E-Mail vom 09.03.2023a

Aus Organspende-Wiki
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Sehr geehrte Frau ... MdB,

Ihr Artikel "Wie wir mehr Organspender gewinnen können" gibt nicht die Haltung wieder, die Sie noch am 28.11.2018 bei Ihrer Rede im Deutschen Bundestag hatten. Das bedauere ich sehr.

ich bin P. Klaus Schäfer SAC (Pallottiner = Ordensmann). Ich war von 1999-2014 Klinikseelsorger in Karlsruhe und bin seit 2017 Klinikseelsorger an der Uni-Klinik in Regensburg.
Seit Januar 2014 baue ich zur sachlich korrekten und umfassenden Aufklärung zu Hirntod und Organspende die Internetseite
www.organspende-wiki.de auf.

Es freut mich, dass Sie die Zahl der Organspender anheben wollen. Sie wollen dies über die Einführung des Organspenderegister erreichen.
Ich habe jedoch den Eindruck, dass Sie außer dem Namen nicht viel darüber wissen. Auf einem Vortrag hörte ich einmal, auf welche beide Wege man diesen Eintrag vornehmen und ggf. ändern (lassen) kann. So einfach, wie Sie es darstellen, wird das nicht sein. Somit wird das digitale Register keinesfalls ein "Gamechanger" werden, sondern eher ein Flopp.

Schon das einfache Ausfüllen des Organspendeausweises erbrachte mit der Änderung der Zustimmungsregelung zur Entscheidungsregelung im Jahr 2012 von rund 10% schriftliche Entscheidungen bis 2022 rund 20% schriftliche Entscheidungen. Mit dem schwierig auszufüllenden Register werden wir nicht mehr Entscheidungen haben.

Doch die Entscheidungen bringen nicht mehr Organe. Nur eine Zustimmung bringt mehr Organe.

Ich war erst diese Woche wieder bei einem Hirntoten. Die Ärzte haben mit der aktuellen Regelung laut § 4 TPG zu fragen:

  1. Liegt eine schriftliche Willenserklärung des Hirntoten vor?
  2. Liegt eine mündliche Willenserklärung des Hirntoten vor?
  3. Was meinen Sie, die Hinterbliebenen, was der Hirntote wollte?
  4. Bitte entscheiden Sie.

https://www.organspende-wiki.de/wiki/index.php?title=Entscheidung

Mit Einführung der Widerspruchsregelung würde sich dies verkürzen zu:

  1. Liegt ein schriftlicher Widerspruch des Hirntoten vor?
  2. Liegt ein mündlicher Widerspruch des Hirntoten vor?

Dies wäre einerseits für die Hinterbliebenen eine große emotionale Entlastung. Andererseits würde es mehr Organspender bringen.

Da beim o.g. Hirntoten keine schriftliche und keine mündliche Willenserklärung vorlag, waren sich die Hinterbliebene unsicher, "Ja" zur Organspende zu sagen und entschieden sich für das "Nein".

Ich habe mich ausgiebig mit der Widerspruchsregelung beschäftigt. Sie können es nachlesen unter:
https://www.organspende-wiki.de/wiki/index.php?title=Widerspruchsregelung

Weil Sie von einer "ethisch schwierigen Frage" schreiben:
Im Verbund von Eurotransplant (ET) haben alle Nationen die Widerspruchsregelung, nur Deutschland nicht.
Jährlich gibt Deutschland rund 400 Organe an andere Länder im ET-Verbund ab, bekommt aber rund 600 Organe. Da haben wir keine moralische Vorbehalte, dass diese Organe durch eine Widerspruchsregelung gespendet wurde. Was für eine Ethik ist das?

Ich bitte Sie daher innigst darum, Ihre Haltung gegenüber dem Organspenderegister zu überprüfen.

Es gibt andere Wege, um die Anzahl der Zustimmungen zur Organspende zu heben:
"Organspende rettet Leben" und "Organspender sind Lebensretter" sind Aussagen, die für die BZgA verboten ist, da sie keine "ergebnisoffene" Aussagen sind. Wenn man solche faktisch wahre Aussagen wieder offen sagen dürfte, sähe es mit der Spendemoral besser aus.
Es gibt noch weitere Bremsklötze zur Organspende. Ich habe hierzu einen Flyer erstellt, den ich Ihnen mitsende. Wenn diese Bremsklötze entfernt werden würden, sähe es mit der Organspende in Deutschland besser aus.

Im Anhang sende ich Ihnen die beiden noch unkorrigierten Flyer "[ungenutzte Möglichkeiten]" und "[Widerspruchsregelung]" zu.

Vielleicht können Sie für Ihre Bemühungen um mehr Organspender hieraus etwas entnehmen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
P. Klaus Schäfer SAC
Hofstetten 1
93167 Falkenstein

Klinikseelsorger am UKR
www.schaefer-sac.de
www.organspende-wiki.de
www.1trost.de