Analgetika

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Allgemeines

Ein Analgetikum (Plural Analgetika], Schmerzmittel) ist ein Stoff, der schmerzstillend (analgetisch) wirkt. Im Idealfall unterdrückt er die Schmerzempfindung, ohne das Bewusstsein, die sensorische Wahrnehmung und andere wichtige Funktionen des Zentralnervensystems (ZNS) zu beeinflussen bzw. die Leitung von Aktionspotentialen in afferenten Nervenfasern zu unterdrücken. Analgetika werden wirkmechanistisch von anderen zur Schmerzausschaltung verwendeten Stoffen, wie Anästhetika und Lokalanästhetika, abgegrenzt. Sie zählen zu den am häufigsten verwendeten Arzneimitteln und werden oft unkontrolliert und teilweise missbräuchlich eingenommen.

Die Bekämpfung chronischer Schmerzen sind schwierige und vordringliche Aufgaben. Die moderne Therapie des Schmerzes stützt sich auf drei Säulen:[1]

  • Pharmakotherapie (z.B. Analgetika, Lokalanästhetika, Psychopharmaka),
  • Methoden der physikalischen Medizin (z.B. Wärme, Kälte, aktive Physiotherapie),
  • psychologische und psychiatrische Therapie (z.B. Gespräch, mentales Training).

Narkotische Analgetika werden "Opiate" genannt, wenn sie aus Opium stammen, so z.B. Morphin und Codein. Die synthetischen Verwandten der Opiate werden als "Opioide" bezeichnet. Sie aktivieren wie die körpereigenen Opioide vor allem Opiat-Rezeptoren im ZNS. - Daneben gibt es im Rückenmark und der Peripherie wirkende Analgetika. Sie wirken alle auch fiebersenkend und werden daher "antipyretische Analgetika" genannt. Alle Wirkstoffe dieser Gruppe hemmen die Synthese der an der Schmerzentstehung beteiligten Prostaglandine.[2]

Die Unterscheidung in zentral und peripher wirkenden Analgetika kann nicht aufrecht erhalten werden.[3]

WHO-Stufenschema

Für die Tumor-Schmerztherapie gibt es von der WHO ein Stufenschema:[4]

  • Stufe I = Nichtopioide Analgetika
    z.B. Metamizol, Parcetamol, NSAID
  • Stufe II = Schwache Opiate (+) nichtopioide Analgetika
    z.B. Dihydrocodein, Tramadol, Tilidi, (+) Stufe 1
  • Stufe III = Starke Opiate (+) nichtopioide Analgetika
    z.B. Morphin, Methadon (+) Stufe 1

[5]


Wirkungsweisen

Andreas Michael Viehöfer schrieb im Jahr 2001: "Auch nach mehr als 150 Jahren klinischer Anästhesie sind die Wirkungsmechanismen der zur Narkose eingesetzten Pharmaka weitgehend ungeklärt."[6]

Die Wirkungsweisen von Analgetika beruhen auf den drei Grundzuständen der Natriumkanäle der Zellen: a) geschlossen aktivierbar, b) offen aktiviert und c) geschlossen inaktiviert.[7]

Viehöfer konnte 2001 nachweisen, dass die Leitfähigkeitsblockade von Methohexital auf den menschlichen ZNS-Natriumkanal im Wesentlich auf zwei unterschiedliche Einzeleffekten beruht: [8]

  1. . Aus der dosisabhängigen Reduktion der zeitgemittelten Einzelkanalamplitude
  2. . Aus der Abnahme der zeitgemittelten fraktionellen Offenzeit, verursacht durch vermehrtes Auftreten von schnellen Schließereignissen.

Etwa zwei Drittel des Gesamteffekts werden über die Reduktion der Amplitude, der Reset über die Reduktion der fraktionellen Kanaloffenzeit induziert.

Fentanyl führt dosisabhängig zum vermehrten Auftreten von sowohl schnellen als auch länger anhaltenden Schließereignissen der Natriumkanäle im ZNS und zu einer Reduktion der Kanalamplitude. Sowohl die Anzahl wie auch die Dauer der Schließereignisse nahm mit steigender Dosierung von Fentanyl zu. Die beiden Effekte sind prozentual fast gleichwertig anteilig am Gesamteffekt.[9]

Viehöfer konnte 2001 nachweisen, dass die Kombinationvon Methohexital und Fentanyl eine höhere Wirkung zeigt, als wenn man die Wirkung der beiden Analgetika einzeln suftrahiert. Dabei spricht der menschliche Körper auch deutlich früher auf Fentanyl an.[10] "Eine Kombination der Medikamente Methohexital und Fentanyl zeigt sowohl für die Einzellkanalamplitude als auch auf die fraktionelle Offenzeit und somit auf die zeitgemittelte Einzelkanalleitfähigkeit synergistische Effekte. bei rein additivem Effekt der beiden Medikamente hätte die Conductance von einem Kontrollwert von 24,2 pS legiglich auf 16,4 pS absinken dürfen. Der tatsächliche Wert dieser Versuchsreihe lag jedoch bei 8,8 pS. Dies macht den supraadditiven Effekt der Medikamentenkonzentration deutlich."[11]



Geschichte der Analgetika

Bereits die Sumerer wussten, dass beim Anritzen der Fruchtkapsel des Schlafmohns ein Saft austritt, der an der trockenen Luft zu einem hochwirksamen Harz erstarrt - das Opium. Es diente bis ins 19. Jh. als eine Art Allheilmittel. Galen beklagte die Verwendung von opiumhaltigen Arzneistoffe, die gelegentlich zum Atemstillstand führten. Erst durch Isolierung des Morphins durch Sertürner zu Beginn des 19. Jh. erfolgte eine wissenschaftlich fundierte Anwendung.[12]

"Der Gebrauch von Opium für medizinische und nichtmedizinische Zwecke ist 6000 Jahre alt. Während dieser Zeit hat es immer wieder Gruppen gegeben, die in großem Umfang den oralen Gebrauch von Opium als Genussmittel praktizierten, ohne dass daraus wesentliches Gesundheitsschäden oder soziale Probleme resulterten. Erst im 18. Jahrhundert entwickelte sich in China das Rauchen von Opium zum sozialen Problem (schnelle Resorption durch die Lunge im Gegensatz zur langsameren und unvollständigen Resorption bei oraler Zufuhr). In Europa schufen die Entwicklung der Injektionsspritze und dei Reindarstellung des Morphins die Grundlagen für dessen gezielten Einsatz als Analgetikum. Aber damit traten auch die ersten Fälle psychischer und physischer Abhängigkeit auf, vor allem im Gefolge der Kriege des 19. Jahrhunderts."[13]




Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 33.
  2. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 33.
  3. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 34.
  4. A. Beyer: Tumroschmerz. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 122.
  5. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 122.
  6. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 7.
  7. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 10.
  8. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 39.
  9. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 41.
  10. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 53-55.
  11. Andreas Michael Viehöfer: Molekulare Effekte von Fentanyl und Methohexital auf Natriumkanäle menschlicher Gehirn-Cortex Zellen. (med. Diss.) Bonn 2001, 58.
  12. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 35.
  13. K. Brune: Natkotische Analgetika. In: K. Brune, A. Beyer, M. Schäfer (Hg.): Schmerz. Pathosphsiologie - Phamakologie - Therapie. Berlin 2001, 44.