Todesfeststellung: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei dem Verdacht auf das Vorliegen von Umständen entsprechend der AEIOU-Regel, klinisch also Schlafmittel-, CO-, Alkoholvergiftungen, Unterkühlungen, Elektrounfälle, [https://de.wikipedia.org/wiki/Apoplex Apoplex], [[Hirndruck]], [[metabolisches Koma|metabolische Komata]], Anfallsleiden, [[Hypoxie|hypoxische Hirnschädigung]], fehlende Lebensäußerungen aber gleichzeitig fehlenden sicheren Todeszeichen ist größte Vorsicht geboten. Grundsätzlich gilt: Keine Todesbescheinung ohne sichere Todeszeichen. Im Zweifelsfall, insbesondere bei Unterkühlung, sofortige Krankenhauseinweisung veranlassen!"<ref name="Madea124">Burkhard Madea, Frank Mußhoff, Brigitte Tag: Kurzlehrbuch Rechtsmedizin. Bern 2012, 124.</ref>
Bei dem Verdacht auf das Vorliegen von Umständen entsprechend der AEIOU-Regel, klinisch also Schlafmittel-, CO-, Alkoholvergiftungen, Unterkühlungen, Elektrounfälle, [https://de.wikipedia.org/wiki/Apoplex Apoplex], [[Hirndruck]], [[metabolisches Koma|metabolische Komata]], Anfallsleiden, [[Hypoxie|hypoxische Hirnschädigung]], fehlende Lebensäußerungen aber gleichzeitig fehlenden sicheren Todeszeichen ist größte Vorsicht geboten. Grundsätzlich gilt: Keine Todesbescheinung ohne sichere Todeszeichen. Im Zweifelsfall, insbesondere bei Unterkühlung, sofortige Krankenhauseinweisung veranlassen!"<ref name="Madea124">Burkhard Madea, Frank Mußhoff, Brigitte Tag: Kurzlehrbuch Rechtsmedizin. Bern 2012, 124.</ref>
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=== Beispiele irriger Todesfeststellungen ===
{{Zitat|Beispiel 1<br>
Eine 63 Jahre alt gewordene Frau wurde im Januar leblos am Flussufer außerhalb des Wassers in Rückenlage gefunden, die Bekleidung war regelrecht, die unbeschuhten Füße am Wasserrand. Der sofort alarmierte Notarzt diagnostizierte einen [[Herz-Kreislauf-Stillstand]] und eine [[Apnoe]]. Epikritisch stellte er fest: Apnoe, Karotis-Puls nicht tastbar, beginnende Leichenstarre am Unterkiefer, eingeschränkte Beweglichkeit der oberen Extremitäten, weite lichtstarre, entrundete Pupillen, Abbruch der Leichenschau wegen V.a. nicht-natürliche Todesursache, Übergabe an Polizei. Bei der kriminalpolizeilichen Leichenschau in den Räumen eines Bestatters konnte Totenstarre weder im Kiefergelenk noch in den Fingergelenken festgestellt werden, dagegen leichte, unregelmäßige Atembewegungen. Sofortige intensivmedizinische Maßnahmen waren erfolglos. Möglicherweise vorhandene Kältestarre war fälschlich als Totenstarre interpretiert worden, die differenzialdiagnostisch wichtige Prüfung auf das Vorhandensein von Totenflecken war vom Notarzt verpasst worden.<ref name="Madea124"></ref>}}
Eine 63 Jahre alt gewordene Frau wurde im Januar leblos am Flussufer außerhalb des Wassers in Rückenlage gefunden, die Bekleidung war regelrecht, die unbeschuhten Füße am Wasserrand. Der sofort alarmierte Notarzt diagnostizierte einen [[Herz-Kreislauf-Stillstand]] und eine [[Apnoe]]. Epikritisch stellte er fest: Apnoe, Karotis-Puls nicht tastbar, beginnende Leichenstarre am Unterkiefer, eingeschränkte Beweglichkeit der oberen Extremitäten, weite lichtstarre, entrundete Pupillen, Abbruch der Leichenschau wegen V.a. nicht-natürliche Todesursache, Übergabe an Polizei. Bei der kriminalpolizeilichen Leichenschau in den Räumen eines Bestatters konnte Totenstarre weder im Kiefergelenk noch in den Fingergelenken festgestellt werden, dagegen leichte, unregelmäßige Atembewegungen. Sofortige intensivmedizinische Maßnahmen waren erfolglos. Möglicherweise vorhandene Kältestarre war fälschlich als Totenstarre interpretiert worden, die differenzialdiagnostisch wichtige Prüfung auf das Vorhandensein von Totenflecken war vom Notarzt verpasst worden.<ref name="Madea124"></ref>}}


{{Zitat|Beispiel 2<br>
Eine 40-jährige Frau wurde in der kalten Jahreszeit frühmorgens in einem Park aufgefunden. Der herbeigerufene Notarzt bescheinigte den eingetretenen Tod aufgrund Atmungs-, Puls- und Reflexlosigkeit sowie starker Abkühlung. In der Leichenhalle fiel dann auf, dass die über den Kopf geschlagene Plastikfolie im Gesichtsbereich beschlagen ist. Die daraufhin eingeleitete Reanimation verlief zunächst erfolgreich. - Die Frau hatte in suizidaler Absicht große Mengen [[Alkohol]] und [[Barbiturate]] eingenommen und sich zum Sterben in den Park gelegt.<ref>Randolph Penning: Rechtsmedizin systematisch. 2. Auflage. Bremen 2006, 22.</ref>


== Anhang ==
== Anhang ==

Version vom 28. November 2017, 20:27 Uhr


Burkhard Madea, Frank Mußhoff und Brigitte Tag schreiben in ihrem "Kurzlehrbuch Rechtsmedizin" (2012): "Die Feststellung des eingetretenen Todes kann sich schwieriger gestalten in der Phase einer Vita minima und Vita reducta mit zunehmender Devitalisierung vor Eintreten sicherer Leichenerscheinungen als Folge des irreversiblen Herz-Kreislauf-Stillstandes. In der Phase der Vita minima und Vita reducta mit Dysregulation der großen Funktionssysteme und ihrer Koordination sowie zunehmender Devitalisierung können die Lebensäußerungen (Respiration, Zirkulation) so daniederliegen, dass sie bei oberflächlicher Untersuchung nicht wahrgenommen werden. Ursachenkomplexe und Umstände, die zu einer Vita minima oder Vita reducta führen können, wurde als AEIOU-Regel[Anm. 1] zusammengefasst.
Bei dem Verdacht auf das Vorliegen von Umständen entsprechend der AEIOU-Regel, klinisch also Schlafmittel-, CO-, Alkoholvergiftungen, Unterkühlungen, Elektrounfälle, Apoplex, Hirndruck, metabolische Komata, Anfallsleiden, hypoxische Hirnschädigung, fehlende Lebensäußerungen aber gleichzeitig fehlenden sicheren Todeszeichen ist größte Vorsicht geboten. Grundsätzlich gilt: Keine Todesbescheinung ohne sichere Todeszeichen. Im Zweifelsfall, insbesondere bei Unterkühlung, sofortige Krankenhauseinweisung veranlassen!"[1]

Beispiele irriger Todesfeststellungen

Beispiel 1

Eine 63 Jahre alt gewordene Frau wurde im Januar leblos am Flussufer außerhalb des Wassers in Rückenlage gefunden, die Bekleidung war regelrecht, die unbeschuhten Füße am Wasserrand. Der sofort alarmierte Notarzt diagnostizierte einen Herz-Kreislauf-Stillstand und eine Apnoe. Epikritisch stellte er fest: Apnoe, Karotis-Puls nicht tastbar, beginnende Leichenstarre am Unterkiefer, eingeschränkte Beweglichkeit der oberen Extremitäten, weite lichtstarre, entrundete Pupillen, Abbruch der Leichenschau wegen V.a. nicht-natürliche Todesursache, Übergabe an Polizei. Bei der kriminalpolizeilichen Leichenschau in den Räumen eines Bestatters konnte Totenstarre weder im Kiefergelenk noch in den Fingergelenken festgestellt werden, dagegen leichte, unregelmäßige Atembewegungen. Sofortige intensivmedizinische Maßnahmen waren erfolglos. Möglicherweise vorhandene Kältestarre war fälschlich als Totenstarre interpretiert worden, die differenzialdiagnostisch wichtige Prüfung auf das Vorhandensein von Totenflecken war vom Notarzt verpasst worden.[1]

{{Zitat|Beispiel 2
Eine 40-jährige Frau wurde in der kalten Jahreszeit frühmorgens in einem Park aufgefunden. Der herbeigerufene Notarzt bescheinigte den eingetretenen Tod aufgrund Atmungs-, Puls- und Reflexlosigkeit sowie starker Abkühlung. In der Leichenhalle fiel dann auf, dass die über den Kopf geschlagene Plastikfolie im Gesichtsbereich beschlagen ist. Die daraufhin eingeleitete Reanimation verlief zunächst erfolgreich. - Die Frau hatte in suizidaler Absicht große Mengen Alkohol und Barbiturate eingenommen und sich zum Sterben in den Park gelegt.[2]

Anhang

Anmerkungen

  1. Ursachenkomplexe für eine Vita minima/Vita reducta (nach Prokop 1976):
    A Alkohol, Anämie, Anoxämie
    E Elektrizität (Blitzschlag)
    I Injury (Schädel-Hirn-Trauma)
    O Opium, Betäubungsmittel, zentral wirksame Pharmaka
    U Urämie (andere metabolische Komata), Unterkühlung

Einzelnachweise

  1. a b Burkhard Madea, Frank Mußhoff, Brigitte Tag: Kurzlehrbuch Rechtsmedizin. Bern 2012, 124.
  2. Randolph Penning: Rechtsmedizin systematisch. 2. Auflage. Bremen 2006, 22.