Menschenbild: Unterschied zwischen den Versionen

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||Ab ca. 5000 v.C. wurden an lebenden Menschen Schädelöffnungen durchgeführt.<ref name="Illing">Robert-Benjamin Illing: Stationen der Gehirnforschung durch die Jahrtausende. Zugriff im Internet unter: http://www.uniklinik-freiburg.de/neurobiologie/live/geschichte.html Zugriff am 15.3.2014.</ref><ref name="wiki">https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Hirnforschung Zugriff am 12.8.2016.</ref><ref name="TUDresden">o.V.: Zur Geschichte der Hirnforschung. In: https://tu-dresden.de/gsw/phil/forschung/forschungseinrichtungen/zit/ressourcen/dateien/zit/lehre/archiv/ws_2011_2012/geschichte_hirnforschung?lang=de Zugriff 12.8.2016.</ref><ref group="Anm.">In der Quelle der TU-Dresden heißt es hierzu: "Sowohl bei Lebenden als auch bei Toten wurde dabei ein scheibenförmiges Knochenstück aus dem Schädel entfernt, um Bereiche des Gehirns aus medizinischen Gründen zur Behandlung von Geisteskrankheiten und Verletzungen freizulegen, aber auch religiös motiviert, um die Seele entweichen zu lassen." Diese Aussagen sind Interpretation aus heutiger Sicht. Ohne schriftliche Zeugnisse, die aus dieser Zeit fehlen, haben wir heute nur Vermutungen.</ref>
||Ab ca. 5000 v.C. wurden an lebenden Menschen Schädelöffnungen durchgeführt.<ref name="Illing">Robert-Benjamin Illing: Stationen der Gehirnforschung durch die Jahrtausende. Zugriff im Internet unter: http://www.uniklinik-freiburg.de/neurobiologie/live/geschichte.html Zugriff am 15.3.2014.</ref><ref name="wiki">https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Hirnforschung Zugriff am 12.8.2016.</ref><ref name="TUDresden">o.V.: Zur Geschichte der Hirnforschung. In: https://tu-dresden.de/gsw/phil/forschung/forschungseinrichtungen/zit/ressourcen/dateien/zit/lehre/archiv/ws_2011_2012/geschichte_hirnforschung?lang=de Zugriff 12.8.2016.</ref><ref group="Anm.">In der Quelle der TU-Dresden heißt es hierzu: "Sowohl bei Lebenden als auch bei Toten wurde dabei ein scheibenförmiges Knochenstück aus dem Schädel entfernt, um Bereiche des Gehirns aus medizinischen Gründen zur Behandlung von Geisteskrankheiten und Verletzungen freizulegen, aber auch religiös motiviert, um die Seele entweichen zu lassen." Diese Aussagen sind Interpretation aus heutiger Sicht. Ohne schriftliche Zeugnisse, die aus dieser Zeit fehlen, haben wir heute nur Vermutungen.</ref>
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| Um 1500 v.C. bildete sich im Neuen Reich in Ägypten die Vorstellung, dass im Totengericht das Herz gewogen werden würde.<ref name="wSeele">https://de.wikipedia.org/wiki/Seele Zugriff am 8.7.2016.</ref><br>
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Version vom 17. August 2016, 13:22 Uhr

Geschichtlicher Abriss des Menschenbildes

Die Geschichte des Menschenbildes ist ein zweigleisiger Weg, der bis in die prähistorische Zeit zurückreicht. Nur an einigen wenigen Stellen wurde ein offener Streit darüber ausgetragen, ob das Herz oder das Gehirn das für das Menschsein dominierende bzw. alleingültige Organ ist.

Herz-zentriertes Menschenbild Gehirn-zentriertes Menschenbild
Steinzeitliche Darstellung in einer spanischen Mammuthöhle deutet darauf hin, dass das Herz als verwundbarste Stelle unseres Körpers gegolten hat.[1] Ab ca. 5000 v.C. wurden an lebenden Menschen Schädelöffnungen durchgeführt.[2][3][4][Anm. 1]
Um 1500 v.C. bildete sich im Neuen Reich in Ägypten die Vorstellung, dass im Totengericht das Herz gewogen werden würde.[5]

Um 1500 v.C. beschreibt das Papyrus Edwin Smith die wohl älteste kardiologische Untersuchung, die Pulsmessung.[1]

Um 1500 v.C. beschreibt das Papyrus Edwin Smith das Gehirn, ohne Hinweis auf dessen Funktion.[2][3]
Um 500 v.C. vermutete Alkmaion von Kroton das Gehirn das Organ der Sinneswahrnehmung (Sehen, Hören und Riechen).[2][4][3]
Um 400 v.C. erklärte Hippokrates von Kos (460-370 v.C.) das Gehirn für Empfindungen und Intelligenz verantwortlich.[2]
Im 4. Jh. v.C. lehrte Aristoteles, dass das Herz das Zentralorgan sei und das Zentrum für das menschliche Wesen.[6] Zeitgleich sahen auch die Stoiker das Herz als den Sitz der Seele an.[7] Um 380 v.C. lehrte Platon lehrte, dass mentale Vorgänge im Gehirn verankert seien.[2]
Um 290 v.C. lehrte Herophilos von Chalkedon (330-255 v.C.), dass das Gehirn der Sitz menschlicher Intelligenz sei.[2][4]

Um 280 v.C. beschreibt Erasistratos von Keos (3005-250 v.C.) Großhirn und Kleinhirn als Teile des Gehirns.[2]

Im 2. Jh. lehrte Galen, dass das Gehirn der Sitz der Seele sei.[5]
Um 900 beschrieb Abu Bakr Muhammad ibn Zakariya ar-Razi (um 864-925) 7 Hirnnerven und 31 Spinalnerven.[2]
Um 1020 erklärte Abu Ali al-Hasan ibn al-Haitham (Alhazen) (um 964-1039), dass das Sehen nicht im Auge erfolgt, sondern im Gehirn.[2]
Um 1200 erwog Moses Maimonides (1135–1204) erstmals, dass der Verlust von Hirnfunktionen mit dem Tod gleichzusetzen sei.[8]
Um 1250 beschrieb Albertus magnus (um 1200-1280) 3 Hirnventrikel (Hohlräume im Gehirn: ein vorderer, ein mittlerer und ein hinterer. Der Prozess von Wahrnehmung über Denken zur Erinnerung erfolge über sie, so wie das Wasser im Römischen Brunnen fließt.[2]
Im 16. Jh. wurde der Anatom Andreas Vesalius (1514-1564) des Mordes beschuldigt, nachdem er bei einer Autopsie ein noch schlagendes Herz freigelegt hatte.

Anfang des 17. Jh. entdeckte William Harvey (1578–1657) den Blutkreislauf. Bislang wurde angenommen, dass Blut ständig produziert und in den Organen verbraucht würde.[3]

Andreas Vesalius (1514-1564) konnte in den Grundstrukturen der Gehirne von Mensch und Tier keine Auffälligkeiten feststellen, weswegen er den Sitz der Seele in den Ventrikeln strikt ablehnte.[4]

Franciscus Sylvius 1614 –1672) verlegte den "Spiritus animales" in die graue Hirnrinde des Groß- und Kleinhirns.[4]

Um 1600 begann William Gilbert (1544–1603) mit der wissenschaftlichen Erforschung der [https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrizit%C3%A4t Elektrizität mit Zitteraale und Zitterrochen.[3]

Die Entdeckung des Blutkreislaufes regte René Descartes (1596–1650) zu der Behauptung an, dass der Mensch wie eine Maschine sei, das Herz eine mechanische Pumpe. Lediglich lediglich Gefühle, bewusste Wahrnehmungen, Nachdenken und willentliche Handlungen seien das Resultat einer unsterblichen und immateriellen Seele, die er in der Zirbeldrüse vermutete.[3]

1664 veröffentlichte Thomas Willis (1621-1675) seine "Cerebri anatome" und erklärte die Großhirnrinde als Sitz des Gedächtnisses.[2][3]
1789 wurde an Guillotinierten durch elektrische Schläge das Herz zum Schlagen angeregt. 1740 argumentierte Emanuel Swedenborg (1688–1772) als Erster klar dafür, dass verschiedene Hirnareale unterschiedliche Funktionen haben.[3]

Albrecht von Haller (1707–1777) widersprach mit den Ergebnissen seiner Vivisektionen das Lokalistationsprinzip, insbesondere auch gegen die Annahme, dass der Balken der Sitz der Seele sei.[4]
Giovanni Aldini (1762–1834) legte an Köpfen von frisch geschlachteten Tieren und enthaupteten Menschen elektrische Spannung an. Insbesondere durch Reizung im Bereich des Kleinhirns konnte er Muskelzuckungen im Gesicht hervorrufen.[4][Anm. 2]
1796 veröffentlichte Samuel T. Soemmerring (1755-1830) sein Buch "Über das Organ der Seele", er sah das Gehirn als solches an.[2]

Um 1800 regten Marie François Xavier Bichat (1771-1802) die ersten erfolgreichen Wiederbelebungsversuche zu ausgedehnten anatomischen, histologischen und physiologischen Untersuchungen an. Er grenzte vegetative Grundfunktionen (Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel) als "organisches Leben" von dem Komplex höherer Gehirnleistungen (Bewusstsein, Sinneswahrnehmungen) ab. In Konsequenz dieser Ergebnisse griff er erst viel später entwickelten Erkenntnissen vor und prägte den Begriff "Hirntod".[9]
1811 entdeckte Julien Jean Legallois (1770-1814) das Atemzentrum im Hirnstamm.[2]
1823 erklärte Marie-Jean-Pierre Flourens (1794-1867) das Kleinhirn reguliere motorische Aktivität.[2] Das Großhirn sei der Sitz für Empfindungen, des Willens, des Gedächtnisses und des Intellekts. Das Kleinhirn sei zuständig für die Koordination der Bewegung. Das verlängerte Rückenmark sei für die vitalen Funktionen wie die Steuerung der Atmung zuständig.[4]

1824 liefert Francois Magendie (1783-1855) erste Hinweise auf die Rolle des Kleinhirns für den Gleichgewichtssinn.[2]
1825 präsentierte Jean-Baptiste Bouillaud Patienten, denen nach Frontalhirnverletzungen die Sprache verloren ging.[2]
Rudolf Wagner(1805-1864) widerlegte durch vielfältige Untersuchungen den Zusammenhang zwischen Gehirnmasse und Intelligenz.[4]

Louis-Pierre Gratiolet (1815–1865) teilte das Großhirn in die heute noch gültige Lappeneinteilung.[4]

1861 wies Paul Broca (1824–1880) anhand einer Gehirnverletzung den Sitz des Sprachzentrums nach.[3]
1863 veröffentliche Iwan Michailowitsch Setschenow (1829-1905) das Buch "Reflexes of the Brain" (Reflexe des Gehirns).[2]
1864 schrieb John Hughlings Jackson (1835-1911) über den Verlust von Sprache nach Hirnverletzungen.[2]

1870 entdeckten Eduard Hitzig (1838-1907) und Gustav Fritsch (1838-1927) den motorischen Kortex durch elektrische Stimulation der Hirnrinde von Hunden und Katzen.[2]

1872 definierte Guillaume-Benjamin-Amand Duchenne (1806-1875) 13 primäre Emotionen des Menschen anhand elektrischer Stimulationen von Gesichtsmuskeln.[2]
1874 führte Roberts Bartholow elektrische Reizungen an der menschlichen Hirnrinde durch.[2]
1875 registrierte Richard Caton (1842-1926) elektrische Ströme von der Hirnrinde.[2]
[https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Wernicke Carl Wernicke (1848–1904) entdeckte das sensorische Sprachzentrum.[4][3]
David Ferrier (1848-1928) beschäftigte sich mit den Reflexen. Für ihr gab es kein "Rückenmarkbewusstsein" und kein Bewusstsein in den Reflexzentren. Er sah das Großhirn als Sitz des Geistes an.[4]

1874 gaben Gustav Fritsch (1838–1927) und Eduard Hitzig (1838–1907) die Ergebnisse ihrer Studien bekannt. Mittels elektrischer Stimulation den Motorkortex von Hunden und fanden heraus, dass bestimmte Hirnregionen für die Steuerung bestimmter Körperteile zuständig sind.[3]
1887 zeichnete Augustus Desiré Waller (1856-1922) das erste EKG vom Herzen eines Menschen auf. 1881 demonstrierte David Ferrier (1843–1928) an Affen, dass mit operativer Entfernung bestimmter Hirnregionen sich gezielt spezifische Funktionsausfälle hervorrufen lassen.[3]

1885 unterschied Hermann Ebbinghaus (1850-1909) in seinem Buch "Über das Gedächtnis" zwischen Lang- und Kurzzeitgedächtnis.[2]
John Hughlings Jackson (1835–1911) wies auf die Rolle der rechten Hemisphäre etwa bei der räumlichen Orientierung und beim Wiedererkennen von Menschen hin.[3]

1889 erstellte Victor Horsley (1857-1916) bei Affen eine Karte der Hirnrinde für motorischen Handlungen.[2]
1894 publizierte Victor Horsley (1857-1916) seinen Artikel "Über den Tod durch cerebrale Kompression und seine Prävention". Darin beschreibt er erstmals Patienten, die man heute als hirntot bezeichnen würde.
Um 1900 gründete Oskar Vogt (1870-1959) in Berlin in einem Mietshaus seine privat betriebene "Neurologische Zentralstation", die 1902 der Universität angegliedert und 1915 zum Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung wurde.[3]

1903 prägte Ivan Pavlov (1848-1936) den Ausdruck "konditionierter Reflex".[2]
1905 entwickelten Alfred Binet (1857-1911) und Theodore Simon (1872-1961) den ersten Intelligenztest.[2]

1909 stimulierte Harvey Cushing (1869-1939) erstmals die menschliche sensorische Hirnrinde elektrisch.[2]

1909 beschrieb Korbinian Brodmann (1868-1918) 47 zytoarchitektonisch unterscheidbare Areale der menschlichen Großhirnrinde (Brodmann's Areae).[2][3]

1919 beschrieb Cecile Vogt (1875-1962) über 200 verschiedene Regionen der menschlichen Großhirnrinde.[2]
1924 entwickelte der Jenenser Psychiater Hans Berger (1873-1941) eine Methodik der Ableitung von Hirnströmen und legte damit den Grundstein für das EEG.
1929 erprobte Werner Forßmann in einem Selbstversuch die Methode der Herzkatheterisierung.[1] 1929 leitete Hans Berger in Jena das 1. EEG am Menschen ab.[2]

1930 beobachtete Viktor Hamburger (1900-2001) als erster den planmäßigen Zelltod (Apoptose) während der Ontogenese.[2]

1937 stellte Wilder Penfield (1891–1976) fest, dass man an der Zentralfurche durch elektrische Stimulation einerseits Muskelkontraktionen auslösen kann, andererseits auch Sinneswahrnehmungen derselben Körperpartien.[4]
1947 führten Sweet () und Beck () die erste erfolgreiche Defibrillation am offenen Herzen eines Menschen durch. 1943 zeigen Warren S. McCulloch (1898-1969) und Walter Pitts in theoretischen Arbeiten, dass ein Verband von Neuronen in der Lage wäre, wie eine Rechenmaschine logische Operationen auszuführen und begründen damit den Computer als Modell für die Hirnfunktion.[2]
In den 1950er Jahren entwickelte Vladimir A. Negovskij, der sich auf dem Gebiet der Reanimationsforschung verdient gemacht hatte, das Konzept des "biologischen Todes", wie er ihn nannte. Dabei ging er davon aus, dass der Mensch als tot anzusehen ist, wenn sein Gehirn nicht mehr arbeitet.[10]
1953 stellte der amerikanische Arzt John Gibbon in Philadelphia die erste Herz-Lungen-Maschine vor und schafft damit die Basis, das stillstehende Herz zu öffnen und zu operieren.[1] 1953 wurde dem Patienten H.M. wegen lebensgefährlicher Epilepsie Hippocampi und Mandelkerne (Amygdala] beidseitig entfernt (bilateral mediale Lobektomie des Temporallappens); seine Epilepsie wurde dadurch weitgehend geheilt, er litt für den Rest seines Lebens jedoch an einer totalen anterograden Amnesie.[2]
1956 wies Roger Wolcott Sperry (1913-1994) durch Experimente am Frosch nach, dass Verhaltensleistungen unmittelbar auf korrekten Mustern neuronaler Kontakte beruhen.[2]
1958 wurde der erste Herzschrittmacher implantiert.[1] 1959 beschrieben Pierre Mollaret (1898-1987) und Maurice Goulon (1919-2008) erstmals unter dem Begriff "Coma depassé" (jenseits/unterhalb des Komas, "überschrittenes Koma") einen Zustand, welcher bei künstlicher Beatmung keinerlei Lebenszeichen des Gehirns erkennen ließ, der nicht umkehrbar war und irgendwann zum Herztod führte.
1960 veröffentlichten Wertheimer, Rougement, Jouvet und Descotes in einem Artikel, dass sie eine künstliche Beatmung beendet haben. Als Kriterien für ihr Handeln nannten sie: Nachweis der völligen Areflexie, keine Eigenatmung, das EEG weist eine Nulllinie auf und eine angiographische Darstellung der Hirndurchblutung.
1962 übernahmen Judith Hockaday und ihre Forschergruppe das Konzept von Vladimir A. Negovskij und präsentierten 1962 auf einem Kongress der EEG-Gesellschaft ein begrifflich ausgereiftes Todeskonzept, bei dem das Erlöschen der Hirnfunktionen als Zeichen des Todes zu verstehen sei.[11]
1964 wurde auf dem Deutschen Chirurgenkongress eine erste einfache HTD verabschiedet.[12]
1966 führten Fred Plum (1924-2010) und Jerome Posner () den Begriff "Locked-in-Syndrom" für Patienten ein, die zwar (fast) alles wahrnehmen können, aber (fast) vollständig gelähmt sind, unfähig sich mitzuteilen.
Am 3.12.1967 transplantitierte Christiaan Barnard das erste Herz. Das hätte das Ende des Herz-zentrierten Menschenbildes sein müssen. Am 10.5.1966 stellte die Kommission der frz. "Académie Nationale de Médicine" das Ergebnis ihrer Arbeit vor: Der irreversible Funktionsverlust des Gehirns wurde als neues Todeskriterium eingeführt.[13]
April 1968 stellte diese Kommission der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie das Ergebnis ihrer Arbeit unter dem Titel "Todeszeichen und Todeszeitbestimmung" vor. Nach der frz. medizinischen Akademie bejaht auch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie das Hirntodkonzept. Menschen mit irreversiblen Funktionsverlust des Gehirns werden als Tote angesehen.[14]
Eine aus Medizinern, Juristen und Theologen gebildete Ad-Hoc-Kommission der Harvard University schuf am 5.8.1968 das sogenannte Hirntod-Konzept.
1969 wurde der Begriff "irreversibles Koma" durch verschiedene Kriterien (z.B. EEG-Nullinie, 24 Stunden später keine Verbesserung) erweitert und dies als "Hirntod" definiert.

1969 wiesen Gerald Schneider und G. Raismann nach, dass nicht nur die Funktion, sondern auch die Struktur des Gehirns von Säugetieren durch Erfahrung veränderbar ist.[2]

1980 wurde der erste Defibillator eingesetzt.[1] 1979 begann eine durch den Wissenschaftlichen Beirat der BÄK gebildete Kommission mit der Ausarbeitung einer "Entscheidungshilfe zur Feststellung des Hirntodes". Das Ergebnis wurde 1982 veröffentlicht und 1986, 1991, 1997 und 2015 aktualisiert.

1980 brachten Arthur P. Arnold und Fernando Nottebohm Zebrafinkenweibchen durch Hormongaben zum Singen; nach der Hormonbehandlung zeigten sie eine Hirnstruktur, die denen der Männchen entspricht.[2]

1982 wurde das erste künstliche Herz eingesetzt. Es funktionierte 4 Monate.[1] 1982 gab die BÄK die "Entscheidungshilfe zur Feststellung des Hirntodes" heraus. [12]
1983 gab der Weltärztebund eine Deklaration zur Definition des Todes heraus.

1983 begann Benjamin Libet seine Serie von Experimenten am menschlichen Gehirn, die die Frage nach der Willensfreiheit betreffen.[2]

1991 gab die BÄK die 2. Fortschreibung der Entscheidungshilfe zur HTD heraus.[12]
1995 bekam im Deutschen Herzzentrum Berlin erstmals ein Patient sein eigenes Herz wieder eingesetzt, nachdem es sich außerhalb des Patienten erholt hatte und ein Kunstherz die Arbeit übernommen hatte.[1] 1997 gab die BÄK die 3. Fortschreibung der Entscheidungshilfe zur HTD heraus.[12]
2011 brachte die "Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften" (SAMW) die Schrift "Es gibt nur einen Tod" heraus.
2015 brachte der DER am 24.2.2015 seine Stellungnahme zu "Hirntod und Organspende" heraus. Für 7 Mitglieder ist der Hirntod nicht der Tod des Menschen, für 18 Mitglieder ist der Hirntod der Tod des Menschen.
2015 übergab die BÄK die 4. Fortschreibung der Entscheidungshilfe zur HTD an das Bundesministerium für Gesundheit, das diese Richtlinie am 30.3.2015 in Kraft setzte.[12]
2015 brachte die Deutsche Bischofskonferenz die Arbeitshilfe "Hirntod und Organspende" heraus. Darin heißt es auf Seite 6: "Nach jetzigem Stand der Wissenschaft stellt das Hirntod-Kriterium im Sinne des Ganzhirntodes – sofern es in der Praxis ordnungsgemäß angewandt wird – das beste und sicherste Kriterium für die Feststellung des Todes eines Menschen dar, so dass potentielle Organspender zu Recht davon ausgehen können, dass sie zum Zeitpunkt der Organentnahme wirklich tot und nicht nur sterbend sind."

Siehe auch:
Kardiozentriertes Menschenbild (Herz-zentrieres Menschenbild)
Enzephalozentrisches Menschenbild (Gehirn-zentriertes Menschenbild)

Anhang

Anmerkungen

  1. In der Quelle der TU-Dresden heißt es hierzu: "Sowohl bei Lebenden als auch bei Toten wurde dabei ein scheibenförmiges Knochenstück aus dem Schädel entfernt, um Bereiche des Gehirns aus medizinischen Gründen zur Behandlung von Geisteskrankheiten und Verletzungen freizulegen, aber auch religiös motiviert, um die Seele entweichen zu lassen." Diese Aussagen sind Interpretation aus heutiger Sicht. Ohne schriftliche Zeugnisse, die aus dieser Zeit fehlen, haben wir heute nur Vermutungen.
  2. Die Einführung der Guillotine 1792 führte zu einer regelrechten Konjunktur dieser Experimente. Nach der durch den König verordneten Einschränkung solcher Versuche in Preußen ist ein wachsendes moralisches Verantwortungsbewusstsein bei den Ärzten zu verzeichnen. Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836) äußerte sich wie folgt: "Es ist möglich ja sogar wahrscheinlich, dass ein enthaupteter Kopf, wenn er unmittelbar nachher mit starken Reizen behandelt wird, Empfindungen mit Bewusstsein und folglich schmerzliche Gefühle haben kann. Man kann ihn also noch nach dem Tode martern – und das ist gewiss unrecht, grausam und gegen den Willen des Gesetzes." (Erhard Oeser: Geschichte der Hirnforschung, Darmstadt 2002, 99.)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h http://www.madeasy.de/4/herzhist.htm Zugriff am 27.5.2016.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak Robert-Benjamin Illing: Stationen der Gehirnforschung durch die Jahrtausende. Zugriff im Internet unter: http://www.uniklinik-freiburg.de/neurobiologie/live/geschichte.html Zugriff am 15.3.2014.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Hirnforschung Zugriff am 12.8.2016.
  4. a b c d e f g h i j k l m o.V.: Zur Geschichte der Hirnforschung. In: https://tu-dresden.de/gsw/phil/forschung/forschungseinrichtungen/zit/ressourcen/dateien/zit/lehre/archiv/ws_2011_2012/geschichte_hirnforschung?lang=de Zugriff 12.8.2016.
  5. a b https://de.wikipedia.org/wiki/Seele Zugriff am 8.7.2016.
  6. Dag Moskopp: Hirntod, 44.
  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Seele 8.7.2016.
  8. Siehe: Steven Laureys: Hirntod und Wachkoma. In: Spektrum der Wissenschaft 2/2006, 62. http://www.coma.ulg.ac.be/papers/german/05_spektrum_hirntod.pdf Zugriff am 12.8.2016.
  9. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Deutsche Stiftung Organtransplantation: Kein Weg zurück ... Informationen zum Hirntod. Frankfurt a.M. 2012, Seite 10.
  10. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 55.
  11. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 55.
  12. a b c d e http://www.aerzteblatt.de/archiv/6339/Bekanntmachungen-Stellungnahme-des-Wissenschaftlichen-Beirates-der-Bundesaerztekammer-Kriterien-des-Hirntodes-Entscheidungshilfen-zur-Feststellung-des-Hirntodes Zugriff am 3.2.2015.
  13. Siehe: Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 99.
  14. Gesa Lindemann: Beunruhigende Sicherheiten, 113f.