Reanimation: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Angaben zur Reanimation ===
=== Angaben zur Reanimation ===
==== Statistik ====
In  Deutschland erleiden auf 100.000 Einwohner jedes Jahr rund 30 bis 90 Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das sind mindestens 50.000 Menschen pro Jahr. Nur 10 % der Betroffenen überleben.<ref name="Göbel">Volker Göbel: Gut zu wissen: Fakten zur Reanimation in Deutschland. (20.09.2016) Nach: https://www.agnnw.de/?p=3073 Zugriff am 04.04.2023.</ref>
Im Jahr 2015 wurde nur bei knapp 34 % aller Herz-Kreislauf-Stillstände eine Reanimation durch Laien begonnen (2014: 31 %; 2013: 28 %; 2012: 20 %; 2011: 18 %; 2010: 14 %).<ref name="Göbel"></ref>
Nahezu 40 % der Patientinnen und Patienten, die reanimiert werden, sind im erwerbsfähigen Alter.<ref name="Göbel"></ref>
In Deutschland konnte sich die sogenannte Laienreanimationsquote von 18 % im Jahr 2011 auf nahezu 34 % im Jahr 2015 steigern. In anderen Ländern, z.B. den Niederlanden, werden schon jetzt Quoten von ca. 70 % erreicht.<ref name="Göbel"></ref>
Das Reanimationsregister gibt zu den Reanimierten an:<ref  name="Rea">Deutsches Reanimationsregister: Öffentlicher Jahresbericht 2019. Nach: https://www.reanimationsregister.de/docman/oeffentliche-jahresberichte/rettungsdienst/168-oeffentlicher-jahresbericht-2019/file.html Zugriff am 04.04.2023.</ref>
* 1,5 % sind jünger als 18 Jahre, 32 % sind älter als 80 Jahre (Seite 7)
* 66,0 % sind männlich, 34,0 % sind weiblich (Seite 7)
* bei 42,1 % wurde die Reanimation von Laien begonnen (Seite 9)
* bei 62,4 % erfolgte die Reanimation in der Wohnung, bei 21,1 % in der Öffentlichkeit und bei 16,5 % an einem anderen Ort (Seite 10)
*  der Herz-Kreislauf-Stillstand wurde bei 52,2 % beobachtet; bei 43,5% durch Laien, bei 1,7% durch First Responder<ref group="Anm.">Hierbei handelt es sich um freiwillige Helfer-Einheiten, die nicht Teil des regulären Rettungsdienstes sind aber durch die Rettungsleitstellen zur Überbrückung des Intervalls bis zum Eintreffen des Rettungs�dienstes eingesetzt werden.</ref> und bei 6,9 % durch Profis (Seite 10)
* bei 60,6 % lag eine kardikale Ursache vor, bei 14,2 % eine respiratorische Ursache / Hypoxie, bei 6,1 % eine sonstige nicht kardikale Ursache, bei 2,9 % ein Trauma, bei 0,4 % Ertrinken und bei 15,9 % eine unbekannte Ursache (Seite 12)
* 22,4 % waren defibillierbar (VF/VT), 77,1 % waren nicht defibrillierbar (Seite 13)
* bei 45,9 % konnte ein Kreislauf wieder hergestellt werden, 37,5 % erreichten das Krankenhaus mit eigenem Spontankreislauf, 21,8 % überlebten die ersten 24 Stunden, 11,2 % wurden wieder lebend entlassen (Seite 15)
* im Krankenhaus wurden 23,0 % mit zielgerichtetem Temperaturmmanagement versorgt, 31,6 % mit einer Koronarangiographie (Seite 16)
==== Ertrinken ====
==== Ertrinken ====
Die eigentliche Todesursache beim Ertrinken ist ein Erstickungstod: Das CO<sub>2</sub> reichert sich im Blut an. Gehirnzellen sterben ab. Das Herz hört auf zu schlagen. Der Körper stirbt an einer Kohlensaurevergiftung der Zellen. "Diese sind zunächst noch lebend. Sie werden jedoch mit großer Beschleunigung, das heißt innerhalb von 180 bis 300 Sekunden endgültig, das heißt tödlich vergiftet und sterben unwiderruflich ab.<br>
Die eigentliche Todesursache beim Ertrinken ist ein Erstickungstod: Das CO<sub>2</sub> reichert sich im Blut an. Gehirnzellen sterben ab. Das Herz hört auf zu schlagen. Der Körper stirbt an einer Kohlensaurevergiftung der Zellen. "Diese sind zunächst noch lebend. Sie werden jedoch mit großer Beschleunigung, das heißt innerhalb von 180 bis 300 Sekunden endgültig, das heißt tödlich vergiftet und sterben unwiderruflich ab.<br>
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G = Mund-zu-Mund-Atemspende ohne Absauge, Nur-Druck mit 3,87 Vol.-% CO<sub>2</sub> in 1.880 ccm Atemvolumen<br>
G = Mund-zu-Mund-Atemspende ohne Absauge, Nur-Druck mit 3,87 Vol.-% CO<sub>2</sub> in 1.880 ccm Atemvolumen<br>
Auch wenn diese Zahlen aus dem Jahr 1964 sind, drücken sie doch deutlich aus, welchen Einfluss verschiedene Beatmungstechniken auf die Effektivität besitzen.
Auch wenn diese Zahlen aus dem Jahr 1964 sind, drücken sie doch deutlich aus, welchen Einfluss verschiedene Beatmungstechniken auf die Effektivität besitzen.


== Anhang ==
== Anhang ==

Version vom 9. April 2023, 12:54 Uhr

Reanimation, Wiederbelebung, "wieder ins Leben zurückholen" sind im Rettungswesen gebräuchliche Formulierungen. Damit wird ausgedrückt, dass sich der Mensch in einem höchst lebensgefährlichen Zustand befand, meist Stillstand von Blutkreislauf und/oder Atmung. Wenn hierbei nicht unverzüglich entsprechend gehandelt wird, droht für diesen Menschen der Tod.

Reanimation ist nie ein Zurückholen aus dem Tod,

sondern immer aus einem höchst lebensgefährlichen Zustand.

Der Tod ist medizinisch und juristisch definiert als ein unumkehrbarer Zustand. Aus dem Tod gibt es somit kein Zurück ins Leben.

Ursachen

Für den Stillstand des Blutkreislaufs gibt es zwei Ursachen:

  • Herzstillstand
    Das Herz hört plötzlich auf zu schlagen. Damit fließt kein Blut durch die Adern. Das Gehirn bekommt keinen Sauerstoff. Wir werden nach ca. 10 Sekunden ohnmächtig. Nach etwa 30 Sekunden lässt sich kein EEG ableiten. Ab 10 Minuten besteht die Gefahr, dass der Mensch in den Hirntod stirbt.
    Durch Herz-Druck-Massage kann man einen Erwachsenen bis zu 30 Minuten Herzstillstand aus diesem Zustand zurückholen. Zwar schlägt dann das Herz wieder, doch das Gehirn ist nach 10 Minuten irreparabel3 geschädigt oder gar so schwer geschädigt, dass der Hirntod unausweichlich ist.
  • Herzkammerflimmern
    Das Herz schlägt nicht mehr effektiv, sondern zittert im Grunde nur noch mit sehr hoher Frequenz, meist über 200 Herzschläge pro Minute. Damit wird jedoch kein Blut durch den Körper gepumpt. Die Auswirkungen für den Körper – insbesondere für das Gehirn - sind ähnlich wie beim Herzstillstand.
    Durch elektrische Stimulation mit einem Defibrillator (gibt dosierte elektrische Stromstöße ab), kurz auch "Defi2 genannt, kann das Herz wieder in den üblichen Rhythmus von etwa 60 Schläge pro Minute gebracht werden. Auch hier gelten die gleichen Zeiten wie beim Herzstillstand.

Durch diese Reanimations-Maßnahmen kann ein Erwachsener bis zu 30 Minuten[Anm. 1] nach Stillstand des Blutkreislaufs "wiederbelebt" werden, wie der Volksmund sagt. Rettungskräfte sagen hier meist, sie haben ihn wieder "zurückgeholt". Dies ist eine zutreffendere Formulierung, denn der Mensch befindet sich in einem Sterbeprozess, aus dem man ihn noch erfolgreich herausholen kann, wenn früh genug mit den richtigen Maßnahmen begonnen wird.

Burkhard Dirks, Anästhesist und Vorstandsmitglied im Deutschen Rat für Wiederbelebung sagt über den Wirkungsgrad der Reanimation: "Solange reanimiert wird, wird Sauerstoff ins Gehirn geleitet. Man kann dabei mit etwa 20 bis 30 Prozent der normalen Gehirndurchblutung rechnen. Das reicht, um zu überleben."[1]

Angaben zur Reanimation

Statistik

In Deutschland erleiden auf 100.000 Einwohner jedes Jahr rund 30 bis 90 Menschen außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Das sind mindestens 50.000 Menschen pro Jahr. Nur 10 % der Betroffenen überleben.[2]

Im Jahr 2015 wurde nur bei knapp 34 % aller Herz-Kreislauf-Stillstände eine Reanimation durch Laien begonnen (2014: 31 %; 2013: 28 %; 2012: 20 %; 2011: 18 %; 2010: 14 %).[2]

Nahezu 40 % der Patientinnen und Patienten, die reanimiert werden, sind im erwerbsfähigen Alter.[2]

In Deutschland konnte sich die sogenannte Laienreanimationsquote von 18 % im Jahr 2011 auf nahezu 34 % im Jahr 2015 steigern. In anderen Ländern, z.B. den Niederlanden, werden schon jetzt Quoten von ca. 70 % erreicht.[2]

Das Reanimationsregister gibt zu den Reanimierten an:[3]

  • 1,5 % sind jünger als 18 Jahre, 32 % sind älter als 80 Jahre (Seite 7)
  • 66,0 % sind männlich, 34,0 % sind weiblich (Seite 7)
  • bei 42,1 % wurde die Reanimation von Laien begonnen (Seite 9)
  • bei 62,4 % erfolgte die Reanimation in der Wohnung, bei 21,1 % in der Öffentlichkeit und bei 16,5 % an einem anderen Ort (Seite 10)
  • der Herz-Kreislauf-Stillstand wurde bei 52,2 % beobachtet; bei 43,5% durch Laien, bei 1,7% durch First Responder[Anm. 2] und bei 6,9 % durch Profis (Seite 10)
  • bei 60,6 % lag eine kardikale Ursache vor, bei 14,2 % eine respiratorische Ursache / Hypoxie, bei 6,1 % eine sonstige nicht kardikale Ursache, bei 2,9 % ein Trauma, bei 0,4 % Ertrinken und bei 15,9 % eine unbekannte Ursache (Seite 12)
  • 22,4 % waren defibillierbar (VF/VT), 77,1 % waren nicht defibrillierbar (Seite 13)
  • bei 45,9 % konnte ein Kreislauf wieder hergestellt werden, 37,5 % erreichten das Krankenhaus mit eigenem Spontankreislauf, 21,8 % überlebten die ersten 24 Stunden, 11,2 % wurden wieder lebend entlassen (Seite 15)
  • im Krankenhaus wurden 23,0 % mit zielgerichtetem Temperaturmmanagement versorgt, 31,6 % mit einer Koronarangiographie (Seite 16)

Ertrinken

Die eigentliche Todesursache beim Ertrinken ist ein Erstickungstod: Das CO2 reichert sich im Blut an. Gehirnzellen sterben ab. Das Herz hört auf zu schlagen. Der Körper stirbt an einer Kohlensaurevergiftung der Zellen. "Diese sind zunächst noch lebend. Sie werden jedoch mit großer Beschleunigung, das heißt innerhalb von 180 bis 300 Sekunden endgültig, das heißt tödlich vergiftet und sterben unwiderruflich ab.
Den Zustand des Sauerstoff (O2)-Mangels und der gleichzeitigen Kohlensäure(CO2)-Vergiftung bezeichnet am als Asphyxie."[4] Bei der künstlichen Beatmung von Ertrunkenen ist der lebenswichtige Sauerstoff durch die in die oberen Atmungswege eingedrungenes Wasser blockiert.

Atmosphärische Luft setzt sich aus 79,3% Stickstoff und 20,9% Sauerstoff zusammen, die vom Menschen ausgeatmete Luft zu 79,0% Stickstoff und 16,4% Sauerstoff. Die sogenannte Mischluft in den Lungenbläschen setzt sich aus 79,0% Stickstoff, 15,0% Sauerstoff und 5,6% Kohlensäure zusammen.[5] In einer Höhe von über 2.000 m beträgt der Sauerstoffgehalt noch ca. 15,0%.[6]

Rudolf Bucher nennt für die unterschiedlichen Lungengrößen (Vitalkapazität) die Effektivität verschiedener Beatmungssysteme:[7]

6.500 6.000 5.500 5.000 4.500 4.000 3.500 3.000 2.500 2.000
A 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100%
B 31,6% 34,2% 37,1% 40,5% 44,8% 50,2% 57,0% 66,4% 79,7% 99,9%
C 29,4% 32,9% 34,9% 38,5% 42,9% 48,5% 55,5% 65,2% 78,9% 99,9%
D 21,7% 23,5% 25,7% 28,3% 31,6% 35,9% 40,9% 48,0% 54,3% 54,3%
E 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9% 23,9%
F 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9% 22,9%
G 15,2% 16,5% 18,1% 19,9% 22,2% 25,1% 28,1% 28,1% 28,1% 28,1%

A = Ideale Ausnützung
B = Respirogerät mit primärer Absauge bis auf Restluft
C = Respirogerät ohne primärer Absauge bis auf Restluft
D = Atmungsbeutel ohne Absauge, Nur-Druck
E = Silvester und Thomsen
F = Holger-Nielsen
G = Mund-zu-Mund-Atemspende ohne Absauge, Nur-Druck mit 3,87 Vol.-% CO2 in 1.880 ccm Atemvolumen
Auch wenn diese Zahlen aus dem Jahr 1964 sind, drücken sie doch deutlich aus, welchen Einfluss verschiedene Beatmungstechniken auf die Effektivität besitzen.

Anhang

Anmerkungen

  1. In New York wurde Joe Tiralosi 47 Minuten lang reanimiert und verließ drei Wochen später "vollständig genesen" das Krankenhaus. Dies war möglich, weil sie seinen Kopf auf 32°C heruntergekühlt und nicht nach 30 Minuten mit der Reanimation aufgehört hatten. Siehe: http://www.weltderwunder.de/artikel/die-wissenschaft-der-letzten-minuten-was-wirklich-passiert-wenn-wir-sterben Zugriff am 9.4.2015
  2. Hierbei handelt es sich um freiwillige Helfer-Einheiten, die nicht Teil des regulären Rettungsdienstes sind aber durch die Rettungsleitstellen zur Überbrückung des Intervalls bis zum Eintreffen des Rettungs�dienstes eingesetzt werden.

Einzelnachweise

  1. http://www.weltderwunder.de/artikel/die-wissenschaft-der-letzten-minuten-was-wirklich-passiert-wenn-wir-sterben Zugriff am 9.4.2015
  2. a b c d Volker Göbel: Gut zu wissen: Fakten zur Reanimation in Deutschland. (20.09.2016) Nach: https://www.agnnw.de/?p=3073 Zugriff am 04.04.2023.
  3. Deutsches Reanimationsregister: Öffentlicher Jahresbericht 2019. Nach: https://www.reanimationsregister.de/docman/oeffentliche-jahresberichte/rettungsdienst/168-oeffentlicher-jahresbericht-2019/file.html Zugriff am 04.04.2023.
  4. Rudolf Bucher: Fragen des Ertrinkungstodes und der Wiederbelebung. Für Ärzte, Studierende und gebildete Laienhelfer. Winterthur 1964, 15.
  5. Rudolf Bucher: Fragen des Ertrinkungstodes und der Wiederbelebung. Für Ärzte, Studierende und gebildete Laienhelfer. Winterthur 1964, 17.
  6. Rudolf Bucher: Fragen des Ertrinkungstodes und der Wiederbelebung. Für Ärzte, Studierende und gebildete Laienhelfer. Winterthur 1964, 36.
  7. Rudolf Bucher: Fragen des Ertrinkungstodes und der Wiederbelebung. Für Ärzte, Studierende und gebildete Laienhelfer. Winterthur 1964, 98.