Aussagen über den Hirntod: Unterschied zwischen den Versionen
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"In allen Ländern der Erde mit einem bereits gültigen Transplantationsgesetz wird der Hirntod als sicheres Todeszeichen des Menschen vorausgesetzt und anerkannt. Der Umstand, daß der Hirntod in Ländern mit unterschiedlicher Religion und Weltanschauung als Todeszeichen des Menschen anerkannt ist, macht deutlich, daß dafür das allen Menschen Gemeinsame den Ausschlag gibt, ihre körperliche Gegebenheiten."<ref>Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 31.</ref> | "In allen Ländern der Erde mit einem bereits gültigen Transplantationsgesetz wird der Hirntod als sicheres Todeszeichen des Menschen vorausgesetzt und anerkannt. Der Umstand, daß der Hirntod in Ländern mit unterschiedlicher Religion und Weltanschauung als Todeszeichen des Menschen anerkannt ist, macht deutlich, daß dafür das allen Menschen Gemeinsame den Ausschlag gibt, ihre körperliche Gegebenheiten."<ref>Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 31.</ref> | ||
=== Ludger Honnefelder === | === Ludger Honnefelder === | ||
==== Hirntod und Todesverständnis ==== | ==== Hirntod und Todesverständnis ==== |
Version vom 21. Januar 2019, 23:16 Uhr
Heinz Angstwurm
Hirntod - Befund und Auswirkung
Heinz Angstwurm schrieb 1998 für die Konrad-Adenauer-Stiftung den Artikel "Hirntod - Befund und Auswirkung.
"Der Hirntod stellt sowohl als medizinischer Befund, wie auch als sicheres Todeszeichen des betroffenen Menschen einen naturgegebenen Sachverhalt dar, keine Vereinbarung zugunsten der Transplantationsmedizin. Die gegenteilige Meinung ist geschichtlich unrichtig, überschätzt die Möglichkeiten von Ärzten und unterschätzt die Einsichtsfähigkeit der Menschen, aber auch das ärztliche Verantwortungsbewußtsein. Geschichtlich wurden der Begriff und das Wort 'Hirntod' Ende des 18. Jahrhunderts geprägt, um einen bestimmten Todeseintritt zu kennzeichnen. Auch die erste wissenschaftliche Veröffentlichung wirklicher Beobachtungen 1959 erfolgte unabhängig von Fragen der Organtransplantation. Vor allem aber lassen sich Todeszeichen nicht erfinden und nicht vereinbaren, sondern nur auffinden und erkennen. Hirntod heißt, daß das gesamte Gehirn abgestorben ist, während die maschinellte Beatmung und die übrige Intensivbehandlung den im Herzen selbst entstehende Herzschlag, den Kreislauf und damit die Tätigkeit der übrigen Organe aufrecht erhalten. Das Gehirn stirbt deshalb ab, weil der Druck in der Schädelhöhle die Gehirndurchblutung erschwert und schließlich beendet. Sobld die Hirndurchblutung eine bestimmte Grenze unterschreitet ('Funktionsstoffwechsel'), nimmt die Hirntätigkeit ab und hört schließlich auf; bei noch stärkerer und bis zum Stillstand fortschreitender Abnahme der Hirndurchblutung ('Strukturstoffwechsel') stirbt das Hirngewebe ab."[1]
"Aus dieser Entstehung erklären sich
- der scheinbare Widerspruch zwischen den bereits fehlenden Hirntätigkeit und teilweise noch mit Geräten nachweisbaren Begleiterscheinungen des restlichen Stoffwechsels von Nervenzellen, deren restliche Blutversorgung sie zwar nicht mehr tätig sein, aber noch eingeschränkt leben läßt,
- der völlige und endgültige Hirnausfall entweder als Folge der Drucksteigerung in der Hirnschädelhöle bei Erkrankung oder Verletzung des Gehirns oder als Folge eines vorübergehenden, durch 'Wiederbelebung' zunächst behobenen Herzstillstands,
- der Befund der inneren Leichenschau: Das infolge Blutmangels insgesamt abgestorbene Gehirn ('anämischer Totalinfarkt des Gehirn') und die am Gehirn weiter als den übrigen inneren Organen forgeschrittene Zersetzung nach dem Tod ('dissoziierter Hirntod')."[2]
"Die naturwissenschaftlich-medizinischen Gründe für die Bedeutung des völligen und endgültigen Hirnfunktionsausfalls als Todesnachweis des Menschen ergeben sich aus der Bedeutung des Gehirns für alle höher entwickelten Lebewesen und damit auch für den Menschen, bei ihm davon untrennbar zugleich aus der Bedeutung seines Gehirns für alles Unkörperliche. Mit dem Tod des Gehirns ist die leiblich-seelische oder körperlich-geistige, die physisch-metaphysische Einheit beendet, als die der Mensch angelegt und der lebende Mensch ist."[3]
"Das Wort 'Leben' besagt Verschiedenes, je nachdem ob von Zellen, Geweben, Organen, Lebewesen die Rede ist. Das Leben macht sich in den verschiedenen Lebensäußerungen dieser verschiedenen Lebenseinheiten, in ihren verschiedenen 'Lebenszeichen' bemerkbar. Das einzelne höher entwickelte Lebewesen unterscheidet sich als eigene Lebens-einheit von seinen Körperteilen und deren Wechselbeziehungen untereinander. Das Lebewesen ist mehr als die bloße Summe seiner Körperteile."[4]
"Der Tod läßt sich nur vom Leben her beschreiben, als Ende oder Verlust des Lebens. Dabei unterscheidet sich der Tod wie das Leben von Zellen, Geweben, Organen, Lebewesen. Der Tod des Lebewesens besteht und gibt sich zu erkennen im vollständigen und endgültigen Verlust der Lebensmerkmale, die das jeweilige Lebewesen als Lebewesen kennzeichnen, nicht im Verlust der Lebenszeichen aller Körperteile bis zur letzten Zelle."[5]
Mit dem Tod des Gehirns fehlen jedem höher entwickelten Lebewesen, also nicht nur, aber auch dem Menschen:[6]
- alle spontane angeborene und erlernte Verhalten mit Handlungen und somit die Autonomie uns Spontanität des Lebewesens oder als Lebewesen,
- die senso-motorische Integration, die sich als Antwort auf die Sinneswahrnehmung zeigt
- die Fähigkeit zumm Lernen als Anpassung des Verhaltens an veränderte Bedingungen
- der Wechsel von Wachsein und Schlafen
- die Ausrichtung im Raum (Körperhaltung)
- der Anstoß zu Wachstum, Reifung und Fortpflanzung, sowie die Steuerung der inneren Organe (vegetative Steuerung)
- die Zusammenfassung der einzelnen Körpertätigkeiten zum Ganzen, zur Einheit, zum Lebewesen, die senso-motorische und die vegetative Integration (Vereinheitlichung zum Ganzen) als Lebewesen.
"Untrennbar von diesen biologischen Auswirkungen auf den Menschen als Lebewesen fehlt ihm mit dem Tod seines Gehirns die notwendige und unersetzliche körperliche Grundlage für alles Unkörperliche, für alles Personale, für das im eigentlichen Sinn menschliche Handeln, Fühlen, Empfinden, Wahrnehmen, Erleben, Beabsichtigen und Entscheiden, für das Denken, für jedes Bewußtsein."[7]
"Religiöse und weltanschauliche Überzeugungen sind zu achten, eignen sich aber nicht, um einen biologischen Sachverhalt als richtig oder falsch zu beurteilen."[8]
"Zu den naturwissenschaftlich-medizinisch unzutreffenden Einwänden gehören:
- der äußere Augenschein, der nicht zwischen dem Hirnntod und einer besserungsfähigen Bewußtlosigkeit unterscheiden läßt,
- die Befürchtung eines trotz vorschriftsgemäß nachgewiesenen Hirntods erhaltenden oder möglichen Schmerzempfindens oder Bewußtseins,
- eine über den vorschriftsgemäß nachgewiesenen Hirntod der Mutter hinaus intensiv-medizinisch aufrechterhaltene Schwangerschaft."[9]
Den Hinterbliebenen Teile der {{HTD]] zeigen: "Die eigene über 20jährige Erfahrung erlaubt die Empfehlung, Angehörige, die nach entsprechender Aufklärung bei den entscheidenden Untersuchungen zugegen sein wollen, zuschauen nzu lassen, soweit ihnen dies menschlich möglich ist."[10]
"Ohne Gehirntätigkeit gibt es kein Wachsein und kein Bewußtsein."[11]
"Berichte von Menschen über Wahrnehmungen im Zustand einer unvollständigen Narkose oder einer Bewußtseinsstörung treffen sicher zu. Aber die entsprechenden Zustände lassen sich eindeutig und sicher vom Zustand des Hirntods unterscheiden."[12]
"Ein Schmerzempfinden oder irgend eine andere Empfindung ohne Hirntätigkeit ist unmöglich. Zu beachten ist dabei auch der Unterschied zwischen dem Zustand des Hirntods und dem Zustand der alleinigen Bewußtlosigkeit: Zwar sind alle hirntote Menschen bewußtlos, nicht aber umgekehrt alle bewußtlose Menschen auch hirntot."[13]
"Eine Schwangerschaft wird nach der Entwicklung des Mutterkuchens hormonal von ihm, nicht vom Gehirn der Mutter gesteuert. Biologisch ist für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib seine Versorgung mit Blut und Nährstoffen erforderlich. Auch nach dem Hirntod der Mutter erhält das Kind über den intensiv-medizinisch aufrecht erhaltenen Kreislauf der Mutter das für sein Reifen und sein Wachstum Erforderliche. Eine Schwangerschaft widerlegt biologisch in keiner Weise die Bedeutung des Hirntods als Todeszeichen der Mutter, macht aber auch deutlich, daß damit andere als nur biologische Fragen verbunden sind."[14]
"In allen Ländern der Erde mit einem bereits gültigen Transplantationsgesetz wird der Hirntod als sicheres Todeszeichen des Menschen vorausgesetzt und anerkannt. Der Umstand, daß der Hirntod in Ländern mit unterschiedlicher Religion und Weltanschauung als Todeszeichen des Menschen anerkannt ist, macht deutlich, daß dafür das allen Menschen Gemeinsame den Ausschlag gibt, ihre körperliche Gegebenheiten."[15]
Ludger Honnefelder
Hirntod und Todesverständnis
Ludger Honnefelder veröffentlichte 1998 den Artikel: "Hirntod und Todesverständnis".
"Was die in Deutschland geführte Diskussion jedoch von der anderer Länder in charakteristischer Weise unterscheidet und ihr eine besondere Heftigkeit verliehen hat, ist die Verbindung, die zwischen der eigentlich anstehenden Frage und einer Reihe anderer Probleme hergestellt wurde, und der Kontext, in die sie dadurch hineingezogen wurde. So sahen manche Kritiker des Hirntodkriteriums in den diskutierten Positionen einen Streit nicht nur zwischen zwei verschiedenen Anthropologien - einer der Einheit und einer dualistischen - und zwei damit verbunden Personenbegriffen - dem klassischen und einem reduktionistischen -, sondern auch einen Streit zwischen zwei verschiedenen Ethiken - einer der Interessen und einer der Würde. ... So real diese verschiedenen Streitszenarien in der internationalen Diskussion anderer Themen der biomedizinischen Ethik auch sind, in der deutschen Diskussion des Hirntodkriteriums lenkten sie vom eigentlichen Problem eher ab, vertrat doch von den Befürwortern des Kriteriums in Deutschland kaum einer die von den Kritikern apostrophierten Hintergrundpositionen."[16]
"Der Lebende ist, um den elementarsten Bereich in der Sprache der Menschen- oder Grundrechte zu nennen, Inhaber des Rechts, nicht oder zumindest nicht grundlos getötet zu werden. Der Verstorbene dagegen partizpiert, wie es das Recht ausdrückt, an Persönlichkeitsrechten, die über den Tod hinaus dauern. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß Würde nur dem hier und jetzt lebenden Menschen eignet."[17]
"Woraus aber läßt sich das für unsere Kultur - und das bedeutet: das für die westliche Zivilisation und die sich an sie anschließenden Kulturen - charakteristische Todesverständnis bestimmen? Geht man den Weg, von dem bislang allseits akzeptierten Todeskriterium auf das leitende Todesverständnis zurückzuschließen, dann lautet die Frage, welches Verständnis von Tod sich hinter dem Kriterium des endgültigen Stillstands von Kreislauf- Herz- und Atemtätigkeit, oder kurze Herz-Kreislauf-Tod, steht. Offensichtlich geht dieses Kriterium davon aus, daß Tod hier den Tod des Organismus bedeutet und daß dieser Tod dann eintritt, wenn das Herz als das zentrale Organ seine Tätigkeit eingestellt hat und damit das Leben des gesamten Organismus von seiner Mitte her irreversibel zusammengebrochen ist. Attributionssubjekt des Prädikats Leben ist offensichtlich der Organismus in seiner Einheit, nicht einzelne Teile, auch nicht das Herz. ... Tod war also immer Tod des Lebewesens, nie so etwas wie das vollständige Ende aller Lebensvorgänge in allen Zellen, die den Organismus bilden."[18]
"Das jeder solchen Physis - sei es Pflanze, Tier oder Mensch - wie eine Form eigene Prinzip der Selbstorganisation und Selbstbewegung nennt Aristoteles 'Psyche', Seele. 'Seele' ist das Wesen 'eines solchen natürlichen Körpers, der das Prizip der Bewegung und Ruhe in sich hat.'"[19]
Für Aristoteles ist die Seele das Prinzip dieser als Ganzes organisch strukturierten Physis.[20]
Thommas von Aquin: "Solcher Art sind die hauptsächlichen Teile des Körpers, in welchen die Form, d.h. die Seele, primär besteht, nämlich das Herz oder das Gehirn, wobei es zur Sache nichts austrägt, welches von den beiden (ein solcher hauptsächlicher Teil) ist."[21] Ludger Honnefelder führt hierzu aus: "Dementsprechend bezeichnet Thomas das Herz als 'primum principium motus in animali', schreibt die Erhaltungn des Lebens dem 'in medio anmmailis' befindlichen Herzen zu und nennt das Gehirn dasjenige Organ, das die inneren Kräfte (der anima sensitiva) zur Vollendung bringt und damit beim Menschen die Voraussetzung für die kognitiven und volitiven Akte schafft."[22]
"Der Tod des Menschen ist sein Tod als Lebewesen. Gerade wenn man - wie Thomas - den Tod des Menschen in der Trennung von Leib und (Geist-)Seele sieht und der einen (Geist-)Seele auch die Funktion der vegetativen und sensitiven Seele zuordnet, kann auch der Tod des Menschen an nichts anderem in unserer Erfahrung ablesbar sein, als dem, was Zeichen für den Tod von Lebewesen überhaupt ist. Oder anders ausgedrückt: Der Tod des Menschen besteht darin, daß er den Tod aller Lebewesen stirbt."[23]
Das Lebens- und Todesverständnis von Aristoteles und Thomas von Aquin führt Ludger Honnefelder zu diesen Konsequenzen:[24]
- Das Herztodkriterium geht auf die aristotelische Tradition zurückgehende Todesverständnis geht davon aus, daß der Tod des Menschen der Tod des Lebewesens ist, den der Mensch mit allen anderen Lebewesen teilt. Bei Aristoteles und Thomas ist dieser Gedanke die Konsequenz der Einheit der menschlichen Seelenform.
- Nach diesem Todesverständnis bilden Leben und Tod einen Gegensatz. Einen dritten Zustand, wie eine Zwischenphase, gibt es nicht. Leben wird in seiner Einheit und Ganzheit verstanden mit einem Zentralorgan, das die Selbstbewegung ermöglicht. Damit ist das maßgebliche Prädikat des Lebens nicht die Zelle, das Gewebe, ein einzelnes Organ, sondern dieses Lebewesen in seiner Einheit und Ganzheit. Das akzeptierte Herztodkriterium wird obsolet, wenn man auf die Lebensvorgänge der Organe, Gewebe und Zellen nach dem irreversiblen Herz-Kreislauf-Stillstand (intermediäres Leben) blickt.
- Erkenntnisse der Biowissenschaften zeigen, dass die für ein höheres Lebewesen charakteristische Integrationsleistungen (Integration zur Funktionseinheit; Selbständigkeit und Selbststätigkeit des Ganzen; Anpassung und Abgrenzung des Ganzen; Steuerung der einzelnen Tätigkeiten) durch das Gehirn vermittelt sind. Der Herz-Kreislauf-Tod führt zum Hirntod. Dies zwingt dazu, die vom tradierten Todesverständnis zugrundeliegende Strukturverhältnisse den vollständigen Ausfall aller Hirnfunktionen als Kriterium des Todes anzunehmen.
Der Hinweis auf die spinalen Reflexe (Lazaruszeichen) als Argument gegen das Hirntodkonzept, besagt nichts, weil solche Phänomene auch bei Herz-Lungen-Toten feststellbar sind. Mit ihrer Anerkennung als Zeichen des Lebens wäre auch das Todeskriterium der Herz-Lungen-Toten aufgehoben.[25]
Über Hirntote: "Es ist Leben in diesem Organismus oder genauer gesagt, in Teilen des Organismus, nicht mehr Leben dieses Organismus selbst."[26]
"Auch der Verweis auf die mögliche Fortsetzung einer Schwangerschaft bei einer maschinell beatmeten hirntoten Schwangeren kann die Beurteilung nicht ändern. Denn die moderne Biotechnologie hat gezeigt, daß nicht nur in vitro neues Leben gezeugt werden kann, sondern sich vorgeburtliches Leben auch in Verbindung von technischen und biologischen Systemen entwickeln kann, so daß sich aus der Tatsache der Fortsetzung einer embryonalen Entwicklung nicht darauf schließen läßt, der dazu verwendete mütterliche Organismus sei ein noch lebender Mensch."[27]
Eberhard Schockenhoff
Helfen über den Tod hinaus?
Eberhard Schockenhoff veröffentlichte 1998 den Artikel "Helfen über den Tod hinaus?"
"Die emotionalen Vorbehalte vieler Menschen gegenüber der modernen Medizintechnik äußern sich häufig in einer widersprüchlichen Gefühlslage. Einerseits befürchten sie, die Ärzte könnten zu viel tun und den Sterbeprozeß in aussichtslosen Fällen mit Hilfe einer unmenschlichen 'Apparatemedizin' verlängern. Andererseits ängstigt sie jedoch auch die umgekehrte Möglichkeit, vorschnell für tot erklärt und noch während des Sterbens als 'Ersatzteillager' oder 'Organreserve' mißbraucht zu werden. Intensivtherapie und Transplantationsmedizin stoßen so mancherorts auf eine irrationale Grundstimmung, die Ausdruck einer gegenläufigen Furcht angesichts eines undurchschaubaren und anonymen Todesschicksals ist. Diese unbewußten Urängste können sich jedoch in dem Fall, daß man selbst auf eine Organspende angewiesen ist, mit einer selbstverständlichen Erwartungshaltung und einem grenzenlosen Vertrauen in die Möglichkeiten der modernen Medizin verbinden."[28]
"Das Dilemma, den Tod auf dem Hintergrund anthropologischer Basisannahmen definieren zu müssen, kann ... keine Gesellschaft entrinnen. Diese Aufgabe stellt sich der modernen Intensivmedizin in neuer Weise, weil ihre eigenen Fortschritte das früher geltende Kriterium des Herz- und Kreuslaufstillstandes durch die Möglichkeit einer künstlichen Substitution dieser Funktionen unterlaufen haben. Es waren also, auch wenn es hier in einem früheren Diskussionsstadium pragmatische Überschneidungen gegeben haben mag, nicht allein die Interessen der Transplantationsmedizin, sondern vor allem die Erfordernisse der Intensivmedizin selbst, die den Übergang zu einem neuen Todeskonzept notwendig machte. Dabei handelt es sich jedoch weder um eine Vorverlegung des Todeszeitpunktes, noch um eine rein deklaratorische Annahme, sondern um die zweifelsfreie Feststellung eines bereits eingetretenen Sachverhaltes, die durch die Hirntoddefinition allerdings zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen kann."[29]
"Wenn der Ausfall der zentralen Steuerungsvorgänge im Gehirn irreversibel geworden ist und dies mit der besten, nach dem jeweiligen Stand medizinischer Diagnostik erreichbaren Gewißheit feststeht, wertet das Hirntodkonzept dies als ein Indiz für den bereits eingetretenen Tod der menschlichen Person. Es geht von diesem Zeitpunkt an also davon aus, daß wir es nicht mehr mit einem sterbenden Patienten, sondern mit einem Toten oder einem menschlichen Leichnam zu tun haben, in dem partielle Organfunktionen künstlich aufrechterhalten werden."[30]
"Als Person ist sich der Mensch nur in seinem Leib und durch seinen Leib gegeben, aber seine personale Identität als leib-seelisches Wesen ist nicht identisch mit den physiologischen Prozessen des körperlichen Organismus. Während dieser laufend zerfällt und innerhalb der biologischen Lebenskurve eines menschlichen Individuums mehrfach erneuert wird, hält sich die personale Identität des Menschen über den Wechsel seiner körperlichen Austauschprozesse hinweg durch."[31]
"Die Vorstellung vom Tod als Ereignis (das sich in metahpysisch-theologischer Sprache als Trennungn von Leib und Seele beschreiben läßt) und vom Sterben als Prozeß (den wir diagnostisch erfassen undn medizinisch kontrollieren können), liegen auf verschiedenen Ebenen."[32]
"Der Hirntod gilt dabei nicht allein deshalb als sicheres Indiz für den bereits eingetretenen Tod des Menschen, weil im Gehirn der Sitz der menschlichen Persönlichkeit oder des Bewußtseins zu lokalisieren wäre, sondern weil das Gehirn nach heutigem Wissensstand jene Instanz ist, welche die Integration des gesamten Organismus zu einer leib-seelischen Ganzheit gewährleistet."[33]
"Der hirntote Körper kann die Identität mit dem vorherigen Gesamtorganismus von sich aus nicht mehr aufrechterhalten; fällt die Gehirntätigkeit definitiv aus, kann auch von einer Wechselwirkung oder einem interaktionellen Gesamtgefüge des Organismus nicht mehr die Rede sein. Gerade weil der Mensch nicht dualistisch als nachträgliche Zusammenfügung von Leib und Seele aufgefaßt werden darf, sondern immer als eine ursprügliche leib-seelische Ganzheit existiert, die mehr ist als die Summe ihrer Teile, ergbit die Hirntoddefinition auf dem Hintergrund einer ganzheitlichen Antropologie einen guten Sinn."[34]
" [35]
Anhang
Anmerkungen
Einzelnachweise
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 25.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 25f.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 27.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 27.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 28.
- ↑ Siehe: Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 28f.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 29.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 29.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 30.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 30.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 30.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 30f.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 31.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 31.
- ↑ Heinz Angstwurm: Hirntod - Befund und Auswirkung. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 31.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 34.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 36.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 39.
- ↑ Aristoteles: De anima 412b 15-17. Zitiert nach: Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 40.
- ↑ Aristoteles: De anima 412a 28 - b6. Nach: Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 41.
- ↑ Thomas von Aquin: Metaphysik Aristotelis VII 1.10 n. 1489. Zitiert nach: Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 44.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 44.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 45.
- ↑ Siehe: Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 46-48.
- ↑ Siehe: Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 48.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 49.
- ↑ Ludger Honnefelder: Hirntod und Todesverständnis: Das Todeskriterium als anthropologisches und ethisches Problem. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 50f.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 55.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 58f.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 59.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 59.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 60.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 60.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), 61.
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
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- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
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- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .
- ↑ Eberhard Schockenhoff: Helfen über den Tod hinaus? - Zu den ethischen Aspekten der Transplantationsmedizin. In: Konrad-Adenauer-Stiftung: Organtransplantation - Ethik, Recht und Akzeptanz. (Interne Studie Nr. 175/1998), .