Paul Emil Flechig

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Paul Emil Flechsig (1847-1929) hielt am 31.10.1894 seine Rektoratsrede unter dem Titel "Gehirn und Seele". Darin fasste er seine Gedanken zur Lokalisation der höheren Hirnfunktionen auf dem Boden von neuroanatomischen Analysen zum ersten Mal zusammen.[1]

Alle nachfolgenden Seitenangaben sind aus dem Manuskrip seiner Rede.[2] Paul Flechsig spricht von einer "medicinischen Hirn- und Seelenlehre" (10), womit er bereits andeutet, dass er das das Gehirn als Sitz der Seele ansieht. "Die moderne Hirnlehre stellt den Satz auf, dass nicht alle Theile des Gehirns von gleicher Bedeutung für das seelische Leben sind." (11) Sömmering meinte, dass in den wässrigen Höhlen, in denen Hirnwasser ist, der Sitz der Seele sein könnte. Franz Josef Gall vertrat hingegen die Position, dass die Hirnwindungen das wichtigste Substrat der Seelentätigkeit darstellen würden. Flourens gilt als der wissenschaftliche Überwinder der Phrenologie. Durch Tierversuche zeigte Gall auf, dass das Tier nach Verlust des Großhirns all dessen beraubt ist, was Wahrnehmung und Willen bezeichnen. (13) Marc Dax konnte nachweisen, dass Aphasie im Wesentlichen durch die Erkrankung der linken Großhirnhälfte entsteht. Im Jahr 1863 konnte Broca nachweisen, dass bei ca. 98% aller Rechtshänder nur die linke dritte Stirnwindung für das Sprechen zuständig ist, bei den Linkshändern die dritte Stirnwindung in der rechten Hirnhälfte. (14) Goltz gelang es, einem Hund das Großhirn zu entfernen und am Leben zu halten. Er wurde damit nicht zu einem absolut willenlosen Tier, wie es Flourens annahm. Er konnte aufrecht stehen und laufen. Durch äußere Reize wie Drücken, grelles Licht und erschütternde Geräusche setzte sich der großhirnlose Hund in Bewegung, wenn auch unter Äußerungen, die auf Unlust und Unbehagen schließen lasen. Wenn er vom sicheren Boden hochgehoben wird, gerät er in Wut, beißt und heilt. Bei Hunger setzt er den ganzen Körper in lebhafte Bewegung. Hat er genügend gefressen, kehrt wieder Ruhe ein. (16f) Flechsig beschreibt im Jahr 1894, dass bei entferntem Großhirn das Tier über das Kleinhirn ununterbrochen jede Veränderung der Körperteile registriert. Es schafft sich ohne Sinneswahrnehmung eine Vorstellung über die Lage der Körperteile und ist somit in der Lage, zweckmäßige Bewegungen des Gesamtkörpers auszuführen. Des weiteren beschreibt Flechsig, dass im verlängerten Mark die spezifischen Aufgaben für Hunger, Durst und Atmung zu lokalisieren sind, ebenso auch Angst. (19)

Flechsig schrieb im Jahr 1894: "Dass die Gedächtnisspuren überhaupt materieller Natur sind, geht schon aus der einfachen Thatsache hervor, dass chemische Agentien, wie Alkohol u.a.m. sie vorübergehend oder dauerhaft verschwinden machen, letzteres ausnahmslos dann, wen durch das Gift die Ganglienzellen und Nervenfasern der Rinde in grösserer Menge aufgelöst werden." (27)

Flechsig schrieb im Jahr 1894, dass das Großhirn dämpfend auf die Triebe eingreift und damit eine moralische Funktion ausübt. "Für derartige Naturen, welche nur zu häufig mit dem Strafgesetz in Conflict kommen, gewinnt der Richter gemeinhin nur schwer ein Verständnis. Sind sie doch rein psychologisch nicht zu begreifen – bedarf es hierzu doch scharfer ärztlicher Begriffe, klarer Vorstellungen über die Vorgänge der Hemmung und Reizung im Nervensystem – also einer gründlichen Kenntniss der Statik und Mechanik des Seelenorgans." (33)

Flechsig schrieb im Jahr 1894: "Wenn gegenwärtig die gewonnene Einsicht hauptsächlich sich geltend macht im Kampf gegen den Alkohol, der ja nur allzu häufig zum furchtbarsten Feinde des Grosshirns wird, so ist hiermit noch lange nicht genug gethan. Allgemeine Aufklärung über die Hygiene des Gehirnlebens thut Noth, und noch Vieles muss geschehen, falls es gelingen soll, wenigstens für kommende Geschlechter die natürlichen Grundlagen sittlichen Fühlens zu stärken und zu festigen." (35)

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Ortrun Riha: Tradition und Innovatin. Die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig wird 600 Jahre alt. In: Ärzteblatt Sachsen 6/2015, 258. Nach: http://www.aerzteblatt-sachsen.de/pdf/sax1506_255.pdf#search=%22seele%22&view=%22fit%22 Zugriff am 6.4.2017.
  2. Paul Flechsig: Gehirn und Seele. Leipzig 1894. Nach: https://archive.org/stream/gehirnundseeler01flecgoog#page/n11/mode/2up Zugriff am 4.4.2017.