Auditive Wahrnehmung

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Als auditive Wahrnehmung (aurale, akustische) bezeichnet man die Sinneswahrnehmung von Schall durch Lebewesen. Zur Wahrnehmung des Schalls dienen Sinnesorgane, die durch Schwingungen aus der Umgebung des Lebewesens stimuliert werden. Die Schwingungen können über das Umgebungsmedium (Luft, Wasser) oder über den Untergrund (Vibrationen) übertragen werden. Der Hörsinn ist nicht immer an Ohren gebunden, insbesondere Vibrationen können auch durch Sinnesorgane an entsprechenden Körperteilen wahrgenommen bzw. empfunden werden.

Auditive Wahrnehmung beschreibt den Vorgang des Hörens und in welcher Form Schall von Lebewesen wahrgenommen wird, also z.B. die Hörereignisse, die bei bestimmten Schallereignissen entstehen.

Die beiden Hörbahnen leiten die Informationen des Corti-Organs der Ohren zunächst an die beiden Schneckenkerne im Hirnstamm. Dort werden die Signale nach Lautstärke, Frequenz und Richtung, aus der der Ton kommt, sortiert. Anschließend kreuzen sich die Hörbahnen - ähnlich wie bei den Sehnerven - und kommen zu den "Oliven". Dort treffen die Informationen erstmals aufeinander und werden ausgewertet. Aus der Zeitdifferenz der Information der beiden Ohren, kann die Richtung bestimmt werden, aus welcher der Ton kommt. Die "Oliven" leiten die Informationen an das Mittelhirn weiter, über den Thalamus schließlich zum auditiven Cortex der Großhirnrinde. Die Aufbereitung der Hörinformationen im Gehirn ist so breit gestreut, dass Verletzungen des Gehirns selten zum totalen Hörverlust führen.[1]

Signale aus dem Ohr gelangen über den Thalamus in den primären autitiven Cortex. Dieser liegt in der Furche zwischen Schläfen- und Scheitellappen. Direkt daneben befindet sich das Wernicke-Areal, in dem eintreffende Laute zu Wörtern umgewandelt werden.[2]

Ablauf der Auditiven Wahrnehmung

Martin Trepel zählt in seinem Buch "Neuroanatomie" jedes einzelne Neuron auf, über die die Informationen vom Ohr zur Hörrinde gelangen:[3]

  • 1. Neuron
    Das 1. Neuron, dessen Perikaryen im Ganglion spirale liegen, leitet die Signale den Ncll. cochleares in der Medulla oblongata zu. Dabei existiert eine tonotopische Gliederung (Gliederung nach Tonhöhe).
  • 2. Neuron
    Das 2. Neuron führt zum geringeren Teil nach oben und zum größeren Teil zur Gegenseite. Die nachfolgende Kreuzung ist wichtig für das Richtungshören. (Die Hörnerven kreuzen sich öfters)
  • 3. Neuron
    Aus der Kreuzung führt das 3. Neuron in die Hörrinde.

Die Hörrinde wird in eine primäre und eine Sekundäre Hörrinde unterschieden:[4]

  • Primäre Hörrinde
    Die primäre Hörrinde ist in der Area 41 nach Brodmann. Dort werden die elektrischen Signale als Töne bewusst wahrgenommen.[Anm. 1]
  • Sekundäre Hörrinde
    Die sekundäre Hörrinde nimmt die Areae 42 und 22 nach Brodmann ein. Dort erfahren die elektrischen Impulse der primären Hörrinde "eine interpretative Verarbeitung. Die Laute werden als Wörter, Melodien, Geräusche etc. erkannt."
    Dabei nehmen die sekundären Hörrinden beider Hemisphären einen unterschiedlichen Stellenwert ein:
    • Dominante Hemisphäre
      In der dominanten Hemisphäre werden die Informationen mehr rational integriert einschließlich des Verständnisses der Sprache. Daher wird sie auch "sensorisches Sprachzentrum" genannt.
    • Nicht-dominante Hemisphäre
      In der nicht-dominanten Hemisphäre erfolgt eher die gefühlsmäßige Verarbeitung, wie das Erkennen und das Verständnis von Musik.
      "Definitionsgemäß ist diejenige Hemisphäre dominant, in der motorisch und sensorisch die Sprache verarbeitet wird (bei Rechtshändern die linke, bei Linkshändern die rechte oder die linke)."[5]
      Die sekundäre Hörrinde ist auch mit dem Gyrus angularis verbunden, der eine zentrale Rolle bei der Verknüpfung von Gesehenem und der Sprache hat. Dies spielt z.B. beim Schreiben oder Lesen eine wichtige Rolle. Der Gyrus angularis erhält die meisten Signale aus der sekundären Sehrinde. "Diese Information der als Schrift erkannten Impulse aus der Sehrinde wird dann vom Gyrus angularis an das Wernicke-Sprachzentrum weitergesandt und dort mit dem Sprachverständnis verknüpft. Auch bei anderen Funktionen, z.B. beim Benennen von gesehenen Gegenständen, gilt dieses Prinzip."[5]

Das Wernicke-Zentrum ist eine zentrale Stelle unserer schriftlichen und mündlichen Kommunikation. Auch "der größte Teil unseres Denkens ist an die Sprache als 'Instrument' und somit an das Wernicke-Zentrum gebunden. Eine vollständige Zerstörung des Wernicke-Zentrums hat deshalb ... meist auch tiefgreifende Persönlichkeitsbeeingträchtigungen zur Folge."[6]


Anhang

Anmerkungen

  1. Martin Trepel schreibt hierzu: "Bei (experimenteller) Reizung der primären Hörrinde werden dementsprechend immer nur einzelne Laute der Lautmuster unterschiedlicher Frequenz, niemals aber Wörter oder Melodien wahrgenommen. Die sinnvolle Verknüpfung dieser Laute zu Wörtern oder schließlich Sätzen und dergleichen erfolgt erst in der sekundären Hörrinde".

Einzelnachweise

  1. Christiane Stenger: Wer lernen will, muss fühlen. Wie unsere Sinne dem Gedächtnis helfen. Reinbeck 2016, 146f.
  2. Rita Carter: Das Gehirn. Anatomie, Sinneswahrnehmung, Gedächtnis, Bewusstsein, Störungen. München 2010, 30.
  3. Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 7. Auflage. München 2017, 238f.
  4. Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 7. Auflage. München 2017, 239f.
  5. a b Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 7. Auflage. München 2017, 240.
  6. Martin Trepel: Neuroanatomie. Struktur und Funktion. 7. Auflage. München 2017, 241.