Chronik/Intensivmedizin: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Intensivmedizin befasst sich mit Diagnostik und Therapie lebensbedrohlicher Zustände und Krankheiten. Intensivstationen sind baulich und gerätetechnisch aufwendig ausgestattet. Aufgrund des hohen Betreuungsaufwands ist hier eine Pflegekraft nur für wenige Patienten zuständig, typischerweise bis zu 3, auf "Normalstationen" etwa 20.
Die Intensivmedizin befasst sich mit Diagnostik und Therapie lebensbedrohlicher Zustände und Krankheiten. Intensivstationen sind baulich und gerätetechnisch aufwendig ausgestattet. Aufgrund des hohen Betreuungsaufwands ist hier eine Pflegekraft nur für wenige Patienten zuständig, typischerweise bis zu 3, auf "Normalstationen" etwa 20.


=== Ibsen und die Poliomyelitis-Epidemie ===
"Nicht nur zählt heute die Beatmung, das hämodynamische Monitoring, die Hämodialyse oder Hämofiltration und Überwachung beziehungsweise die Aufrechterhaltung der Vitalparameter eines Patienten zum Standard einer intensivmedizinischen Station, sondern es wurden auch, um die Überlebenschancen der Patienten auf Intensivstationen (ICUs) zu verbessern, konservative und operative Methoden entwickelt, die mit einem hohen Maß an personellen und apparativen Ressourcen verbunden sind. Im Vergleich zu den 50er Jahren, in denen Patienten noch an einer Ateminsuffizienz gestorben wären, bietet die Intensivmedizin heute die Möglichkeit der Überwindung der akut lebensbedrohlichen Phase einer Organinsuffizienz durch maschinellen Organersatz mit gleichzeitiger Behandlung der Grunderkrankung. Auch im Bereich der Sepsis mit Multiorganversagen ist die Intensivmedizin Vorreiter; hier kann das Leben eines bedrohlich Erkrankten beispielsweise durch Organersatzverfahren gerettet werden. Ziel der Intensivmedizin ist es, grundsätzlich die lebenswichtigen Organfunktionen wiederherzustellen und im Anschluss an die Therapie, ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Generell sind die häufigsten Erkrankungen, die heute auf Intensivstationen behandelt werden, Schock, Herzinfarkt, Herzrythmusstörungen, Ateminsuffizienz, postoperative Komplikationen, Status epilepticus oder ein Koma unterschiedlicher Genese."<ref name="Emmerl">Stefanie Anita Pauline Rosa Emmerl: Die Repräsentation der Gastroenterologie in der Intensivmedizin in Deutschland. München 2012. (med. Diss.) In: https://mediatum.ub.tum.de/doc/1113505/1113505.pdf Zugriff am 3.10.2016.</ref>
 
=== Ibsen und die Poliomyelitis-Epidemie ===
Der Name [https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Bjørn Aage Ibsen] (1915-2007) ist eng mit der Gründung der Intensivmedizin verknüpft:<br>
Der Name [https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Bjørn Aage Ibsen] (1915-2007) ist eng mit der Gründung der Intensivmedizin verknüpft:<br>
1952 beatmete Ibsen ein neugeborenes Kind mit angeborenem [https://de.wikipedia.org/wiki/Tetanus Tetanus] manuell mit einem Beatmungsbeutel. Da Langzeit-Beatmung damals abgelehnt wurden, unterbrach Ibsen die Beatmung und das Kind starb. Dies wurde für Ibsen ein Schlüsselerlebnis.<br>
1952 beatmete Ibsen ein neugeborenes Kind mit angeborenem [https://de.wikipedia.org/wiki/Tetanus Tetanus] manuell mit einem Beatmungsbeutel. Da Langzeit-Beatmung damals abgelehnt wurden, unterbrach Ibsen die Beatmung und das Kind starb. Dies wurde für Ibsen ein Schlüsselerlebnis.<br>
1952 brach in Dänemark eine große [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis Poliomyelitis]-[https://de.wikipedia.org/wiki/Epidemie Epidemie] aus. Über 5.722 Fälle wurden registriert, darunter über 2.450 mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Ateml%C3%A4hmung Atemlähmung]. Das Kopenhagener Krankenhaus nahm in den ersten 6 Wochen nach Ausbruch der Epidemie täglich zwischen 30 und 50 Poliopatienten auf, für die jedoch nur eine [https://de.wikipedia.org/wiki/Eiserne_Lunge Eiserne Lunge] und sechs [https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCrass-Ventilation Cuirass-Respiratoren] zur Verfügung standen. Ibsen wurde eingeladen, eine Lösung zu finden. Er obduzierte 4 verstorbene Poliomyelitis-Patienten, die durch die Eiserne Lunge beatmet wurden und stellte überhöhte Kohlendioxidwerte fest, obwohl die Lungen funktionsfähig waren.<br>
1952 brach in Dänemark eine große [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis Poliomyelitis]-[https://de.wikipedia.org/wiki/Epidemie Epidemie] aus. Über 5.722 Fälle wurden registriert, darunter über 2.450 mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Ateml%C3%A4hmung Atemlähmung]. Das Kopenhagener Krankenhaus nahm in den ersten 6 Wochen nach Ausbruch der Epidemie täglich zwischen 30 und 50 Poliopatienten auf, für die jedoch nur eine [https://de.wikipedia.org/wiki/Eiserne_Lunge Eiserne Lunge] und sechs [https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCrass-Ventilation Cuirass-Respiratoren] zur Verfügung standen. Ibsen wurde eingeladen, eine Lösung zu finden. Er obduzierte 4 verstorbene Poliomyelitis-Patienten, die durch die Eiserne Lunge beatmet wurden und stellte überhöhte Kohlendioxidwerte fest, obwohl die Lungen funktionsfähig waren.<br>
Am 26.8.1952 wurde ein schwerkrankes 12-jähriges Mädchen mit schwerer [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis Poliomyelitis] eingeliefert. Ihre Beine, Arme sowie die Atemmuskulatur waren bereits teilweise gelähmt. Das Mädchen hatte eine fast vollständig zugeschleimte Lunge und drohte kurzfristig am eigenen Speichel zu ersticken. Am 27.8. unternahm Ibsen die Behandlung der Patientin. Bei der [https://de.wikipedia.org/wiki/Tracheotomie Tracheotomie] geriet das Kind in Atemnot und Panik und konnte zunächst nicht intubiert werden. Ibsen versetzte das Kind in ein künstliches Koma, worauf die Ärzte annahmen, dass die Behandlung gescheitert war und verließen den Saal. Ibsen saugte zunächst den Lungenschleim ab und unternahm [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel beatmete manuell] die Patientin mittels eines mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerstoff Sauerstoff] gefüllten [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel Blasebalgs]. Die zurückgekehrten Kollegen stellten fest, dass Ibsen die Patientin beatmen konnte und die Lungen fast schleimfrei waren. Anhand des [https://de.wikipedia.org/wiki/Experiment Experiments] demonstrierte Ibsen, dass die bisherige Standardbehandlung mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmung Unterdruckbeatmung] zu hohen CO2-Werte in der Ausatmungsluft führte, auch wenn die [https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerstoffs%C3%A4ttigung Sauerstoffsättigung] im Blut zufriedenstellend war. Außerdem wurden die [https://de.wikipedia.org/wiki/Symptom Symptome] einer CO2-Erhöhung erkennbar gemacht: [https://de.wikipedia.org/wiki/Bluthochdruck Bluthochdruck] und eine nasskalte und schwitzende Haut. Nach der Demonstration Ibsens, veranlasste Henry Lassen binnen 3 Tagen alle Poliopatienten mit Atembeschwerden manuell zu beatmen. Dies stellte eine enorme logistische Herausforderung dar: es wurden zur Behandlung Überwachungsstationen eingerichtet, auf dem Höhepunkt der Epidemie wurden 250 [https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinstudium Medizinstudenten] und 260 [https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenschwester Krankenschwestern] eingesetzt, um die kontinuierliche Überdrucksbeatmung der Patienten sicherzustellen, Die [https://de.wikipedia.org/wiki/Mortalit%C3%A4t Mortalitätsrate] der Patienten mit Atembeschwerde sank daraufhin von 87% auf 25%.<br>
Am 26.8.1952 wurde ein schwerkrankes 12-jähriges Mädchen mit schwerer [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis Poliomyelitis] eingeliefert. Ihre Beine, Arme sowie die Atemmuskulatur waren bereits teilweise gelähmt. Das Mädchen hatte eine fast vollständig zugeschleimte Lunge und drohte kurzfristig am eigenen Speichel zu ersticken. Am 27.8. unternahm Ibsen die Behandlung der Patientin. Bei der [https://de.wikipedia.org/wiki/Tracheotomie Tracheotomie] geriet das Kind in Atemnot und Panik und konnte zunächst nicht intubiert werden. Ibsen versetzte das Kind in ein künstliches Koma, worauf die Ärzte annahmen, dass die Behandlung gescheitert war und verließen den Saal. Ibsen saugte zunächst den Lungenschleim ab und unternahm [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel beatmete manuell] die Patientin mittels eines mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerstoff Sauerstoff] gefüllten [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel Blasebalgs]. Die zurückgekehrten Kollegen stellten fest, dass Ibsen die Patientin beatmen konnte und die Lungen fast schleimfrei waren. Anhand des [https://de.wikipedia.org/wiki/Experiment Experiments] demonstrierte Ibsen, dass die bisherige Standardbehandlung mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmung Unterdruckbeatmung] zu hohen CO2-Werte in der Ausatmungsluft führte, auch wenn die [https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerstoffs%C3%A4ttigung Sauerstoffsättigung] im Blut zufriedenstellend war. Außerdem wurden die [https://de.wikipedia.org/wiki/Symptom Symptome] einer CO2-Erhöhung erkennbar gemacht: [https://de.wikipedia.org/wiki/Bluthochdruck Bluthochdruck] und eine nasskalte und schwitzende Haut. Nach der Demonstration Ibsens, veranlasste Henry Lassen binnen 3 Tagen alle Poliopatienten mit Atembeschwerden manuell zu beatmen. Dies stellte eine enorme logistische Herausforderung dar: es wurden zur Behandlung Überwachungsstationen eingerichtet, auf dem Höhepunkt der Epidemie wurden 250 [https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinstudium Medizinstudenten] und 260 [https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenschwester Krankenschwestern] eingesetzt, um die kontinuierliche Überdrucksbeatmung der Patienten sicherzustellen, Die [https://de.wikipedia.org/wiki/Mortalit%C3%A4t Mortalitätsrate] der Patienten mit Atembeschwerde sank daraufhin von 87% auf 25%.<br>
Juni 1953 wurde ein Kind mit Tetanus eingeliefert. Krämpfe erschwerten ihm das Atmen. Ibsen beatmete er das Kind mit einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel Beatmungsbeutel] manuell. Nach 17 Tagen wachte der kleine Patienten wieder auf.
Juni 1953 wurde ein Kind mit Tetanus eingeliefert. Krämpfe erschwerten ihm das Atmen. Ibsen beatmete er das Kind mit einem [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel Beatmungsbeutel] manuell. Nach 17 Tagen wachte der kleine Patienten wieder auf. Als externer Mitarbeiter stellte Ibsen der Verwaltung 17 Tage in Rechnung. Aufgeschreckt durch die hohen Kosten, beschloss die Stadt Kopenhagen Ibsen als Arzt intern einzustellen und ihm die Aufgaben zu übertragen, eine Anästhesieabteilung zu gründen.<br>
Als externer Mitarbeiter stellte Ibsen der Verwaltung 17 Tage in Rechnung. Aufgeschreckt durch die hohen Kosten, beschloss die Stadt Kopenhagen Ibsen als Arzt intern einzustellen und ihm die Aufgaben zu übertragen, eine Anästhesieabteilung zu gründen.<br>
1954 leitete Ibsen im Kommunehospital in Kopenhagen eine selbständige [https://de.wikipedia.org/wiki/An%C3%A4sthesie Anästhesieabteilung] und richtete einen ganztätigen [https://de.wikipedia.org/wiki/Aufwachraum Aufwachraum] ein, welcher eine diagnose- und krankheitsunabhängige Intensivbehandlung der Patienten ermöglichte sowie Fachpersonal ausschließlich zur Intensivbehandlung ausbildete, somit wurde die weltweit erste [https://de.wikipedia.org/wiki/Intensivstation Intensivstation] gegründet.<ref name="Ibsen">https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Zugriff am 3.10.2016.</ref>
1954 leitete Ibsen im Kommunehospital in Kopenhagen eine selbständige [https://de.wikipedia.org/wiki/An%C3%A4sthesie Anästhesieabteilung] und richtete einen ganztätigen [https://de.wikipedia.org/wiki/Aufwachraum Aufwachraum] ein, welcher eine diagnose- und krankheitsunabhängige Intensivbehandlung der Patienten ermöglichte sowie Fachpersonal ausschließlich zur Intensivbehandlung ausbildete, somit wurde die weltweit erste [https://de.wikipedia.org/wiki/Intensivstation Intensivstation] gegründet.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Zugriff am 3.10.2016.</ref>


=== Maschinelle künstliche Beatmung ===
=== Maschinelle künstliche Beatmung ===
 
* 1953 die 1. künstliche Beatmung mit der "eisernen Lunge" <br> 1953 wurde in Hamburg von R. Aschenbrenner und A. Dönhardt die 1. künstliche Beatmung mit der "eisernen Lunge" durchgeführt. Damit wurden in Deutschland viele Intensivstationen eingerichtet.<ref name="Emmerl"></ref>


=== Chronik der Intensivmedizin ===
=== Chronik der Intensivmedizin ===
* 1954 gründete [https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Bjørn Aage Ibsen] die erste Intensivstation <br>   
* 1930 Kirschner und Sauerbruch gründeten eine Wachstation <br> Anfang der 1930-er-Jahre entwickelten die Chirurgen Kirschner und Sauerbruch eine zentralisierte Wachstation, in denen Patienten nach einer schweren Operation kontinuierlich überwacht und gepflegt werden konnten.<ref name="Emmerl"></ref>
 
* 1952 führte Björn Ibsen die Langzeitbeatmung ein <br> Während der großen [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis Poliomyelitis]-[https://de.wikipedia.org/wiki/Epidemie Epidemie], in der über 5.722 Fälle registriert wurden, darunter über 2.450 mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Ateml%C3%A4hmung Atemlähmung], führte [https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Bjørn Aage Ibsen] die Langzeitbeatmung ein. Dabei wurden bis zu 250 [https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinstudium Medizinstudenten] und 260 [https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenschwester Krankenschwestern] eingesetzt, um die kontinuierliche Überdrucksbeatmung der Patienten sicherzustellen, Die [https://de.wikipedia.org/wiki/Mortalit%C3%A4t Mortalitätsrate] der Patienten mit Atembeschwerde sank daraufhin von 87% auf 25%.<ref name="Ibsen"></ref>
* 1954 gründete Björn Ibsen die 1. Intensivstation <br> 1953 wurde ein Kind mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Tetanus Tetanus] in das Krankenhaus eingeliefert. Die Krämpfe erschwerten das Atmen. [https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Bjørn Aage Ibsen] ließ es mit [https://de.wikipedia.org/wiki/Beatmungsbeutel Beatmungsbeutel] manuell beatmen. Nach 17 Tagen wachte der Junge auf. Hierauf wurde Ibsen die Gründung der ersten Intensivstation aufgetragen.<ref name="Ibsen"></ref>
* Um 1960 schufen Safar und Pooulsen die ersten Intensivstationen nach heutigem Verständnis. <br>  Es schufen die Anästhesisten P. Safar in Baltimore (1958) und Pittsburgh (1962) sowie H. Poulsen in Aarhus (1965) Intensivstationen im heutigen Sinne.<ref name="Ibsen"></ref>
* 1970er wurden Intensivstationen Standard <br> Mitte der 1970-er-Jahre hatte in Deutschland fast jede Klinik eine Intensivstation.<ref name="Emmerl"></ref>
* 1994 definierte Lawin die Intensivmedizin nach ihrem heutigen Verständnis <br> 1994 devinierte Lawin die Intensivmedizin nach ihrem heutigen Verständnis: „Intensivbehandlung bedeutet Anwendung aller therapeutischen Möglichkeiten zum temporären Ersatz gestörter oder ausgefallener vitaler Organfunktionen bei gleichzeitiger Behandlung des diese Störung verursachten Grundleidens."<ref name="Emmerl"></ref>


== Anhang ==
== Anhang ==

Version vom 3. Oktober 2016, 07:47 Uhr

Die Intensivmedizin befasst sich mit Diagnostik und Therapie lebensbedrohlicher Zustände und Krankheiten. Intensivstationen sind baulich und gerätetechnisch aufwendig ausgestattet. Aufgrund des hohen Betreuungsaufwands ist hier eine Pflegekraft nur für wenige Patienten zuständig, typischerweise bis zu 3, auf "Normalstationen" etwa 20.

"Nicht nur zählt heute die Beatmung, das hämodynamische Monitoring, die Hämodialyse oder Hämofiltration und Überwachung beziehungsweise die Aufrechterhaltung der Vitalparameter eines Patienten zum Standard einer intensivmedizinischen Station, sondern es wurden auch, um die Überlebenschancen der Patienten auf Intensivstationen (ICUs) zu verbessern, konservative und operative Methoden entwickelt, die mit einem hohen Maß an personellen und apparativen Ressourcen verbunden sind. Im Vergleich zu den 50er Jahren, in denen Patienten noch an einer Ateminsuffizienz gestorben wären, bietet die Intensivmedizin heute die Möglichkeit der Überwindung der akut lebensbedrohlichen Phase einer Organinsuffizienz durch maschinellen Organersatz mit gleichzeitiger Behandlung der Grunderkrankung. Auch im Bereich der Sepsis mit Multiorganversagen ist die Intensivmedizin Vorreiter; hier kann das Leben eines bedrohlich Erkrankten beispielsweise durch Organersatzverfahren gerettet werden. Ziel der Intensivmedizin ist es, grundsätzlich die lebenswichtigen Organfunktionen wiederherzustellen und im Anschluss an die Therapie, ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Generell sind die häufigsten Erkrankungen, die heute auf Intensivstationen behandelt werden, Schock, Herzinfarkt, Herzrythmusstörungen, Ateminsuffizienz, postoperative Komplikationen, Status epilepticus oder ein Koma unterschiedlicher Genese."[1]

Ibsen und die Poliomyelitis-Epidemie

Der Name Bjørn Aage Ibsen (1915-2007) ist eng mit der Gründung der Intensivmedizin verknüpft:
1952 beatmete Ibsen ein neugeborenes Kind mit angeborenem Tetanus manuell mit einem Beatmungsbeutel. Da Langzeit-Beatmung damals abgelehnt wurden, unterbrach Ibsen die Beatmung und das Kind starb. Dies wurde für Ibsen ein Schlüsselerlebnis.
1952 brach in Dänemark eine große Poliomyelitis-Epidemie aus. Über 5.722 Fälle wurden registriert, darunter über 2.450 mit Atemlähmung. Das Kopenhagener Krankenhaus nahm in den ersten 6 Wochen nach Ausbruch der Epidemie täglich zwischen 30 und 50 Poliopatienten auf, für die jedoch nur eine Eiserne Lunge und sechs Cuirass-Respiratoren zur Verfügung standen. Ibsen wurde eingeladen, eine Lösung zu finden. Er obduzierte 4 verstorbene Poliomyelitis-Patienten, die durch die Eiserne Lunge beatmet wurden und stellte überhöhte Kohlendioxidwerte fest, obwohl die Lungen funktionsfähig waren.
Am 26.8.1952 wurde ein schwerkrankes 12-jähriges Mädchen mit schwerer Poliomyelitis eingeliefert. Ihre Beine, Arme sowie die Atemmuskulatur waren bereits teilweise gelähmt. Das Mädchen hatte eine fast vollständig zugeschleimte Lunge und drohte kurzfristig am eigenen Speichel zu ersticken. Am 27.8. unternahm Ibsen die Behandlung der Patientin. Bei der Tracheotomie geriet das Kind in Atemnot und Panik und konnte zunächst nicht intubiert werden. Ibsen versetzte das Kind in ein künstliches Koma, worauf die Ärzte annahmen, dass die Behandlung gescheitert war und verließen den Saal. Ibsen saugte zunächst den Lungenschleim ab und unternahm beatmete manuell die Patientin mittels eines mit Sauerstoff gefüllten Blasebalgs. Die zurückgekehrten Kollegen stellten fest, dass Ibsen die Patientin beatmen konnte und die Lungen fast schleimfrei waren. Anhand des Experiments demonstrierte Ibsen, dass die bisherige Standardbehandlung mit Unterdruckbeatmung zu hohen CO2-Werte in der Ausatmungsluft führte, auch wenn die Sauerstoffsättigung im Blut zufriedenstellend war. Außerdem wurden die Symptome einer CO2-Erhöhung erkennbar gemacht: Bluthochdruck und eine nasskalte und schwitzende Haut. Nach der Demonstration Ibsens, veranlasste Henry Lassen binnen 3 Tagen alle Poliopatienten mit Atembeschwerden manuell zu beatmen. Dies stellte eine enorme logistische Herausforderung dar: es wurden zur Behandlung Überwachungsstationen eingerichtet, auf dem Höhepunkt der Epidemie wurden 250 Medizinstudenten und 260 Krankenschwestern eingesetzt, um die kontinuierliche Überdrucksbeatmung der Patienten sicherzustellen, Die Mortalitätsrate der Patienten mit Atembeschwerde sank daraufhin von 87% auf 25%.
Juni 1953 wurde ein Kind mit Tetanus eingeliefert. Krämpfe erschwerten ihm das Atmen. Ibsen beatmete er das Kind mit einem Beatmungsbeutel manuell. Nach 17 Tagen wachte der kleine Patienten wieder auf. Als externer Mitarbeiter stellte Ibsen der Verwaltung 17 Tage in Rechnung. Aufgeschreckt durch die hohen Kosten, beschloss die Stadt Kopenhagen Ibsen als Arzt intern einzustellen und ihm die Aufgaben zu übertragen, eine Anästhesieabteilung zu gründen.
1954 leitete Ibsen im Kommunehospital in Kopenhagen eine selbständige Anästhesieabteilung und richtete einen ganztätigen Aufwachraum ein, welcher eine diagnose- und krankheitsunabhängige Intensivbehandlung der Patienten ermöglichte sowie Fachpersonal ausschließlich zur Intensivbehandlung ausbildete, somit wurde die weltweit erste Intensivstation gegründet.[2]

Maschinelle künstliche Beatmung

  • 1953 die 1. künstliche Beatmung mit der "eisernen Lunge"
    1953 wurde in Hamburg von R. Aschenbrenner und A. Dönhardt die 1. künstliche Beatmung mit der "eisernen Lunge" durchgeführt. Damit wurden in Deutschland viele Intensivstationen eingerichtet.[1]

Chronik der Intensivmedizin

  • 1930 Kirschner und Sauerbruch gründeten eine Wachstation
    Anfang der 1930-er-Jahre entwickelten die Chirurgen Kirschner und Sauerbruch eine zentralisierte Wachstation, in denen Patienten nach einer schweren Operation kontinuierlich überwacht und gepflegt werden konnten.[1]
  • 1952 führte Björn Ibsen die Langzeitbeatmung ein
    Während der großen Poliomyelitis-Epidemie, in der über 5.722 Fälle registriert wurden, darunter über 2.450 mit Atemlähmung, führte Bjørn Aage Ibsen die Langzeitbeatmung ein. Dabei wurden bis zu 250 Medizinstudenten und 260 Krankenschwestern eingesetzt, um die kontinuierliche Überdrucksbeatmung der Patienten sicherzustellen, Die Mortalitätsrate der Patienten mit Atembeschwerde sank daraufhin von 87% auf 25%.[2]
  • 1954 gründete Björn Ibsen die 1. Intensivstation
    1953 wurde ein Kind mit Tetanus in das Krankenhaus eingeliefert. Die Krämpfe erschwerten das Atmen. Bjørn Aage Ibsen ließ es mit Beatmungsbeutel manuell beatmen. Nach 17 Tagen wachte der Junge auf. Hierauf wurde Ibsen die Gründung der ersten Intensivstation aufgetragen.[2]
  • Um 1960 schufen Safar und Pooulsen die ersten Intensivstationen nach heutigem Verständnis.
    Es schufen die Anästhesisten P. Safar in Baltimore (1958) und Pittsburgh (1962) sowie H. Poulsen in Aarhus (1965) Intensivstationen im heutigen Sinne.[2]
  • 1970er wurden Intensivstationen Standard
    Mitte der 1970-er-Jahre hatte in Deutschland fast jede Klinik eine Intensivstation.[1]
  • 1994 definierte Lawin die Intensivmedizin nach ihrem heutigen Verständnis
    1994 devinierte Lawin die Intensivmedizin nach ihrem heutigen Verständnis: „Intensivbehandlung bedeutet Anwendung aller therapeutischen Möglichkeiten zum temporären Ersatz gestörter oder ausgefallener vitaler Organfunktionen bei gleichzeitiger Behandlung des diese Störung verursachten Grundleidens."[1]

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. a b c d e Stefanie Anita Pauline Rosa Emmerl: Die Repräsentation der Gastroenterologie in der Intensivmedizin in Deutschland. München 2012. (med. Diss.) In: https://mediatum.ub.tum.de/doc/1113505/1113505.pdf Zugriff am 3.10.2016.
  2. a b c d https://de.wikipedia.org/wiki/Bj%C3%B6rn_Ibsen Zugriff am 3.10.2016.