Immunsystem

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Als Immunsystem wird das biologische Abwehrsystem höherer Lebewesen bezeichnet, das Gewebeschädigungen durch Krankheitserreger verhindert. Es entfernt in den Körper eingedrungene Mikroorganismen, fremde Substanzen und ist außerdem in der Lage, fehlerhaft gewordene körpereigene [[Zellen[[ zu zerstören. Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Zelltypen und Molekülen. Der zentrale Forschungsgegenstand der Immunologie.

Das Immunsystem hat eine große Bedeutung für die körperliche Unversehrtheit von Lebewesen, denn alle Organismen sind ständig den Einflüssen der belebten Umwelt ausgesetzt. Einige dieser Einflüsse stellen eine Bedrohung dar: Wenn schädliche Mikroorganismen in den Körper eindringen, kann dies zu Funktionsstörungen und Krankheiten führen. Typische Krankheitserreger sind Bakterien, Viren und Pilze, sowie einzellige (z.B. Protozoen wie Plasmodien) beziehungsweise mehrzellige Parasiten (z.B. Bandwürmer).

Auch Veränderungen im Inneren des Körpers können die Existenz eines Lebewesens bedrohen: Wenn normale Körperzellen im Laufe der Zeit ihre gesunde Funktion verlieren, dann sterben sie meist ab und müssen abgebaut werden (Nekrose) oder bauen sich dabei selbst ab (Apoptose). In seltenen Fällen können sie auch krankhaft entarten und zur Entstehung von Krebs führen.

Alle Lebewesen verfügen daher über Schutzfunktionen. Schon einfache Organismen besitzen einen solchen Abwehrmechanismus, die so genannte angeborene Immunantwort. Sie entstand bereits sehr früh in der Stammesgeschichte der Lebewesen und wurde seitdem weitgehend unverändert beibehalten. Die Wirbeltiere entwickelten zusätzlich eine komplexe, anpassungsfähige, so genannte adaptive Immunabwehr, die sie noch effektiver vor Krankheitserregern schützt.

Die pflanzliche Immunantwort hat Ähnlichkeiten mit der angeborenen Immunantwort bei Tieren. Pflanzen besitzen keine adaptive Immunantwort, also auch keine T-Zellen oder Antikörper.

Die Profis der Immunabwehr im menschlichen Körper findet man nämlich nicht im Gehirn, sondern im Blutsystem: weiße Blutkörperchen, die im Knochenmark gebildet werden.[1]

Einteilung des Immunsystems

Das Immunsystem wird grob eingeteilt in:[2]

unspezifische Abwehr spezifische Abwehr
1. Barriere
Körperhülle
2. Barriere
Leukozyten und Enzyme
3. Barriere
Lymphozyten und Antikörper
Haut

Schleimhäute

Schleim

Flimmerepithel

Chemikalien

Transport nach außen
Antigen-Leukozyten-Kontakt

Phagozytose

Monozytenumwandlung in Makrophagen

Phagozytose des Antigens

Lyse des Antigens und
Präsentation im Immunsystem
(Lymphozyten)
Antigenpräsentation

T-Zell-Aktivierung

Antigenzerstörung

B-Zell-Aktivierung

Antikörperproduktion

Antigen / Antikörper-Reaktion

Antigenzerstörung

"Die Erkrankungen und Verletzungen des Immunsystems betreffen dessen Organe, Knochenmark (z.B. Leukämie]), Milz (z.B. Traumen, Thymus (z.B. Myasthenie oder das gesamte System, z.B. pathologische Überreaktionen (Allergien), Immunschwächen (z.B. AIDS).[2]

Die Organe und Zellen des Immunsystems sind:[3]

Das Knochenmark ist Entstehungsort der Basislymphozyten. Diese werden außerhalb des Knochenmarks zu T- oder B-Lymphozyten geprägt. Deshalb zählt das Knochenmark im engeren Sinne nicht zu den Organen des Immunsystems.

Nach der Reifung im Thymus (T-Lymphozyten) oder in den Lymphknötchenhaufen des Darmes, dem mutmaßlichen Reifungsort der B-Lymphozyten, besiedeln die Lymphozyten die Organe des Immunsystems, vor allem die Lymphknoten. Die Wege der Zellen des lymphatischen Systems sind die Blut- und Lymphgefäße. [3]

Die meisten Lymphozyten (ca. 98%) sind im Knochenmark, in den Lymphen und den Lymphknoten, nur wenige (ca. 2%) im Blut.[3]

"Die Lymphe wird in etwa 800 Lymphknoten beständig gefiltert, unerwünschte Substanzen werden phagozytiert, das heißt von Fresszellen aufgenommen und verdaut."[3]

Der Thymus erreicht während der Pubertät sein Maximalgewicht von rund 35 g. Danach erfolgt seine Rückbildung.[3]

"Die Milz hat vielfältige Aufgaben, als Teil des portalen Systems, als Abbauorgan der Blutzellen und als Organ des Immunsystems. In den Milzfollikeln befinden sich vorwiegend B-Lymphozythen, in der roten Milzpulpaphagen, zytotoxische T-Lymphozyten und Makrophagen, in der weißen Pulpa T-Helferzellen.
Das mukosa-assoziierte [[[MALT]]), das darmassoziierte (GALT - Gut = Darm) und das bronchusassoziierte (BALT)-Lymphgewebe, auch als sekundäre Lymphgewebe bezeichnet, besteht aus nicht verkapseltem, relativ unorganisiertem Lymphgewebe, welches praktisch über den ganzen Körper verteilt ist. Es handelt sich um aktivierte T- und B-Lymphozyten zur Abwehr von z.B. durch die Darmwand eindringenden Antigenen aus der Nahrung. Die Immunantwort wird meistens durch IgA-Antikörper vermittelt.
Die Zellen des spezifischen Immunsystems sind Lymphozyten. Die Zellen des unspezifischen Immunsystems sind Leukozyten (neutrophile und eosinophile). Die Zellen der bei jeder immunologischen Auseinandersetzung auftretenden Entzündung sind basophile Leukozyten, Mastzellen und Blutblättchen, welche Entzündungsmediatoren synthetisieren. Verschiedene Gewebezellen synthetisieren Interferon und Zytokine."[4]


Mechanismen des Immunsystems

Antigene
'partikulär löslich
Mikroorganismen
Bakterien
Pilze
Viren

Transplantate
Gewebe
Organe
Proteine
Nukleinsäuren
Polysaccharide
Lipide
Haptene
Transplantate
Blut
Plasma
unspezifisch spezifisch
humoral Humoral
Komplement - System

Properdin - System
Monokine - Lymphokine
Immunglobuline
IgG IgA IgM
IgD IgE
zellulär zellulär
Makrophagen
Monozyten
Granulozyten
NK-Zellen
T-Lymphozyten
T-Helferzellen
T-Zytotoxische Zellen
T-Suppressor-Zellen
unspezifisch spezifisch

Hermann und Klaus Bünte beschreiben die Mechanismen des Immunsystems wie nebenstehend:[5]

"Das Immunsystem bildet mehrere Barrieren zur Abwehr von artfremden, antigenen Substanzen. Sie lassen sich in unspezifische und spezifische, humorale und zelluläre Mechanismen unterteilen.
Epithelien sind natürliche Barrieren gegen das Eindringen von Fremdstoffen und Mikroorgansimen. Sie werden durch physikalische und chemische Abwehrmechanismen unterstützt, z.B. der Flüssigkeitsstrom in den Röhren der Transportorgane, etwa der Schleim aus den Atemwegen, oder der bakterienfeindliche Säureschutz der Haut, die Säure des Magens.
Dringen Fremdstoffe oder Mikroorganismen durch die Epithelien in das Körperinnere ein, werden sie mit dem Immunsystem konfrontiert. Hierdurch können Eindringlinge durch unspezifische Abwehrmechanismen sofort oder durch spezifische Abwehrmechanismen nach vorherigem Kontakt und Identifizierung nach der Etablierung gezielter Maßnahmen unschädlich gemacht werden.
Das Immunsystem reagiert nur auf Fremdstoffe mit Antigenen, d.h. dem genetischen Muster fremde Proteine (durch die Haut eingedrungene Eisenspäne lösen keine Immunabwehrreaktion aus).[5]

Das unspezifische Immunsystem

Die unspezifische Abwehr besteht aus einem humoralen und einem zellulären Anteil. Der humorale Anteil sind Enzyme der Körperflüssigkeiten, welche zur Lyse (Zerfall einer Zelle) von Antigenen befähigt sind.

Das wichtigste humorale Abwehrsystem ist das Komplementsystem. Es ist ein Enzymsystem, bestehend aus 9 Plasmaglykoproteinen mit der Bezeichnung C1 bis C9. Ihre Hauptaufgaben sind:

  1. Die Opsonierung
    Vorbereitung für die erleichterte Bindung und Aufnahme der Partikel, der Antigene.
  2. Die Aktivierung der Leukozyten
    Protein-Rezeptor-Bindung an Leukozyten und Makrophagen, wodurch diese zum Antigen wandern (Zellmigration).
  3. Die Zytolyse
    Einbau hydrophober Elemente in die Membran zellulärer Antigene mit dem Effekt des osmotischen Überdrucks und Platzen der Fremdzelle, z.B. eines Bakteriums.

"Am Ende beider Verfahren ist das Antigen für die Phagozytose durch chemisch angelockte Fresszellen konditioniert. In diesen findet die Lyse und dann die Exozytose des unwirksam gewordenen Antigens statt."[6]

Der klassische Weg verläuft über einen Antigen-Antikörper-Komplex (IgM, IgG). Über diese gerät das Antigen in die Komplementkette. Der alternative Weg verläuft mit Hilfe von Polysacchariden, welche sich an der Oberfläche der Antigene befinden.
Die zelluläre unspezifische Abwehr wird getragen von Phagozyten. Antigene werden an ihrer Eintrittspforte zunächst mit Mikrophagen (Leukozyten) konfrontiert. Aus ihrer Auseinandersetzung entstehen Chemotaxine, welche Makrophagen anlocken. Makrophagen entstehen aus Monozyten in Flüssigkeiten und siedeln sich in Geweben an. Sie werden chemotaktisch von biologischen Fremdmaterialien angezogen.[6]

Antigene werden von den Effektorzellen des unspezifischen Immunsystems, den Makrophagen erkannt, phagozytiert, lysiert, verdaut und die Rückstände durch Exozytose eliminiert. Darüber hinaus präsentieren Makrophagen dem speziellen Abwehrssystem das Antigen. Sie stellen somit die Verbindung zum spezifischen Immunsystem her.[7]

Das spezifische Immunsystem

Das spezifische Immunsystem baut auf Lymphozyten auf. Sie stammen aus Stammzellen des Knochenmarks und reifen in Organen des peripheren Immunsystems, im Tymus zu T-Zellen, in Milz, Lymphknoten oder Peyersche Plaques zu B-Zellen. Die reifen Lymphozyten sind in der Lage, mit partikulären und löslichen Antigenen zu reagieren, spezifische Abwehrmechanismen zu entwickeln und diese im Gedächtnis das Immunsystems (Gedächtniszellen) aufzubewahren. Bei späteren neuerlichen Kontakten mit dem identischen Antigen stehen diese spezifische Abwehrmechanismen sofort zur Verfügung. Gelingt es bei dieser Sofortreaktion, das Antigen zu vernichten, besteht Immunität. Beispiel hierfür ist die Immunität nach überstandenen Infektionskrankheiten im Kindesalter (Keuchhusten, Masern) oder nach Impfungen (Pocken, Tetanus, Tollwut).[7]

Die Prägung der B-Lymphozyten erfolgt bereits pränatal und ist gekennzeichnet durch die Ausstattung der Zelloberfläche mit Ummunglobulinen, welche Rezeptorfunktionen ausüben. Lymphozyten durchwandern den Körper in einem Kreislauf, indem sie das Lymphsystem, den Blutkreislauf sowie alle Organe und Gewebe durchlaufen.
Die spezifische Immunabwehr ist das Resultat der Interaktion von T- und B-Lymphozyten.
Dringen partikuläre Antigene (Mikroorganismen, Viren) oder lösliche Antigene (Proteine, Nukleinsäuren, Polysaccharide) in den Organismus ein, beginnen die geprägten Lymphozyten ihre Tätigkeit. Dabei werden die Antigene vor allem von Makrophagen präsentiert. B-Lymphozyten nehmen über die Immunglobuline ihrer Oberfläche mit den von den Makrophagen präsentierten Antigenen Kontakt auf.[7]

B-Lymphozyten mit mit spezifische Rezeptoren vermehren sich zu identischen Gedächtniszellen, welche ihre Prägung über Jahre behalten (Immunität). Daneben entwickeln sich aus den B-Lymphotyten Plasmazellen, die Antikörper für spezifische humorale Immunreaktionen produzieren.
T-Lymphozyten erkennen mit den Rezeptoren Antigene und entwickeln sich dann zu T-Effektorzellen (T-Helferzellen, T-Suppressorzellen und zytotoxischen T-Zellen) mit unterschiedlichen Aufgaben:


Gehirn und Immunsystem

Experimente zeigten, dass die Immunabwehr konditioniert werden kann, so wie bei den klassischen Versuchen von Iwan Pawlow (1848-1936). Ader und Cohen machten in den 1970-er Jahren das entscheidende Experiment, das der Psychoneuroimmunologieforschung Tür und Tor geöffnet hat. Hierzu spritzten sie Ratten rote Blutkörperchen von Schafen in die Blutbahn und zählten hernach die Menge der produzierten Antikörper. Damit hatten sie ein Maß für die Immunantwort. Das verabreichte Zyklophosphamid, ein Immunsuppressivum, reduzierte die Immunantwort. In einem 2. Experiment paarten die Forscher vor der Verabreichung der artfremden Blutkörperchen Zyklophosphamid, gepaart mit Saccarin, das dem Trinkwasser beigemischt wurde. So wurde das Immunsystem auf Saccarin konditioniert. Daraufhin injizierten sie wiederum Schaf-Erytrrozyten. Ähnlich wie die Verabreichung des Immunsuppressivums schwächte nun die Gabe von Saccarin die Immunreaktion. Damit belegten Ader und Cohen, in welchem Maße das ZNS auf die Immunabwehr einwirken kann. Nachfolgende Experimente bestätigten das Verhalten des Immunsystems.[9]

"Unser Immunsystem reagiert auf körperfremde Eiweißkörper, so genannte Antigene, indem es antigenspezifische Immunzellen und Antikörper bildet. Immunreaktionen laufen jedoch nicht völlig unabhängig von Psyche und Gehirn ab. Vielmehr kann unser Gehirn die Abwehrkräfte zum einen via Sympathikus und Vagus, zum anderen über Hormone beeinflussen, über Kortisol beispielsweise, aber auch über andere Botenstoffe der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse. Das Nebennierenhormon hemmt das Immunsystem bei Stress, aber auch bei schweren Depressionen. ... Umgekehrt kann eine Schwächung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse das Immunsystem gewissermaßen enthemmen, sodass es zu stark reagiert und somit über das Ziel hinausschießt. ... Darüber hinaus bilden gewisse Immunzellen ihrerseits hormonartige Botenstoffe, die Interleukine. Sie beeinflussen nicht nur das Immunsystem, sondern auch das Gehirn, sofern sie in die Blutbahn gelangen, und sie erregen zudem die zum Gehirn führenden Zweige des Vagusnervs. Auf diese Weise rufen sie Fieber hervor, ändern das Verhalten und sind dafür verantwortlich, dass sich infizierte Kranke 'schlecht fühlen', den Appetit verlieren und manchmal sogar depressiv werden."[10]

Nach TX

http://das-immunsystem.de/fuer-jedermann/organtransplantation/abstossung-immunsuppression

Anhang

Quellen

Das Immunsystem

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. Henning Beck, Sofia Anastasiadou, Christopher Meyer zu Reckendorf: Faszinierendes Gehirn. Eine bebilderte Reise in die Welt der Nervenzellen. Heidelberg 2016, 128.
  2. a b Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 553.
  3. a b c d e Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 555.
  4. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 556.
  5. a b Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 557.
  6. a b Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 558.
  7. a b c Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 559.
  8. Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 560.
  9. J. Caspar Rüegg: Gehirn, Psyche und Körper. Neurobiologie von Psychosomatik und Psychotherapie. 5. Aufl. Stuttgart 2011, 93.
  10. J. Caspar Rüegg: Gehirn, Psyche und Körper. Neurobiologie von Psychosomatik und Psychotherapie. 5. Aufl. Stuttgart 2011, 111f.