Dieter Emmerling

Aus Organspende-Wiki
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Dieter Emmerling besaß als - wie er selber sagt - "guter Christ und studierter Theologe" und Mitglied der alt-katholischen Gemeinde Frankfurt einen Organspenderausweis. Auf akademischer Ebene war ihm klar, dass es Sinn macht, seine Organe nach dem eigenen Tod anderen zum Überleben zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile hat Dieter Emmerling diesen Spenderausweis zerrissen. Als vom 26. bis 30. Oktober 1993 in Frankfurt seine Ehefrau Lilo verstarb, sah er sich mit der Frage konfrontiert: "Können wir die Organe ihrer Frau haben?" Damit änderte sich seine Einstellung zum Thema Organspende.[1] darin heißt es:

Die Gehirnuntersuchung hat ergeben, daß bei der Einlieferungsuntersuchung das Gehirn schon zu 95% tot war.

Solche Aussagen können selbst heute (Dezember 2019) medizinisch nicht getroffen werden. Daher sollten Ärzte solche Aussagen vermeiden.

Wie ich diese Worte halblaut aussprach: "Ich gehe jetzt", machten beide Kurven auf dem Monitor einen plötzlichen Ausschlag nach oben und nach unten - bis an die Ränder des Bildschirms. Das kam mir vor wie ein Schrei: Du kannst mich doch jetzt nicht allein lassen!!! Ein stummer Schrei der Angst in einem Körper, der nichts mehr bewegen konnte -aber ein Schrei, der das Herz bewegte, der die elektrischen Ströme veränderte - der aus der Seele auf den Bildschirm schnellte. Da hatte nicht ein Apparat ge-schrien, da hatte meine Liselotte geschrien.

Dies ist nur möglich, wenn ein Mindestmaß an Bewusstsein vorhanden ist. Andernfalls war es einfach nur Zufall und Interpretation.

Ob sie schon öfter geschrien hatte, ohne daß ich es bemerkt hatte? Warum sollte sie nur diesen einen Satz gehört und verstanden haben? - dieses: ,Ich gehe jetzt'? Was war von all den Untersuchungen und dem Gerede auf der Intensivstation in ihr Bewußtsein gelangt? Merkte sie, daß sie sterben würde? War sie wie in einem Gefängnis: mit Bewußtsein - aber ohne die Möglichkeit, sich nach außen bemerkbar zu machen?

Diesen Zustand ist das Locked-in-Syndrom. Dann hätte aber die Patientin normale EEG-Kurven gehabt.

Kommen Sie doch bitte ins Arztzimmer. In dem kleinen Zimmerchen saßen wir uns gegenüber. Der Arzt stellte die Frage: Können wir die Organe Ihrer Frau herausnehmen?

Solch eine Aussage ist absolut plump. So etwas dürfte heute nicht mehr vorkommen. Zuerst wird zusammenfassend die Krankengeschichte erzählt, die mit dem Hirntod endet. Erst wenn von den Hinterbliebenen der Hirntod halbwegs verstanden ist, wird die Frage nach Organspende gestellt, aber nicht in dieser plumpen Art.

Ich war dabei, als der Schlauch für die künstliche Beatmung aus dem Mund genommen wurde. Liselotte atmete ohne Schlauch und Maschine alleine weiter.

Eigenatmung und Hirntod schließen sich gegenseitig aus. Damit war diese Patientin definitiv nicht hirntot. Wie in einer solchen Situation 1993 nach den Organen gefragt werden konnte - seit 1982 gab es "Hilfestellung zur Feststellung des Hirntodes", 1986 und 1991 fortgeschrieben - nach den Organen gefragt werden konnte, ist unverantwortlich.

Wut wuchs in mir, einfach Zorn über das, was mit Lilo geschehen war. Hatte man meine Bitte mißachtet, diesen schweren Satz: "Lassen Sie meine Frau in Würde sterben!"? - Hatte man sie darum nicht sterben lassen, um sie ,frisch' zu halten für Organentnahmen?

Die Fragen sind aus der Sicht des Erlebens verständlich. Es ist so manches falsch gelaufen, was zu dieser verzerrten Wahrnehmung führte.


Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Dieter Emmerling: In der Grauzone des Hirntodes – Ein Erfahrungsbericht von Dieter Emmerling1In der Grauzone des Hirntodes-Ein Erfahrungsbericht. Nach: https://www.kritischebioethik.de/grauzone-des-hirntodes.pdf Zugriff am 21.12.2019.