WSR: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Organspende-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 291: Zeile 291:
* Tragen Sie dieses ungeschriebene Ja zur Organentnahme mit?
* Tragen Sie dieses ungeschriebene Ja zur Organentnahme mit?
Angesichts dessen, dass über 80% der Hirntoten binnen einer Woche vom normalen Leben über die Zeit als Komapatient, in der man noch Hoffnung hatte, zum Hirntoten wurde, ist die Trauer und der seelische Schmerz bei den Hinterbliebenen von Hirntoten sehr groß. Für sie ist es eine große Entlastung, sich in dieser Situation nicht vielen Fragen stellen zu müssen. Wenn sie die Frage nach einem [[OSA]] mit eine Ja beantworten können, ist das ideal. Doch leider besitzen selbst 5 Jahre nach Änderung des [[TPG]] zur [[Erklärungsregelung]] über 80% der [[potentiellen Organspender]] keinen [[OSA]]. Die Widerspruchsregelung würde daher den Hinterbliebenen eine große Entlastung darstellen.
Angesichts dessen, dass über 80% der Hirntoten binnen einer Woche vom normalen Leben über die Zeit als Komapatient, in der man noch Hoffnung hatte, zum Hirntoten wurde, ist die Trauer und der seelische Schmerz bei den Hinterbliebenen von Hirntoten sehr groß. Für sie ist es eine große Entlastung, sich in dieser Situation nicht vielen Fragen stellen zu müssen. Wenn sie die Frage nach einem [[OSA]] mit eine Ja beantworten können, ist das ideal. Doch leider besitzen selbst 5 Jahre nach Änderung des [[TPG]] zur [[Erklärungsregelung]] über 80% der [[potentiellen Organspender]] keinen [[OSA]]. Die Widerspruchsregelung würde daher den Hinterbliebenen eine große Entlastung darstellen.
Die von Gesundheitsminister vorgeschlagene '''doppelte Widerspruchsregelung''' sieht vor, dass auch die Hinterbliebenen der Organentnahme zustimmen müssen. Dies wird in der Diskussion kaum genannt.


== Aus Kirchenkreisen ==
== Aus Kirchenkreisen ==

Version vom 27. Oktober 2018, 12:12 Uhr


Pro und Contra

für die Widerspruchsregelung gegen die Widerspruchsregelung
Sportler für Organspende[1]

Freiheit ist, wenn man widersprechen kann.

Peter Dabrock][2]

Eine solche Regelung würde den menschlichen Körper zu einem Objekt staatlicher Sozialpflichtigkeit machen.[Anm. 1]

Karl Lauterbach[2]

Ich bin ein klarer Befürworter der Widerspruchslösung.

Eugen Bryasch[2]

Die Widerspruchslösung würde das Vertrauen in das Transplantationssystem weiter schwächen.[Anm. 2]

Heiner Garag[3]

Das Recht auf Nichtentscheidung wäre bei dieser Lösung nicht mehr gegeben – und das ist von mir auch so gewollt.

Otto Fricke[4]

Nicht der Bürger muss widersprechen, damit der Staat nicht eingreifen darf.[Anm. 3]

Eckhard Nagel[5]

Ich will, dass sich jeder bewusst damit auseinandersetzt.

Heiner Koch[5]

Wer kein Organspender sein will, braucht niemandem darüber Rechenschaft abzulegen.[Anm. 4]

Martin Hein[6]

Zerstörtes Vertrauen kann man nicht durch die Vergesellschaftung des menschlichen Körpers zurückgewinnen.[Anm. 5]

Martin Hein[6]

Es gibt aber keine moralische Verpflichtung zu einer Organspende.[Anm. 6]

Ralf Meister[7]

Ich allein muss in Verantwortung vor Gott und den Menschen frei entscheiden, ob Organe und Gewebe entnommen werden.[Anm. 7]

Angelika Weigt-Blätgen[8]

Zudem pervertiert eine Widerspruchsregelung den grundsätzlich freiwilligen Charakter einer Spende.[9]

Susanne Kahl-Passoth[8]

Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich durch Einführung der Widerspruchsregelung die Organspende-Zahlen in Deutschland nennenswert erhöhen würden.[Anm. 8]

Susanne Kahl-Passoth[8]

Dazu gibt es nur einen Weg! Nämlich eine umfassende, auch schwierige ethische Fragen wie die Diskussion um den Hirntod offen ansprechende Information derjenigen, die um ihre Spende gebeten werden.[10]

Karin Maag[11]

Eine Widerspruchslösung könnte noch mehr Ängste wecken und das Vertrauen in die Organspende senken.[12]

Peter Liese[13]

Eine solche Regelung schürt nur die Ängste der Menschen und lenkt von den wirklichen Problemen bei der Organspende ab.[14]

Markus Dröge[15]

Ärzte und Politiker sollen dafür sorgen, dass für jeden Menschen eine optimale medizinische Behandlung erfolgt, um ihn zu heilen.[16]

Wortwahl der Gegner

Die Wortwahl der Gegner der Widerspruchsregelung ist oft unsachlich und geht am Thema vorbei. Dies soll an dieser Liste aufgezeigt werden:

staatlicher Sozialpflichtigkeit[2] Die Widerspruchsregelung wäre zwar eine staatliche Maßnahme, da vom Staat eingeführt, aber keine Sozialpflichtigkeit, weil widersprochen werden kann.
Organabgabepflicht[2] Es gibt mit der Notstandsregelung eine Organabgabepflicht, nicht aber bei einer Widerspruchsregelung, da hier widersprochen werden kann.

Pro

Anzahl der Organspendeausweise

Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Ja% 6,8 6,2 6,3 8,8 7,3 8,9 10,3 14,3 16,1 15,2 16,4 19,7
Nein% 1,4 0,4 0,9 1,4 1,7 1,1 1,8 2,0 2,9 3,1 4,4 4,6
% 5,3 4,3 4,6 6,5 5,8 6,7 7,8 10,4 12,2 11,8 13,5 16,0

Ja% = von den Organspendern hatten n% schriftlich der Organentnahme zugestimmt
Nein% = von den Organverweigereren hatten n% schriftlich der Orgenentnahme widersprochen.
% = von den potentiellen Organspendern hatten n% ihre Entscheidung zur Frage der Organspende selbst schriftlich festgehalten, d.h. einen Organspendeausweis ausgefüllt.

Im Jahr 2010 hatten von den potentiellen Organspendern 5,8% einen OSA. Im Jahr 2012 hatten 7,8% einen OSA. Im Herbst 2012 wurde das TPG dahingehend geändert, dass sich jeder Bürger ab dem vollendeten 16. Lebensjahr zur Frage der Organspende erklären soll. Die Krankenkassen sollten dies durchführen. Danach hätten spätestens im Jahr 2014 weit über 90% der potentiellen Organspender einen OSA haben müssen. Tatsächlich hatten jedoch nur 12,2% einen OSA. Im Jahr 2017 hatten 16,0% der potentiellen Organspender einen OSA.
Fazit: Die Bürger kommen der Aufforderung der Politik nicht nach. Daher hat die Politik das Recht, andere Maßnahmen zu ergreifen, um das Ziel der Erklärung jedes Bürgers zu erreichen. Die eine Möglichkeit, die der Staat hierzu hat, ist die Einführung der Widerspruchsregelung.

Eckhard Nagel sagt zur derzeit geltenden Erklärungsregelung: "... es gäbe eine Freiheit, wegzusehen, das Leiden anderer Menschen auszublenden."[5]

Entlastung der Hinterbliebenen

Derzeit müssen nach festgestelltem Hirntod in über 80% der Fälle die Hinterbliebenen nach dem mutmaßlichen Willen des Hirntoten gefragt werden, da keine schriftliche Erklärung zu dieser Frage vorliegt. In über 50% der Fälle vermuten die Hinterbliebene den Willen oder entscheiden selbst, weil sie den Willen des Hirntoten nicht kennen. Dies ist in Anbetracht der Trauer über den raschen Tod eine große Belastung für die Hinterbliebenen, die mit der Widerspruchslösung genommen werden kann.

Größere Klarheit

Weniger als 20% mit OSA

Bis zum Jahr 2012 lag bei weniger als 10% der potentiellen Organspendern eine schriftliche Willenserklärung zur Frage der Organspende vor. Im Herbst 2012 wurde das TPG dahingehend geändert, dass sich jeder Bürger ab dem vollendetem 16. Lebensjahr zur Frage der Organspende erklären solle Die Umsetzung sollten die Krankenkassen übernehmen. Bis zum Jahr 2017 stieg der Anteil der potentiellen Organspener mit schriftlicher Erklärung auf 16,0% Damit kommen 84% der Bürger dem geetzlichen Auftrag nicht nach. 5 Jahre haben sich die Krankenkassen und viele Gruppen und Personen darum bemüht, die Bürger zum Ausfüllen des Organspendeausweises zu bewegen, und haben wenig erreicht.

Damit müssen die Ärzte in der Klinik bei über 80% der potentiellen Organspender die Hinterbliebenen nach dem Willen des Hirntoten fragen. Dies ist für die Hinterbliebenen in dieser Situation eine sehr schwere Frage, die ihre Trauer nur schwerer macht.

Bei einer doppelten Widerspruchsregelung würden die Hinterbliebenen bei fehlendem Widerspruch des Hirntoten gefragt werden, ob sie der Organspende widersprechen wollen. Der fehlende Widerspruch des Hirntoten könnte als Orientierung gelten, der Organentnahme zuzustimmen.

Die Angst als Unfallopfer entfiele

Daneben gibt es in der Bevölkerung die irrige Annahme, wenn man als Unfallopfer auf seinem OSA "Ja" angekreuzt hat,[Anm. 9] würde man nicht die volle medizinische Hilfe zum Weiterleben bekommen, weil man an die Organe kommen will. Trotz zahlreicher Dementi ist diese Angst weiterhin in den Köpfen vieler Menschen.

Bei einer doppelten Widerspruchsregelung würde diese Angst wegfallen, weil alle Unfallopfer und andere Patienten in gleicher Weise behandelt werden. Den OSA als vermeintliches Unterscheidungskriterium gäbe es mit der Widerspruchsregelung nicht mehr. Es würde klarer: Die Frage nach der Organspende stellt sich erst nach Feststellung des Hirntodes. Bis dahin versuchen jedoch alle Ärzte, das Leben des Patienten zu retten und seine Gesundheit wieder herzustellen.

Mehrheit der Bürger

Eine repräsentative Umfrage der Barmer unter ihren Versicherten zeigt, dass eine Mehrheit (58%) für die sogenannte Widerspruchslösung ist.[17]

Stärkung der Transplantationsmedizin

Die Einführung der Widerspruchsregelung würde die Transplantationsmedizin dadurch stärken, weil nach Feststellung des Hirntodes die Organentnahme Normalität werden würde, wenn nicht widersprochen wird. Dadurch würde auch deutlicher, dass Organspende eine Gemeinschaftsaufgabe ist.

Entscheidungsfreiheit bleibt erhalten

Da bei der Widerspruchsregelung der Organentnahme auch widersprochen werden kann, bleibt die Entscheidungsfreiheit jedes Einzelnen erhalten.

Gewissensfreiheit bleibt unangetastet

Die Gewissensfreitheit bleibt auch bei der Widerspruchsregelung dadurch erhalten, da niemand seine Entscheidung begründen muss.

Ein Beispiel von Contra

Widerspruch.jpg

Diese Petition wurde mit den Schlagworten eingereicht: "Nein zur Widerspruchslösung! Ja, zum Leben!"

Dies erweckt den Eindruck, dass die Widerspruchsregelung zum Tod der Menschen führt, ein Nein zur Widerspruchsregelung hingegen zum Leben.

Hier zeigt sich, dass weder der Hirntod noch der organisatorische Ablauf einer Organtransplantation verstanden wurde, vielleicht auch um beides nicht weiß:

  • Wenn der Hirntod festgestellt ist, gibt es kein Zurück ins Leben.
  • Der festgestellte Hirntod ist eine von drei Voraussetzungen, damit eine Organentnahme erfolgen kann. Die beiden anderen Voraussetzungen sind: Es muss eine Zustimmung zur Organentnahme vorliegen und die Organentnahme muss von einem Arzt vorgenommen werden.
  • Die Widerspruchsregelung gibt nur den Weg vor, wie man zur Zustimmung zur Organentnahme gelangt: Wer nicht widersprochen hat, ist im Falle seines Hirntodes Organspender.

Erklärungs- und Widerspruchsregelung im Vergleich

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede im Ablauf einer Organspende auf.[Anm. 10]

Erklärungsregelung seit 2012 angestrebte Widerspruchsregelung
Seit Herbst 2012 soll sich jede(r) ab dem vollendeten 16. Lebensjahr zur Frage der Organspende entscheiden und das Ergebnis schriftlich (auf einem Organspendeausweis) festhalten. Damit sollen im Falle seines Hirntodes die Hinterbliebenen nicht gefragt werden müssen, ob der Hirntote einer Organentnahme zustimmte. Seit Herbst 2012 sind 5 Jahre vergangen. In diesem Zeitraum stieg der Anteil der potentiellen Organspender mit OSA von 7,8% im Jahr 2012 auf 16,0% im Jahr 2017 an. Dabei hätten es seit 2014 weit über 90% sein müssen. Um nun den Druck zur Entscheidung zu erhöhen, soll die Widerspruchsregelung eingeführt werden.
Chronologischer Ablauf
Der Hirntod wird festgestellt. Der Hirntod wird festgestellt.
Die Hinterbliebenen werden gefragt, ob ein OSA vorliegt. Die Hinterbliebenen werden gefragt, ob ein OSA vorliegt.
Wenn ein OSA mit einem "Nein" zur Organentnahme vorliegt, werden keine Organe entnommen. (4,6% von Nein)[Anm. 11] Wenn ein OSA mit einem "Nein" zur Organentnahme vorliegt, werden keine Organe entnommen.
Wenn ein OSA mit einem "Ja" zur Organentnahme vorliegt, werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie dem Willen des Hirntoten zustimmen. Wenn ein OSA mit einem "Ja" zur Organentnahme vorliegt, werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie dem Willen des Hirntoten zustimmen.
Stimmen die Hinterbliebenen dem "Ja" des Hirntoten zu, werden die Organe entnommen. (19,7% von Ja) Stimmen die Hinterbliebenen dem "Ja" des Hirntoten zu, werden die Organe entnommen.
Stimmen die Hinterbliebenen dem "Ja" des Hirntoten nicht zu, werden keine Organe entnommen. Stimmen die Hinterbliebenen dem "Ja" des Hirntoten nicht zu, werden keine Organe entnommen.
Weniger als 20% der potentiellen Organspender hatten bis zum Jahr 2017 einen OSA. Damit trifft auf über 80% der potentiellen Organspender der nachfolgende Ablauf zu.
Wenn kein OSA vorliegt, werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie den Willen des Hirntoten kennen. Wenn kein OSA vorliegt, wird dies als eine Zustimmung zur Organentnahme angesehen.
Hat der Hirntote sich gegen eine Organspende ausgesprochen, werden keine Organe entnommen. (29,8% von Nein)
Hat der Hirntote sich für eine Organspende ausgesprochen, werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie diese Entscheidung mittragen. Es werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie dieses ungeschriebene Ja zur Organentnahme mittragen.
Tragen die Hinterbliebenen diese Entscheidung nicht mit, werden keine Organe entnommen. Tragen die Hinterbliebenen diese Entscheidung nicht mit, werden keine Organe entnommen.
Tragen die Hinterbliebenen diese Entscheidung mit, werden die Organe entnommen. (26,7% von Ja) Tragen die Hinterbliebenen diese Entscheidung mit, werden die Organe entnommen.
Kennen die Hinterbliebenen nicht die Haltung des Hirntoten zur Frage der Organentnahme, werden sie gefragt, wie sich der Hirntote vermutlich entschieden hätte.
Wenn der Hirntote vermutlich gegen die Organspende war, werden keine Organe entnommen. (24,8% von Nein)
Wenn der Hirntote vermutlich für die Organspende war, werden die Hinterbliebenen gefragt, ob sie die Entscheidung mittragen.
Wenn die Hinterbliebenen gegen den mutmaßlichen Willen des Hirntoten sind, werden keine Organe entnommen.
Wenn die Hinterbliebenen den mutmaßlichen Willen des Hirntoten mittragen, werden die Organe entnommen. (41,0% von Ja)
Wenn die Hinterbliebenen den mutmaßlichen Willen des Hirntoten nicht kennen, werden sie gefragt, wie sie entscheiden.
Die einen Hinterbliebenen entscheiden sich stellvertretend gegen die Organentnahme. (40,8% von Nein)
Die anderen Hinterbliebenen entscheiden sich stellvertretend für eine Organentnahme. (12,6% von Ja)

Wie an der Gegenüberstellung der Erklärungsregelung und der Widerspruchsregelung deutlich zu erkennen ist, besitzen beide Regelungen Gemeinsamkeiten. Der Unterschied besteht in der Verkürzung der Klärung bei fehlendem OSA. Weit über die Hälfte der Hinterbliebenen kennen den Willen des Hirntoten nicht und müssen daher eine Vielzahl an Fragen beantworten. Die Widerspruchsregelung reduziert die Anzahl auf maximal 2 Fragen:

  • Liegt ein OSA vor?
  • Tragen Sie dieses ungeschriebene Ja zur Organentnahme mit?

Angesichts dessen, dass über 80% der Hirntoten binnen einer Woche vom normalen Leben über die Zeit als Komapatient, in der man noch Hoffnung hatte, zum Hirntoten wurde, ist die Trauer und der seelische Schmerz bei den Hinterbliebenen von Hirntoten sehr groß. Für sie ist es eine große Entlastung, sich in dieser Situation nicht vielen Fragen stellen zu müssen. Wenn sie die Frage nach einem OSA mit eine Ja beantworten können, ist das ideal. Doch leider besitzen selbst 5 Jahre nach Änderung des TPG zur Erklärungsregelung über 80% der potentiellen Organspender keinen OSA. Die Widerspruchsregelung würde daher den Hinterbliebenen eine große Entlastung darstellen.

Die von Gesundheitsminister vorgeschlagene doppelte Widerspruchsregelung sieht vor, dass auch die Hinterbliebenen der Organentnahme zustimmen müssen. Dies wird in der Diskussion kaum genannt.

Aus Kirchenkreisen

Evangelische Kirche

Die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, lehnt die Widerspruchsregelung ab: "Das Wort ‚Spende‘ steht für freiwilliges Geben. Bei der sogenannten Widerspruchslösung wird daraus ein Zwang, dem ich nur durch meinen expliziten Widerspruch entkommen kann. Das ist ein schwerer Eingriff in die persönliche Integrität und individuelle Gewissensfreiheit. Das degradiert einen sterbenden Menschen zu einem Materiallager für andere. Dabei ist die Gleichsetzung des Hirntodes mit dem Tod nach wie vor und weltweit umstritten."[18][Anm. 12]

Katholische Kirche

Am 27.09.2018 veröffentlichte Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz einen Pressebericht.[19] Darin heißt es:

"Diese Regelung lehnen wir ab. ... Das gebieten die Selbstbestimmung, das Konzept der Patientenautonomie und die Würde des Menschen, die auch über den Tod hinaus von Bedeutung sind. Diese Prinzipien, denen in unserer gesamten Gesellschafts- und Rechtsordnung eine zentrale Bedeutung zukommt, würden von der Widerspruchslösung unterminiert."[Anm. 13]

"Problematisch ist die Widerspruchsregelung also deshalb, weil die Freiwilligkeit der Organspende nicht zweifelsfrei feststeht und weil das Konzept der Autonomie zugunsten eines staatlichen Paternalismus aufgegeben wird."[Anm. 14]

"Eine moralische oder gar rechtliche Pflicht zur Organspende lässt sich nicht begründen. Sie kann weder erzwungen, noch erwartet werden, ist aber ein Akt von hohem moralischem Wert."[Anm. 15]

"Um die Bereitschaft zur Organspende – und somit die Spenderzahl – zu erhöhen, muss nicht zuletzt auch Vertrauen zurückgewonnen werden, das durch verschiedene Skandale verloren gegangen ist."[Anm. 16]

"Die Organspendebereitschaft zu erhöhen, ist eine gesamtgesellschaftliche und andauernde Aufgabe, die nicht mit einer Widerspruchslösung erledigt werden kann."[Anm. 17]

"Die Regelung von 2012 sollte in Bezug auf die Prozesse und Strukturen hin überprüft und gegebenenfalls geändert werden."[Anm. 18]

"Wir stehen der Organspende ausdrücklich positiv gegenüber. Sie ist für Christen eine Möglichkeit, Nächstenliebe auch über den Tod hinaus auszuüben".

Aus der Politik

Bayern

Am 12.07.2018 wurde mit der Drucksache 17/23290 die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für einen Nationalen Aktionsplan zur Förderung von Organspenden einzusetzen. Der Antrag enthält 7 Punkte:

  1. Verbesserung der Vergütung für die Entnahmekrankenhäuser,
  2. Einführung von Sanktionen für Kliniken, die sich nicht an der Organspende beteiligen,
  3. bessere Vergütung für Transplantationsbeauftragte in Krankenhäusern,
  4. Einführung mobiler Expertenteams zur Feststellung des Hirntods,
  5. Berücksichtigung von Organspenden in Patientenverfügungen,
  6. Einführung der Widerspruchslösung,
  7. Möglichkeit der Spende nach Herzstillstand.

Am 25.09.2018 wurde hierfür eine Ablehnung empfohlen, mit folgendem Stimmergebnis (siehe Drucksache 17/23998:
CSU: Ablehnung
SPD: Zustimmung
FREIE WÄHLER: Enthaltung
B90/GRÜ: Enthaltung

Sonstiges

Arbeit der Selbsthilfegruppen

Viele Selbsthilfegruppen engagieren sich seit Jahren bei der Aufklärung über Hirntod und Organspende. Als Transplantierte sind sie lebende Beispiele für den Erfolg der Transplantationsmedizin. Diese Arbeit wird durch die Widerspruchsregelung nicht berührt und daher auch nicht geschmälert. Daher benötigen die Selbsthilfegruppen auch weiterhin finanzielle Unterstützung.

Schwächen der doppelten Widerspruchsregelung

Bei der doppelten Widerspruchsregelung besitzen die Hinterbliebenen das Recht, einer vom Hirntoten gegebenen schriftlichen Zustimmung zur Organspende zu widersprechen. Damit würde keine Organentnahme erfolgen. Dies aber widerspricht dem ausdrücklichen Willen des Hirntoten.
Es stellt sich bei der doppelten Widerspruchsregelung daher die Frage, wie jemand sichergehen kann, dass seinem Willen entsprochen wird, im Falle seines Hirntodes auch wirklich ein Organspender zu werden, wenn er weiß, dass seine Familie die Organspende ablehnt.

Anhang

Anmerkungen

  1. Eine Notstandsregelung würde dies tun, aber keine doppelte Widerspruchsregelung.
  2. Im Gegenteil: Die Widerspruchsregelung würde das Vertrauen in das Transplantationssystem stärken, weil damit zum Ausdruck kommt, dass der Staat eindeutig hinter der Organtransplantation steht.
  3. Es gibt so viele Bereiche, in denen der Staat den Bürgern die Freiheit völlig genommen hat und klare Vorgaben macht: Lohnsteuer, Einkommensteuer, Bestattungspflicht, Haftfplichtversicherung für Kfz, Maut für Lkw´s auf Autobahnen, ... Es gibt keinen Möglichkeit, aus diesem System herauszukommen.
  4. Wer bei der doppelten Widerspruchsregelung widerspricht, braucht auch niemanden darüber Rechenschaft ablegen.
  5. Das Vertrauen in die Organtransplantation ist bei der Bevölkerung nicht zerstört. Im Gegenteil. In den Jahren 2006-2012 betrug der Anteil der Organverweigerer zwischen 25,7 und 29,2%. Im Jahr 2013 betrug ihr Anteil 29,3%. Bis zum Jahr 2016 sank der Anteil kontinuierlich auf 23,8%. Auf diesem Stand befand er sich noch im Jahr 2017. (siehe: Organmangel#Entscheidungen_zur_Organspende Fazit: Im Jahr 2013 war die Ablehnung zur Organspende nicht größer als in den Jahren zuvor. Seit 2013 steigt die Bereitschaft zur Organspende.
    Die Widerspruchsregelung stellt keine "Vergesellschaftung des menschlichen Körpers" dar, da jeder das Recht hat, der Organspende zu widersprechen. Dieser Widerspruch muss nicht begründet werden.
  6. Die Widerspruchsregelung stellt keine moralische oder sonstige Verpflichtung zur Organspende dar, da jeder die Möglichkeit des Widerspruchs hat.
  7. Diese freie Entscheidung wird durch die Widerspruchsregelung nicht geschmälert oder gar genommen. Sie wird nur klarer. Bis zumm Jahr 2017 hatten über 80% der potentiellen Organspender keinen OSA, obwohl sie sich seit Herbst 2012 dazu erklären sollten.
  8. Auch wenn durch die Widerspruchsregelung die Zahl der Organspender wesentlich erhöhen wird, so würde aber die Frage um Organspende klarer werden.
  9. Oft heißt es hierzu, wenn bei einem Unfall ein OSA bei einem Unfallopfer gefunden wird, dass dann früher die Geräte abgeschaltet werden, damit man an die Organe kommt. Diese Angst zeigt auf zweifacher Ebene die fehlende Sachkenntnis: 1. Auf einem OSA kann man auch "Nein" ankreuzen. 2. Die Geräte werden erst bei der Organentnahme abgeschaltet.
  10. Die oben genannte Petition "Nein zur Widerspruchslösung! Ja, zum Leben!" regte mich hierzu an. Es könnten noch mehr Menschen nicht so recht verstanden haben, um was es bei der Widerspruchsregelung geht. Sie sollen hier die notwendigen Informationen erhalten.
  11. Die hier genannten Prozentzahlen geben die Entscheidungen zur Organspende des Jahres 2017 wieder. Quelle: DSO: Jahresbericht 2017, 54.
  12. Der Begriff "Widerspruchsregelung" beinhaltet die Aussage, dass Widerspruch möglich ist. Daher kann hier von keinem Zwang die Rede sein. Damit ist es kauch kein Eingriff in die persönliche Integrität, erst recht kein schwerer Eingriff. Die Gewissensfreiheit wird gar nicht berührt, da niemand seine Entscheidung begründen muss. Die Wortwahl "Materiallager" kommt aus dem Umfeld von KAO und verletzt die Menschenwürde. Die Gleichsetzung des Hirntodes mit dem Tod wird nur von einer Minderheit bestritten, ähnlich wie bei anderen Verschwörungstheorien.
  13. Da eine doppelte Widerspruchsregelung zur Diskussion steht, haben der Organspender selbst (zu seiner Lebzeit) aber auch seine Hinterbliebenen (nach Feststellung des Hirntodes) die Möglichkeit, der Organentnahme zu widersprechen. Damit bleiben die Prinzipien der freien Entscheidungsmöglichkeit auf doppelter Ebene erhalten.
  14. Da die Selbstbestimmung durch die Widerspruchsregelung erhalten bleibt, gibt es keinen staatlichen Paternalismus.
  15. Da die Selbstbestimmung durch die Widerspruchsregelung erhalten bleibt, bestehen weder Zwang noch Pflicht zur Organspende.
  16. Es muss kein Vertrauen zurückgewonnen werden, da es diesen gar nicht gibt. Der Vertrauensverlust ist ein Produkt der Medien. In den Jahren 2012 und 2013 war der Anteil der Organverweigerer nicht höher als in den Jahren davor. Seit dem Jahr 2013 sinkt der Anteil der Organverweigerer. Damit steigt der Anteil der Organspender.
  17. Bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sollten sich die Kirchen nicht herausnehmen.
  18. Dies wurde offensichtlich von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn getan. Daher bringt er die Widerspruchsregelung in die gesamtgesellschaftliche Diskussion ein.

Einzelnachweise

  1. https://www.vso.de/media/downloads/VSO-an-Bundestag-f.pdf Zugriff am 26.10.2018
  2. a b c d e https://www.evangelisch.de/inhalte/152061/03-09-2018/ethikratsvorsitzender-haelt-widerspruchsloesung-fuer-organabgabepflicht Zugriff am 26.10.2018.
  3. https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/organspende/article/965073/organspende-widerspruechsloesung-nicht-hier-frage.html Zugriff am 26.10.2018.
  4. https://www.evangelisch.de/inhalte/152979/25-10-2018/neuregelung-von-organspenden-spahn-stoesst-im-bundestag-auf-widerstand?kamp=b-014 Zugriff am 26.10.2018.
  5. a b c https://www.evangelisch.de/inhalte/152263/15-09-2018/neuregelung-der-organspende-weiter-umstritten-transplantationsmediziner-nagel-fuer Zugriff am 26.10.2018.
  6. a b https://www.evangelisch.de/inhalte/152211/12-09-2018/ethikrat-organspende-keine-moralische-verpflichtung Zugriff am 26.10.2018.
  7. https://www.evangelisch.de/inhalte/152169/09-09-2018/bischof-meister-gegen-widerspruchsregelung-bei-organspende Zugriff am 26.10.2018.
  8. a b c https://www.ekiba.de/html/aktuell/aktuell_u.html?t=hllljd719kkuhalevn84vm8lt2&tto=1a7414ea&&cataktuell=&m=18286&artikel=17162&stichwort_aktuell=&default=true Zugriff am 26.10.2018.
  9. Die Widerspruchsregelung pervertiert nicht den freiwilligen Charakter einer Spende, sondern klärt sie. Nach 5 Jahren Erklärungsregelung haben wir noch keine 20% OSA bei den potentiellen Organspendern.
  10. Dies ist eine Ablenkung vom Thema. Zudem ist die Sache um den Hirntod klar.
  11. https://www.pressreader.com/germany/der-tagesspiegel/20180905/281590946445168 Zugriff am 26.10.2018.
  12. Es spricht hingegen vieles dafür, dass die Widerspruchsregelung Ängste beseitigt.
  13. https://www.ekd.de/news_2010_09_01_debatte_organspenden.htm Zugriff am 26.10.2018.
  14. Es spricht hingegen vieles dafür, dass die Widerspruchsregelung Ängste beseitigt.
  15. https://www.ekd.de/news_2010_09_01_debatte_organspenden.htm Zugriff am 26.10.2018.
  16. Diese Aussage legt mangelhaften Sachverstand offen. Jeder Patient bekommt in Deutschland die optimale medizinische Behandlung. Doch bei einigen Patienten ist die Erkrankung schwerwiegender als die Medizin helfen kann. Diese Patienten sterben, einige davon den Hirntod.
  17. https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/organspende/article/965055/organspende-jeder-zweite-barmer-versicherte-widerspruchsloesung.html Zugriff am 26.10.2018.
  18. https://www.ekmd.de/presse/pressestelle-magdeburg/landesbischoefin-lehnt-widerspruchsloesung-bei-der-organspende-ab.html Zugriff am 26.10.2010.
  19. https://www.bistum-magdeburg.de/upload/2018/BilderSeptember/2018-154-Pressebericht-Herbst-VV.pdf Zugriff am 26.10.2018.