menschen, die heute für tot erklärt werden, noch als Lebende. Doch in jenem Jahr trat ein Komitee der Harvard-Universität zusammen, kurz nach der weltweit ersten erfolgreichen Herztransplantation. Die Wissenschaftler des Komitees hatten die Idee, die bis dahin als lebende, wenn auch im Koma liegenden und künstlich beatmeten Menschen auf Intensivstationen für tot zu erklären. Und sie definierten die meisten der bis heute geltenden Hirntod-Kriterien in einer Stellungnahme.

Siehe: Ad-Hoc-Kommitee

Doch wegweisende Untersuchungen eines US-Forschers haben schon 1998 gezeigt, dass Hirntote, denen die Organe nicht entnommen wurden, bis zu 14 Jahre mit selbstständig schlagendem Herzen weiter an der Beatmungsmaschine "leben".

Siehe: Alan Shewmon

Es ist so, dass hier ganz bewusst ein Etikettenschwindel durchgeführt wird, um ein gewisses Unwohlsein, nämlich die Entnahme lebenswichtiger Organe, beim Sterbenden zu übertünchen und den Menschen damit die Entscheidung zum Organspendeausweis leichter zu machen.
Sogar erfahrenes klinisches Personal hat nach Umfragen Probleme, Hirntote wirklich als Tote anzusehen.
In den Augen des Klinikpersonals sind Hirntote offenbar keine Leichen, sondern Sterbende. Allein schon weil sie keineswegs immer so regungslos daliegen, wie man es von Toten eigentlich erwartet.
Die Organentnahme führt den Tod herbei, der Tod tritt ein während des Prozesses der Organentnahme, davon bin ich überzeugt, wenn man ein biologisches Konzept von Leben und Sterben akzeptiert, und das tun wir in Deutschland, und wir müssen uns dann überlegen, ob wir das ethisch und rechtlich auf sichere Füße stellen können oder nicht.

Siehe: Todesverständnis

Das sind wirklich Armbewegungen, Rumpfbewegungen, Beinbewegungen, auch das stellt sich eigentlich als Schwierigkeit dar für Pflegende, auch wenn man dieses medizinische und fachliche Wissen hat und es treten diese Bewegungen auf, dann führt das zur Verunsicherung, ganz klar.

Siehe: spinale Reflexe

Und dieser Schwebezustand hat Einfluss bis in die Gesetzgebung. Denn auch juristisch sind Hirntote in einer Grauzone verblieben. In keinem Gesetz steht, dass Hirntod gleich Tod ist. Dennoch genießen Hirntote nicht mehr den juristischen Schutz, der Lebenden zusteht.

Siehe: § 3 TPG

Dabei zeigen Studien über die Organentnahme: Der Puls der Hirntoten kann sprunghaft ansteigen, ebenso der Blutdruck.

Siehe: Leben der Hirntoten

Bei einer normalen OP würde in diesem Fall jeder Arzt sagen: Der Patient hat Schmerzen - und entsprechend die Dosis an Narkosemitteln erhöhen.

Siehe: Schmerz

Doch da Hirntote für tot erklärt sind, ...

Siehe: Todesfeststellung, Todeserklärung

In der Schweiz denkt man da weniger strikt. In den ethischen Richtlinien der Schweizer Akademie der Wissenschaften wird eine Anästhesie bei Organentnahme sogar empfohlen, um – wie es heißt – motorische Reaktionen zu unterbinden.

Siehe: Schmerz, Schweiz

Was viele nicht wissen: Diese Behandlungen beginnen sogar noch, bevor der Hirntod diagnostiziert wird. Sie dienen dabei nicht mehr primär dem Patientenwohl, sondern bereits dem Organerhalt und damit dem Bedarf Dritter. In diesem sogenannten präfinalen Stadium werden dem Patienten Medikamente gegeben, die weder seine Lebens- noch seine Sterbequalität steigern; es werden Hormone gegeben; es wird Blut abgezapft, um für den Organerhalt wichtige Werte zu bestimmen.

Siehe: organprotektive Maßnahmen


Die Untoten (14.12.2014)

Am 14.12.2014 erschien von Thomas Liesen die Beschreibung eines Ablaufs einer HTD.[3] Darin wird der Ablauf inhaltlich wie folgt beschrieben:

  • Pupillen-Reflex
    Martin Herpers hebt nacheinander eines von Philipps Augenlidern und strahlt mit einer Taschenlampe in die Augen. "Sie sehen, dass die Pupillen leicht entrundet sind, dass sich bereits eine Linsentrübung eingestellt hat und die Lichtrektion der Pupillen ist erloschen."
  • Korneal-Reflex
    Martin Herpers nimmt nun ein Papiertaschentuch zur Hand. Er nähert sich Philipps immer noch geöffneten Augen und reibt mit der Taschentuchkante mitten über deren Hornhaut. "Das ist normalerweise sehr empfindlich und wir sehen, dass der Kornealreflex ausgefallen ist."
  • Trigeminus-Reflex
    "Im Rahmen der Schmerzreiz-Überprüfung im Gesicht durchstechen wir mit einer Injektionsnadel die Nasenscheidewand. Das ist ein normalerweise kaum zu tolerierender Schmerz, der normalerweise zu einem Blutdruckanstieg, einer Herzfrequenzbeschleunigung und einer massiven Erweiterung der Pupillen führt, was in diesem Fall jetzt ausbleibt." Es fließt ein wenig Blut aus Philipps Nase. Doch er regt sich nicht.
  • Apnoe-Test
    "Jetzt als letzter Akt in der Hirnstammuntersuchung kommt der sogenannte Apnoe-Test - und das machen wir jetzt." Was Martin Herpers nun vorbereitet, soll nach den Richtlinien der Ärztekammer erst gegen Ende der Hirntod-Diagnose erfolgen. Denn der Test ist eine große Belastung für den Patienten. Ihm wird die Beatmung abgeschaltet. Wenn Philipp auch nach zehn Minuten nicht von selbst anfängt, zu atmen, gilt sein Hirnstamm als tot.

Denn jede einzelne Methode hat Stärken und Schwächen.

Beispiel: EEG
Aufzeichnung elektrischer Gehirnströme in Form von typischen gezackten Linien. Bei Hirntoten entsteht die sprichwörtliche Nulllinie.
Vorteil: lange etabliertes Verfahren, Geräte in jeder Klinik vorhanden.
Nachteil: Narkosemittel und Unterkühlungen verursachen ebenfalls eine Nulllinie. EEG erfasst keine Aktivität tief liegender Hirnteile. Verlässlichkeit daher nur 80 Prozent

Beispiel: akustisch evozierte Potentiale
Messung von Nervensignalen aus dem Gehirn, während dem Patienten über Kopfhörer akustische Klicks eingespielt werden. Bei Hirntod kommt es zum Ausfall typischer Nervenantworten.
Vorteil: Sensitiv auch bei hohen Dosen von Betäubungsmitteln.
Nachteil: Hoher apparativer Aufwand. Hohe Qualifikation des Bedieners erforderlich. Nicht bei allen Formen von Hirnverletzungen aussagekräftig.

Beispiel: zerebrale Angiographie
Ähnlich wie bei einer Herzkatheter-Untersuchung wird Kontrastmittel in Hirnarterien gespritzt und per Röntgen der Blutfluss gemessen. Ein vollständiger Stopp gilt als sicheres Hirntod-Kriterium.
Vorteil: sensitiv auch bei hohen Dosen von Betäubungsmitteln.
Nachteil: hoher Aufwand, Verlegung des Patienten in radiologische Abteilung notwendig.

Wie tot darf ein Organspender sein? (19.09.2013)

Am 19.09.2013 veröffentlichte Thomas Liesen den Artikel "Wie tot darf ein Organspender sein?"[4] Darin heißt es:

Das Konzept des Hirntods ist in der Transplantationsmedizin fast ein Dogma, das zusehends in Wanken gerät.
Doch für Hirntodkritiker ist all das nicht Nachweis genug. Die Tests belegten nur eines: Der Patient ist in einem tiefen, irreversiblen Koma.

{{Zitat2|"Was wir feststellen, ist sicher so, dass diese Menschen nie wieder erwachen, aber wir können nicht sicher sein, dass alles im Hirn abgestorben ist, das weiß man, das ist so in der medizinischen Fachliteratur diskutiert, das muss man fair diskutieren und wissen."

Ärzte wie Jürgen in der Schmitten fordern daher Konsequenzen. Und vor allem die Anerkennung: Ein Hirntoter ist höchstens ein Sterbender. Aber eben keine Leiche. Was ihn wirklich tötet, ist die Organentnahme:

"Ja, die Organentnahme führt den Tod herbei, der Tod tritt ein während des Prozesses der Organentnahme, davon bin ich überzeugt und wir müssen uns dann überlegen, ob wir das ethisch und rechtlich auf sichere Füße stellen können oder nicht. "

Jürgen in der Schmitten:

"Wir sollten hier prüfen, ob die verwendete Hirntoddefinition wissenschaftlich stichhaltig ist und wenn wir merken, das ist nicht der Fall, dann sollte es eine politische Meinungsbildung geben. Und wenn dann alle Chirurgen das Messer niederlegen - das möchte ich erst mal kommen sehen, also da wäre ich sehr entspannt."

Siehe: Todesverständnis

Wer sein Ohr auf den Brustkorb eines Toten legt, erwartet kaum, so etwas zu hören. Und doch schlägt in jedem Menschen, der in Deutschland für hirntot erklärt wird, das Herz.
Tatsächlich gibt es irritierende Berichte über Reaktionen von Hirntoten. So konnten Ärzte bei einigen einen sprunghaften Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz bei der Organentnahme feststellen.

Siehe: Leben der Hirntoten

Ob ein Schmerzempfinden oder reine Nervenreflexe die Ursache sind, bleibt unklar. In der Schweiz werden die Organspender jedenfalls vor der Explantation konsequent in Vollnarkose versetzt.

Siehe: Schmerz, Schweiz

In Deutschland hält man das für überflüssig, wie man seitens der Transplantationsmedizin überhaupt scheut, so manche Details öffentlich zu diskutieren.

Siehe: gemeinsame Erklärungen = Die Medizin hat diese Diskussionen satt.

Doch die Debatte ist international entbrannt, zusätzlich befeuert durch Fälle von Hirntod-Fehldiagnosen, wie zum Beispiel der einer 40jährigen Patientin in den USA. Sie hatte sich mit einem Medikament vergiftet. Es enthielt den Wirkstoffs Baclofen, ein Mittel, das Muskelspannungen lösen soll. Die Patientin zeigte keinerlei Reflexe mehr, als sie in die Klinik eingeliefert wurde, die Pupillen waren starr. Die Ärzte führten die weiteren, üblichen Tests durch. Dann erklärten sie sie für Hirntod und bereiteten die Organentnahme vor. Doch am fünften Tag nach Einnahme der Überdosis fing die Patientin plötzlich an, sich zu bewegen. Sie erholte sich an den folgenden Tagen und überlebte ohne bleibende Nervenschäden. Ihre Vergiftungserscheinungen hatten den Hirntod lediglich vorgetäuscht.

Siehe: Voraussetzungen, lebende Hirntote, Colleen S. Burns

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Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Thomas Liesen: Wie tot ist ein Hirntoter? (24.02.2015) Nach: https://www.deutschlandfunk.de/organspende-wie-tot-ist-ein-hirntoter.676.de.html?dram:article_id=312587 Zugriff am 15.05.2020.
  2. Thomas Liesen: Die Untoten. In: Deutschlandfunk (24.12.2014) Nach: https://www.deutschlandfunk.de/medizin-die-untoten.740.de.html?dram:article_id=305199 Zugriff am 15.05.2020.
  3. Thomas Liesen: Die Untoten. In: Deutschlandfunk (24.12.2014) Nach: https://www.deutschlandfunk.de/medizin-die-untoten.740.de.html?dram:article_id=305199 Zugriff am 15.05.2020.
  4. Thomas Liesen: Wie tot darf ein Organspender sein?. In: Deutschlandfunk (19.09.2013) Nach: https://www.deutschlandfunk.de/wie-tot-darf-ein-organspender-sein.1148.de.html?dram:article_id=263202 Zugriff am 19.06.2020.