Hirntoddiagnostik

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Allgemeines

Aufbau

Die Hirntoddiagnostik baut auf 3 Säulen auf:

  1. Voraussetzungen
    Als Voraussetzung für die Durchführung der Hirntoddiagnostik müssen gegeben sein: Akute schwere Hirnschädigung + keine anderen Ursachen.
  2. Klinische Diagnostik
    Für die klinische Diagnostik müssen gegeben sein: Komma muss vorliegen + keine Hirnstammreflexe + Apnoe-Test.
  3. Nachweis der Irreversibilität
    Der Nachweis der Irreversibilität (Unumkehrbarkeit des Zustandes) ist dadurch gegeben, dass die klinische Diagnostik bei primärer Hirnschädigung nach mind. 12 Stunden wiederholt werden muss,[Anm. 1] bei sekundärer Hirnschädigung nach mind. 72 Stunden wiederholt werden muss.[Anm. 2]

Voraussetzungen

Die häufigsten Ursachen: Anteil p/s Abstand
Hirnblutung ca. 55% p 12 h
Schädelhirntrauma 10-20% p 12 h
Herzstillstand 10-20% s 72 h
Hirninfarkt 10-20% p 12 h
p = primäre Hirnschädigung Abstand[Anm. 3]
s = sekundäre Hirnschädigung

Keine Hirntoddiagnostik wird einfach nur auf Verdacht durchgeführt. Es müssen hierzu klare Voraussetzungen vorliegen:

Akute schwere Hirnschädigung - D/A/CH

Es muss eine akute schwere Hirnschädigung vorliegen. Diese kann als primäre Hirnschädigung oder sekundäre Hirnschädigung erfolgt sein. Sie muss so schwerwiegend sein, dass keine Hirnstammreflexe festgestellt werden, wie sie in der klinischen Diagnostik fachkundlich überprüft werden.

Ausschluss anderer Ursachen

Es müssen andere Ursachen ausgeschlossen werden, die zu einem vorübergehenden Ausfall der Hirnstammreflexe führen können:[Anm. 4]

Intoxikation (Vergiftung) - D/A/CH

Verschiedene Vergiftungen können die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuschen. Daher muss eine Vergiftung ausgeschlossen werden.[Anm. 5]

Relaxation (Einfluss von verschiedenen Medikamenten und Drogen) - D/A/CH

Verschiedene Medikament wie auch Drogen können die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuschen. Daher muss eine Relaxation ausgeschlossen werden.

Primäre Hypothermie (Unterkühlung des Körpers)- D/A/CH

Eine Unterkühlung des gesamten Körpers kann die Hirnstammreflexe so stark lähmen, dass sie Hirntod vortäuscht. Daher muss eine Unterkühlung ausgeschlossen werden.

Hypokaliämie - A

Hypokaliämie ist ein Mangel an Kalium im Blut. In extremen Fällen kann dies zu Lähmungserscheinungen führen.

Metabolisches oder endokrines Koma - D/A/CH

Beim metabolischen Koma sind Werte des Stoffwechsel so stak von Normalwerten abweichend, dass der Patient in ein Koma fällt.
Beim endokrinen Koma sind Hormonwerte so stark von Normalwerten abweichend, dass der Patient in ein Koma fällt.

Schock - D/A/CH

Schock ist lebensbedrohlicher Zustand, bei dem die Blutzirkulation in den kleinen Blutgefäßen (Kapillaren) vermindert ist. Dies kann zu einer Sauerstoffunterversorgung der Gewebe und damit zu einer Stoffwechselstörung führen.
Da jeder dieser anderen Ursachen zu vorübergehendem Ausfall der Hirnstammreflexe führen kann, ist es bei der Hirntoddiagnostik so wichtig, die Vorgeschichte des Patienten zu kennen. Kam der Patient aus einem dieser anderen Ursachen in diesen Zustand des Komas, kann ihn die Intensivmedizin wieder heil zurückholen. Im Falle eines erfolgten Hirntods ist eine Rückkehr ins Leben nicht mehr möglich.

Um sicherzustellen, dass alle diese Voraussetzungen gegeben sind, bevor mit der klinischen Diagnostik begonnen wird, hat der Arzt auf dem Protokoll zur Feststellung des Hirntodes all dies zu protokollieren: Diagnose, primäre bzw. sekundäre Hirnschädigung, Zeitpunkt des Unfalls bzw. Krankheitsbeginns und einzeln aufgeführt der Ausschluss aller o.g. anderen möglichen Ursachen für diesen Zustand.
Erst wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann mit der [[Hirntoddiagnostik#klinische Diagnostik|klinischen Diagnostik] begonnen werden.

Klinische Diagnostik

Bei der klinischen Diagnostik werden Hirnstammreflexe überprüft. Dies sind Reflexe, die über Nervenfasern mit dem Hirnstamm verbunden sind. Dabei verlaufen nur die Nervenfasern für die Atmung (Apnoe-Test) vom Hirnstamm abwärts. Alle anderen Nervenfasern, der bei der klinischen Diagnostik überprüften Reflexe, verlaufen vom Hirnstamm aufwärts. - Damit wird sichergestellt, dass kein Bruch der Wirbelsäule (z.B. auch kein Genickbruch) die Ergebnisse der klinische Diagnostik verfälschen kann.

Koma

Wenn die Voraussetzungen für eine Hirntoddiagnostik erfüllt sind, muss tiefes Koma vorliegen, bevor mit der klinischen Diagnostik begonnen werden kann.

1. Grad gezielte Abwehr von Schmerz, Pupillenbewegung intakt
2. Grad ungerichtete Abwehr von Schmerz
3. Grad keine Abwehr von Schmerz
4. Grad keine Schmerzreaktion, Ausfall von Schutzreflexen

Für die Durchführung der Hirntoddiagnostik muss Koma im 4. Grad vorliegen.

Lichtreflex - D/A/CH

Bei viel Licht zieht sich die Pupille zusammen, um wenig Licht zur Netzhaut des Auges zu lassen und damit das Auge zu schützen. - Bei wenig Licht öffnet sich die Pupille, um viel Licht auf die Netzhaut des Auges zu lassen und damit zu ermöglichen, auch bei Dunkelheit noch zu sehen. Diese Veränderung der Pupille ist ein Hirnstammrreflex.

Bei Hirntoten ziehen sich bei beiden Augen die Pupillen bei Licht (mit Taschenlampe ins Auge leuchtend) nicht zusammen und öffnet sich nicht, wenn der Lichtstrahl weggenommen wird.
Wenn die Pupillen starr offen bleiben (lichtstarr), ist der Lichtreflex erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Puppenkopf-Phänomen - D/A/CH

Bei schnellen Kopfbewegungen zur Seite, die von außen kommen, versucht der Hirnstamm die Augen auf das Objekt zu halten, was es zuvor im Blick hatte. Dies ist ein Hirnstammreflex und hat nichts mit einer bewussten Augenbewegung zu tun.

Bei Hirntoten gehen bei ruckartigem Drehen des Kopfes zur Seite die Augen ebenso ruckartig mit. Es gibt kein Anzeichen einer Gegenbewegung, um auf das in Blick genommene weiterhin im Blick zu behalten. Die Augen bewegen sich wie bei einer Puppe synchron zur Drehbewegung mit, was den Begriff "Puppenkopf-Phänomen" schuf.
Wenn die Augen bei ruckartiger Drehbewegung nicht versuchen gegenzusteuern und somit das Puppenkopf-Phänomen vorliegt, ist der sogenannte Okulo-zephaler Reflex erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Okulovestibulärer Reflex - A/CH

Beim okulovestibulärer Reflex wird nach vorheriger Inspektion des Gehörgangs auf Fremdkörper (cerumen) im Abstand von 5 Minuten mit 20 ml – 100 ml Eiswasser (0 - 5°C, alternativ Chlochäthylspray) seitengetrennt in die äußeren Gehörgänge gespült. Innerhalb von einer Minute zeigen sich hierauf Augenbewegungen.

Bei Hirntoten zeigen sich hierauf keine Augenbewegungen. Der Okulovestibulärer Reflex ist erloschen.

Anwendung: Schweiz.

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Ciliospinal-Reflex - A

Durch das Kneifen in den Nacken erweitert sich die Pupille.[1]

Anwendung: Österreich

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Masseter-Reflex - A

Beim Masseterreflex wird mit einem Reflexhammer-Schlag von oben gegen die untere Zahnreihe oder das Kinn geschlagen. Dadurch werden der Musculus masseter und der Musculus temporalis gedehnt. Dies führt zu einer Schließung des Mundes.

Bei Hirntoten erfolgt keine Reaktion auf den Schlag des Reflexhammers auf die untere Zahnreihe oder das Kinn. Der Masseter-Reflex ist erloschen.

Anwendung: Österreich

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Korneal-Reflex - D/A/CH

Lidschluss-Reflex (Korneal-Reflex) ist ein Hirnstammreflex, der das Auge schützt. Er wird durch Berührung der Hornhaut (Kornea) des Auges oder die nähere Umgebung des Auges ausgelöst. Dadurch verschließen sich die Augenlider, meist binnen 250 ms. Dieser reflektorische Schutzmechanismus schützt den Augapfel vor Fremdkörpern, Schädigung des Augapfels und Austrocknung.

Bei Hirntoten kann der Augapfel berührt werden, ohne dass sich die Augenlider reflektorisch schließen. Der Korneal-Reflex ist erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Trigeminus-Schmerz-Reaktion - D/A/CH

Der Trigeminus (lat. Drillingsnerv) hat seinen Namen von seinen 3 Hauptäste im Gesichtsfeld: ein Ast führt zu den Augen, einer zum Oberkiefer, einer zum Unterkiefer. Er enthält sensible Fasern für die Wahrnehmung wie auch motorische Fasern für die Bewegung.

Bei der Trigeminusneuralgie können heftigste Schmerzen im Trigeminusgebiet auftreten. Diese werden meist als stärkste bekannte Schmerzen beschrieben.[Anm. 6]
Bei der Hirntoddiagnostik wird der Trigeminus gereizt. Es sollte sich eine Schmerzreaktion im Gesicht zeigen.
Bei Hirntoten zeigt sich keine Schmerzreaktion im Gesicht. Dieser Hirnstammreflex ist erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Tracheal-Reflex - D/A/CH

Der Würge-Reflex (Tracheal-Reflex) ist ein Schutzreflex, der Eindringen von Fremdkörpern in die Atemwege verhindert. Er stellt damit ein gewisser Schutz vor Ersticken dar.

Der Würge-Reflex wird bei der Berührung des Zungengrundes sowie des weichen Gaumens ausgelöst, dort vorwiegend der Gaumenbögen.
Bei Hirntoten kommt es zu keinem Würgen, wenn Zungengrund oder weicher Gaumen gereizt werden. Der Tracheal-Reflex ist erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Pharyngeal-Reflex - D/A/CH

Der Husten-Reflex (Pharyngeal- oder auch Carina-Reflex genannt) ist Schutzreflex, der die Atemwege von Fremdkörpern und schädlichen Reizen befreit. Er stellt damit ein gewisser Schutz vor Ersticken dar.

Der Husten-Reflex wird durch die Rezeptoren in den oberen Luftwegen ausgelöst, vor allem im Kehlkopf, der Luftröhre und der größeren Bronchien.
Bei Hirntoten kommt es zu keinem Husten, wenn Kehlkopf, Luftröhre oder größere Bronchien gereizt werden. Der [Pharyngeal-Reflex]] ist erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Schlaffe Tetraplegie - A

Schlaffe [Tetraplegie] liegt vor, wenn Arme und Beine völlig kraftlos sind, wie bei einer Querschnittlähmung.

Anwendung: Österreich

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Atropini-Test - A

Atropin hemmt als Parasympatholytikum teilweise den Parasympathikus. Dies führt u.a. zu einem Anstieg der Herzfrequenz (Puls). Bei Hirntoten ist dieser Effekt (kein Reflex!) erloschen,[2] da die entsprechenden Trigger-Rezeptoren im unteren Teil im verlängerten Mark (Medulla oblongata) ausgefallen sind.[3]

In Österreich wird für die Hirntoddiagnostik 2 mg Atropin intravenös verabreicht und mit von 5 ml NaCl durch die Kanüle (ZVK) nachgespühlt. Für die Feststellung des Hirntods darf es in den nächsten 3 Minuten zu einer Steigerung der Herzausgangsfrequenz um max. 15% kommen.

Anwendung: Österreich

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Apnoe-Test - D/A/CH

Der Apnoe-Test überprüft, in wie weit der Reflex der Eigenatmung ausgefallen ist. Hierzu wird die künstliche Beatmung ausgeschaltet und der Anstieg des CO2-Wertes überprüft. Ist bis 60 mmHg[Anm. 7] kein Anzeichen von Eigenatmung zu erkennen, gilt der Reflex der Eigenatmung als erloschen.

Anwendung: Deutschland, Österreich, Schweiz

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Kritik an der klinischen Diagnostik

Einzelne Menschen üben Kritik an der klinischen Diagnostik. Im Wesentlichen werden dabei diese Kritikpunkte vorgebracht:

  1. Hirntoddiagnostik sei Folter
    Die Hirntoddiagnostik wird von diesen Menschen als Folter bezeichnet. Dabei werden Begriffe "Zufügung von Schmerzen" und "Ersticken" benutzt.
    Dem ist entgegen zu halten, dass die Durchführung der Hirntoddiagnostik darauf ausgerichtet ist, dass zunächst mit den leichten Reizen (Lichtreflex) begonnen wird und schrittweise immer schwerere Reize angewandt werden. Dabei wird immer darauf geachtet, ob eine Reaktion zu erkennen ist. Zeigt sich auf einen dieser Reize eine Reaktion, so gilt dieser Test nicht bestanden, der Hirntod als nicht erwiesen. Auf eine Fortsetzung der klinischen Diagnostik wird verzichtet.
  2. Apnoe-Test schädige das Gehirn
    Das Gehirn benötigt beständig Sauerstoff. Ein Stillstand des Blutkreislaufes von 10 min führt bereits zu bleibender Schädigung des Gehirns. - Durch das Ereignis[Anm. 8] ist das Gehirn bereits geschädigt. Durch den Entzug des Sauerstoffs beim Apnoe-Test werde das Gehirn weiter geschädigt. Man gebe mit dem Apnoe-Test dem Gehirn sozusagen den Todesstoß, um am Ende das feststellen zu können, was man beabsichtigt festzustellen: den Hirntod.[Anm. 9]
    Dieser Vorwurf ignoriert die Bemühungen der Ärzte, das Leben des Patienten zu retten und verkennt die Situation völlig. - Man kann es durchaus mit einer Reanimation nach Herzstillstand vergleichen: Bei Erwachsenen wird 30 min lang reanimiert. Setzt das Herz binnen dieser Frist nicht mit dem selbständigen Herzschlag ein, so wird nicht weiter reanimiert. Die Reanimation wird beendet und das Ende der Reanimation wird als Todeszeitpunkt in den Totenschein eingetragen.
    Ähnlich ist es bei der Hirntoddiagnostik. Sie ist ein letzter Versuch, irgendwelche zerebrale Reflexe zu finden. Dem sind jedoch Bemühungen vorausgegangen, das Leben des Patienten zu retten:
    1. Sekundäre Hirnschädigung: Hypothermie nach Herzstillstand
      Nach erfolgreicher Reanimation wird dem bewusstlosen Patienten für 24 Stunden das Blut auf 33°C abgekühlt. In diesen Stunden haben die noch nicht abgestorbenen Gehirnzellen Zeit, sich zu regenerieren. Mit der Phase des Abkühlens und Erwärmens auf 37°C vergehen schon mal 3 Tage. Dann wird dem Patienten weitere Zeit gegeben, um aus dem künstlichen Koma aufzuwachen. Hierzu müssen die verabreichten Narkotikas vom Körper abgebaut werden. Diese Tage sind eindeutig dem Versuch zuzuschreiben, das Leben des Patienten zu retten.
      Zeigt der Patient nach dieser Bemühung keine zerebralen Reflexe, wird die Hirntoddiagnostik in Erwägung gezogen und ggf. durchgeführt. Wird dabei der Hirntod festgestellt, so gleicht es der Feststellung des Herztodes nach erfolgloser 30-minütiger Reanimation. Der Totenschein wird unterschrieben.
    2. Primäre Hirnschädigung
      Bei primärer Hirnschädigung kann die Ursache nicht weggenommen oder gelindert werden. Damit wird das Gehirn nicht durchblutet. Selbst wenn noch eine geringe Durchblutung erfolgt, so ist dies für ein Überleben des Gehirns zu wenig.[Anm. 10] Der Hirntod tritt damit verzögert ein, aber er bleibt auch damit unausweichlich. - Bis zur Feststellung des Sachverhalts vergehen Stunden und Tage, bevor mit der Hirntoddiagnostik begonnen wird. In dieser Zeit wird versucht, das Leben des Patienten zu retten und seine Gesundheit wieder herzustellen.
      Zeigt der Patient nach dieser Bemühung keine zerebralen Reflexe, wird die Hirntoddiagnostik in Erwägung gezogen und ggf. durchgeführt. Wird dabei der Hirntod festgestellt, so gleicht es der Feststellung des Herztodes nach erfolgloser 30-minütiger Reanimation. Der Totenschein wird unterschrieben.

Damit kann die gegen die klinische Diagnostik vorgebrachte Kritik sachlich und eindeutig widerlegt werden.

Nachweis der Irreversibilität

Deutschland

Der Nachweis der Irreversibilität baut auf die 2. klinische Diagnostik auf.

Der Nachweis der Irreversibilität belegt, dass der festgestellte Zustand (keine zerebralen Reflexe) nicht nur ein vorübergehender Zustand ist, sondern ein dauerhafter. Er ist "nicht umkehrbar", wie das Lateinische "irreversibel" zu übersetzen ist. - Dieser Nachweis wird erbracht durch eine zweite klinische Diagnostik:

  • bei primärer Hirnschädigung
    • nach 12 Stunden: Kinder über 2 Jahre und Erwachsene
    • nach 24 Stunden: Kinder unter 2 Jahre
    • nach 72 Stunden: Neugeborene
  • bei sekundärer Hirnschädigung: nach 72 Stunden

Diese Beobachtungszeit kann nur durch apparative Diagnostik verkürzt werden. In Deutschland sind hierbei zugelassen: Null-Linien-EEG (mind. 30 min), frühe akustisch evozierte Potentiale (FAEP), somatosensibel evozierten Potentiale (SEP), Dopplersonographie, Perfusionsszintigraphie und Zerebrale Angiographie.

Die apparative Diagnostik ersetzt nicht die 2. klinische Diagnostik, sondern verkürzt nur die Beobachtungszeit.

Die gesetzten Fristen der Beobachtungszeit bzw. kürzerer Zeit mit entsprechender apparativen Diagnostik gibt der Hirntoddiagnostik die letzte Sicherheit, dass hier tatsächlich Hirntod vorliegt.

Bei Tierversuchen zeigte sich eine Wiederbelebungszeit des Gehirns von kleiner 60 Minuten.[4] Der Abstand zwischen der 1. und 2. klinischen Diagnostik liegt mit mind. 12 Stunden um ein Vielfaches über diesem Zeitraum. Daher kann mit absoluter Sicherheit gesagt werden, dass sich dieses Gehirn von diesem Zustand nicht wieder erholen wird. Der festgestellte Zustand (Hirntod) ist damit eindeutig irreversibel.

Alle für die Hirntoddiagnostik durchgeführten Untersuchungen müssen mit ihren Ergebnissen im "Protokoll zur Feststellung des Hirntodes" eingetragen werden.
Zum Abschluss der Hirntoddiagnostik liegen somit 4 Protokolle vor: von den beiden untersuchenden Ärzten je zwei Protokolle, jeweils von der 1. und 2. klinischen Diagnostik.

Österreich

In Österreich wird bei der "Empfehlungen zur Durchführung der Hirntoddiagnostik bei einer geplanten Organentnahme" (2013) beim konventionellen Ablauf der Hirntoddiagnostik der Nachweis für die Irreversibilität immer eine apparative Diagnostik und eine 2. klinische Diagnostik vorgeschrieben. - Ist bei primärer supratentoreiellen Hirnschädigung keine apparative Diagnostik möglich, sind altersbedingte Zeiten für die 2. klinische Diagnostik vorgeschrieben:

  • 12 Stunden: Kinder über 2 Jahre und Erwachsene
  • 24 Stunden: Kleinkinder 2 Monate bis 2 Jahre
  • 72 Stunden: Säuglinge vom 7. Tag bis 2 Monate

Für die apparative Diagnostik sind zugelassen: EEG, Dopplersonographie (TDC/FDS) und Computertomographie-Angiographie (CTA).

Schweiz

In der Schweiz wird bei der "Feststellung des Todes mit Bezug auf Organtransplantationen" (2011) der irreversible Funktionsausfall des Gehirns überprüft durch:

  • Klarer Grund für den Funktionsausfall des Gehirns liegt vor
  • oder durch Zusatzuntersuchungen

Wenn sich die Ärzte über die Ursache der schweren Hirnschädigung sicher sind, bedarf es in der Schweiz für den Nachweis der Irreversibilität keine 2. Hirntoddiagnostik. Dann ist nach dem Ende der klinischen Diagnostik der Hirntod erwiesen. - Andernfalls ist eine apparative Diagnostik erforderlich, um die Irreversibilität nachzuweisen. Hierfür sind zugelassen: Transkranielle Doppler- oder Farbduplexsonographie, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MR) und Digitale Substraktionsangiographie (DSA).

Apparative Diagnostik

Bei Kindern unter 2 Jahren und in einigen besonderen Fällen schreibt die Richtlinie zur Feststellung des Hirntods eine apparative Diagnostik vor. Ansonsten ist die apparative Diagnostik optional. Sie wird verwendet, wenn die Ursachen für den Zustand nicht 100-prozentig klar sind oder die Wartezeit verkürzt werden soll.

Null-Linien-EEG - D/A/CH

Die Aktivität unseres Gehirns, jeder Gedanke, ist ein elektro-chemischer Vorgang. Die elektrischen Spannungen und Ströme sind zwar sehr gering, aber messbar.

Mit Elektroenzephalografie kann die elektrische Aktivität des Großhirns gemessen und als Elektroenzephalogramm (EEG) dargestellt werden. Diese elektro-chemische Aktivität unseres Gehirns ist auch während des ganzen Schlafs vorhanden,[Anm. 11] da bei einem gesunden Menschen das Gehirn rund um die Uhr arbeitet. An Hirntoten ist kein EEG ableitbar. Die Richtlinien der BÄK schreiben für die Feststellung des Hirntods eine EEG-Nulllinie von 30 Minuten vor.

Anwendung: Deutschland, Österreich und Schweiz.

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EEG eines Lebenden

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EEG eines Hirntoten

Frühe akustisch evozierte Potentiale (FAEP) - D/A/CH

Die Frühe akustisch evozierte Potentiale sind per EEG am Großhirn zu messenden elektrische Signale, die über Hörschnecke, Hörnerven und Hirnstamm verlaufen. Das FAEP-Signal besteht aus 5 Wellen, die nach den Erstbeschreibern Jewett und Williston (1971) mit J I bis J V durchgezählt werden. Klinisch ordnet man den Ursprung jeder Welle einem Kerngebiet im Hirnstamm zu.

Die FAEP werden auch als BERA (brainstem evoked response audiometry; deutsch: Hirnstammaudiometrie), ABR (auditory brainstem response) oder AEHP (akustisch evozierte Hirnstammpotentiale) bezeichnet.

Für die Hirntoddiagnostik werden dem Patienten per Kopfhörer mit einer Lautstärke von 95 dB[Anm. 12] Klickreizen ausgesetzt. Bei Lebenden ist am EEG ein bestimmtes Muster zu erkennen. Bei Hirntoten bleibt dieses Muster aus.

Anwendung: Deutschland, Österreich und Schweiz.

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Somatosensibel evozierten Potentiale (SEP oder SSEP) - D/A/CH

Bei Somatosensibel evozierten Potentialen (SEP oder SSEP) wird ein an Arm, Bein oder Wirbelsäule oberflächenhaher Nerv elektrisch gereizt und die Reaktion des veränderten EEG aufgeschrieben. Erstmals beschrieb Dawson diese Zusammenhänge im Jahre 1947.

Bei Hirntoten fällt die zu erwartende Reaktion am veränderten EEG aus.

Anwendung: Deutschland, Österreich und Schweiz.

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Dopplersonographie - D/A/CH

Dopplersonographie] ist Sonographie an sich bewegenden Objekten, z.B. das fließende Blut. Beim [Doppler-Effekt] ist die reflektierte Frequenz bei sich entfernenden Objekten geringer und bei zukommenden Objekten höher.[Anm. 13] Mit der Dopplersonographie lassen sich fließende Flüssigkeiten nicht nur nachweisen, sondern auch die Geschwindigkeit ihres Flusses.

Hirntote mit primärer Hirnschädigung haben keine Durchblutung des Gehirns. Dadurch ist das Gehirn abgestorben. Dieses Nichtdurchblutung lässt sich mit der Dopplersonographie nachweisen.

Anwendung: Deutschland, Österreich und Schweiz.

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Perfusionsszintigraphie - D/-/CH

Perfusionsszintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren zur bildlichen Darstellung Darstellung der Durchblutung. Hierzu wird eine leicht radioaktive Substanz injiziert und deren Verteilung im Körper bildlich dargestellt. Hierfür gibt es zwei Techniken:

Für die Hirntoddiagnostik ist es nicht erforderlich, dass die Nichtdurchblutung des Gehirns 3-dimensional dargestellt wird. Hierfür reicht ein 2-dimensionales Bild eines Szintigraphen.

Anwendung: Deutschland und Schweiz.

W Szinti1.jpg
normale Durchblutung

W Szinti0.jpg
Hirntod, keine Durchblutung

Angiographie - D/A/CH

Angiographie ist in der Medizin die Darstellung von Gefäßen, meist von Blutgefäßen. Für dieses Bildgebungsverfahren gibt es verschiedene Techniken mit je eigenen Namen:

Bei allen diesen Techniken wird eine leicht radioaktive Substanz (Kontrastmittel) in das Blutgefäß injiziert. Die durchbluteten Gefäße werden bildlich dargestellt. Somit lässt sich ein Durchblutungsstop, wie es z.B. bei einem Hirninfarkt gegen ist, deutlich darstellen. Bei einem zum Hirntod führenden Hirninfarkt (siehe nebenstehendes Bild) ist ein großes, das Gehirn versorgende Blutgefäß verstopft. Damit erhält das Gehirn keinen Sauerstoff. Die Gehirnzellen sterben binnen Minuten ab. Der Hirntod ist die Folge.

Anwendung: Deutschland, Österreich und Schweiz.

DSO Kopf1.jpg
Angiographie eines Lebenden

DSO Kopf0.jpg
Angiographie eines Hirntoten

o - D/A/CH

Sicherheit der Hirntoddiagnostik

Um Fehlmessungen auszuschließen, ist in den Richtlinien der BÄK detailliert vorgschrieben, wie diese apparative Diagnostik durchzuführen ist. Auch defekte Untersuchungsgeräte werden damit ausgeschlossen. - So ist z.B. für die Durchführung eines Nullinien-EEGs vorgeschrieben:[Anm. 15]

  • Es muss eine Nulllinie von mind. 30 min sein, einwandfrei auswertbar.
  • Die Gehirnströme müssen durch Klebe- oder Nadelekektroden abgeleitet werden.
  • Die Elektroden sind nach dem 10:20-System anzuordnen.
  • Der Elektrodenübergangswiderstand soll zwischen 1 und 10 Kiloohm betragen.
  • Die Filtereinstellung hat zwischen 0,53 und 70 Herz zu sein.
  • Die Ableitung soll mit einer Verstärkereinstellung von 5 bzw. 7 Mikrovolt begonnen werden.
  • Das Nulllinien-EEG soll mit einer Einstellung von weniger als 2 Mikrovolt durchgeführt werden.
  • Der Rauschpegel des Geräts soll mind. 2 Mikrovolt abgrenzen können.
  • Es ist ein EGG-Gerät mit mind. 8 Kanälen zu verwenden.
  • Zu Beginn der Untersuchung ist die Funktionsfähigkeit jedes einzelnen Kanals durch Auslösen von Artefakte (Störungen, z.B. durch Berühren der Elektroden) zu überprüfen.

Für alle anderen apparativen Diagnostiken zur Feststellung des Hirntods sind ähnlich genau die einzelnen Parameter festgelegt. Dies garantiert die Sicherheit der Diagnostik.

Schema der Hirntoddiagnostik

BAK HTD.jpg

Protokoll zur Feststellung des Hirntodes

Name_____________________________Vorname_____________________ geb.:_______________ Alter:_________

Klinik:__________________________________________________________________________________________
Untersuchungsdatum:_____________ Uhrzeit:_________________ Protokollbogen-Nr.:____________________
1. Voraussetzungen 1.1 Diagnose______________________________________________________________________________________
Primäre Hirnschädigung:________ supratentoriell _____________ infratentoriell ____________________
Sekundäre Hirnschädigung: _______________________________________________________________________
Zeitpunkt des Unfalls/Krankheitsbeginns: ________________________________________________________
1.2 Folgende Feststellungen und Befunde bitte beantworten mit ja oder nein
Intoxikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Relaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Primäre Hypothermie . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Metabolisches oder endokrines Koma . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ausgeschlossen: ____________________________________________
Systolischer Blutdruck ______________mmHg
2. Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion
2.1 Koma ______________________________________________________________________________________
2.2 Pupillen . . . weit / mittelweit
_ . . . . . . . . . . . . Lichtreflex beidseits . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.3 Okulo-zephaler Reflex (Puppenkopf-Phänomen)
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . beidseits . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.4 Korneal-Reflex beidseits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.5 Trigeminus-Schmerz-Reaktion beidseits . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.6 Pharyngeal-/Tracheal-Reflex. . . . . . . . . . . . . . . . . . . fehlt ___________________________________________
2.7 Apnoe-Test bei art. paCO2 _______mmHg . . . . . . . . erfüllt __________________________________________
3. Irreversibilitätsnachweis durch 3.1 oder 3.2
3.1 Beobachtungszeit:
Zum Zeitpunkt der hier protokollierten Untersuchungen bestehen die obengenannten Symptome seit ________ Std.
Weitere Beobachtung ist erforderlich . . . . . . . . . ja____________________ nein____________________________
mindestens 12/24/72 Stunden
3.2. Ergänzende Untersuchungen:
3.2.1 Isoelektrisches (Null-Linien-) EEG, . . . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
_ 30 Min. abgeleitet: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
3.2.2 Frühe akustisch evozierte Hirnstamm- . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
potentiale Welle III–V beidseits erloschen . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
Medianus-SEP beidseits erloschen . . . . . . . . . . . _____ ______ ______________ _____________ _____________
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ja . . . . nein . . . . . . Datum . . . . . . . Uhrzeit . . . . . . . . Arzt
3.2.3 Zerebraler Zirkulationsstillstand beidseits festgestellt durch:
Dopplersonographie:___________Perfusionsszintigraphie:__________ Zerebrale Angiographie:__________
Datum________________ Uhrzeit_____________________ untersuchender Arzt____________________________
Abschließende Diagnose:
Aufgrund obiger Befunde, zusammen mit den Befunden der Protokollbögen Nr.___________, wird
der Hirntod und somit der Tod des Patienten festgestellt am:____________ um_________ Uhr.
Untersuchender Arzt:____________________________________________ _________________________________
_ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschrift

Am Ende der Hirntoddiagnostik müssen 4 dieser Protokolle vorliegen, von jedem der beiden untersuchenden Ärzte zwei, das Zweite muss bei primärer Hirnschädigung nach mind. 12 Stunden wiederholt worden sein, bei sekundärer Hirnschädigung nach mind. 72 Stunden wiederholt worden sein (bei Kindern unter 2 Jahren 24 bzw. 72 Stunden).

Hirntoddiagnostik in der Kritik

Am 18.2.2014 erschien in der Süddeutschen Zeitung der Artikel "Ärzte erklären Patienten oft fälschlich für hirntot".
Hierauf reagierte die DSO am 18.2.2014 mit einer Pressemitteilung. Darin erklärt der Vorstand der DSO, Dr. Rainer Hess: "Der Generalverdacht, die Hirntoddiagnostik in Deutschland sei häufig fehlerhaft, ist nicht gerechtfertigt".

Österreich

http://www.goeg.at/cxdata/media/download/empfehlungen_hirntoddiagnostik.pdf

http://www.goeg.at/cxdata/media/download/empfehlungen_todesfeststellung_kreislaufstillstand.pdf

Schema der Hirntoddiagnostik - A

Konventioneller Ablauf (2013) A-HTD13a.jpg Hirntoddiagnostik bei Vorliegen hoch dosierter Medikation von zentral nervös wirksamen Substanzen (ZWS) (2013) A-HTD13b.jpg

Protokoll der Hirntoddiagnostik (A)

A-Proto13a.jpg

Schweiz

Klinische Diagnostik

Die klinische Diagnostik erfolgt gemeinsam durch zwei Ärzte (Vier-Augen-Prinzip). Einer der Untersucher darf nicht direkt in die Betreuung des Patienten involviert sein. Beide den Tod diagnostizierenden Ärzte müssen eine entsprechende Qualifikation aufweisen (siehe Kap. 2.4. der SAMW-Richtlinie).

  • Liegt ein klarer Grund für den Funktionsausfall des Gehirns vor und sind die Umstände und Modalitäten gemäss Anhang 6 der SAMW-Richtlinie berücksichtigt, beschränkt sich die Diagnostik auf die klinischen Zeichen.
  • Ist der Funktionsausfall des Gehirns durch die in der Bildgebung nachgewiesene strukturelle Schädigung nicht hinreichend erklärt, können potentiell reversible Faktoren als Mitursache nicht ausgeschlossen oder können die Funktionen der Hirnnerven klinisch nicht untersucht werden, muss die Abwesenheit der zerebralen Durchblutung mit einer geeigneten Zusatzuntersuchung nachgewiesen werden.
    Dafür können die nachfolgenden Verfahren angewendet werden:
    • transkranielle Doppler- oder Farbduplexsonografie
    • Computertomographische Angiographie (CTA)
    • intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie (IA-DSA)
    • Magnetresonanztomographie und -angiographie.

Schema der Hirntoddiagnostik (CH)

CH-Schema11.jpg

Protokoll der Hirntoddiagnostik (CH)

CH-Proto11.jpg

Sonstiges

DCD

In Österreich und der Schweiz ist DCD möglich.

o - D/A/CH

Kritik an der Hirntoddiagnostik

Hirntoddiagnostik sei Folter

Heike Braun veröffentlichte auf ihrer Internetseite, wie unzumutbar die Hirntoddiagnostik sei:[5]

Die klinische Hirntod-Diagnose an noch lebenden Patienten ist ein schmerzhafter Prozeß. Es ist ein Eingriff, der nicht dem Wohle des Patienten, sondern in der Regel der Organbeschaffung dient. Die klinische Untersuchung – und nur diese ist vorgeschrieben – sieht u. a. vor:
  • Eine Provokation der Augenhornhaut mit einem Gegenstand
  • Stechen in die Nasenwand
  • Reizen des Rachenraums mit einem Gegenstand
  • Setzen eines heftigen Schmerzes zur Reizung von Reflexen
  • Reizung des Bronchialraums durch Absaugkatheter
  • festes Drücken der Augäpfel
  • Gießen von Eiswasser in die Gehörgänge.

Georg Meinecke führt die gleichen Gründe auf:[6]

Mediziner, die die 'Hirntod'-Diagnose stellen, vollziehen am Patienten zuvor eine schmerzhafte Prozedur. Diese diagnostischen Maßnahmen dienen in der Regel lediglich der geplanten Organentnahme, nicht dem therapeutischen Wohl des Patienten. (s. Video )

Die klinische Untersuchung sieht u.a. vor: Eine Provokation der Augenhornhaut mit einem Gegenstand, Stechen in die Nasenwand, Reizen des Rachenraums mit einem Gegenstand, Setzen eines heftigen Schmerzes zur Reizung von Reflexen, Reizung des Bronchialraumes durch Absaugkatheter, festes Drücken der Augäpfel, Gießen von Eiswasser in die Gehörgänge.

In D/A/CH schreiben die Hirntodprotokolle die Reihenfolge der klinischen Diagnostik vor. Darin wird immer mit den einfachen Reizen (Licht in die Pupillen) begonnen und schrittweise zu immer schwereren Reizen bis zum Apnoe-Test vorgearbeitet. Tritt bei einem dieser Tests eine Reaktion auf, ist der Hirntod widerlegt. Die klinische Diagnostik wird nicht weiter fortgesetzt.
Auf diese Art ist sichergestellt, dass ein (noch) nicht hirntoter Patient maximal einen Schmerz erfährt. In wie weit er diesen bewusst wahrnimmt, ist ungewiss. - Hirntote hingegen können keinen dieser Schmerzreize bewusst wahrnehmen, da ihr Bewusstsein erloschen ist.
Der direkte wie auch der indirekte Vorwurf, dass Hirntoddiagnostik Folter sei, muss damit entschieden zurückgewiesen werden.

Eiswasser

Auch Zeitungen führen das Eiswasser auf: Niklas Molter in seinem Artikel "Augsburger Arzt hält Diagnose für 'sicher': Wann ist der Mensch hirntot?" in "Augsburger Allgemeine" vom 20.2.2014:[7]

Getestet werden Reflexe (ob sich die Pupillen bei Lichteinfall bewegen oder die Augen reagieren, wenn man das Ohr mit Eiswasser spült), unter anderem auch der Atemantrieb.

Gabriele Goettle schrieb in ihrem Artikel "Letzte Zuckungen" in taz vom 27.12.2005:[8]

Der Körper des Komapatienten wird sehr aggressiv herausgefordert bei der Suche nach Reaktionen - also nach 'Todeszeichen' -, es wird eine sehr lange Nadel in die Nasenwand gestochen, in den Trigeminusnerv, es wird Eiswasser in die Ohren gespült, es wird mit einem Tubus im Rachen hin und her geschoben … der Komapatient wird zweimal dieser Untersuchung unterworfen.

Anhang

Hinweis

Auf dieser Seite fehlen noch eine Reihe von Bildern, die das Ergebnis der Untersuchung darstellen. Ich würde mich sehr freuen, wenn hier bald zu allen Untersuchungen aussagekräftige Bilder zur Verfügung gestellt werden können.
Wer entsprechende Bilder und die dazugehörigen Rechte besitzt, darf mir diese Bilder gerne hier unter Creative Commons CC-by-sa zur Verfügung stellen. Nehmen Sie hierzu mit mit Kontakt auf unter Impressum.

Siehe auch:

Fehldiagnosen

Quellen

Anmerkungen

Constanin Doumat legte im Jahre 2005 in Münster seine Dissertation "Diagnostik des Hirntodes im internationalen Vergleich" "zur Erlangung des doctor medicinae" vor. Dabei vergleicht er die Hirntoddiagnostik aus 24 Ländern der Erde und beschreibt diese kurz. - Was zunächst auffällt, eine zusammenfassende Tabelle fehlt. Zu Österreich fehlt, dass der bereits 1997 geforderte Atropin-Test fehlt. [9]

  1. Bei Kindern unter 2 Jahren sind es mind. 24 Stunden, bei Neugeborenen mind. 72 Stunden.
  2. Für Kinder unter 2 Jahren und Neugeborenen sowie bei besonderen Situationen sind ergänzende Untersuchungen durch apparative Diagnostik vorgeschrieben. Um die Wartezeit zu verkürzen, muss eine ergänzende Untersuchung hinzugenommen werden.
  3. Bei der HTD muss der zeitlicher Abstand zwischen 1. und 2. klinischen Diagnostik bei primärer Hirnschädigung mind. 12 h und bei sekundärer Hirnschädigung mind. 72 h betragen. Diese Wartezeit kann durch eine apparative Diagnostik verkürzt werden.
  4. Beim Hirntod sind die Hirnstammreflexe nicht nur vorübergehend ausgefallen, sondern unumkehrbar.
  5. Colleen S. Burns wurde im Jahre 2009 nach einer Überdosis Medikamente (Drogen?) in ein New Yorker Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte warteten nicht ab, bis der Körper diese Stoffe abgebaut hatte und deren Wirkung nachgelassen hatte, sondern führten zu früh eine Hirntoddiagnostik durch. Damit stellten sie fälschlicher Weise einen Hirntod fest, der nicht vorlag. Colleen S. Burns hatte der Organspende zugestimmt. Daher wurde sie auf die Organentnahme vorbereitet. Bevor es jedoch dazu kam, schlug sie die Augen auf. - Die Klinik wurde im Jahre 2012 wegen dieser schlampigen Hirntoddiagnostik zu einer Geldstrafe von umgerechnet 17.000 Euro verurteilt.
    Dieses Beispiel zeigt deutlich auf, wie wichtig die ordentliche Abklärung der Voraussetzungen bei der Hirntoddiagnostik ist.
  6. unter Trigeminusneuralgie leidende Patienten berichten über einseitige, plötzlich auftretende, heftigste Schmerzen, die wenige Sekunden anhalten. Die Schmerzen erreichen auf einer Schmerzskala von 1-10 in der Selbsteinschätzung durch den Patienten fast immer den höchsten Wert. (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Nervus_trigeminus#Trigeminusneuralgie
  7. Dieser Grenzwert gilt für D/A/CH. - pCO2 von 60 mmHg gilt als sehr großer Anreiz zur Auslösung der Spontanatmung. Was dieser Wert bedeutet, soll diese kurze Liste aufzeigen:
    • Bei pCO2 von unter 35 mmHG wird von Hypokapnie gesprochen, d.h. der Patient hat zu wenig CO2 im Blut.
    • Bei pCO2 von über 40 mmHG wird von Hyperkapnie gesprochen, d.h. der Patient hat zu viel CO2 im Blut..
    • Bei pCO2 von über 60 mmHG droht die CO2-Narkose.
    Siehe hierzu auch:
  8. Gehirnblutung, Schädelhirntrauma, Herzstillstand, Hirninfarkt und die anderen zum Hirntod führenden Ursachen.
  9. Hierbei wird den Ärzten unterstellt, dass sie darum bemüht seien, möglichst viele Hirntote zu "produzieren", um möglichst viele Organe transplantieren zu können.
  10. Unsere Atemluft besitzt rund 78% Stickstoff und 20% Sauerstoff. Wenn wir dauerhaft einer Luft mit nur 2% Sauerstoff ausgesetzt werden (dies ist 10% des Normalwertes), so ersticken wir. Wenn das Gehirn mit nur 10% der Normalmenge durchblutet wird, so "erstickt" das Gehirn.
  11. In den einzelnen Schlafphasen sind unterschiedliche Muster des EEG´s erkennbar: Thetawellen (4 bis 7 Hz), Deltawellen (0,1 bis 4 Hz).
  12. Ab 85 dB entstehen bei langfristiger Einwirkung Gehörschäden. In einer Diskothek oder 1 m neben einem Presslufthammer sind etwa 100 dB. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Lautst%C3%A4rke Zugriff am 25.3.2014.
  13. Dies ist bei Autorennen deutlich hörbar: Fährt der Rennwagen auf einen zu, ist der Ton des Motors höher, fährt er von einem weg, ist der Ton des Motors niederer. - Bei sehr großen Geschwindigkeiten wird der Effekt so groß, dass er sogar Einfluss auf das Licht hat. So entdeckte Vesto Slipher bei seinen ab 1912 durchgeführten Beobachtungen von Galaxien eine Rotverschiebung. Edwin Hubble entdeckte im Jahre 1929 den Zusammenhang der Rotverschiebung und der Entfernung der Galaxien und führte dies auf eine Ausdehnung des Universums (kosmologische Expansion) zurück. Je weiter sich eine Galaxie von uns entfernt ist, desto große ist die Rotverschiebung. Dies wird "Hubble-Konstante" genannt.
  14. Einige Ärzte, wie z.B. Sabine Müller, fordern für die Feststellung des Hirntods modernste Techniken, so z.B. auch PET. (siehe: http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/article/608610/sicher-derzeitige-diagnostik-des-hirntodes.html). Dabei spielt es bei der Hirntoddiagnostik keine Rolle, ob die Nichtdurchblutung des Gehirns 2- oder 3-dimensional dargestellt wird. 3-dimensional ist nur aufwändiger und kostspieliger (eine Ganzkörper-PET kostete im Jahr 2008 rund 1.100 €), bringt jedoch für die Hirntoddiagnostik keinen informativen Vorteil.
  15. Die medizin-technische Erklärung wird auf der Seite der Hirntoddiagnostik gegeben. Hier geht es nur um einen kurzen Überblick, der das Ausmaß der Vorschriften aufzeigen soll, der klar machen soll, dass bei der Hirntoddiagnostik nicht irgendwie vage gearbeitet wird, sondern sehr gewissenhaft und genau - damit auch sehr sicher.

Einzelnachweise