Werner Schneider

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Schriften

Soziologische Konturen der Transplantationsgesellschaft (15.12.2017)

Am 15.12.2017 veröffentlichte Werner Schneider das Dossier "Organtransplantation. Soziologische Konturen der Transplantationsgesellschaft".[1] Darin heißt es:

Ist der menschliche Körper sozialpflichtiges Spendengut?

Es gibt keine Pflicht zur Organspende. Das entspräche einer Notstandsregelung.

Schwer erkrankte, nach medizintechnischem Standard therapierbare Patienten können nicht rechtzeitig behandelt werden und müssen sterben, nicht weil die Krankheit übermächtig wäre, sondern weil für sie keine Organspender zur Verfügung stehen. Menschen sterben an 'akutem Organspende-Versagen' (Blöß 2007), das die Gesellschaft – konkret also jeder Einzelne ohne entsprechend ausgefüllten Organspende-Ausweis – zu verantworten hat.

Dann stirbt der schwer Verunglückte im Straßenverkehr auch nicht an unterlassender Hilfeleistung, sondern an den Folgen seiner Verletzungen.

Aber in den disziplinübergreifenden Fachdebatten zum Hirntodkonzept geben neuere neurowissenschaftliche Erkenntnisse sowie mittlerweile dokumentierte Fälle von 'Chronic Brain Death' (Shewmon 1998) bis hin zu erfolgreichen Schwangerschaften von Hirntoten (vgl. Powner/Bernstein 2003; vgl. hierzu auch Schneider 2011) Anlass dafür, von der in den 1990ern vorgenommenen und bereits damals hinterfragten Gleichsetzung von Hirntod und Tod des Menschen abzurücken.

Siehe: Alan Shewmon, schwangere Hirntote

Als gemeinsame Ausgangsbasis der Analyse wird festgehalten, "dass ein ausschließlich mentalistisches Todesverständnis, das allein auf den unumkehrbaren Verlust aller Bewusstseinsfunktionen abstellt, zurückgewiesen werden muss.

Siehe: Hirntod, Todesverständnis, irreversibles Koma

Der irreversible Verlust der Wahrnehmungs-, Empfindungs-, Denk- und Entscheidungsfähigkeit ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung des menschlichen Todes.

Genau so hat 2008 der PCB den Tod des Menschen definiert.

Ausschließlich mentalistisch begründete Todeskonzepte gehen mit einem ethisch und verfassungsrechtlich inakzeptablen Menschenbild einher" (ebd., S.158).

Hirntod ist jedoch mehr als nur ein irreversibles Koma.

"Praktisch hieße dies, dass sterbenden Menschen die Möglichkeit offen stünde, ihre Organe zu spenden und dadurch zu sterben." (Jox 2014, S.93)

Siehe: Todesverständnis

Die Entnahme von lebenswichtigen Organen könnte – so betrachtet – als eine 'besondere Form des Sterbenlassens (allowing to die)' gelten, die dann in einen größeren ethischen Diskussionskontext über die Selbstbestimmung am Lebensende einzustellen wäre (Deutscher Ethikrat 2015, S.97).

Diese Position vertritt nicht der gesamte Ethikrat, sondern dessen Minderheit.

So wurde z.B. in den Richtlinien der Bundesärztekammer vom März 2015 (BÄK 2015, S.16) der 'umgangssprachliche Begriff' des Hirntodes ersetzt durch die naturwissenschaftlich-medizinisch korrekte Bezeichnung 'irreversibler Hirnfunktionsausfall', wobei dahingestellt sei, ob damit bereits mehr Transparenz gewonnen ist.

Das ist international eine Ausnahme. Siehe: IHA

"Nichtspendenbereite Personen scheinen den menschlichen Körper nicht nur als materielle, physikalische Bedingung zu sehen, sondern als wichtige Entität, die Identität und Persönlichkeitseigenschaften formt. Folglich ist die Organspende für sie mehr als eine bloße medizinische Prozedur oder eine Frage von altruistischem Verhalten und der Hirntod ein zweifelhaftes Konzept." (Schicktanz et al. 2016, S.1588)

Jeder darf sich frei entscheiden, ohne Angabe an Gründen.

Letztlich verdeutlichen die anhaltenden Kontroversen, dass die vorgenommene Gleichsetzung von Hirntod und Tod des Menschen – anders als die politischen Protagonisten des Transplantationsgesetzes in den 1990ern glauben machen wollten (Schneider 1999, S.188ff) und auch heutige Akteure immer noch behaupten (z.B. Mindach 2015) – nicht nur auf einem bloßen biologischen Faktum beruht, so dass Ärzte lediglich nach den jeweiligen Regeln der Kunst zweifelsfrei den irreversiblen Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen festzustellen hätten, um sicher einen Toten vor sich zu haben.

Siehe: gemeinsame Erklärungen

Vielmehr handelt es sich hierbei – wie bei jeder Definition von Sterben und Tod – um eine kulturell voraussetzungsvolle und gesellschaftlich folgenreiche Setzung: Sie basiert auf der Vorstellung, dass (personal zurechenbares) menschliches Leben sich ausschließlich in und durch (messbare) Hirnaktivität zum Ausdruck bringt, so dass – sofern von Ärzten entsprechend diagnostiziert – bei 'hirntot' dem Betreffenden der Status 'tot' zuzuschreiben ist. Dies bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Man ist nicht einfach tot, sondern man gilt als (noch) sterbend oder (schon) tot – je nach gesellschaftlich gültigen und akzeptierten Vorstellungen zur Unterscheidung von lebendig versus tot.
Auf jeden Fall leistete die Gleichsetzung von Hirntod/Tod und deren bislang erfolgte Nicht-Thematisierung bzw. Nicht-Problematisierung in den politisch-medialen Kampagnen und Stellungnahmen zur Organspende vor allem eines: Das kulturelle Sicherstellen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf (Manzei 2012; Meyer 1998; Schneider 1999, 2007).

Siehe: Fachkompetenz

... markiert durch die zu Lebzeiten bekundete Bereitschaft zur gebenden Teilnahme am Organgabentausch der Transplantationsmedizin.

Organe werden nicht getauscht, sondern gespendet.

Dieses – über das Bekenntnis pro Organspende vermittelte – inkludierend/exkludierend wirkende Gabentauschprinzip der Transplantationsgesellschaft (Kalitzkus 2003; Motakef 2011; Schneider 1999, 2007) ...

Auch wenn es Hunderte wären, die bei der Organspende vom "Tausch" schreiben, so ist es unzutreffend.

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Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Werner Schneider: Organtransplantation. Soziologische Konturen der Transplantationsgesellschaft. In: pbp (15.12.2017)Nach: https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/bioethik/33789/organtransplantation?p=all Zugriff am 26.06.2020.