Herbert Tröndle: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Organspende-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 76: Zeile 76:
=== Einzelnachweise ===
=== Einzelnachweise ===
<references />
<references />
[[Kategorie: Richtigstellung]]

Version vom 31. Mai 2020, 18:13 Uhr

Herbert Tröndle (1919-2017) war ein deutscher Rechtswissenschaftler, Richter, Autor und Hochschullehrer.

Schriften

Der Hirntod, seine rechtliche Bedeutung und das neue Transplantationsgesetz (o.J.)

Am 12.07.2001 veröffentlichte KAO von Herbert Tröndle den Artikel "Der Hirntod, seine rechtliche Bedeutung und das neue Transplantationsgesetz".[1] Darin heißt es:

Dies bedeutet, daß der Gesetzgeber Grundrechte derer, die den Hirntod nicht den Ganzheitstod anerkennen, nicht respektiert. Im Klartext: Wer als nicht spendebereiter Hirntodgegner nicht rechtzeitig und schriftlich einer Organentnahme widerspricht,6 hat sein höchstpersönliches Einwilligungsrecht preisgegeben: Angehörige können in diesem Fall darüber bestimmen, ob ihm unter den gesetzlichen Voraussetzungen Organe entnommen werden dürfen.

Siehe: Entscheidungen

Die Neuregelung nimmt auch keine Rücksicht darauf, daß Angehörige von Sterbenden sich in ihrer sittlichen Pflicht und in ihrem Recht auf Sterbebegleitung gestört fühlen müssen, wenn ihnen diese schwierige Entscheidung abgefordert wird.

Siehe: Sterbebegleitung, Entscheidungen

Die Trauer der Todesstunde schützt sie nicht davor, im Interesse Dritter behelligt zu werden.

Siehe: Todesverständnis

Nicht nur der potentielle Spender, auch seine Angehörigen werden bei der Organtransplantation behandelt, als ob sie insoweit sozialpflichtig wären.

"sozialpflichtig" widerspricht der Zustimmung in §§ 3 und 4 TPG.

Zum einen liegt es außerhalb der gesetzlichen Kompetenz und Legimitation, eine medizinwissenschaftlich nach wie vor umstrittene Frage von Gesetzes wegen zu entscheiden, den unbeweisbaren Todeszeitpunkt des Menschen als gesetzlich festzulegen, ...

Es wird nicht der Todeszeitpunkt festgelegt, sondern die Todeskriterien, die den eingetretenen Tod aufzeigen.

... zum anderen verletzt es die grundrechtliche Position, ohne höchstpersönliche Einwilligung des potentielle Spenders nach dessen irreversiblem Hirnversagen Organe zu entnehmen.
Der Gesetzgeber setzt sich ohne Legitimation in legislatorischer Parteinahme über die existentiellen Grundrechte derer hinweg, für die der Hirntod lediglich einen entscheidenden Einschnitt im Sterbeprozeß, nicht aber dessen Ende bedeutet.
Schon gar nicht dürfen wissenschaftlich umstrittene Sachfragen einer zweckorientierten parlamentarischen Mehrheitsent-scheidung untergeordnet werden.

Dagegen kann man ja in unserem Rechtsstaat klagen, insbesondere als Jurist.

Jeder hat aber ein Recht auf einen natürlichen Tod.

Siehe: natürlicher Tod

Der Gesetzgeber durfte der verfassungsrechtlichen Problematik nicht dadurch ausweichen, daß er den Tod eines Organs dem Ganzheitstod gleichsetzt, um auch Gegner des Hirntodkonzepts als Leichen behandeln zu können.

Beim Herztod wird auch so verfahren.

Wird nach diesem point of no return, etwa um eine Organentnahme vorzubereiten, die Herz- und Kreislauftätigkeit künstlich aufrechterhalten, so bedarf es hierfür einer nicht mehr vom Heilauftrag gedeckten neuen Behandlungsbefugnis: Ist der Organtod des Gesamthirns nämlich nicht der Tod des Menschen, sondern "nur" ein (entscheidender) Punkt während der Sterbephase, so kann die dann nur noch fremdnützige Weiterbehandlung nicht mehr auf den früheren Auftrag zur Heilbehandlung gestützt werden. Vielmehr ist in einem solchen Fall die höchstpersönliche Einwilligung des Betroffenen in die Weiterbehandlung auch in den Eingriff erforderlich. Denn nur der Betroffene selbst darf das. Auch Sterbende verlieren ihre Grundrechte nicht.

Siehe: Entscheidungen

Da transplantationsfähige Organe in aller Regel alsbald nach dem Eintreten des point of no return entnommen werden müssen, ist die Frage, ob der "Spender" in diesem Zeitpunkt ein Sterbender (also noch Lebender) oder ein bereits Verstorbener ist, für die Transplantationsgesetzgebung, insbesondere für die Einwilligungsfrage von ausschlaggebender Bedeutung.
Diese unüberbietbare Sophistik tötet also den potentiellen Spender per Gesetz nur etwas zeitiger als durch die Organentnahme, die aber erst zu einem Zeitpunkt möglich ist, zu dem der Sterbende längst sein Leben ausgehaucht hätte, hielte man nicht künstlich seinen Kreislauf aufrecht.
Hierbei wissen alle Beteiligten - der Spender aufgrund der Selbstbestimmungsaufklärung, von der die Wirksamkeit der Einwilligung abhängt -, daß der Sterbeprozeß und damit der natürliche Tod für die Dauer der Organentnahme hinausgezögert wird, er aber alsbald danach eintritt, und zwar spätestens durch die unmittelbar nachfolgende Beendigung der künstlichen Beatmungs- und Herz-Kreislauf-Tätigkeit.
Welch wirklichkeitsfremde Wertung verbirgt sich hinter einer Argumentation, die Spenden nicht vom Töten unterscheiden will, die dem Menschen für die Zeit seiner unumkehrbaren Sterbephase Autonomie und Selbstbestimmung versagt und eine altruistische Organspende als tatbestandsmäßigen Tötungsakt inhibiert? Zugleich aber wird derselbe tatsächliche Vorgang, dem man eben noch das Verdikt eines Tötungsgeschehens unterstellte, allein um dem Defizit an Organen zu begegnen, als ein Eingriff an einer Leiche bezeichnet, und zwar mit dem die Gegenargumente negierenden Kunstkniff, die Sterbephase in dem Zeitpunkt für beendet zu erklären, in dem die Entnahme eines lebensfrischen Organs noch möglich ist.
Nach dem Gesagten sind Zweifel erlaubt, ob es auf die Dauer der Spendebereitschaft förderlich sein kann, Organentnahme und Tötung in einem Atemzug zu nennen, gleichwohl aber darauf zu vertrauen, daß diese böse Assoziation schon wegen der Regelung des TPG ausbleibt.

Siehe: Todesverständnis

Gesetzgeberische Zurückhaltung gebot schon das Gewicht der Gegenargumente und das hohe Ansehen ihrer Vertreter. So hat kein geringerer als Hans Jonas, der vor einigen Jahren verstorbene Philosoph, von Anbeginn gegen das Hirntodkonzept der Harvard Medical School aus dem Jahre 1968 Einwände erhoben.

Siehe: Hans Jonas

Nichts anderes gilt für Sir John C. Eccles, den herausragenden Hirnforscher und Nobelpreisträger. Aus dem Bereich der Medizin sind als Hirntodgegner ferner zu erwähnen D. Linke, Dörner, Bavastro und Geisler, aus der Rechtswissenschaft Höfling, Gallwas und Rixen und aus der Theologie Mieth und Grewel.
Nicht Beweisbares wurde vom TPG entgegen den unerörterten durchgreifenden juristischen und verfassungsrechtlichen Argumenten als "Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft" wie mit Gesetzeskraft ausgestattett.

Siehe: gemeinsame Erklärungen

Ohne Vorverlegung des Todeszeitpunkts töte man durch die Organentnahme, was man keinem Arzt zumuten dürfe.

Siehe: Vorverlegung

Und dies nicht nur, weil bei Hirntoten prima vista übliche Zeichen des Todes fehlen; auch Herz, Kreislauf, Nieren werden künstlich in Gang gehalten, funktionieren.

Siehe: Todeszeichen

Bei einer Organentnahme steigt der Blutdruck des Hirntoten unter Umständen dramatisch an, und im Hinblick auf dessen Spontanbewegungen wird ein Narkosearzt benötigt.

Siehe: Spinale Reflexe

Ferner ist bekannt, daß hirntote Schwangere gesunden Kindern das Leben schenken und hirntote Männer Erektionen bekommen können.
Der Physiker und Naturwissenschaftler Sylvius Hartwig38 stellte in seiner harten Kritik des TPG unter Hinweis darauf, daß hirntote Schwangere ein Kind noch über Monate austragen und gesund zur Welt bringen können, die rhetorische Frage: "Wächst das Kind seelenlos in einer toten Maschine?".

Siehe: schwangere Hirntote

... die den Menschen eben nicht nur durch das Gehirn, sondern in einer Einheit aus Leib und Seele sehen. Wer von der Leib-Seele-Einheit des Menschen ausgeht, kann, falls nach dem Organtod des Gehirns die Körperfunktionen künstlich aufrechterhalten werden, diesen Organtod nicht mit dem Ganzheitstod ineinssetzen, wenn er nicht weiß und mangels empirischen Nachweises nicht wissen kann, wann die Seele dem Körper entweicht.

Siehe: PAS 2006

Man könne nicht - so Schreiber - beim Lebensschutz zwischen zwei verschiedenen Arten von Leben, dem "Vollleben" und dem "Leben eines Hirntoten" unterscheiden.



Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. xyz://web.archive.org/web/20010712212554/http://initiative-kao.de:80/Rechtliche_Bedeutung_Hirntod.htm Zugriff am 01.06.2020.