Bremen (2014)
Die Berichterstattung
Am 11.1.2015 berichtete Christina Berndt in der Süddeutsche Zeitung:
Schwere Panne bei Organ-Entnahme Erst in letzter Minute fiel auf, dass der Nachweis fehlte: In einem norddeutschen Krankenhaus wurde ein Mensch ohne die vorgeschriebenen Untersuchungen zum Hirntoten erklärt. Beinahe hätte man ihm Spenderorgane entnommen. |
Am 11.1.2015 berichtete n24 im Internet:
Schwere Panne bei Organ-Entnahme In einem Krankenhaus bei Bremen wurde ein Mensch ohne die vorgeschriebenen Untersuchungen als hirntot erklärt. Beinahe hätte man ihm Spenderorgane entnommen. Die Bauchdecke war bereits geöffnet. |
Am 11.1.2015 berichtete Roman Christian Renner unter wordpress.com:
Krankenhaus bei Bremen: Schwere Panne bei Organ-Entnahme Erst in letzter Minute fiel auf, dass der Nachweis fehlte: In einem norddeutschen Krankenhaus wurde ein Mensch ohne die vorgeschriebenen Untersuchungen zum Hirntoten erklärt. Beinahe hätte man ihm Spenderorgane entnommen.[3] |
Am 12.1.2015 berichtete retter.tv vorsichtig im Internet:
Panne bei Organentnahme: Hirntod nicht ordnungsgemäß festgestellt Wie verschiedene Medien übereinstimmend berichten, soll es bei einer Organentnahme im Dezember letzten Jahres zu einer schwerwiegenden Panne gekommen sein. Offenbar war der Hirntod des Spenders nicht ordnungsgemäß festgestellt worden. Die Organentnahme war daraufhin im letzten Moment gestoppt worden. ...[4] |
Am 12.1.2015 berichtete t-online auf ihrer Internetseite:
Ärzte brechen Organentnahme ab Wieder gibt es Diskussionen um die Organspende. Ärzte mussten eine Organentnahme stoppen. Die Dokumentation der Hirntod-Diagnose war nicht ganz korrekt.[5] |
Am 12.1.2015 berichtete n-tv.de auf ihrer Internetseite:
Panne bei Organspende: Ärzte stellen fälschlicherweise Hirntod fest Ein neuer Organspendeskandal kündigt sich an. Offenbar diagnostizierten Ärzte verfrüht den Hirntod eines Patienten. Die anschließende Organentnahme wird in letzter Minute gestoppt. |
Am 12.1.2015 veröffentlichte die BÄK zu dem Vorfall eine Stellungnahme. Siehe unten.
Am 14.1.2015 berichtete radiobremen auf ihrer Internetseite:
Frau vor abgebrochener Organentnahme hirntot Die Patientin, der im Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide Organe entnommen werden sollten, war vor der Operation hirntot. Untersuchungen hätten ergeben, dass alle Hirnfunktionen erloschen waren, teilte die Prüfungs- und Überwachungskommission von Deutscher Krankenhausgesellschaft, Bundesärztekammer und den Krankenkassen mit. Unabhängig davon sei die Dokumentation unzulänglich gewesen.[7] |
Am 16.1.2015 berichtete die ÄrzteZeitung auf ihrer Internetseite:
Zwei Koordinatoren - zwei Ergebnisse? ... Ein Wechsel der DSO-Koordinatoren während der Organentnahme könnte nach Informationen der "Ärzte Zeitung" die Probleme bei einer Organtransplantation in Bremerhaven verursacht haben. |
Am 16.1.2015 berichtete onmeda.de auf ihrer Internetseite:
Diagnosefehler: Organspende gestoppt ... Im Klinikum Bremerhaven musste Anfang Dezember 2014 eine Organentnahme (Explantation) gestoppt werden, nachdem Unregelmäßigkeiten bei der Hirntod-Diagnose der Spenderin aufgefallen waren. ... Wie die Überwachungskommission für Transplantationen versichert, sei die Patientin vor der Entnahme zweifelsfrei hirntot gewesen. Man habe aber "Unzulänglichkeiten in der Dokumentation festgestellt, die zu Unsicherheiten bei den Beteiligten und schließlich zum Abbruch der Organentnahme geführt haben". Auch ein Sprecher des Bremer Gesundheitssenators spricht lediglich von "formalen Mängeln". |
Am 16.1.2015 berichtete Simone Schnase in taz.de:
Übertriebene Panikmache Wegen Dokumentationsfehlern in einem Bremerhavener Klinikum wurde eine Organentnahme gestoppt. Fest steht aber: Die Patientin war hirntot |
Am 16.1.2015 gab die DTG eine "Stellungnahme es Vorstandes der DTG zu den Vorgängen vor einer geplanten Organentnahme in Bremerhaven" ab. Darin heißt es:[11]
Die DTG weist in diesem Zusammenhang auf die klare und vom Gesetzgeber bewusst vorgenommene Trennung der Aufgaben bzgl. der Hirntoddiagnostik (Entnahmekrankenhaus), Koordination der Organspende (DSO, Deutsche Stiftung Organspende), Organvermittlung (ET, Eurotransplant) und Organtransplantation (Transplantationszentren) hin. Als medizinische Fachgesellschaft vertritt die DTG die jenigen Transplantationsmediziner, die sich um die Bereiche Wartelisten, Transplantation und Nachsorge kümmern. Dazu zählt allerdings nicht eine Zuständigkeit für Fragen der Hirntodfeststellung. Diese Trennung dient nicht nur der Regelung von Zuständigkeiten sondern vor allem der Vermeidung von Interessenkonflikten. |
Damit distanziert sich die DTG von der Feststellung des Hirntods. Sie muss jedoch zugestehen, dass es in Bremen ein Entnahmechirurg war, der den Hirntod angezweifelt hatte. Damit steht die DTG sehr wohl in der Kritik, weil sie der vorausgegangenen Feststellung "Hirntod" nicht geglaubt hat. - Dass im Vorfeld etwas[Anm. 2] nicht vorschriftsmäßig gelaufen war, ist ein anderes Thema. Es kann nicht Aufgabe des Entnahmechirurgen sein, die Hirntoddiagnostik anzuzweifeln.
Am 20.1.2015 veröffentlichte die Internetseite aufwachen2014.blogspot.de:
Panne bei Organ-Entnahme – ist ein Hirntoter tot? ... So weit die Süddeutsche Zeitung. Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen nicht, ob dies das erste Mal war, dass solch ein Fehler vorgekommen ist. Dieser Vorfall macht aber erneut die sehr komplexe Problematik der Hirntod- Diagnostik deutlich. In diesem Fall wurde der Hirntod nicht korrekt nachgewiesen. Deshalb stellt sich erneut die ganz grundsätzliche und offenbar höchst brisante Frage: Wie sicher ist die Hirntoddiagnostik bei der Organtransplantation? Ist ein hirntoter Patient auch tatsächlich tot? ...[12][Anm. 3] |
Ohne Datum und Name liest sich auf der Internetzeitung http://www.wir-zeitung.com/?p=123493 :
Organopfer: Krankenhaus beginnt Organentnahme-OP ohne Hirntodfeststellung Krankenhaus bei Bremen - Schwere Panne bei Organ-Entnahme |
Dazu gibt es noch ein Plakat mit der Aufschrift "Organspende kann tödlich sein".
"Zu diesem Zeitpunkt war die Bauchdecke der Patientin schon geöffnet worden."[14]
Die Fakten
Am 12.1.2015 veröffentlichte die BÄK auf ihrer Internetseite hierzu ein Statement:
Statement der Prüfungs- und der Überwachungskommission zur Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung über eine vermeintlich zweifelhafte Hirntoddiagnostik in einem norddeutschen Krankenhaus Prüfungs- und Überwachungskommission, in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und GKV Spitzenverband, haben nach eingehender Analyse einer in Frage gestellten Hirntoddiagnostik in einem norddeutschen Krankenhaus auch unter Hinzuziehung weiterer unabhängiger Expertise festgestellt, dass die Organspenderin vor geplanter Organentnahme hirntot war. |
Am 23.01.2015 erschien im Deutschen Ärzteblatt ein Artikel zu dem Vorfall. Darin wird die Überwachungskommission mit den Worten zitiert:[16]
Wir stellen ausdrücklich klar, dass der Apnoetest, dessen Durchführung in diesem Fall nicht die Vorgaben der Richtlinie zur Feststellung des Hirntods erfüllte, nicht als Dokumentationsfehler gewertet wurde. In den Richtlinien heißt es auch mit Bezug auf den Apnoetest: ,Die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome kann – außer durch die Verlaufsbeobachtung – alternativ nachgewiesen werden durch Null-Linien-EEG oder Erlöschen evozierter Potentiale oder zerebralen Zirkulationsstillstand’. Eine solche Untersuchung ist in Bremerhaven vorgenommen worden. |
Apnoe-Test
In Bremen wurde bei der HRD der Apnoe-Test bei 58 mm HG CO2 abgebrochen, obwohl 60 mm HG in der Richtlinie gefordert war. Dennoch wurde hier Hirntod bescheinigt.[17] Zwischen der HTD auf der Intensivstation und dem Beginn der Organentnahme im OP-Saal war bei den DSO-Koordinatoren Schichtwechsel. Der neue Koordinator sah in den Protokollen den Wert von 58 mm HG eingetragen und blies damit bevorstehende Organentnahme mit der Begründung ab, dass der Hirntod nicht korrekt festgestellt worden sei. Die DSO hat den Fall der Überwachungskommission gemeldet. - Für die Hirntote, es soll sich um ein Unfallopfer gehandelt haben, hatte "schon zu Lebzeiten formulierter Wunsch, nach ihrem Hirntod anderen Menschen mit ihrem Herzen oder ihrer Leber ein nicht zu bezahlendes Geschenk zu hinterlassen. Dieser Wunsch erfüllte sich wegen unglücklicher Pannen nicht."[18]
Ende 2015 veröffentlichte die Prüfungs- und Überwachungskommission der BÄK ihren Bericht: Die Frau war sicher hirntot, aber der CO2-Wert von 60 mm HG konnte aus medizinischen Gründen nicht erreicht werden.[19]
siehe: Fehldiagnose#Bremen.2C_Dezember_2014
Am 17.01.2015 veröffentlichte Andreas Rahn den Beitrag: "Grenzwerte aus wissenschaftlicher Sicht"[20]
Ein gemessener PCO2-Wert von 60 liegt aus wissenschaftlicher Sicht bei einer Fehlertoleranz von 5% mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 60 - 5% (also 57) und 60 + 5% (also 63).
Für einen Wert von 58 gilt Entsprechendes. |
Anhang
Anmerkungen
- ↑ Dr. Andreas Rahn schrieb am 17.1.2015 hierzu einen Leserkommentar:
"Grenzwerte aus wissenschaftlicher Sicht
Ein gemessener PCO2-Wert von 60 liegt aus wissenschaftlicher Sicht bei einer Fehlertoleranz von 5% mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 60 - 5% (also 57) und 60 + 5% (also 63).
Für einen Wert von 58 gilt Entsprechendes.
Gemessene Werte von 58 und 60 sind bei einer Fehlertoleranz von 5% aus wissenschaftlicher Sicht somit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wirklich verschieden.
Diese Verhältnisse sollte man bei der Festlegung von Grenzwerten vorher bedenken. Oder anders herum: macht es überhaupt Sinn, für die Feststellung des Hirntodes derartige Grenzwerte festzulegen?
Aus wissenschaftlicher Sinn wird man das bezweifeln können, es bleibt das Problem, wie man es so hinbekommt, dass mehrere Ärzte zu denselben Ergebnissen kommen (auch das wird man nie zu 100% hinbekommen...).
Es bleibt also schwierig. Aber bedenken muss man das - und zwar bevor man solche Kriterien festlegt. Sonst darf man sich nicht wundern, wenn bei 58 abgebrochen wird, was erst ab 60 zulässig ist." - ↑ Die Untersuchungskommission stellte fest, dass Hirntod vorlag, wenngleich bei der Feststellung des Hirntods etwas nicht vorschriftsmäßig gelaufen ist. Dieses konnte bisher nicht lückenlos recherchiert werden.
- ↑ Hier wurde die Meldung gleich dafür verwendet, den Hirntoten als Lebenden darzustellen.
Einzelnachweise
- ↑ http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/krankenhaus-bei-bremen-schwere-panne-bei-organ-entnahme-1.2298079 Zugriff am 4.8.2015.
- ↑ http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Panorama/d/5974588/schwere-panne-bei-organ-entnahme.html Zugriff am 4.8.2015.
- ↑ https://organosinfo.wordpress.com/2015/01/12/schwere-panne-bei-organ-entnahme Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.retter.tv/de/weitere-organisationen.html?ereig=-Panne-bei-Organentnahme-Hirntod-nicht-ordnungsgemaess-festgestellt-&ereignis=28870 Zugriff am 4.8.2015.
- ↑ http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/justiz/id_72465684/organspende-skandal-schwere-panne-in-bremerhavener-klinik.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.n-tv.de/panorama/Aerzte-stellen-faelschlicherweise-Hirntod-fest-article14302796.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.radiobremen.de/wissen/nachrichten/organspende-abgebrochen100.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/organspende/article/877170/zwischenfall-organentnahme-zwei-koordinatoren-zwei-ergebnisse.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.onmeda.de/g-medizin/diagnosefehler-organspende-gestoppt-3774.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.taz.de/!5023622 Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://d-t-g-online.de/images/PM_DTG_16.01.2015.pdf Zugriff am 19.2.2015.
- ↑ http://aufwachen2014.blogspot.de/2015/01/panne-bei-organ-entnahme-ist-ein.html Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.wir-zeitung.com/?p=123493 Zugriff am 4.8.2015
- ↑ https://www.n-tv.de/wissen/Regeln-fuer-Hirntod-Diagnose-sind-streng-article21928538.html Zugriff am 28.07.2020.
- ↑ http://www.bundesaerztekammer.de/presse/alt-reden-statements/aktuell/transplantation Zugriff am 5.8.2015.
- ↑ http://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=167394 Aufruf am 28.01.2017.
- ↑ Christina Berndt: Experten beklagen "Täuschung der Öffentlichkeit" (SZ 16.01.2015) Nach: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/zwischenfall-bei-hirntod-diagnose-experten-beklagen-taeuschung-der-oeffentlichkeit-1.2305479 Zugriff am 22.12.2018.
- ↑ Christina Berndt: Experten beklagen "Täuschung der Öffentlichkeit" (SZ 16.01.2015) Nach: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/zwischenfall-bei-hirntod-diagnose-experten-beklagen-taeuschung-der-oeffentlichkeit-1.2305479-2 Zugriff am 22.12.2018.
- ↑ Christian Beneker: "Hirntoddiagnostik in 99,9 Prozent aller Fälle sicher – aber die Untersucher sind es nicht …" (Medscape 02.03.2016) Nach: https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4904638 Zugriff am 22.12.2018.
- ↑ Andreas Rahn: Grenzwerte aus wissenschaftlicher Sicht. In: ÄrzteZeitung (17.01.2015). Nach: https://www.aerztezeitung.de/Politik/Zwei-Koordinatoren-zwei-Ergebnisse-236043.html Zugriff am 22.12.2018.