Worte und Wirkung

Aus Organspende-Wiki
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Auch wenn ein Heißluftballon sich durch die Lüfte bewegt und dieser nur vertikal zu steuern ist, so wird mit diesem Ballon nicht geflogen, sondern gefahren. Dies kommt in dem Wort "Ballonfahrer" zum Ausdruck.

Je seltener man mit einem Thema zu tun hat, desto schwieriger ist es, sich in diesem Thema korrekt auszudrücken. Dies gilt auch für Journalisten.

Auch wenn inzwischen viel über Organspende gesprochen wird, so ist die Ausdrucksweise nicht immer korrekt. Dies trifft insbesondere beim Hirntod zu.

Alle Parallelstellen wurden am gleichen Tag mit Google ermittelt.

Worte der Medien

Journalisten prägen die Sprache der Menschen wesentlich mit. Daher sollten sich Journalisten bemühen, sich sprachlich korrekt auszudrücken. Ihnen sei hier eine Hilfestellung gegeben mit der Hoffnung, dass damit auch die Umgangssprache treffender zu Organspende und Hirntod ausdrückt.

Die ungeschickte bzw. falsche Wortwahl ist fett markiert, um es deutlicher hervorzuheben.

"Ushers Stiefsohn für hirntot erklärt", so lautet eine Überschrift in der Augsburger Allgemeine vom 10.7.2012.[1]

"Die Welt" berichtete am 26.11.14: "Die ... Studentin Tugce A. ist für hirntot erklärt worden. Das berichten übereinstimmend mehrere Medien."[Anm. 1]

Niemand wird für hirntot erklärt. Immer wird der Hirntod festgestellt, d.h. andere Mediziner können diesen Hirntod bestätigen. - Für tot erklärt wird nur, wessen Leichnam nicht vorliegt und der Tod damit nicht objektiv überprüfbar ist. Siehe: Todeserklärung
"Organspender sind Patienten", so lautet der 5. Punkt der "Leitsätze zur Organspende und Organtransplantation in Baden-Württemberg" vom 25. April 2013.[2]

"... rund zwei Drittel der Organspender sind Patienten mit Hirnblutungen" heißt es auf einer Seite von www.minimed.cc[3]

Bis zur Feststellung des Hirntods war der Mensch Patient, dessen Leben zu retten und dessen Gesundheit wieder hergestellt werden sollte. Mit der Feststellung des Hirntods ist der Mensch ein Hirntoter und damit ein Toter. Erst mit Feststellung des Hirntods ist er ein potentieller Organspender, aber kein Patient. Die Weiterbehandlung bis zur Organentnahme ist nicht lebenerhaltend, sondern organerhaltend.
" ... zusammen mit Barbara Backer, die selbst auf eine fremde Leber angewiesen ist." So schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung am 4.11.2014[4] und am 16.1.2015 auf Seite 5. Mit einem transplantierten Organ zu leben, ist mehr als nur auf dieses Organ "angewiesen" zu sein. - Denkbare andere Formulierungen wären: "die dank einer fremden Leber seit x Jahren noch lebt" oder "die ohne die fremde Leber vor x Jahren gestorben wäre" oder einfach "die seit x Jahren mit einer fremden Leber lebt" bzw. "die vor x Jahren eine fremde Leber erhielt" bzw. "die selbst Lebertransplantiert ist."
"Dann würde ein Koordinator der Deutschen Stiftung Organtransplantation (OSB) dazukommen und das weitere Vorgehen überwachen." So schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung am 16.1.2015 auf Seite 5. "OSB" ist u.a. die Abkürzung für [https://de.wikipedia.org/wiki/Benediktiner Benediktiner. Die haben nichts mit Organtransplantation zu tun. Die korrekte Abkürzung heißt "DSO". - Der Koordinator überwacht nicht, sondern er koordiniert, d.h. er veranlasst die Untersuchungen des Hirntoten, er nimmt mit ET Kontakt auf, er regelt den Transport zu den TXZ.
"In der Regel dauert es zwischen der Hirntot-Diagnose und der Entnahme der Organe 36 Stunden." So schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung am 16.1.2015 auf Seite 5. Der [Rahmen] aus den Jahresberichten der DSO weist hier andere Zeiten aus. Im Jahre 2012 lag bei über 85% der Organspender zwischen der Feststellung des Hirntods und dem Beginn der Organentnahme weniger als 24 Stunden, bei über 70% waren es binnen 18 Stunden.
"In vielen asiatischen und arabischen Ländern ist der Organmangel besonders groß; religiöse Vorbehalte verbieten das Ausweiden der Verstorbenen". Mit dieser Wortwahl veröffentlichte Annette Bruhns am 30.6.2009 im Spiegel den Artikel "Neues Leben mit Nebenwirkung".[5] Ein Tier frisst und säuft. Ein Mensch isst und trinkt. - So ist die normale Ausdrucksweise unter halbwegs gebildeten Menschen. Nur wenn man von Sitte und Anstand nichts hält oder gar den Anderen bewusst beleidigen will, spricht man davon, dass er ein Fresser und Säufer sei. - So auch hier.

Worte der Kritiker

Es mag verschiedene Gründe geben, warum sich einige Kritiker beim Thema TX so ausdrücken. Dessen ungeachtet drücken sich einige Kritiker so aus.

"FÜR ein Sterben in Würde, OHNE daß Ihnen die Organe herausgerissen werden." So steht es unter http://www.wahrheit-kompakt.net.

In Internetforen und anderen Internetseiten ist auch die Formulierung zu finden, dass bei der Organspende die "Organe herausgerissen" werden würden.[6]

Mit Wahrheit hat es nicht das Geringste zu tun, wenn behauptet wird, dass bei der Organspende die Organe herausgerissen werden. In diesem Fall wäre keines der Organe für eine TX noch brauchbar. Das sollte jedem normal gebildeten Menschen einleuchten.

Die entnommenen Organe werden mit großer Sorgfalt herausgeschnitten, damit sie dem Empfänger wieder eingesetzt werden können. So müssen z.B. die Anschlüsse an den Blutkreislauf (Vene und Arterie) lang genug sein, damit sie im Empfänger angenäht werden können.

"„Hirntote“ zeigen (spinal vermittelte) Bewegungen auf äußere Reize: bei 3 von 4 „Hirntoten“ sind Bewegungen der Arme („Lazarus-Zeichen“) und Beine (Schreitbewegungen) möglich („Spinalwesen“)." So heißt es auf Seite 9 des Manuskripts "Wann ist der Mensch tot?" von Prof. Dr. med. Andreas Zieger.[7]

Wohl, weil ein Prof. Dr. med. bei seinem Vortrag am 10.1.2008 Hirntote so benannt hat, finden sich nun im Internet Formulierungen wie: "Der Fachbegriff für sich bewegende Hirntote: Spinalwesen!"[8]

„Spinalwesen“ kennt weder der Pschyrembel, noch Wikipedia. Google kennt hingegen 13 Seiten mit „Spinalwesen“. 2 Seiten verweisen darauf, dass Andreas Zieger der Wortschöpfer ist, 1 Seite ist ein Vortrag von Andreas Zieger und die übrigen 10 Seiten sind von Kritikern und Gegnern, die es als „Fachbegriff“ titulieren. Der Begriff scheint Prof. Dr. med. Andreas Zieger (Mediziner) zwar kreiert worden zu sein, aber benutzt wird er nicht von der Medizin, sondern ausschließlich von Kritikern. Damit ist diese Aussage von wegen „Fachbegriff“ völlig unzutreffend. "Spinalwesen" ist (zumindest in deutscher Sprache) ein Begriff, der rein zur Binnensprache der Kritiker gehört.
"Auch hat sich ein besonderer psychiatrischer Zweig entwickelt - die Organ-Transplantation-Psychiatrie (OTP)." So heißt es auf Seite 20 von Werner Hannes "Organwahn".[9]

Auch andere Internetseiten geben vor, dass sich durch die Organtransplantation ein eigener Zweig in der Psychiatrie gebildet hätte.[10]

Das deutsche Wikipedia kannte am 22.12.2014 keine „Organtransplantationspsychiatrie“. Auch der Pschyrembel kennt das Wort nicht. Google kennt es in der deutschen Fassung nur Seiten von Kritikern. Wie beim „Spinalwesen“ scheint es auch hier um eine Wortschöpfer der Binnensprache der Kritiker zu sein.


Bilder und Wirkung


Anhang

Anmerkungen

  1. Richtig: "Das berichteten übereinstimmend mehrere Medien." Bei allen diesen Medien war jedoch die Wortwahl falsch gewählt: Der Hirntod wird festgestellt. Niemand wird für hirntot erklärt. - Wenn am Hirntod von medizinischer Sicht aus auch nur ein Rest von Unsicherheit vorhanden ist, besitzen Ärzte die Möglichkeit verschiedener bildgebender Untersuchungen, die in Zusammenhang mit den klinischen Diagnostik den Hirntod bestätigen oder widerlegen. Was in den Richtlinien für die Feststellung des Hirntods vorgeschrieben ist, das ist sozusagen die Grundlage, von der nach unten (im Sinne von weniger oder ungenauer) nicht abgewichen werden darf. Es dürfen jederzeit verschiedene zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden, wenn man sich mit der Feststellung des Hirntods (noch) nicht sicher ist. Mehr an Diagnostik ist immer erlaubt, weniger nicht.
    Damit steht fest: Der Hirntod wird nie erklärt, sondern immer festgestellt. Dieses Ergebnis kann jederzeit überprüft werden. Es ändert sich nie. Hirntod bleibt Hirntod.
    Es ist die Feststellung eines Zustands, der schon seit Stunden oder Tagen vorliegt, den man jedoch bisher noch nicht festgestellt hat.

Einzelnachweise

  1. http://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Ushers-Stiefsohn-fuer-hirntot-erklaert-id20965261.html Zugriff 8.12.2014.
    Auch andere Medien benutzen den Terminus "für hirntot erklärt":
  2. http://www.klinikum-stuttgart.de/fileadmin/user_upload/Leitsaetze_Organspende_25_04_2013.pdf Zugriff 13.12.2014.
  3. http://www.minimed.cc/themen/show/id/7429 Zugriff 13.12.2014.
  4. http://www.noz.de/lokales/papenburg/artikel/519785/mediziner-werben-in-papenburg-fur-organspende Zugriff am 17.1.2015.
  5. http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelwissen/d-65886403.html Zugriff am 19.1.2015.
  6. http://www.bibelverstehen.christlich-psychologische-beratung.com/Organspende.html Zugriff am 16.12.2014.
  7. http://www.a-zieger.de/Dateien/Vortraege/FolienVortragDresden200814012008.pdf Zugriff am 22.12.2014.
  8. https://derhonigmannsagt.wordpress.com/tag/geldgier
  9. http://www.organwahn.de/organwahn/files/assets/basic-html/page20.html Zugriff am 22.12.2014.
  10. http://www.ms-forum-weihe.de/archiv/forum_entry.php?id=77813&page=7&category=0&order=name