Hämophilie
Hämophilie (griech. haima "Blut", philia "Neigung"), auch Bluterkrankheit genannt, ist eine Erbkrankheit, bei der die Blutgerinnung gestört ist. Das Blut aus Wunden gerinnt nicht oder nur langsam. Häufig kommt es auch zu spontanen Blutungen, die ohne sichtbare Wunden auftreten. Hämophilie tritt hauptsächlich bei Männern auf. Betroffene Personen werden umgangssprachlich auch als Bluter bezeichnet.
Geschichte
In der Antike standen die Wundärzte den ständigen Nachbluten hilflos gegenüber. In der Ilias 11,844 wird zwar ein Kräuterpulver erwähnt, worunter wohl die Rhizoma Tormentillae (Blutwurz) zu verstehen ist. Doch weder die altägyptischen Papyri, noch die Keilschriften aus Ninive erwähnen das Problem der Hämophilie. Lediglich Schriften der chinesischen Ärzte der Chinong-Zeit (um 2700 v.C.) berichtet von Blut in der Bauchhöhle, das geronnen vorgefunden wurde, doch vom Dauerbluten findet sich auch dort kein Hinweis. "Der Tod nach dem Ausbluten war demzufolge auch keine Abnormalität. Und weil die Bibel im Alten Testament keine diesbezüglichen Hinweise gibt, darf mit Sicherheit angenommen werden, daß der Hämophilie vor der Zeitenweinde überhaupt keine Beachtung geschenkt wurde.[1]
Im Babylonischen Talmud (5. Jh. v.C.) findet sich ein Hinweis auf Hämophilie: {{Zitat|Sollte ein Weib seinen ersten Sohn haben beschneiden lassen und er starb, dann einen zweiten und der starb auch, so soll sie den dritten nicht beschneiden lassen.[2] Aus dieser Anweisung lässt sich schließen, dass Hämophilie, zumindest in ihren Auswirkungen, im 5. Jh. v.C. bereits bekannt war. Unterstrichen wird diese Annahme durch die im Talmud enthaltende Erklärung:
Es gibt nämlich Familien, deren Blut leichter fließt, und solche, deren Blut hart ist, was bei der Beschneidung zu beachten ist. |
Der Babylonische Talmud gibt, angesichts einer Wiederverheiratung einer Frau, einen wichtigen medizinischen Hinweis:
... wenn zwei Brüder mütterlichseits (wenn auch von verschiedenen Vätern stammend) bei der Beschneidung verstorben sind, darf der dritte Knabe nicht mehr beschnitten werden. |
Eine weitere Stelle des gleichen Babylonisichen Talmuds zeigt die gemachten Erfahrungen mit dem Tod bei der Beschneidung auf:
Vier Schwestern waren in Zipporah; die eine ließ ihr Kind beschneiden, und es starb; die zweite gleichfalls und ebenso die dritte; die vierte (die es wohl mit der Angst zu tun bekam, d. Verf.) wandte sich an den Rabbi ben Gamaliel, und er sprach: Laß es nicht beschneiden!.[3] |
Jener Rabbi Bamaliel II. wurde mit seiner einsichtigen Entscheidung in den Talmud aufgenommen. Eine weitere Textstelle bestätigt das Verbot, wonach ein Knabe nicht beschnitten werden darf, wenn zwei Naben seiner Tanten mütterlicherseits bei dem Ritual verstorben sind. "Dieses 'Darf' ist bewissermaßen ein Gesetz gegen das Gesetz, das bekanntlich zugunsten dieser Situation nicht gebrochen werden durfte."[4]
Trotz dieser Regel gegen das mosaische Gesetz, gab es noch Rabbiner, die das Gesetz höher ansahen als diese einsichtige Regel. So fand Rabbi Jochanan (um 180-179) unrühmlichen Eingang in den Talmud: Obwohl bereits 2 Knaben von 2 Schwestern der Mutter bei der Beschneidung verstorben sind, ordnete Jochanan in der Synagoge zu Maon die Beschneidung des 3. Knaben an, der daraufhin ebenfalls verstarb. Das wurde ihm von den Verfassern des Talmuds übelgenommen. Man bezichtigte ihn der fahrlässigen Tötung.[5]
Es dauerte ein ganzes Jahrtausend, bis Moses Maimonides (1135-1138) die medizinische Bedeutung aus dieser Vorschrift des Talmuds erkannte. Maimonides schloss daraus, dass die Ursache für die Hämophilie bei der Mutter liegen muss. Diese Erkenntnis schrieb er in seiner "Mischna Thora" nieder, womit er sich den Zorn vieler Rabbiner zuzog. "Ein Vorwurf, wonach er '... die Grundsätze aller Religionen ausgerechnet mit den Mitteln, mit denen er sie zu stützen meinte, untergrabe ...' konnte sich nicht lange halten. Als Maimonides 1204 starb, war sein Ruhm längst unbestreitbar, und seine Schriften wurden in Fragen um die Beschneidung für unsichere Rabbiner zu einem verläßlichen Ratgeber."[5]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Th. Mildner: Eine Gewissensfrage an Maimonides. In: Med. Klinik 67 (1972), 1092.
- ↑ Talmud babli. Sulzbacher Ausgabe 1757. Zitiert nach: Th. Mildner: Eine Gewissensfrage an Maimonides. In: Med. Klinik 67 (1972), 1092.
- ↑ Talmud babli. Sulzbacher Ausgabe 1757. Zitiert nach: Th. Mildner: Eine Gewissensfrage an Maimonides. In: Med. Klinik 67 (1972), 1092.
- ↑ Th. Mildner: Eine Gewissensfrage an Maimonides. In: Med. Klinik 67 (1972), 1093.
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