Archie Battersbee

Am 7.04.2022 fand Hollie Dance ihren Sohn Archie bewusstlos und mit einer Schlinge um den Hals vor. Sie geht davon aus, dass ihr Sohn das Bewusstsein verlor, als er an einer „TikTok-Challenge“ teilnahm. Archie wurde umgehend in das Royal London Hospital eingeliefert.

Die Darstellung

Textfassung 1: Focus (20.07.2022): "Noch schlägt sein Herz im Koma. Doch Ärzte des Royal London Hospitals wollen Archie Battersbee sterben lassen, da der 12-Jährige als hirntot gilt. Seine Familie glaubt an Heilung, was Prozesse in mehreren Instanzen auslöste."

Textfassung 2: RTL (21.07.2022): "Nach einem Gerichtsurteil des britischen High Court vom vergangenen Freitag (15.07.) sollen die Maschinen, die den zwölfjährigen, hirntoten Archie Battersbee am Leben erhalten, abgestellt werden."
"Archies getrennt lebende Eltern bekommen von der Organisation Christian Legal Centre Unterstützung in der rechtlichen Auseinandersetzung. Seit Mitte Mai wird zudem auf einer Gofundme-Seite Geld gesammelt, zunächst um medizinische Tests oder Behandlungen zu bezahlen. Inzwischen wird das Geld nach Angaben der Initiatorinnen auch für die juristische Auseinandersetzung verwendet. Die ursprünglich angepeilten 20.000 Britische Pfund sind längst überschritten, viele der Spenderinnen und Spender äußern ihr Mitgefühl mit der Familie und ermutigen diese, weiterzukämpfen."

Textfassung 3:

Die Recherche

20min (15.05.2022): " «Es ist nur fünf Wochen her, ich habe länger gebraucht, um mich von einer Erkältung zu erholen», meinte Hollie Dance am Freitag, als sie erfuhr, dass ein Richter eine Untersuchung von Archies Hirnstamm für die darauffolgende Woche angeordnet hat. Damit soll festgestellt werden, ob das Kind als hirntot einzustufen ist, wie BBC berichtet."

ntv (06.07.2022): "Anfang Juni 2022 erläuterte ein nicht namentlich genannter Spezialist aus dem ärztlichen Team die aktuelle Einschätzung eines zuvor erfolgten Gehirn- und Wirbelsäulenscans. Demnach ist der untere Teil des Hirnstamms von Archie Battersbee erheblich geschädigt, der obere Teil sei ebenfalls geschädigt. Archies Prognose sei 'sehr ernst' und die Heilungschancen 'sehr gering'."

BBC (15.07.2022): "Doctors asked to conduct a brain stem death test, but Archie's family denied consent leading the trust to bring a case at the High Court in London for permission for the test to be carried out." (Die Ärzte baten darum, einen Hirntodtest durchzuführen, aber Archies Familie verweigerte die Zustimmung, was dazu führte, dass der Trust beim High Court in London einen Fall zur Genehmigung der Durchführung des Tests einreichte.)

BBC (22.07.2022): "High Court judge Mrs Justice Arbuthnot initially considered the case in June and concluded Archie had already died. The case went back to the High Court for a second time following an appeal." (Die Richterin am High Court, Frau Justice Arbuthnot, prüfte den Fall zunächst im Juni und kam zu dem Schluss, dass Archie bereits gestorben war . Nach einer Berufung ging der Fall ein zweites Mal an den High Court zurück.)

Fazit

In Großbritannien gilt der Hirnstammtod. Damit ist es in sehr seltenen Fällen möglich, dass ein gewisser Anteil von Bewusstsein noch vorhanden ist, obwohl der Hirntod diagnostiziert wurde. Eine Rückkehr ins normale Leben ist damit aber ausgeschlossen. Wie andere Hirntote erleiden auch diese trotz intensivmedizinischer Behandlung nach Wochen oder Monaten den irreversiblen Herzstillstand, ohne dass es zuvor eine Besserung gegeben hat.

Wenn auch der Begriff "Brain deat" (Hirntod) verwendet wird, so ist der britische Hirntod als Hirnstammtod nicht mit dem in D/A/CH verwendete Begriff Hirntod gleichzusetzen. In D/A/CH würde - nach den vorliegenden Informationen - Archie Battersbee nicht als hirntot gelten.

Nach den bisher recherchierten Artikeln ist unklar, ob a) an Archie eine HTD durchgeführt wurde und ob b) diese als Ergebnis den Hirntod - in England den Hirnstammtod - festgestellt hat. Solange keine HTD den Verdacht auf Hirntod bestätigt hat, sollte nicht vom Hirntod gesprochen werden.

Offensichtlich benötigen in England die Ärzte von den Angehörigen für die Durchführung der HTD eine Erlaubnis.
In Deutschland ist es gesetzliche Pflicht der Ärzte, den Tod eines Menschen festzustellen, somit auch den Hirntod. Daher kann es in Deutschland diese Situation auch um die Durchführung der HTD gar nicht geben.

Der Fall Archie Battersbee ist somit aus zweierlei Gründen nicht auf Deutschland zu übertragen:

1. In England benötigen die Ärzte offensichtlich von den Angehörigen eine Erlaubnis zur Durchführung der HTD, in Deutschland nicht.
2. In England gilt der Hirnstammtod, in D/A/CH der Gesamthirntod.

In keinem der bisher recherchierten Artikel ist auch nur auf einen dieser beiden Punkte hingewiesen.

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