Hirntod-Mimics

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Anja Braunwarth bezeichnet verschiedene Erkrankungen, die einen Hirntod vortäuschen können, wo kein Hirntod ist, als "Hirntod-Mimics".[1] Diese Liste wurde durch weitere Fundstellen erweitert.

Zu jedem Hirntod-Mimics wurde genannt, wodurch bei Einhaltung der Richtlinie zur Feststellung des Hirntods diese Hirntod-Mimics als solche erkannt werden.

Anja Braunwarth schreibt hierzu: "Die Verantwortung für die klinische Einordnung trägt der an der Hirntoddiagnostik beteiligte Neuromediziner. Im Zweifel sollte man nicht zögern, bildgebende oder andere apparative diagnostische Maßnahmen (EEG, Doppler) durchzuführen."[1]

Hirntod-Mimics nach Anja Braunwarth

Enzephalitiden (v.a. des Hirnstamms)

passagere Hirndruckerhöhung

schweres Guillain-Barré-Syndrom

schwere dekompensierte Myasthenia gravis

vollständiges Locked-in-Syndrom

Syndrom der unresponsiven Wachheit („Wachkoma“)

minimaler Bewusstseinszustand (minimally conscious state, MCS)

Weitere Hirntod-Mimics

Unterkühlung

Bei einer Körperkerntemperatur ≤ 35 °C riet Prof. Walter zu prüfen, ob eventuell zentral sedierende Medikamente Einfluss auf den Zustand haben. Das gelingt z.B. durch Gabe von Antidota, Serumkonzentrationsmessungen oder Untersuchung der Hirndurchblutung. Temperaturen unter 32,3 °C machen eine klinische Hirntodiagnostik unmöglich, da sich dann die Hirnstammreflexe nur unzuverlässig auslösen lassen. Ziel ist daher, beim Patienten eine Temperatur > 35 °C zu erreichen, im Einzelfall können 33,0 °C genügen. Danach wartet man idealerweise noch 24–72 Stunden mit der weiteren Abklärung.[1]

Sedierung

Endokrines/metabolisches Koma

Dazu gehören Hyper- und Hypoglykämie, thyreotoxische Krise, hepatisches oder urämisches Koma, Elektrolytentgleisungen (Addison-Krise), Sepsis sowie eine CO₂-Narkose. All diese Zustände lassen sich recht einfach über Laborparameter oder die Blutgasanalyse erkennen. Bleibt der Versuch, die Störung auszugleichen, erfolglos und erhärtet sich der Hirntodverdacht, gibt die zerebrale Zirkulationsmessung letzte Gewissheit.[1]

Ausfall der Hirnstammreflexe

Die (nicht vorhandene) Pupillenreaktion führt ab und zu in die Irre, z.B. wenn bei vorhandenem Glas­auge nur eine Pupille weit und lichtstarr ist. Aber auch Seitengleichheit kann trügen, etwa bei einem Patienten mit Augenerkrankung und Pupillenstarre. Bei HWS-Verletzungen versagt u.U. die klassische Prüfung des okulozephalen Reflexes, alternativ lässt er sich über eine Kaltspülung (4 °C) des Gehörgangs auslösen. „Bitte werfen Sie vorher einen Blick in das Ohr“, mahnte Prof. Walter. Außerdem sollten zwischen dem Test der linken und rechte Seite 5 Minuten vergehen. Eine einseitige periphere Fazialisparese kann den Kornealreflex beeinträchtigen, eine beidseitige die trigeminale Schmerzreaktion. Und der Pharyngealreflex muss immer auf beiden Seiten beurteilt werden.[1]

Adaptation an chronische Hyperkapnie

Diese Anpassungsreaktion, die den Apnoetest unbrauchbar macht, kann z.B. bei einer COPD im fortgeschrittenen Stadium oder einem Obesitas-Hyperventilationssyndrom vorliegen. Eine aktuelle Blutgasanalyse zeigt dann ggf. eine posthyperkapnische Alkalose nach forcierter Beatmung. Doch Vorsicht bei der Interpretation: Der arterielle Kohlendioxidpartialdruck (paCO₂) hängt mit der Temperatur zusammen, die man daher am Messgerät mit eingeben muss. Gibt es diese Möglichkeit nicht, hilft nur die manuelle Berechnung nach Nomogramm.[1]

Spinale Phänomene

Sie sind eher langsam, kurz andauernd, von außen provoziert und laufen stereotyp ab. Bei rascher Triggerfolge habituieren sie, bei gemäßigter dagegen nicht. „Solche Phänomene gehören im Protokoll vermerkt“, betonte Prof. Walter. Stereotyp auslösbare isolierte Kopfbewegungen oder die langsam alternierende, spontan oder auf einen Reiz folgende Kopfwendung gelten als nicht eindeutige spinale Phänomene und erfordern den Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes. Gibt es einen trachealen Hustenreflex, darf die Hirntoddiagnose nicht gestellt werden.[1]


Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Anja Braunwarth: Hirntoddiagnostik – diese sechs Phänomene können in die Irre führen. (07.06.2020) Nach: https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/hirntoddiagnostik-diese-sechs-phaenomene-koennen-in-die-irre-fuehren Zugriff am 23.02.2023.