Xavier Bichat

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Leben

Marie François Xavier Bichat (1771-1802) starb bereits mit 31 Jahren und konnte sein Werk über die Organe nicht beenden. - Bichat veröffentlichte im Jahr 1800 seine physiologischen Forschungen über Leben und Tod.[1]

Bichat soll 600 Autopsien durchgeführt haben. Dabei soll er für die Krebserkennung wichtige Erkenntnisse gewonnen haben.[2]

Im Jahr 1801 wurde Bichat Arzt am Hotel Dieu, wo er auch über Arzneimittellehre las und die lange bestehende "Société d´émulation" gründete (mind. bis 1929 bestehend). In einem Winter machte er über 600 Sectionen. Eine Zeit lang wohnte und schlief er im Seziersaal. Übermäßige Anstrengungen und, wie es scheint, auch in anderer Weise aufreibende Lebensweisen rafften ihn schon im Alter von 31 Jahren hinweg. Seine Hauptschriften sind: "Traité des membranes" (Paris 1800), "Sur la vie et la mort" (Paris 1800), "Anatomie générale" (Paris 1801). Große Verdienste erlangte Bichat in der Begründung der Gewebelehre, auf welcher der Hauptsache nach der Umschwung der Heilkunde erfolgte. Bichat stellte sich die Aufgabe, die lebendigen Vorgänge als den unmittelbaren Ausdruck ihres Baues nachzuweisen. Als Mittel diente ihm hierzu die Anatomie. Dabei hält Bichat an seinem vitalistischen Standpunkt fest, dass sich das Leben durch eine unübersteigbare Kluft von der toten Schöpfung trennt. Den Lebewesen schreibt er allgemeine Eigenschaften wie Sensibilität und Kontraktilität zu. In Pflanzen und niederen Tieren erkennt Bichat nur Sensibilität, in höheren Tieren auch noch Kontraktilität. Große Verdienste erlangte Biacht aufgrund seiner hervorragend dokumentierten anatomischen Arbeiten.[3]

Bichat hatte jedem Gewebe eine besondere Vitalfunktion zugeordnet. "Leben ist die Gesamtheit der vitalen Eigenschaften, die den physikalischen Eigenschaften widerstehen, oder die Gesamtheit der Funktionen, die dem Tod widerstehen."[4]

Zitate

Bichat schrieb über das Blut: "... ein Atemstillstand gibt dem arteriellen Blut den Charakter des venösen Bluts."[5]

Bichat: "Das Experimentieren in der Physiologie, das Eingehen auf die Patienten und das Öffnen von Leichen ist der Anatomie - das ist der dreifache Weg, außerhalb dessen es keinen Anatomen, keine Physiologen und keinen Arzt geben kann."[6]

Bichat schrieb im Jahr 1800 über den Tod: "Jede Art des plötzlichen Todes beginnt in der Tat mit der Unterbrechung des Blutkreislaufes, der Atmung oder der Hirntätigkeit. Eine dieser Funktionen sistiert zuerst - alle anderen hören dann sukzessive auf."[7]

Um 1800 beschrieb Bichat den Hirntod als den "im Gehirn beginnenden Gesamttod des Menschen."[8]

Beurteilungen

Hildegard Steingießer schrieb über Xavier Bichat: "Bichat lehrte eine Zweiteilung aller Lebensvorgänge, indem er das Leben der Persönlichkeit, des Ichs als das animale von dem der einzelnen Organe und Elemente als dem vegetativen oder organischen unterschied. Dem letzteren gelten seine Untersuchungen. Beim Suchen nach einer Definition des Todes kam er zur Definition des Lebens als der Gesamtheit aller derjenigen Funktionen, die dem Tode Widerstand leisten. Da der Mensch nur selten den natürlichen Tod, d.h. infolge Altersschwäche stirbt, wandte Bichat seine besondere Aufmerksamkeit dem akzidentellen Tod zu. Gehirn, Lunge und Herz sind die drei lebenswichtigen Zentren, da jede Art des plötzlichen Todes mit der Aufhebung der Tätigkeit eines dieser drei Organe beginnt. In Experimenten legte er dar, welchen Einfluß diese Organe wechselseitig ausüben und wie der Tod eines dieser drei den Tod der anderen beiden und den allgemeinen Tod nach sich zieht."[9]

Übersetzung

Im Jahr 1800 veröffentlichte Xyvier Bichat das Ergebnis seiner Untersuchungen in seinem Werk "Recherches physiologiques sur la vie et la mort". Es wurde in der Reihe "Klassiker der Medizin", herausgegeben von Karl Sudhoff, von Rudolf Boehm aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt und erschien 1912 unter dem Titel: "Physiologische Untersuchungen über den Tod".[10]

Rudolf Boehm schrieb: "Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß eine Schrift von Xavier Bichat in die 'Klassiker der Medizin' aufgenommen wird. Bei der Auswahl hierfür fiel es nicht schwer, für die 'Recherches physiologiques sur la vie et la mort' sich zu entscheiden; sie sind ohne Zweifel das in der ärztlichen Welt der I. Hälfte des XIX. Jahrhundersts bekannteste und populärste Werk Bichats."[11] - Bichat war nicht nur ein exzellenter Pathologe, sondern auch ein hervorragender Arzt und Pharmakologe: "Endlich trug sich Bichat auch noch mit Plänen für die Reform der Materia medica (Pharmakologi). Als leitender Gedanke treten wiederum die Propriétés vitales auf: durch die Wirkung der Medikamente wollen die durch die Krankheiten gestörten vitalen Eigenschaften wieder zur Norm zurückgeführt werden. Es schwebt Bichat eine neue Klassifikation der Arzneimittel nach diesem Prinzip vor. Auch hier erkennt er aber die Notwendigkeit neuer Beobachtungen und Untersuchungen. Im Hotel de Dieu waren, wie Buisson erwähnt, 40 Schüler Bichats beauftragt, Materialien über die Arzneiwirkungen bei Kranken zu sammeln, die er selbst sorgfältig kontrollierte und in seinen Kurven auswertete. Mitten in diesen Bestrebungen ereilte ihn der Tod."[12]

Rudolf Boehm. In: Bichat: Physiologische Untersuchungen über den Tod. Leipzig 1912 Die in Klammer gesetzte Zahl gibt die Seitenzahl an.

"Diese Beeinflussung und Verkettung der beiden Arten des Lebens scheint insbesondere zwischen dem Gehirn für das animale und der Lunge oder dem Herz für das organische Leben zu bestehen. Die Tätigkeit eines dieser drei Organe ist unumgänglich notwendig für diejenige der beiden anderen. Wenn eines vollständig zu arbeiten aufhört, können die anderen ihre Funktionen nicht fortsetzen, und da sie die drei Zentren sind, in welchen alle sekundären Erscheinungen der beiden Arten des Lebens zusammenlaufen, werden unvermeidlich auch diese Erscheinungen unterbrochen und der allgemeine Tod stellt sich ein." (3)

Bichat erzeugte künstlich den Hirntod durch Unterbrechung der Blutversorgung:[Anm. 1] "Man unterbreche alle nervösen Verbindungen des Gehirns mit dem Herzen; die Zirkulation wird wie gewöhnlich weitergehen; sobald aber die Gefäßverbindungen unterbrochen sind, die das Gehirn unter der Herrschaft des Herzens erhalten, sind keine Äußerungen der Hirntätigkeit mehr wahrzunehmen." (25)

"Im Momente des Aussetzens der Hirntätigkeit hören plötzlich alle Funktionen der Lungen auf." (96)

Für den Hirntod nennt Bichat folgende Kaskade: „1. Unterbrechung der zerebralen Funktionen; 2. Aufhebung der mechanischen Funktionen der Lungen; 3. Aufhebung ihrer chemischen Funktionen; 4. Zirkulation schwarzen Blutes in allen Organen; 5. Schwächung der Tätigkeit des Herzens und aller Organe; 6. Aufhebung dieser Tätigkeit und Bewegung.“ (125)

"Wenn man alles in den vorhergehenden Artikeln Gesagte zusammenfaßt, ist es, wie ich glaube, leicht, sich von der Verkettung der Erscheinungen des allgemeinen Todes, der im Gehirn beginnt, eine bestimmte Vorstellung zu bilden. Diese Verkettung geschieht wie folgt:
1. Aufhebung der Hirntätigkeit; 2. plötzliche Aufhebung der Empfindungen und willkürlichen Bewegungen; 3. gleichzeitige Lähmung des Zwerchfells und der Interkostalmuskeln; 4. Unterbrechung der mechanischen Atemfunktionen und infolge davon der Stimme; 5. Vernichtung der chemischen Funktionen;[“Anm.“ 1] 6. Übergang von schwarzem Blute in das arterielle System; 7. Verlangsamung des Kreislaufes durch den Kontakt des schwarzen Blutes mit dem Herzen und den Arterien und absolute Unbeweglichkeit aller Teile, insbesondere der Brust; 8. Tod des Herzens und Aufhören der allgemeinen Zirkulation; 9. gleichzeitige Unterbrechung des organischen Lebens, besonders in den gewöhnlich vom roten Blute durchströmten Teilen; 10. Aufhebung der tierischen Wärme, welche aus allen diesen Funktionen entspringt; 11. Aufhören der Tätigkeit der weißen Organe, die langsamer als alle anderen Teile absterben, weil die Säfte, die sie ernähren, weniger von der allgemeinen Zirkulation abhängig sind." (128)

Mit großer Akrebie schrieb Bichat einen eigenen Artikel "Über den Einfluß des Gehirntodes auf den Tod der Lungen" (96) und einen "Über den Einfluß des Hirntodes auf den Tod aller Organe" (115). Entsprechend der "3 Pforten des Todes" schreibt Bichat vom Herztod, vom Lungentod und vom Gehirntod.

Physiologische Untersuchungen über den Tod (Inhaltsverzeichnis)

  1. . Artikel. Allgemeine Betrachtungen über den Tod
  2. . Artikel. Von dem Einfluß des Herztodes auf den Tod des Gehirns
  3. . Artikel. Über den Einfluß des Herztodes auf den Tod der Lungen
  4. . Artikel. Über den Einfluß des Todes des Herzens auf den aller anderen Organe
  5. . Artikel. Über den Einfluß des Herztodes auf den allgemeinen Tod
  6. . Artikel. Über den Einfluß des Lungentodes auf den Tod des Herzens
  7. . Artikel. Von dem Einfluß des Lungentodes auf den Tod des Gehirns
  8. . Artikel. Über den Einfluß des Lungentodes auf den Tod aller Organe
  9. . Artikel. Über den Einfluß des Lungentodes auf den allgemeinen Tod
  10. . Artikel. Über den Einfluß des Gehirntodes auf den Tod der Lungen
  11. . Artikel. Über den Einfluß des Gehirntodes auf den Herztod
  12. . Artikel. Über den Einfluß des Hirntodes auf den Tod aller Organe
  13. . Artikel. Von dem Einfluß des Hirntodes auf den allgemeinen Tod

Anhang

Anmerkungen

  1. Zu diesem Durchblutungsstop des Gehirns kommt es bei jedem Hirntoten, gleichgültig von den zum Hirntod führenden Ursachen.

Einzelnachweise

  1. Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Bd.2, 897.
  2. Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Bd.5, 2627.
  3. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. 5 Bände. 2. Auflage. Berlin 1929, 522.
  4. Bichat. Zitiert nach: Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Bd.4, 2064.
  5. Bichat. Zitiert nach: Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Bd.5, 2709.
  6. Bichat. Zitiert nach: Richard Toellner: Illustrierte Geschichte der Medizin. Bd.5, 2802f.
  7. Burkhard Madea, Frank Mußhoff, Brigitte Tag: Kurzlehrbuch Rechtsmedizin. Bern 2012, 123.
  8. Spirgatis 1997, 50. Zitiert nach: https://torstensblog.wordpress.com/2009/07/12/die-okkupation-des-fleisches Zugriff am 18.12.2017.
  9. Hildegard Steingießer: Was die Ärzte aller Zeiten vom Sterben wußten. Greifswald 1938, 7.
  10. Xavier Bichat: Recherches physiologiques sur la vie et la mort. In: Karl Sudhoff (Hg.): Klassiker der Medizin. Band 16. Übersetzt von Rudolf Boehm: Physiologische Untersuchungen über den Tod. Leipzig 1912.
  11. Rudolf Boehm. In: Bichat: Physiologische Untersuchungen über den Tod. Leipzig 1912, III.
  12. Rudolf Boehm. In: Bichat: Physiologische Untersuchungen über den Tod. Leipzig 1912, XV.


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