Pierre Mollaret: Unterschied zwischen den Versionen
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In den Jahren 1954 bis 1959 trugen Pierre Mollaret und [[Maurice Goulon]] die Erkenntnisse von 23 Hirntoten zusammen. Die Ergebnisse stellen sie beim Internationalen Neurologischen Treffen im Jahr 1959 vor.<ref>Solange Grosbuis: Mort cérébrale et relation avec les familles. In: Médecine de L´Homme Nr. 210, S.23. Nach: http://www.ccmf.fr/User/docs/210_txt_74261.pdf Zugriff am 1.4.2017.</ref> Von diesen 23 Hirntoten hatte einer noch 8 Tage einen Blutkreislauf, allen anderen brach der Blutkreislauf noch schneller zusammen.<ref>Dag Moskopp: Hirntod, 76.</ref> | In den Jahren 1954 bis 1959 trugen Pierre Mollaret und [[Maurice Goulon]] die Erkenntnisse von 23 Hirntoten zusammen. Die Ergebnisse stellen sie beim Internationalen Neurologischen Treffen im Jahr 1959 vor.<ref>Solange Grosbuis: Mort cérébrale et relation avec les familles. In: Médecine de L´Homme Nr. 210, S.23. Nach: http://www.ccmf.fr/User/docs/210_txt_74261.pdf Zugriff am 1.4.2017.</ref> Von diesen 23 Hirntoten hatte einer noch 8 Tage einen Blutkreislauf, allen anderen brach der Blutkreislauf noch schneller zusammen.<ref>Dag Moskopp: Hirntod, 76.</ref> | ||
Am 24.08.1962 veröffentlichte Pierre Mollaret in der Münchner medizinischen Wochenschrift den Artikel "Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod".<ref>Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1539-1545.</ref> Dabei geht Mollaret auf "die Grenzen des Erlaubten vom sozialen, juristischen und religiösen Standpunkt" ein.<ref>Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1539.</ref> Mollaret nennt zur Steuerung der künstlichen Beatmung 4 grundlegende Werte: den pH-Wert, das Gesamt-CO<sub>2</sub> im Plasma, der CO<sub>2</sub>-Partialdruck und die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins. "Außerdem kann man aus ein und derselben Blutprobe die Bestimmung der verschiedenen Elektrolyte, der Proteine, des Harnstoffs im Serum, des Blutzuckers, des Hämatokrits usw. vornehmen. So wurde es möglich, die Einstellung des Patienten leicht und wirksam zu korrigieren, während gleichzeitig der Gebrauch der eneuen Diuretika die direkte Beeinflussung von pH und CO<sub>2</sub>-Partialdruck erlaubt."<ref>Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1540.</ref> Neben der Steuerung der Atmung beschreibt Mollaret auf die Steuerung von Herz und Kreislauf sowie der neurovegetativer Funktionen.<ref>Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1540-1542.</ref> | |||
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Version vom 19. Dezember 2017, 18:33 Uhr
Pierre Mollaret (1898-1987) war ein französischer Neurologe, der sich besonders auf dem Gebiet der infektiösen Erkrankungen des Nervensystems verdient machte. 1944 beschrieb er eine wiederkehrende (rezidivierende) gutartige virale Meningitis, die als Mollaret-Meningitis seinen Namen trägt.
Im Jahr 1959 veröffentlichten Pierre Mollaret und Michel Goulon auf der 23. Sitzung Internationale Neurology, später in der Zeitschrift "Revue Neurologique" ihre Beobachtungen an 23 Patienten einen Artikel.[1] Bei dieser Patienten waren die Funktionen des Gehirns unwiederbringlich (irreversibel) ausgefallen. Gleichzeitig wies das EEG statt der Hirnstromkurve nur eine Null-Linie auf. Mollaret und Goulon bezeichneten diesen Zustand als "coma dépassé", als "jenseits des Komas". Weltweit beobachteten Ärzte in den darauf folgenden Jahren eine ganze Anzahl solcher Patienten, deren Gehirn keinerlei Aktivität mehr zeigte, deren Zustand sich nicht mehr besserte und die das Bewusstsein nicht wieder erlangten. Es kam daher zwangsläufig die Frage auf, ob diese Patienten noch als "lebend" anzusehen sind und die Fortsetzung der aufwändigen Intensivtherapie bis zum Eintreten des Herzstillstandes zu rechtfertigen ist. Die wissenschaftliche Diskussion in den Ländern mit einem entsprechend entwickelten Behandlungsstandard kam in den Folgejahren übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der vollständige und endgültige Ausfall aller Hirnfunktionen das sichere innere Todeszeichen darstellt.[2]
Pierre Mollaret und Maurice Goulon behandelten diese 23 Hirntoten bis zur Asystolie weiter. Dabei war der späteste Kreislaufzusammenbruch nach 8 Tage.[3]
Die Entwicklung der Hirntoddefinition stand insofern anfänglich im Zeichen einer gänzlich anderen Fragestellung: Es ging ausschließlich um die medizinische Behandlung und das Schicksal einer durch die Intensivmedizin neuartigentstandenen Gattung von Komapatienten. Ab welchem Zeitpunkt befindet sich ein künstlich beatmeter Komapatient unwiederbringlich im Sterben, sodaß Wiederbelebungsmaßnahmen im Sinne des Patienten unsinnig würden? Es ist also wichtig festzuhalten, dass der Hirntod ursprünglich von der Intensivmedizin als Problem aufgeworfen wurde, um die Grenze zu ermitteln, ab wann therapeutische Bemühungen gegenüber einem hirnsterbenden Menschen beendet werden dürfen.[4] |
"Mit anderen Worten, wenn ich nicht mehr denke, dann bin ich nicht mehr", rekapitulierte ein Stationsarzt, "Absetzung des Herzens und Inthronisation des Gehirns - ein symbolischer Staatsstreich, eine Revolution." Das Herz wurde in der Romantik noch metaphorisch gegen die Maschinen ins Feld geführt; heute befasst die Poesie sich mit Maschinen, entsteht am Computer - und auch das Herz ist manchmal auf Maschinen angewiesen.[5]
In den Jahren 1954 bis 1959 trugen Pierre Mollaret und Maurice Goulon die Erkenntnisse von 23 Hirntoten zusammen. Die Ergebnisse stellen sie beim Internationalen Neurologischen Treffen im Jahr 1959 vor.[6] Von diesen 23 Hirntoten hatte einer noch 8 Tage einen Blutkreislauf, allen anderen brach der Blutkreislauf noch schneller zusammen.[7]
Am 24.08.1962 veröffentlichte Pierre Mollaret in der Münchner medizinischen Wochenschrift den Artikel "Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod".[8] Dabei geht Mollaret auf "die Grenzen des Erlaubten vom sozialen, juristischen und religiösen Standpunkt" ein.[9] Mollaret nennt zur Steuerung der künstlichen Beatmung 4 grundlegende Werte: den pH-Wert, das Gesamt-CO2 im Plasma, der CO2-Partialdruck und die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins. "Außerdem kann man aus ein und derselben Blutprobe die Bestimmung der verschiedenen Elektrolyte, der Proteine, des Harnstoffs im Serum, des Blutzuckers, des Hämatokrits usw. vornehmen. So wurde es möglich, die Einstellung des Patienten leicht und wirksam zu korrigieren, während gleichzeitig der Gebrauch der eneuen Diuretika die direkte Beeinflussung von pH und CO2-Partialdruck erlaubt."[10] Neben der Steuerung der Atmung beschreibt Mollaret auf die Steuerung von Herz und Kreislauf sowie der neurovegetativer Funktionen.[11]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Mollaret P, Goulon M. Rev Neurol (Paris) 1959; 101: 3-15. Siehe:
- ↑ BZgA: Kein Weg zurück ... 7. Aufl. Frankfurt 2012. Nach: https://www.dso.de/uploads/tx_dsodl/HT_d_2012_Web.pdf Zugriff am 1.4.2017.
- ↑ Dag Moskopp: Hirntod, 76.
- ↑ Ulrike Baureithel und Anna Bergmann, Herzloser Tod: das Dilemma der Organspende. Stuttgart 1999,71, Anna Bergmann, Tabuverletzungen und Schuldkonflikte in der Transplantationsmedizin. in: Psychoanalyse, Texte zur Sozialforschung 127-150, 6 (2000). Vgl. auch Anna Bergmann, Der entseelte Patient: Die moderne Medizin und der Tod. Berlin 2004. Vgl. hierzu auch Sebastian Schellong, Die künstliche Beatmung und die Entstehung des Hirntodkonzeptes. in: Hirntod: zur Kulturgeschichte der Todesfeststellung, Schlich, Frankfurt am Main 2001. Zitiert nach: Raphael E. Bexten. Erkenntnis von Personsein. Einige Überlegungen zum Mysterium 'Person'. Mayerling 2012. Nach: https://de.scribd.com/document/97824775/Erkenntnis-von-Personsein-Einige-Uberlegungen-zum-Mysterium-Person Zugriff am 1.4.2017.
- ↑ http://www.spiegel.de/kultur/literatur/maylis-de-kerangal-ueber-organspende-die-lebenden-reparieren-a-1032141.html Zugriff am 1.4.2017.
- ↑ Solange Grosbuis: Mort cérébrale et relation avec les familles. In: Médecine de L´Homme Nr. 210, S.23. Nach: http://www.ccmf.fr/User/docs/210_txt_74261.pdf Zugriff am 1.4.2017.
- ↑ Dag Moskopp: Hirntod, 76.
- ↑ Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1539-1545.
- ↑ Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1539.
- ↑ Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1540.
- ↑ Pierre Mollaret: Über die äußersten Möglichkeiten der Wiederbelebung. Die Grenzen zwischen Leben und Tod. In: MMW (24.08.1962), 1540-1542.