Tastsinn: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Kategorie: Wahrnehmung]]

Aktuelle Version vom 15. Oktober 2019, 18:56 Uhr

Allgemeines

Der Begriff Tastsinn bezeichnet die Fähigkeit lebender Wesen, Berührungen wahrzunehmen. Grundlage des Tastsinns ist der mechanische Anteil der Oberflächensensibilität. Die Wahrnehmung über den Tastsinn wird als "taktil", das aktive Ertasten auch als "haptisch" bezeichnet.

Mit unserer Haut kommen wir mit unserer Umwelt, die viele Gefahren für uns birgt, in Berührung. Ob heiß oder kalt, glitschig oder rau, vieles kann unsere Gesundheit schaden oder gar unser Leben gefährden. Daher ist der Tastsinn für das Überleben sehr wichtig. Überall in unserer Haut sind die etwa 20 verschiedene Rezeptortypen verteilt. Dabei wandeln die Mechanorezeptoren die Reize in elektrische Signale um, die zunächst zur Wirbelsäule weitergeleitet werden. Einer der drei Wege führt zum Gehirn. Aus unserem Innern, den Muskeln und Gelenken, melden die Propriorezeptoren die Schmerzen an das Gehirn. Sie sind für unsere Bewegungen auch äußerst wichtig, weil sie z.B. auch in der Finsternis an das Gehirn melden, ob die Hand offen oder zur Faust geballt ist. In diesen Bereich fallen die Phantomschmerzen, Schmerzen an nicht mehr vorhandenen Körperteilen. Im somatosensorischen Cortex werden die von den Rezeptorzellen kommenden Signale verarbeitet und in Wahrnehmungen umgewandelt.[1]

Die Lokalisation der Sensoren führt zu einer Unterteilung in:[2]

  • Somatische Rezeptoren
    Sie liegen in Haut, Gelenken, Muskeln, Periost und Sehnen. Von diesen vermitteln die Rezeptoren der Haut die Oberflächensensibilität, Gelenk- und Muskel-Sehnen-Rezeptoren die Tiefensensibilität.
  • Viszerale Rezeptoren
    Sie liegen in den Eingeweiden, Pleura und Peritoneum. Sie vermitteln mechanische Reize (Dehnung z.B. der Lunge, Spannung z.B. der Harnblase, Schmerz- und Temperaturreize. Darüber hinaus registrieren sie unbemerkt Daten zur Konstanthaltung der physiologischen Abläufe, z.B. des Blutdruckes, der Produktion von Verdauungssäften und vieles mehr.

In der menschlichen Haut reagieren etwa 20 Arten von Rezeptoren auf unterschiedliche Reize. Leichte Berührung etwa (wie bei einer zärtlichen Berührung oder Streicheln einer Katze) wird von 4 Rezeptortypen registriert: freien Nervenendigungen (in der Epidermis), Merkel-Tastscheiben (in tiefen Hautschichten), Meissner-Tastkörperchen (vor allem an Handflächen, Fußsohlene, Lidern, Genitalien und Brustwarzen) und Haarfollikelrezeptoren, die Bewegungen der Haare registrieren. Pacini- und Ruffini-Körperchen reagieren auf stärkeren Druck.
Wird ein Rezeptor aktivert, sendet er als elektrische Impulse über eine sensorische Nervenfaser Informationen zu einer Spinalnervenwurzel im Rückenmark. Von dort wandert die Information zum Gehirn. Dabei erfolgt eine erste Datenverarbeitung durch Kerne in der Medulla oblongata im Hirnstamm. Von dort gelangt die Information zu einer 2. Datenverarbeitung in den Thalamus. Dieser gibt die aufbereitete Informationen an den Gyrus postcentralis des Cortex cerebri, den primären somatosensorischen Cortex. Dort entsteht die komplette Sinneswahrnehmung.[3]

Typen der Rezeptoren

Drei Typen von Sensoren reagieren auf jeweils eine bestimmte Reizcharakteristik:[2]

  • Mechanorezeptoren
    Sie reagieren auf Berührung, Druck und Veränderung der Gelenkstellung. Mechanorezeptoren der Haut bilden den Tastsinn.
  • Thermorezeptoren
    Sie registrieren die Temperatur der Gewebe.
  • Nozizrezeptoren (Schmerzrezeptoren)
    Sie reagieren auf unterschiedliche, dem Gewebe schadende mechanische, chemische, thermische und hochenergetische Reize.

Über die Sensibilität nimmt der Mensch auf unterschiedliche Weise sich und seine Umwelt wahr. Die nach außen gerichteten Rezeptoren sind hierbei in der Haut verortet:


Wahrnehmungskette des Tastsinns

Wahrnehmungskette des Tastsinns I

Von diesen Rezeptoren leiten Nervenbahnen die gewonnenen Informationen an das Rückenmark weiter. Dort werden sie gesplittet:

  • Über den Reflexbogen wird bei sehr großen Reizen ein Reflex ausgelöst. Er soll das gefährdete Körperteil in Sicherheit bringen.[Anm. 1]
  • Große Reize werden auch sofort an die Nebenniere zur Ausschüttung von Stresshormonen gemeldet. Damit steht unserem Körper für Kampf oder Flucht größtmögliche Energie und Reaktionsvermögen zur Verfügung.
  • Über einen dritten Strang wird die Information unseres Tastsinns an das Gehirn weitergeleitet. Dort wird sie gefiltert[Anm. 2] und im Großhirn verarbeitet.


Wahrnehmungskette des Tastsinns II

Die Wahrnehmungskette des Tastsinns erfolgt über 3 Neuronen:[4]

  1. . Neuron
    Das 1. Neuron leitet die Information vom Berührungsrezeptor der Haut zum Rückenmark. Sein Zellkörper sitzt im Hinterwurzelganglion des Rückenmarks. Im Rückenmark erfolgt die Umschaltung auf das 2. Neuron.
  2. . Neuron
    Das 2. Neuron sitzt größtenteils in der grauen Substanz des Rückenmarks. Das 2. Neuron leitet die Information zum Hirnstamm, wo es erstmalig verarbeitet wird und auf die andere Seite kreuzt. Im Thalamus erfolgt die zweite Verarbeitung und die Umschaltung auf das 3. Neuron.
  3. . Neuron
    Das 3. Neuron leitet die zweifach aufbereiteten Information (im Hirnstamm und im Thalamus) zur endgültigen Verarbeitung an den primären somatosensorischen Cortex weiter.


Siehe: Wahrnehmungskette#Tasten

Schmerzen

Sensoren für den Schmerz sind freie Nervenendungen in Haut, Gelenken, Muskulatur, Knochenhaut (Periost), Brust- und Bauchfell. Die Organe im Körperinneren selbst sind vielfach unempfindlich, z.B. das Gehirn (aber nicht die Hirnhäute), die Lunge und andere. Die Sensoren reagieren auf eine von mehreren möglichen schmerzauslösenden Einwirkungen: thermische, chemische, mechanische.[2]

Sonstiges =

Besonderheiten

Tastsinn

Die Aktionspotentiale der Mechanorezeptoren werden verstärkt und verschlüsselt an die Nervenfasern der 1. Nervenzelle weitergegeben. Sie befindet sich bei allen afferenten (sensorischen) Leitungen außerhalb des Rückenmarks in den Spinalganglien. Diese Nervenfasern vereinigen sich mit anderen zu peripheren Nerven, jenseits des Ganglions zu Rückenmarks- und Hirnnerven. [5]

Viszerale Sensorik

Die meisten viszeralen Rezeptoren kontrollieren die biologischen Vorgänge im Körperinnern. Sie melden chemische, physikalische und mechanische Daten an das Rückenmark oder an das Großhirn. Sie steuern das kybernetische System: Atmung, Blutdruck, Blutgase, Perisaltik, Sekretproduktion und Resorption sowie Ausscheidung.[5]

Tiere

Säugetiere haben in ihrer Haut Sensoren für die Registrierung von Wärme, Kälte, Berührung und Schmerzen. Wirbeltiere reagieren auf Schmerzreize ähnlich wie Menschen, was auf eine menschenähnliche zentrale Verarbeitung schließen lässt. Wirbellose Tiere scheinen schmerzunempfindlich zu sein, z.B. die Insekten.[2]

Evolution des Tastsinns

Evolutionsgeschichtlich ist der Tastsinn unser älteste Sinn. Auch gehirnlose Tiere (z.B. Quallen[Anm." 1]) besitzen einen Tastsinn mit einem sehr einfachen Nervensystem. Dies kommt auch in der Splittung zum Reflexbogen, zum Hormonsystem und dem Gehirn zum Ausdruck. Jeder dieser drei Wege funktioniert unabhängig voneinander und stellt durch seine je eigene Art unser Überleben sicher.

Anhang

Anmerkungen

  1. Ein Beispiel: Die Thermorezeptoren der Hand nehmen große Hitze wahr. Über Nervenbahnen wird dies an das Rückenmark gemeldet. Über den Reflexbogen wird die Hand reflexartig von der heißen Herdplatte zurückgezogen, noch bevor unser Gehirn einen Schmerz in der Hand wahrnimmt.
  2. Wenn es um Leben oder Tod geht, werden nur noch größte Schmerzen zum Gehirn zur Wahrnehmung durchgelassen. Damit kann sich das Gehirn auf das Überleben konzentrieren und wird nicht ständig von Informationen kleinerer und mittlerer Schmerzen abgelenkt.

Einzelnachweise

  1. https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/fuehlen-koerper/die-welt-und-uns-selbst-erspueren-2013-das-somatosensorische-system Zugriff am 5.8.2016.
  2. a b c d Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1524.
  3. Rita Carter: Das Gehirn. Anatomie, Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Bewusstsein, Störungen. München 2010, 100.
  4. Rita Carter: Das Gehirn. Anatomie, Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Bewusstsein, Störungen. München 2010, 100f.
  5. a b Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1525.


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