Aussagen über die Intelligenz

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William H. Calvin

William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz.

"Nach Piaget ist Intelligenz das, was Sie benutzen, wenn Sie nicht wissen, was Sie tun sollen. ... Wenn es Ihnen gelingt, die eine richtige Antwort auf die Multiple-Choice-Fragen des Lebens zu finden, dann sind Sie schlau. Aber Intelligenz verlangt mehr - einen kreativen Aspekt, durch den Sie sozusagen 'im Vorübergehen' etwas Neues erfinden. Tatsächlich fallen Ihrem Gehirn verschiedene Antworten ein, von denen einige besser sind als andere."[1]

Über Geist und Seele ein Buch zu schreiben war in der Vergangenheit nicht ungefährlich. Julien Offroy de La Mettrie (1709-1751) veröffentlichte 1746 das Buch "Die Naturgeschichte der Seele" geschrieben hatte. Das Pariser Parlament missbilligte das Werk so sehr, dass es alle Kopien zu verbrennen befahl. La Mettrie musste noch im gleichen Jahr deswegen von Frankreich nach Amsterdam fliehen. 1747 veröffentlichte La Mettrie anonym das Buch "L´Homme machine" (Der Mensch eine Maschine), in dem er über menschliche Gefühle schrieb, als seien sie den Antriebsfedern im Inneren einer Maschine analog. Die als tolerant geltenden Niederländer waren darüber so entsetzt, dass sie versuchten, den Autor ausfindig zu machen. Fast wäre es ihnen gelungen. La Mettrie musste wieder fliehen, dieses mal nach Berlin, wo er 4 Jahre später im Alter von nur 42 Jahren starb. Das Maschinenpetapher wurde von René Descartes (1596-1650) bereits ein Jahrhundert zuvor in seinem Buch "De Homine" (Über den Menschen) beschrieben. Als Vorsichtsmaßnahme ließ Descartes das Buch erst 12 Jahre nach seinem Tod veröffentlichen.[2]

"Entstand unsere Intelligenz, weil wir mehr von etwas haben als andere Tiere? Das Gehirnn nur anzusehen und anhand seiner Größe zu beurteilen, als wäre es eine Melone, führt wohl in die Irre. Nur die äußere Schale, die Großhirnrinde, spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung neuer Assoziationen. Den Hauptteil der Hirnmasse machen die Isolierungen rund um die 'Drähte' aus, die eine Hirnregion mit der anderen verbinden; je besser die Isolierung, desto schneller der Signalfluß. Als die Tiere größer wurden und die Entfernungen im Körper wuchsen, benötigte man mehr Isoliermaterial, um die Übertragungsgeschwindigkeit zu steigern und die Reaktionszeiten kurz zu halten."[3]

"Wir übersehen gerne, daß anspruchsvolle visuelle Aufgaben bei der Nahrungssuche in späteren Generationen nicht nur den visuellen, sondern auch den auditorischen Affencortex 'erweiterten' - es ist keineswegs so, daß die Evolution je nach Selektionsdruck mal eine Aufwölbung hier, male eine Beule dort produziert. Es gibt starke Hinweise dafür, daß jeder nichtolfaktorische natürliche Selektionsdruck, der auf eine größere Gehirnkapazität (sagen wir, für das Sehen) hinwirkt, gleichzeitig auch zu einer erhöhten Gehirnkapazität für alle anderen Funktionen führt - das heißt, daß es entwicklungsbiologisch oft schwierig ist, räumlich begrenzte Hirnvergrößerungen durchzuführen. Daher dürfte 'Wenn du eins vergrößerst, mußt du alle vergrößern' vermutlich eher die Regel als die Ausnahme sein."[4]

Der spanische Arzt Juan Huarte definierte im Jahr 1575 Intelligenz als die Fähigkeit zu lernen, zu urteilen und schöpferisch zu sein. In der modernen Fachliteratur wird als Intelligenz oft die Fähigkeit bezeichnet, abstrakt und logisch zu denken sowie große Informationsmengen sinnvoll zu systematisieren.[5]

Bertrand Russell schrieb einst ironisch: "Tiere die von Amerikanern untersucht werden, rennen hektisch herum, stellen dabei unglaublich viele Umtriebigkeit und Schwung zur Schau und erzielen schließlich per Zufall das gewünschte Resultat. Tiere, die von Deutschen beobachtet werden, sitzen still und denken nach und entwickeln die Lösung schließlich aus ihrem inneren Bewußtsein heraus."[6]

"Doch komplexes Verhalten bei Tieren ist häufig angeboren: Es muß nicht erlernt werden, denn es ist von Geburt an fest verankert. Solche Verhaltensweisen sind meist inflexibel und häufig nur schwer willkürlich auszuführen, genauso wie Niesen oder Erröten. Diese stereotypen Bewegungsmuster zeigen nicht mehr Einsicht oder Entschlußkraft als ein Computerprogramm. Sie gehören zur festen Ausstattung."[7]

"Je komplexer und 'zweckgerichteter' das Verhalten erscheint, desto weiter ist es oft von intelligentem Verhalten entfernt, einfach deshalb, weil die natürliche Evolution eine todsichere Methode für derartige Verhaltenskomplexe entwickelt hat, wobei wenig dem Zufall überlassen geblieben ist. Lernen konzentriert sich schließlich in der Regel auf viel einfachere Dinge als auf die komplexen Abfolgen überlebenswichtiger Verhaltensweisen."[8]

"Tiere verstehen ihr eigens Verhalten vielleicht nicht besser als wir unser Gähnen oder unsere Neigung, uns zu umarmen und zu küssen (Verhalten, das man auch bei Schimpansen und Bonobos beobachten kann). Die meisten Tiere scheinen unter den meisten Umständen kein großes Bedürfnis zu haben, etwas - in unserem Sinne einer Ursachensuche - zu 'verstehen', und sie probieren, abgesehen von geringfügigen Abweichungen im Rahmen eines langsamen Lernprozesses, keine Neuerungen aus. Es ist so, als sei Denken ein wenig benutztes Hilfsmittel, zu langsam und zu fehleranfällig, um sich darauf zu verlassen, solang die Dinge ihren normalen Gang gehen."[9]

"Wenn Sie davon überzeugt sind, daß Ihr Hund Worte per se versteht, versuchen Sie doch einmal, ihm die Befehle von einer anderen Person vom Nebenraum aus via Sprachanlage übermitteln zu lassen; dadurch werden die meisten situationsgebundenen Hinweise ausgeschlossen. Viele schlauen Tiere bestehen einen derart schwierigen Test für das Verstehen gesprochener Worte nicht; das gilt selbst für einige intensiv unterrichtete Schimpansen, die ohne weiteres auf graphische Symbole reagieren. Den weniger schwierigen Test, der darin besteht, die gewünschte Aktion durchzuführen, bestehen Hunde in den Meisten Fällen jedoch durchaus, und zwar immer dann, wenn ihnen die Situation vertraut ist und das, ws sie tun sollen, eindeutig aus dem Kontext hervorgeht."[10]

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 11.
  2. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 14f.
  3. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 26.
  4. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 27.
  5. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 28.
  6. Bertrand Russell. Zitiert nach: William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 29.
  7. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 31.
  8. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 32.
  9. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 32.
  10. William H. Calvin: Wie das Gehirn denkt. Die Evolution der Intelligenz. Heidelberg 1998, 34.