Ringen im Vatikan

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2 Akademien, 2 Auffassungen: Päpstlichen Akademie für das Leben und Päpstliche Akademie der Wissenschaften

03./04.02.2005 - Päpstliche Akademie der Wissenschaften

Die dem Papst vorgetragenen Bedenken haben jedoch den Papst dazu bewogen, eine neuerliche Prüfung der „Zeichen des Todes“ durch einen neuen Kongress durchführen zu lassen. Dieser Kongress, zu dem nun auch die amerikanischen Wissenschaftler eingeladen wurden, fand am 03./04.02.2005 bei der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan statt.[1]

„10. Es gibt einen überwältigenden medizinischen und wissenschaftlichen Befund, dass das vollständige und unwiderrufliche Ende aller Gehirntätigkeit (im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm) kein Beweis für den Tod ist. Der vollkommene Stillstand von Gehirnaktivität kann nicht hinreichend festgestellt werden. Irreversibilität ist eine Prognose und nicht eine medizinisch feststellbare Tatsache. Wir behandeln heute viele Patienten mit Erfolg, die in der jüngsten Vergangenheit als hoffnungslose Fälle betrachtet worden waren.
11. Eine Diagnose des Todes durch neurologische Kriterien allein ist Theorie, keine wissenschaftliche Tatsache. Sie reicht nicht aus, die Lebensvermutung zu überwinden.
12. Kein Gesetz sollte überhaupt versuchen, einen Akt als legal hinzustellen, der in sich ein Übel ist.“ Dazu wird der Text von EV 90 wiedergegeben: „Ich wiederhole noch einmal, dass eine Vorschrift, die das natürliche Recht auf Leben eines Unschuldigen verletzt, unrecht ist und als solche keinen Gesetzeswert haben kann. Deshalb erneuere ich mit Nachdruck meinen Appell an alle Politiker, keine Gesetze zu erlassen, die durch Missachtung der Würde der Person das bürgerliche Zusammenleben selber an der Wurzel bedrohen.
13. Das Beenden eines unschuldigen Lebens bei dem Versuch, ein anderes Leben zu retten, wie es im Falle der Transplantation von unpaarigen lebenswichtigen Organen geschieht, mildert nicht das Übel, einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen. Böses darf nicht getan werden, damit Gutes daraus entstehen möge."[1]

Das Schlussdokument wurde von 15 der 25 Teilnehmer an der Tagung unterzeichnet. Damit liegt jetzt die von Papst Johannes Paul II. erbetene neuerliche Klärung der „Zeichen des Todes“ vor, die klarerweise die Aussagen des Papstes vom Jahre 2000 korrigiert, aber dies eben auf Wunsch des Papstes selbst und sozusagen als sein Vermächtnis im Zusammenhang mit Evangelium vitae.[1]

"Man hätte glauben sollen, dass die Kirche für diese Großtat des Papstes so kurz vor seinem Tod und für das Ergebnis sorgfältigster wissenschaftlicher Forschung, das dabei erarbeitet wurde, hätte dankbar sein sollen. Aber nein. Sandro Magister musste berichten: „This conference was a shock to the Vatican officials who subscribe to the Harvard report. Bishop Marcélo Sánchez Sorondo, chancellor of the Pontifical Academy of Sciences, prevented the proceedings from being published.” Also, die Ergebnisse durften nicht einmal publiziert werden. Inzwischen ist jedoch auch zu den Medien durchgedrungen, dass es als Folge des Publikationsverbots durch die Päpstliche Akademie der Wissenschaften zum Problem „Finis vitae“ ein Buch gibt, das vom Vizepräsidenten des Consiglio Nazionale delle Ricerche, Roberto de Mattei, 2006 in englischer Sprache und 2007 auf Italienisch herausgegeben wurde. Es enthält teils Texte von Teilnehmern am Kongress von 2005 oder von solchen, die zum Kongress wegen ihres Textes gleich gar nicht zugelassen wurden, wie ich selbst, und teils andere."[1]

Ungeachtet dieser Tatsachen war am 6. September in der „Tagespost“ zu lesen: „Kardinal Javier Lorenzo Barragan, der Präsident des Päpstlichen Rats für die Krankenpastoral, ließ gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa erklären, die katholische Kirche folge den Aussagen der Wissenschaft, wonach der Tod eines Menschen festzustellen sei, wenn sechs Stunden keine Gehirnströme mehr gemessen werden könnten, unabhängig davon, ob der Körper des Betreffenden künstlich beatmet werde und das Herz noch schlägt.“[1]

06.-08.11.2008

"Organspenden sind ein Geschenk. Ein Geschenk aus Liebe für das Leben."[2]

Internationaler Kongresses, zu dem die Päpstliche Akademie für das Leben in Zusammenarbeit mit der Internationalen Katholischen Ärzteorganisation FIAMC und dem Nationalen Transplantations-Zentrum Italiens (CNT)[2]

Zwar sagte der Papst, dass „lebenswichtige Organe ausschließlich ,ex cadavere‘ entnommen werden“ dürften. Aber ob ein gehirntoter Mensch, bei dem nur noch die künstliche Beatmung Herztätigkeit und Körperfunktionen aufrecht erhält, als „Kadaver“, das heißt als Leiche anzusehen ist, das hat Benedikt XVI. nicht gesagt.[2]

Doch wann ist der Mensch wirklich tot? Dass es dazu in den Päpstlichen Akademien und offenbar auch im Vatikan unterschiedliche Meinungen gibt, ist ein offenes Geheimnis. Für Aufsehen hatte Anfang September ein Artikel der italienischen Historikerin Lucetta Scaraffia auf Seite eins des „Osservatore Romano“ gesorgt, in dem die Autorin, die zugleich Mitglied des Nationalen Ethikrats Italiens ist, vehement gegen die Gehirntod-Definition argumentierte.[2]

Zwar erklärte daraufhin Kardinal Javier Lozano Barragan, Präsident des Päpstlichen Rats für die Krankenpastoral, gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa, die katholische Kirche folge den Aussagen der Wissenschaft, wonach der Tod eines Menschen festzustellen sei, wenn sechs Stunden keine Gehirnströme mehr gemessen werden könnten, unabhängig davon, ob der Körper des Betreffenden künstlich beatmet werde und das Herz noch schlage.[2]

Dem schließt sich ein dreisprachiger Anhang an, der den bezeichnenden Titel „Why the concept of brain death is valid as a definition of death“ (Warum das Konzept des Gehirntods zur Definition des Todes gültig ist) trägt und auch von den Kardinälen George Cottier, dem ehemaligen Haustheologen des Papstes, Carlo Maria Martini, ehemals Erzbischof von Mailand, und Alfonso López Trujillo, dem Präsidenten des Päpstlichen Familienrats, unterzeichnet ist.[2]

In der jetzt im Internet veröffentlichten „Antwort auf die Erklärungen und Kommentare der Professoren Spaemann und Shewmon“ der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften heißt es dagegen, die Einwände der beiden Professoren gegen die Gehirntod-Definition hätten „nicht das geringste Fundament, weder in physisch-biologischer noch in philosophischer Hinsicht“.[2]


www.vatican.va/roman_curia/pontifical_academies/acdscien/index_ge.htm
Auf 209 Seiten werden hier unter dem Titel „The Signs of Death“ (Die Zeichen des Todes) die Debattenbeiträge der „Working group“ von 2006 publiziert.


Nationen

Die Tatsache, "dass die Gehirntod-Definition in Italien seit 1978 Gesetzescharakter habe", würde das vom Papst Gesagte nicht entkräften können.[1]

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise