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Kritik an Organspende ab 16

Am 21.05.2017 erschien in der FAZ der Artikel "Kritik an Organspende 16".[1]

Jugendliche sollen sich entscheiden, werden von Krankenkassen aber einseitig informiert In Deutschland können Minderjährige in die Spende ihrer Organe einwilligen, ohne dass die Eltern etwas davon wissen.[Anm. 1] Im schlimmsten Fall erfahren Mutter und Vater erst dann davon, wenn ihr Kind schwer verunglückt; wiederrufen können die Eltern die Entscheidung des Kindes nicht. Der Grund dafür ist, dass Jugendliche ab 16 Jahren von den Krankenkassen der Organspendeausweis zugeschickt wird, ohne dass die Eltern darüber informiert werden.[Anm. 2] Ein Begleitschreiben fordert die Jugendlichen auf, schriftlich zu dokumentieren, ob sie für oder gegen eine Organspende sind, wenn sie sterben.[Anm. 3] Eine neutrale rechtliche und medizinische Beratung bekommen die Jugendlichen aber nicht.[Anm. 4] Manche Kassen werben sogar für die Organspende.

Für Minderjährige bedeutet die Einwilligung, dass sie im Ernstfall ohne Begleitung durch die Eltern sterben müssen.[Anm. 5] Der endgültige Tod tritt auf dem Operationstisch bei der Herausnahme der Organe ein.[Anm. 6] Der Spender stirbt allein:[Anm. 7] Für eine Organspende darf der Patient lediglich hirntot sein, Herz und Lunge müssen noch arbeiten.[Anm. 8] Das steht so nicht im Spenderausweis, dort heißt es bloß „nach meinem Tod“.[Anm. 9]

Rechtlich ist das Vorgehen der Kassen gedeckt:[Anm. 10] Das Transplantationsgesetz sieht vor, dass Jugendliche von 16 Jahren an selbst in die Organspende einwilligen können. Viele Eltern sehen darin aber einen Eingriff in das Erziehungsrecht[Anm. 11] in einer besonders sensiblen Entwicklungsphase. Das Bundesgesundheitsministerium verweist hingegen darauf, dass Jugendliche ab 16 Jahren auch ein Testament machen können. Doch dabei werden sie von einem Notar beraten.[Anm. 12] Die Erklärung zur Organspende sieht dagegen keine Beratung durch eine unabhängige Person vor.[Anm. 13]

Verbände und Fachleute kritisieren das Vorgehen der Kassen.[Anm. 14] So befürchtet der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, dass Minderjährige mit Entscheidungen konfrontiert werden, die sie noch nicht vollständig einschätzen können. Ihre Ärzte lehnen es daher ab, Kinder unter 18 ohne Anwesenheit und Einwilligung der Eltern zur Organentnahme im Todesfall zu motivieren und zur Unterschrift aufzufordern.[Anm. 15] Auch die Vorsitzende des Vereins "Familie e.V.", Maria Steuer, fordert, dass der Kinderarzt oder ein Notar die Jugendlichen berät.[Anm. 16] Die Krankenkassen sollten ihrer Ansicht nach nicht als Berater auftreten, weil sie grundsätzlich ein Interesse an Transplantationen hätten: Diese seien kostengünstiger las die sonst möglichen medizinischen Behandlungen. Und der Vizepräsident des Deutschen Kinderschutzbundes Christian Zainhofer sagt: "Aus unserer Sicht ist eine ernsthafte und neutrale Aufklärung unabdingbar, damit den Jugendlichen bewusst wird, worüber sie da entscheiden. Das scheint derzeit nicht der Fall zu sein."

Der Medizinethiker Rainer Beckmann schlägt vor, die Entscheidung des Spenders davon abhängig zu machen, ob er einwilligungsfähig ist - so wie bei anderen medizinischen Eingriffen. Die Einwilligungsfähigkeit liegt, unabhängig vom Alter, immer dann vor, wenn der Patient die Vor- und Nachteile einer Behandlung erkennen und seinen Willen hiernach bestimmen kann. Das muss in jedem Einzelfall geprüft werden.[Anm. 17] So könnte verhindert werden, dass ein Jugendlicher einen Ausweis unterschreibt, ohne dass er die damit verbundenen Folgen zutreffend einschätzt.

Potentielle jugendliche Spender bekommen auch nicht nur Post von der Krankenkasse, auch in Schulen wird für die Organspende geworben.[Anm. 18] Manche Organisationen wenden sich schon an Neuntklässler. So hält die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein Unterrichtspaket bereit.[Anm. 19] Ein Vorschlag darin lautet, einen 'Motivationssong' zum Thema Organ- und Gewebespende zu entwickeln. Der Song zum Schulfilm "Organspende macht Schule" heißt "von Mensch zu Mensch", die Aktion "Song for Life". Das Sterben ist ausgeblendet. Laut Transplantationsgesetz muss die Aufklärung über die Organspende "ergebnisoffen" sein, die ganze Tragweite der Entscheidung umfassen.

(Die beiden letzten Absätze sind hier nicht wiedergegeben.)

Fazit
Die 1. Hälfte des Artikels ist eine einzige Kritik an unserem Rechtsstaat: Es werden zwar die Krankenassen als Bösewichte an den Pranger gestellt, aber diese setzen nur das um, was der Gesetzgeber im Herbst 2012 in § 2 TPG beschlossen hat:

Die Krankenkassen haben, unbeschadet ihrer Pflichten nach Absatz 1, die in Absatz 1 Satz 3 genannten Unterlagen ihren Versicherten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, zur Verfügung zu stellen, wenn ihnen die elektronische Gesundheitskarte nach § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgestellt wird.


Anhang

Anmerkungen

  1. Dies ist ist seit Herbst 2012 so gesetzlich geregelt. Die Krankenkassen setzen nur das um, was der Gesetzgeber gesetzlich vorgegeben hat. Es ist somit nicht die Krankenkassen anzugreifen, sondern der Gesetzgeber. Als Kenner der Materie sollte man das wissen, oder man sollte das Schreiben solcher Artikel unterlassen:
    "Die Krankenkassen haben, unbeschadet ihrer Pflichten nach Absatz 1, die in Absatz 1 Satz 3 genannten Unterlagen ihren Versicherten, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, zur Verfügung zu stellen, wenn ihnen die elektronische Gesundheitskarte nach § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgestellt wird." (§ 2 Abs. 1a [[{TPG]]
  2. Eltern wissen es seit Herbst 2012 durch die Änderung des TPG. Wenn es ihnen wichtig ist, dass ihre minderjährige Kinder ihre Meinung übernehmen, können sie beginnen, ihre Kinder ab dem 15. Lebensjahr auf ihre Seite zu ziehen. Ob damit eine objektive Aufklärung geschieht ist fraglich. Dem Verfasser dieses Artikels muss eine objektive Aufklärung abgesprochen werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass man eine Person angibt, die diese Entscheidung treffen soll. Die Jugendlichen müssen damit nicht über die Organspende entscheiden, sondern darüber, wer für sie diese Entscheidung fällen soll.
  3. Sie sterben dann nicht, sondern sind hirntot und damit tot.
  4. Der Hinweis fehlt, von wem diese neutrale Beratung kommen soll. Vom Verfasser des Artikels ist sie nicht zu erwarten.
  5. Das ist die Sprache von KAO. Gestorben wird vor dem Eintritt des Hirntodes. Ab dem eingetretenen Hirntod gibt es nur noch intermediäres Leben und Supravitalität.
  6. Tod ist immer endgültig, oder es ist kein Tod. - Auf dem OP-Tisch verstirbt kein Organspender, sein Tod war vorher.
  7. Das Sterben des Menschen ist mit dem Eintritt des Hirntodes abgeschlosssen. Siehe: Sterbeprozess
  8. Sehr geschickt formuliert: Das Herz schlägt autonom. Die Eigenatmung ist jedoch irreversibel ausgefallen und muss durch eine künstliche Beatmung ersetzt werden. Was an der Lunge noch „arbeitet“, das ist der Gasaustausch zwischen Atemluft und Blut.
  9. Mit der Feststellung des Hirntodes ist der Nachweis des Todes des Menschen erbracht. Wem das nicht passt, kann ja versuchen, das TPG zu ändern.
  10. Die Krankenkassen führen nur das aus, was der Gesetzgeber ihnen aufgetragen hat.
  11. Es ist verwunderlich, dass die "vielen Eltern" hierfür über 4 Jahre gebraucht haben, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Wenn sie meinen, dass diese Änderung des TPG aus dem Jahr 2012 ein "Eingriff in das Erziehungsrecht" darstellt, sollen sie gegen das Gesetz klagen. Es wird dann geprüft, ob die Gerichte die gleiche Auffassung haben wie die "vielen Eltern".
  12. Der Notar ist für kein Testament zwingend erforderlich und er macht diese Beratung sicherlich nicht kostenlos. Der Staat übernimmt diese Kosten nicht. - Es steht den Jugendlichen wie auch den Eltern frei, zur Organspende sich beraten zu lassen. In § 2 TPG Heißt es: "Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Bundesbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit, insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, sowie die Krankenkassen sollen auf der Grundlage dieses Gesetzes die Bevölkerung aufklären über 1. die Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende ..." Wer den Angaben der BZgA nicht traut, sollte prüfen, ob er nicht einer Verschwörungstheorie aufgesessen ist.
  13. Nach § 2 TPG ist vor allem die BZgA zur unabhängigen Aufklärung verpflichtet. Man kann ja versuchen, dort einen persönlichen Berater zu bekommen.
  14. Welche Verbände? Welche Fachleute? Welches Vorgehen? - Die Kassen führen nur das aus, was ihnen der Gesetzgeber im Herbst 2012 aufgetragen hat.
  15. Es soll um eine ergebnisoffene Beratung gehen, nicht um eine Motivation zur Organentnahme. Daher hat der offizielle Organspendeausweis meherere Möglichkeiten:
    • Unbegrenzte Zustimmung zur Organentnahme
    • Begrenzte Zustimmung zur Organentnahme
    • Keine Zustimmung zur Organentnahme
    • Es soll die zu benennende Person über die Zustimmung zur Organentnahme entscheiden
    Es ist auch so, dass diese getroffene Entscheidung jederzeit durch Zerreißen des Organspendeausweises und Ausfüllen eines neuen Organspendeausweises jederzeit geändert werden kann.
  16. Warum soll ein Notar zur Organspende beraten? Wodurch besitzt er diese Fachkompetenz?
  17. Wer prüft nach welchen Kriterien in der Klinik bei ganz normalen Behandlungen (OP, Therapie, ...) die Einwilligungsfähigkeit? Warum soll das jetzt bei Jugendlichen zur Frage der Organspende erfolgen?
  18. Es in Schulen eine ergebnisoffene Information zu erfolgen. Schulleiter achten im eigenen Interesse darauf, dass es keine Werbeveranstaltung für Organspende wird (dies könnte ihnen große Schwierigkeiten bereiten), sondern dass die Schüler ergebnisoffen informiert werden. Diese als Werbung für Organspende zu verstehen, ist ein Verkennen der Situation.
  19. Neuntklässler sind meist 15 Jahre alt. Sie sollen sich in wenigen Monaten für oder gegen Organspende entscheiden. Wie sollen sie es tun, wenn ihnen die dafür notwendigen Informationen fehlen? Die BZgA kommt hier dem vom Gesetzgeber übertragenen Auftrag der ergebnisoffenen Aufklärung nach.

Einzelnachweise

  1. Es liegt eine Kopie dieses Artikels vor.