Organmangel

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Meldungen

Datum Medium Meldung
29.3.15 Der Sonntag Die Bereitschaft zur Organspende hat in der Bevölkerung seit zwei Jahren stark nachgelassen. Das verwundert nicht angesichts der Missbrauchsfälle und Ungereimtheiten in Transplantationszentren.
5.2.15 Landtag Niedersachsen Die Zahl der Organspenderinnen und -spender und der gespendeten Organe insgesamt sind innerhalb der letzten Jahre dramatisch zurückgegangen. Diese sinkende Organspendebereitschaft ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Vertrauen in die Transplantationsmedizin insbesondere durch die jüngsten Manipulationen verloren gegangen ist.
30.9.14 Bild Damals war an der Uniklinik im niedersächsischen Göttingen der erste Skandal hochgekocht. Die Bereitschaft zur Organspende war in der Folge deutlich zurückgegangen.
19.6.14 Grüne Niedersachsen[1] Diese sinkende Organspendebereitschaft ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Vertrauen in die Transplantationsmedizin insbesondere durch die jüngsten Manipulationen verloren gegangen ist.
29.12.13 Focus Die Bereitschaft zur Organspende hat nachgelassen.
29.12.13 Focus Die Bereitschaft zur Organspende hat erheblich nachgelassen.
29.12.13 Mitteldeutsche Zeitung Die Bereitschaft zur Organspende hat erheblich nachgelassen
29.12.13 Freie Presse Die Bereitschaft zur Organspende hat erheblich nachgelassen.
6.12.13 Ärztezeitung In Deutschland ist die Bereitschaft zur Organspende dramatisch gesunken. Stärkster Grund seien die im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Transplantationsskandale an deutschen Kliniken. Das geht aus dem Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK vor.
12.11.13 NDR Nach dem Transplantations-Skandal in Göttingen ist die Bereitschaft zum Organspenden weiter zurückgegangen und nun auf einem Tiefstand
12.11.13 Zeit Immer weniger Deutsche sind bereit, ein Organ zu spenden. Die Ursache für das Rekordtief sehen Experten im Transplantationsskandal.
19.8.13 Badische Zeitung Nach dem Auffliegen der Vorgänge an den Kliniken hat die Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende nachgelassen.
19.8.13 n-tv Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den leitenden Oberarzt der niedersächsischen Universitätsklinik hat die Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende stark nachgelassen.
19.8.13 RTL Seit dem Auffliegen der manipulierten Vergabe von Spenderorganen am Göttinger Uniklinikum vor einem Jahr ist die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende deutlich zurückgegangen.
18.6.13 Augsburger Allgemeine Nachdem die Bereitschaft zu einer Organspende bedenklich nachgelassen hat, sind Ärzte und Organisationen bemüht, die Bevölkerung aufzuklären, damit lebensbedrohlich erkrankten Menschen durch ein neues Organ oder Gewebe geholfen werden kann.
1.6.13 CDU-Thüringen Die Bereitschaft zur Organspende hat in den vergangenen Monaten leider stark nachgelassen.
13.5.13 Wolfsburger Blatt Die jüngsten Skandale im Transplantationswesen haben viele Menschen verunsichert. Dadurch hat leider auch die Bereitschaft von Bürgern, Organe zu spenden, nachgelassen.
29.3.13 Schwäbische Die Bereitschaft der Organspenden hat nach mehreren Mauscheleien und Skandalen in der Vergangenheit nachgelassen.
10.3.13 Focus Die Skandale bei der Vergabe von Spenderorganen in Deutschland haben die Bereitschaft zur Spende deutlich gesenkt. 35 Prozent der Bundesbürger sagen, ihre Organspende-Bereitschaft sei dadurch zurückgegangen.
7.1.13 Die Welt Der Zusammenhang ist offenkundig: Die Skandale an deutschen Transplantationszentren haben dazu geführt, dass die Bereitschaft der Bürger zur Organspende drastisch zurückgegangen ist.
1.11.12 taz Nach den Skandalen der vergangenen Wochen hat sich die Bereitschaft zur Spende fast halbiert.
31.10.12 Tagesschau Die Bereitschaft zur Organspende hat nach Informationen des Radiosenders NDR Info offenbar als Reaktion auf die Skandale massiv nachgelassen.
31.10.12 Berliner Zeitung Es gibt kaum noch jemand in Deutschland, der bereit ist, seine Organe zu spenden.
27.8.12 SWR Denn die Spende-Bereitschaft der Menschen hat spürbar nachgelassen.

Ursache

Hier sollen alle statistisch erfassbare Faktoren aufgeführt werden, die mit der Anzahl der Organspender zu tun haben könnten. In der Summe dieser Zahlen wird ersichtlich, wo die Gründe für den Organmangel liegen und wo nicht.

Entscheidungen zur Organspende

Die Entscheidung zur Organspende ab dem Jahr 2002.[2] [Anm. 1]

Entscheidung 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021
Potenziell[3] 1.868 2.090 1.865 1.963 1.866 1.888 1.876 1.799 1.584 1.370 1.339 1.317 1.248 1.178
Ja: (Abs) 1.259 1.313 1.198 1.217 1.296 1.200 1.046 876 921 926 857 863
schriftlich 5,0 5,5 7,3 5,8 6,8 6,2 6,3 8,8 7,3 8,9 10,3 14,3 16,1 15,2 16,4 19,7
mündlich 11,6 11,8 13,0 11,1 16,1 18,4 19,9 21,9 21,8 25,8 23,2 25,8 24,8 27,9 26,7 26,7
vermutet 75,4 76,8 75,9 79,1 68,1 66,6 60,9 51,8 53,5 47,7 50,6 43,6 42,0 44,2 44,5 41,0
Hinterbliebene 8,1 5,8 3,7 3,9 8,9 8,8 12,9 17,4 17,4 17,7 15,9 16,3 17,2 12,7 12,3 12,6
Nein: (Abs) 485 537 551 565 482 486 434 402 381 358 297 282
schriftlich 1,3 1,0 2,3 2,2 1,4 0,4 0,9 1,4 1,7 1,1 1,8 2,0 2,9 3,1 4,4 4,6
mündlich 15,9 17,5 17,7 18,9 21,4 22,9 22,7 30,8 28,8 31,2 31,1 35,1 32,0 35,8 32,3 29,8
vermutet 68,3 66,1 68,7 70,8 52,4 47,5 43,6 29,4 28,8 27,1 27,6 24,6 26,0 29,3 28,3 24,8
Hinterbliebene 14,5 15,3 11,3 8,1 24,7 29,2 32,8 38,4 40,7 40,6 39,4 38,3 39,1 31,8 35,0 40,8
Nein-Anteil 26,0 27,4 29,5 29,9 25,7 27,0 27,4 29,3 28,5 27,2 23,8 23,9

Der Anteil der Verweigerung zur Organspende lag in den Jahren 2006 bis 2013 zwischen 25,7% und 29,9%. Von 2010 bis 2013 ist dabei ein kontinuierlicher Anstieg von insgesamt 3,6% festzustellen. - Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Organspender jedoch um 32,5% zurück. Rund 3% stammen aus dem Anstieg der der Organverweigerung. Woher stammen die verbleibenden 28%?

Betrachtet man die Zahlen der potenziellen Organspender, so gab es unter diesen von 2010 bis 2013 einen Rückgang von 27,0%. Die große Frage ist nun: Worin liegt dieser Rückgang begründet?

Hinweis:
Von 2012 auf 2013 ist ein Zuwachs der schriftlich bekundeten Zustimmung zur Organspende von 4,0% festzustellen, sowie eine schriftlich bekundete Verweigerung der Organspende von 0,2%. In diesem Zuwachs spiegelt sich die allgemeine Haltung der Bevölkerung zur Organspende: ca. 90% stimmen zu, ca. 10% verweigern. - Die allgemeine Aufforderung, die eigene Haltung zur Organspende schriftlich festzuhalten, entlastet die Hinterbliebenen im Trauerfall. Daher war die Erklärungsregelung ein guter Weg, um einerseits jedem Bürger die volle Entscheidungsfreiheit zu lassen, andererseits den Hinterbliebenen die Frage um Organspende zu ersparen. Es bleibt nur noch zu wünschen, dass bald weit über 90% der potenziellen Organspender einen Organspendeausweis ausgefüllt haben.

Die Entscheidung zur Frage der Organspende im Jahr 2013 nach DSO-Regionen.[4]

DSO-Region schriftl. J mündl. J vermut. J Angeh. J Fälle schriftl. N mündl. N vermut. N Angeh. N Fälle
Baden-W. 16,3 25,5 49,0 9,2 98 5,0 20,0 45,0 30,0 20
Bayern 8,5 30,2 33,0 28,3 106 3,1 42,3 20,6 34,0 97
Mitte 17,9 23,6 42,3 16,3 123 0 29,0 19,4 51,6 62
Ost 8,5 30,2 33,0 28,3 106 3,1 42,3 20,6 34,0 97
Nord 14,8 23,7 47,4 14,1 135 5,8 25,0 34,6 34,6 52
Nord-Ost 16,7 34,3 38,2 10,8 102 0 27,8 30,6 41,7 36
NRW 16,0 23,2 45,1 15,5 194 0 45,6 22,1 32,4 68

Organspendekonsile

Die durchscnittliche Anzahl der Organspendekonzile pro Krankenhaus in den Jahren ab 2007, differenziert nach den DSO-Kategorien (Kategorie A = Universitätskliniken, Kategorie B = Kliniken mit Neurochirurgie, Kategorie C = Kliniken ohne Neurochirurgie. Quelle: Jahresberichte der DSO.

Gruppe 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Deutschland A 22,5 22,4 21,8 21,7 22,3 20,9 16,9
Baden-Württ. A 29,4 27,0 26,8 30,4 30,2 29,8 25,6
Bayern A 28,0 28,0 21,8 19,5 23,8 22,2 17,2
Mitte A 25,6 16,2 20,6 25,4 16,8 14,6 15,0
Nord A 15,6 17,4 19,6 20,4 20,6 21,0 16,2
Nord-Ost A 16,0 16,4 14,6 14,2 12,4 10,8 10,6
NRW A 16,1 19,0 19,6 19,1 21,1 20,1 13,0
Ost A 29,0 34,0 30,2 24,6 31,2 27,6 22,0
Deutschland B 10,0 9,3 8,9 9,2 9,6 8,4 7,5
Baden-Württ. B 12,1 10,4 8,6 10,7 9,9 8,4 7,6
Bayern B 10,5 9,6 9,2 7,8 9,2 8,7 6,5
Mitte B 9,8 9,5 9,8 11,3 10,1 9,6 9,1
Nord B 10,6 9,8 7,7 8,3 9,2 8,3 6,3
Nord-Ost B 9,3 9,4 8,9 9,1 7,5 6,8 6,0
NRW B 10,6 9,5 10,6 10,3 12,3 9,2 10,6
Ost B 7,8 7,3 7,9 7,9 9,1 7,5 7,4
Deutschland C 0,8 0,7 0,7 0,7 0,7 0,7 0,6
Baden-Württ. C 1,1 0,9 0,9 0,7 0,7 1,0 0,8
Bayern C 1,0 0,7 0,7 0,7 0,6 0,6 0,5
Mitte C 0,7 0,5 0,6 0,7 0,7 0,6 0,5
Nord C 0,9 0,9 0,6 0,8 0,8 0,6 0,5
Nord-Ost C 0,5 0,4 0,4 0,4 0,3 0,5 0,2
NRW C 0,8 0,7 0,8 0,8 0,7 0,8 0,7
Ost C 0,8 0,7 0,8 0,8 0,8 0,6 0,7

Kliniken der DSO-Kategorien

Anzahl der Kliniken der jeweiligen DSO-Kategorien ab 2007. Quelle: Jahresberichte der DSO.

Kategorie 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
A 37 37 38 38 38 38 38
B 102 104 106 117 118 120 124
C 1.197 1.205 1.198 1.194 1.182 1.172 1.169

Im Jahre 2013 gab es 641 Organspendekonzile in Kliniken der Kategorie A (=29%), 927 Organspendekonzile in Kliniken der Kategorie B (=42%) und 653 Organspendekonzile in Kliniken der Kategorie C (=29%).[5]

Anzahl der Organspendekonzile in den Kliniken nach DSO-Kategorien ab 2007.

Kategorie 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
A 641
B 927
C 653

Anzahl der Explantationen in den Kliniken nach DSO-Kategorien ab 2007.

Kategorie 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
A
B
C


Kliniken der Kategorie A

Anzahl der Explantationenen in den Kliniken der Kategorie A.[6]

Ort 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Nord
Hannover 12
Hamburg-Epp. 10
Göttingen 7
Kiel 6
Lübeck 6
Nord-Ost
Berlin Virchow 15
Greifswald 8
Berlin Franklin 4
Rostock 4
Berlin Mitte
Ost
Leipzig 10
Jena 9
Carus 8
Magdeburg 6
Halle 4
Bayern
Erlangen 12
Würzburg 11
München TU 6
München GH 4
Regensburg 4
München Stadt 2
Baden-W.
Freiburg 13
Tübingen 8
Mannheim 7
Heidelberg 5
Ulm 3
Mitte
Gießen 10
Frankfurt 7
Marburg 7
Saarland 5
Mainz 3
NRW
Bonn 9
Aachen 8
Köln 6
Düsseldorf 5
Essen 5
Münster 5
Bochum 3
Kliniken der Kategorie B
Gruppe 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Gruppe 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
o
Gruppe 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Vermittlungsverfahren

Im Jahr 2012 kam durch Bundestagsabgeordneten Dr. Harald Terpe das beschleunigte Vermittlungsverfahren in den Ruf, manipuliert worden zu sein, weil der schwindende Anteil durch Standardverfahren vermittelte Organe diesen Verdacht nahe legte.[Anm. 2] Eine Überprüfung durch die Prüfungskommission erbrachte hierbei keinerlei Auffälligkeiten.

Die realen Zahlen der vermittelten Organe nach Vermittlungsverfahren:[7] bV = beschleunigtes Vermittlungsverfahren

Typ 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Herz bV 33 42 39 59 78 89 78 75 69 80 91 67 50 47 72
Standard 362 352 359 315 299 277 277 266 300 261 233 231 242 236 215
Lunge bV 23 36 47 61 71 92 56 62 74 105 116 122 144 137 148
Standard 194 199 208 185 154 170 194 190 207 220 226 237 198 152 171
Leber bV 61 87 167 283 288 298 302 345 433 433 325 248 225 260 302
Standard 606 686 643 576 631 734 699 734 717 655 674 610 635 572 500
Niere bV 76 94 91 133 156 150 125 127 129 140 132 146 192 228 246
Standard 1.806 2.017 1.898 1.877 1.911 2.017 1.880 1.901 1.963 1.726 1.526 1.271 1.193 1.223 1.145

Betrachtet man nur die Zahlen des beschleunigten Vermittlungsverfahrens der Jahre 2012 bis 2014, so ergibt für die Herzen ein Rückgang um 40, bei Lunge ein Zuwachs von 28, bei Leber ein Rückgang um 100, bei Niere ein Zuwachs von 60.

Jan Gummert, Chefarzt am Herzzentrum in Bad Oeynhausen, wies den Verdacht auf Manipulation beim Vermittlungsverfahren zurück. Grund für die häufige Schnellvergabe der Organe sei schlicht, dass sie wegen der immer älter werdenden Spender oft abgelehnt würden. "Der Mangel an Spendern ist so groß, dass immer kränkere Organe angeboten werden", sagte Gummert. "Wir akzeptieren inzwischen Herzen, bei denen wir gleich bei der Transplantation einen Bypass legen müssen." Er appellierte an die Bevölkerung, mehr Organe zu spenden. Dann gäbe es auch weniger beschleunigte Vermittlung.[8]

Qualität der Organe

Regina Breul schreibt in ihrem Buch "Hirntod - Organspende" auf Seite 34: "Bundesweit kommt Essen auf die höchste Zahl an Lebertransplantationen. Im Juli 2013 wurde der Vorwurf erhoben, dass das Klinikum auch Organe minderer Qualität transplantierte, die von anderen Kliniken abgelehnt würden. Auch die Transplantationsergebnisse waren hier nicht die besten. 2011 verstarben 17 Prozent der Lebertransplantierten noch im Krankenhaus."[9]

Wenn es ausreichend gute Organe geben würde, müssten die Klinik nicht auf diese minderen Organe zurückgreifen. Die Patienten haben durch den Organmangel oft die Wahl zwischen diesen weniger guten Organen oder ihrem Tod. Ohne TX sind die Patienten sicher tot, mit TX haben sie wenigstens eine Chance zum Weiterleben. Die Ärzte wollen den Patienten diese Chance geben. Die Patienten müssen sich zuvor dazu auch einverstanden erklären. - Davon schreibt Regina Breul jedoch nicht.


Vertrauensverlust

[10]


Sonstiges

Aussagen über den Organmangel

Prof. Dr. med. Hans Arnold war bis April 2005 Direktor der Universitätsklinik für Neurochirurgie Lübeck. In ihrer Hauszeitschrift FOCUS MUL 22, Heft 2 (2005) schrieb er über die Ursachen des Organmangels:

Gründe, warum mögliche postmortale Organspenden in Deutschland nur in geringem Umfang realisiert werden
  1. Das Hirntod-Konzept ist auch unter Ärzten noch nicht allgemein akzeptiert, obgleich klar ist, dass selbst nach Herzstillstand der Tod erst dann eingetreten ist, wenn das Hirn tot ist.
  2. Die Hirntod-Kriterien sind selbst Intensivmedizinern offenbar nicht immer bekannt. Von wenigen werden sie sogar als nicht zuverlässig genug betrachtet.
  3. Die Gespräche mit den Angehörigen, die aufgrund der Gesetzeslage in Deutschland für das Gros der Entscheidungen für oder gegen Organspende den Ausschlag geben, werden gescheut. Natürlich sind sie unangenehm. Die schwierige Gesprächsführung könnte durch Training verbessert werden. Entsprechend vorhandene Möglichkeiten werden aber kaum wahrgenommen.
  4. Auf großen und interdisziplinären Intensivstationen wechseln die Ansprechpartner für die Angehörigen häufig. Das erschwert den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, welches das Gespräch über eine eventuelle Organspende erleichtern könnte.
  5. Es gibt keine materiellen Anreize, Organspender zu rekrutieren (es darf sie auch nicht geben; sie könnten den Verdacht wecken, es würden Organspender produziert). Die positive Rückmeldung von Euro-Transplant muss dem Team, das sich um Organspende bemüht, als Anreiz genügen.
  6. Der Organempfänger bleibt bei der postmortalen Spende anonym. Das Team, das sich um Zustimmung zur Organspende bemühen könnte, erlebt das Leid und die Todesangst des potentiellen Organempfängers nicht mit. So wird die mögliche Hilfe, die das Team dem Organempfänger durch maximale Anstrengung bei der Rekrutierung von Organspendern angedeihen lassen könnte, nur als Beihilfe zur Hilfe empfunden. Dabei wird oft vergessen, dass mit der Rekrutierung eines Spenders mehrere Menschenleben erhalten werden können, dass es sich also um eine Aktivität handelt, die, gesamtgesellschaftlich betrachtet, segensreicher ist als manche intensivmedizinische Anstrengung, die einem einzelnen, aber direkt vom Team betreuten Patienten zugute kommt.

Wenn wir uns nicht bemühen, die Organe eines beatmeten Verstorbenen, dessen Herz noch schlägt, für die Transplantation verfügbar zu machen, enthalten wir anderen Personen ein für sie lebenswichtiges Gut vor.[11]

Auswirkung

  • Jährlich sterben in Deutschland rund 1.000 Menschen, deren Leben man mit einer TX das Leben hätte erhalten können.
  • Die wenigen Organe erhalten oft Menschen mit höchster Dringlichkeit. Dies führte in Deutschland zu einer verhängnisvollen Verkettung:
  1. Die Funktionsrate der transplantierten Organe liegen in Deutschland signifikant unter dem internationalen Durchschnitt.
  2. Dies hat Ärzte dazu verführt, ihre Patienten kränker darzustellen, als sie in Wirklichkeit sind.
  3. Dieser Organspendeskandal ließ die Zahl der Organpender schrumpfen.
  4. Dadurch wurde der Organmangel noch stärker.

Anhang

Quellen

Anmerkungen

  1. Die Zahlen der Jahre 2002 bis 2005 wurden aus dem Jahrbuch der DSO entnommen. Die Zahlen der Jahre 2006 bis 2013 wurden nach den absoluten Zahlen der Jahrbücher der DSO berechnet. Dabei wurden nur die realisierten Organspenden mit den Ablehnungen nach Feststellung des Hirntods ins Verhältnis gesetzt. D.h. nicht berücksichtigt wurden dabei nicht erfolgte Organtransplantationen, z.B. durch Kreislaufversagen oder med. Gründen.
  2. Wenn man nur die Zahlen betrachtet, kann dieser Eindruck durchaus entstehen. Wenn man jedoch auch weiß, wie beschleunigtes Vermittlungsverfahren abläuft, muss man sich fragen, wie diese Manipulation denn erfolgen soll, da mehrere Personen und Einrichtungen in diesen Prozess des beschleunigten Vermittlungsverfahren eingebunden sind.

Einzelnachweise

  1. http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/meldung-popup.html?tx_ttnews=13666
  2. DSO: Jahrbuch. ff.
  3. Die Anzahl der potenzieller Organspender umfasst alle Hirntoten, die mit für eine TX brauchbare Organe auf der Intensivstation liegen. Die meisten von werden tatsächlich Organspender. Bei einigen wird die die Organspende verweigert. Daneben gibt es noch eine Reihe von Hirntoten, bei denen zwar eine Zustimmung zur Organspende vorgelegen hat, bei denen es jedoch aus verschiedenen Gründen zu keiner Organspende gekommen ist. Die DSO unterscheidet hierbei unter:
    • Abbruch vor oder während der Organentnahme (z.B. Tumorfeststellung)
    • Medizinische Gründe (inkl. Herz-Kreislaufstillstand, ICD-10 I46.9)
    • Sonstiges (Keine Einwilligungsberechtigten, Gespräch nicht zumutbar,
    keine Freigabe durch den Staatsanwalt)
  4. DSO: Jahresbericht 2013, Seite 45.
  5. DSO: Jahresbericht 2013, Seite 36.
  6. Für das Jahr 2013: DSO: Jahresbericht 2013.
  7. Es gibt hierfür 2 Quellen, bis 2004 und ab 2005:
  8. http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/organspende-skandal-im-schnellverfahren-zum-spenderorgan-1.1435399 Zugriff am 14.2.2015.
  9. http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/organspende-skandal-neue-auffaelligkeiten-bei-leber-transplantationen-1.1709468
  10. http://www.aerzteblatt-saar.de/pdf/saar1407_012.pdf#search=%22hirntod%22&view=%22fit%22 Zugriff 1.4.2017
  11. Hans Arnold: Gründe, warum mögliche postmortale Organspenden in Deutschland nur in geringem Umfang realisiert werden. In: FOCUS MUL 22, Heft 2 (2005), 74. In: https://www.uni-luebeck.de/fileadmin/uzl_presse/focus/pdf/2005%20No%202%20Focus%20MuL%20Jg%2022%20Juni.pdf Zugriff am 2.12.2016.