Erinnerung

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Die Fähigkeit des Erinnerns kann uns längst vergangene Erlebnisse in die Gegenwart rufen und gleichsam wieder lebendig werden. Uns wichtige Erlebnisse, insbesondere die Erlebnissen mit starken Emotionen, sind dauerhaft im Gehirn abgespeichert.

Hirntoten haben ihr ganzes Erinnerungsvermögen durch den physiologischen Verlust des Datenträgers "Gehirn" dauerhaft verloren. Damit ist auch die Datenbank unseres Lebens zerstört.

Hirntote im Vergleich mit Patienten, bei denen nach Patientenverfügung das Therapieende gewünscht wird.

Fähigkeit Patientenverfügung Hirntod
Kommunikation sich mitteilen können unmöglich unmöglich
Können gehen, sprechen, singen, musizieren, balancieren unmöglich unmöglich
Wahrnehmung sehen, hören, riechen, schmecken, tasten möglich unmöglich
Bewusstsein denken, planen, erfinden, kreativ etwas erschaffen möglich unmöglich
Erinnerung was man erlebt hat (DuL) möglich unmöglich
Wissen was wir gelernt haben (DuL) möglich unmöglich
Gefühle Liebe, Hass, Vertrauen, Angst, Hoffnung, Sorge möglich unmöglich
Eigenatmung atmet selbstständig, wenn auch schwer möglich unmöglich
Hirnstammreflexe Licht-, Lidschluss-, ... Atem-Reflex vorhanden nicht vorhanden
Homöostase Körpertemperatur, Wasserhaushalt gestört sehr gestört
Herzschlag vorhanden vorhanden
Verbesserung des Zustandes? sehr unwahrscheinlich völlig unmöglich
gewünscht Mord?
Das "unmöglich" ist beim Hirntod deswegen dauerhaft, weil die Gehirnzellen im Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm seit Eintritt des Hirntodes so schwer geschädigt sind, dass sie nicht nur nie wieder funktionieren werden (irreversibel). Sie befinden sich in einem so weit fortgeschritten Sterbeprozess, dass dieser unaufhaltsamen geworden ist und der nach Tagen des Hirntodes mit der Auflösung des Gehirns (Autolyse) endet.

Das Netzwerk der Erinnerung

Erinnerungen werden als Fragmente überall im Gehirn gespeichert. Man kann sich das wie eine Netz vorstellen: Die Fäden sind die verschiedenen Elemente einer Erinnerung, die an den Knoten zu einer vollständigen, abgerundeten Erinnerung an eine Person einen Namen oder ein Objekt zusammenlaufen.[1]
Das Gedächtnisnetz zieht sich durch das ganze Gehirn, da sich ständig neue Neuronen zusammenschließen.[1]

Erinnerungen werden in 3 Schritten gebildet.[1]

  1. Auslöser
    Ein externer Reiz lässt zwei Neuronen synchron feuern. Wenn in Zukunft das eine feuert, wird das andere das auch tun.
  2. Bildung eines Schaltkreises
    Ein drittes Neuron feuert und reizt das Neuronenpaar, ebenfalls zu feuern. Die drei Neuronen sind nun miteinander zu einem Ring verbunden.
  3. Wachsende Aktivität
    Die drei Neuronen sind nun sensibilisiert. Sobald eines von ihnen feuert, machen es ihm die beiden anderen nach.

Ein Erlebnis wird im Gehirn durch Abfeuern von Neuronengruppen verankert. Synchrones Feuern steigert die Tendenz, der beteiligten Neuronen, auch in Zukunft gemeinsam zu feuern, um das Erlebte erneut abzurufen. Man nennt dies "Potenzierung". Wenn dieselben Neuronen häufig gemeinsam feuern, werden sie permanent aufeinander sensibilisiert. Damit braucht nur ein Neuron zu feuern, damit es die anderen es ihm sofort gleichtun. Dies nennt man "Langzeit-Potenzierung".

Unsere Erinnerungen sind überall im Gehirn gespeichert. Selbst wenn ein Teil davon verloren geht, bleiben viele andere erhalten. Dies ist vor allem für Langzeiterinnerungen von Vorteil. Wären sie alle am selben Ort gespeichert, würde ein Schaden in diesem Areal (z.B. durch Hirninfarkt)) alle auf einmal löschen. So aber können Traumata oder Alterserscheinungen Erinnerungen nur selten völlig zerstören, sondern nur etwas daran "knabbern". Man vergisst z.B. den Namen einer Person, doch nicht ihr Gesicht.[1]

Deklarative Erinnerungen (Episoden und Fakten, die man sich bewusst ins Gedächtnis rufen kann) werde zwar vom Hippocampus abgelegt und aufgerufen, sind jedoch überall im Gehirn gespeichert Jedes Element einer Erinnerung (Bild, Ton, Worte oder Emotionen) wird in dem Areal abgelegt, das dieses Fragment ursprünglich produziert hat. Beim Erinnern werden im wesentlichen die neuronalen Muster reaktiviert, die beim Erleben generiert wurden. Denkt man z.B. an den Hund, den man früher besaß, wird die Erinnerung an seine Fellfarbe vom "Farben-Areal" des visuellen Cortex generiert, die Erinnerung an die Spaziergänge mit ihm entstehen (teilweise) im motorischen Bereich des Gehirns, der Name des Hundes ist im Sprachzentrum gespeichert.[1]


Anhang

Siehe

Siehe: H.M.

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. a b c d e Rita Carter: Das Gehirn. Anatomie, Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Bewusstsein, Störungen. München 2010, 156.