Scheintod

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Reanimation

Andreas Vesal beschrieb 1543 in seiner "corporis fabrica" ein Beatmungsexperiment, das er an einem Hund vollzog. Dabei führte er durch ein Röhrchen dem Hund Luft zu und beobachtete, wie der Puls des Herzens kräftiger wurde. 1667 wurde dieses Experiment von Robert Hooke wiederholt. Er konnte damit den Hund eine ganze Stunde am Leben erhalten. 1755 gelang es John Hunter einen Hund ohne Puls mit einem doppelten Blasebalg fast ein Dutzend Mal wiederzubeleben. Aus dieser Beobachtung erkannte er den engen Zusammenhang zwischen Atmung und Herzschlag. Bereits 1805 kannte ein Verfasser bereits über 1.000 Publikationen über Wiederbelebung. Dies beweist, wie intensiv über dieses Thema diskutiert wurde.[1]

Was an Tieren erprobt wurde, fand an Menschen Anwendung. Zu verlieren hatten diese nichts. Mit dem Versuch einer Reanimation konnten diese nur gewinnen. 1742 beschrieb die ins Deutsche übersetzte Wiederbelebungsschrift "Avis", wie man einen Ertrunkenen reanimieren sollte: In einem bodenlosen Fass soll er hin und her wälzen. Die Schrift kannte die Methode, den Ertrunkenen an den Füßen aufzuhängen, lehnte dies jedoch ab. Statt dessen solle der Körper des Ertrunkenen auf jede erdenkliche Art bewegt werden. Wie unwissend man im Umgang mit Ertrunkenen im Grunde war, zeigen die Handlungsanweisungen aus dem Jahre 1775: Aderlass und künstliche Beatmung wurde an erster Stelle gesetzt, daneben Reiben und allgemeine Stimulation[Anm. 1] empfohlen.[1]

Mit der früheste belegte Fall einer Reanimation eines Menschen ist für 1744 aus England überliefert. Ein erstickter Bergmann soll von einem Chirurgen erfolgreich beatmet worden sein. 1767 empfahl die "Amsterdamer Gesellschaft zur Rettung Ertrunkener": Es könne "dies von sehr vielem Nutzen seyn, daß einer der Umstehenden seinen Mund gegen des Unglücklichen Ertrunkenen seinen hält, mit der einen Hand die Nasenlöcher zuhält, und mit der anderen Hand sich auf des Ertrunkenen Brust lehne, und auf solche Art dessen Lunge unmittelbar aufzublasen bemüht" sei.[1]

In Lehrbücher für Chirurgen des 17. Jh. war bereits der Luftröhrenschnitt beschrieben..[1]

August Struve schrieb 1797 über die Medizin seiner Zeit: Die "Arzneikunde hat keinen grössern Triumph über alle ihre Feinde, als die in unserm Zeitalter immer mehr vervollkommnete Kunst, Scheintodte zu beleben." [1]

Erste Lebensrettungs-Gesellschaften

Die ersten erfolgreichen Reanimationen Mitte des 18. Jh. wurde als ein Zurückholen aus dem Zustand Tod angesehen. Hierauf erfolgten die Gründung verschiedener Gesellschaften zur Rettung vor dem Tod.

1767 wurde in Amsterdam eine Gesellschaft zur Reanimation gegründet. Im Zeitraum 1784–92 sind von ihnen 544 Fälle versuchter Wiederbelebung registriert, 45% ohne glückliches Ergebnis, jedoch wurden 110 'mit Lebenszeichen aus dem Wasser geholt und gerettet' und sogar 187 'anscheinend tot herausgeholt und durch Kunsthilfe gerettet'."[2]

Der in der Scheintod-Diskussion engagierten Arztes Christian August Struve schrieb über das 15jährige Jubiläum der Royal Human Society: "Erhaben und rührend ist die Feyer des jährlichen Stiftungsfestes, wo die Listen der Retter und Geretteten öffentlich verlesen, die Rechnungen vorgelegt, und die Prämien bestimmt werden. Das Stiftungsfest am 22sten Julius 1796, war besonders glänzend. Es wurden Gesänge auf den erhabenen Gegenstand der Menschenrettung gesungen, begleitet von der herrlichsten Musik. Und welch ein Schauspiel!! Es erschien eine zahlreiche Procession von Männern, Weibern und Kindern, die allesammt der Humanitäts-Societät ihr Leben verdanken, in den verschiedenen Truppen. Jeder Trupp hatte seine Fahne mit einer Inschrift. Auf der ersten Fahne standen die Worte 'Dank dem höchsten Wesen'; auf der zweyten: 'Erweckung' ... darauf ein Trupp mit einer Fahne und der Inschrift: 'Göttliche Barmherzigkeit', dann einer mit der Inschrift: 'Humanität', auf der letzten Fahne las man die Worte: 'Wiederkehr ins Leben'."[2]

An den Beispielen dieser Aufzählungen wird deutlich, dass es meist Ertrunkene waren, die man durch Reanimation wieder ins Leben zurückgeholt hatte. Dies sind jedoch keine im üblichen Sinn verstandene Scheintote. Die zur Lebensrettung gegründeten Gesellschaften wollten mit ihren Erfolgen glänzen. Sicherlich war dies Ende des 18. Jh. eine Sensation, doch heute gehört dies mit zur Ausbildung eines jeden Rettungsschwimmers. Niemand würde heute sagen, dass hier jemand scheintot war. Heute fällt dies unter dem Sammelbegriff der Leistung der Ersten Hilfe.

Bereits Mitte des 19. Jh. wurden Gesetzt gegen unterlassener Hilfeleistung erlassen. Im ALR von 1838 heißt es in § 691: "Ein Jeder ist schuldig, sein Betragen so einzurichten, dass er weder durch Handlungen, noch Unterlassungen Anderer Leben oder Gesundheit in Gefahr gesetzt werden." - In 782, ALR heißt es: "Wer ohne eigene erhebliche Gefahr, einen Menschen aus der Hand der Räuber oder Mörder, aus Wasser- und Feuersnoth, oder aus einer andern drohenden Lebensgefahr retten könnte; und es unterlässt: soll, wenn der andere wirklich das Leben einbüsst, vierzehntägige Gefängnissstrafe leiden. Und ergänzend § 785: "Wer einen Scheintodten antrifft, muss, bei Vermeidung der [in] § 782 angedrohten Strafe, ihm schleunige Hülfe leisten, und hat dafür vom Staate Vergütung der Auslagen, und die in den Polizeigesetzen bestimmte Belohnung zu erwarten."[1]

() schrieb zusammenfassend in seiner Arbeit: "Ebenso im unklaren bleiben wir im Detail darüber, warum die zahlreichen Rettungsgesellschaften des 18. Jahrhunderts zu Beginn des Folgejahrhunderts nahezu vollständig ihre Tätigkeit einstellen und auch seitens des medizinischen Systems keine sichtbaren Anstren- gungen unternommen werden, die Anschlußfähigkeit von akzidenteller Verunglückung auszubauen oder wenigstens zu erhalten. Übergreifend lassen sich drei Gründe skizzieren, die zum Abebben dieser Rettungstätigkeiten führen: Die nach wie vor grundsätzliche Deutungsunsicherheit der Medizin gegenüber Konzepten von Leben und Tod; die Abhängigkeit der Förderung durch spätabsolutistische Gouvernements und schließlich die fortwährende Aufwand-Nutzen-Frage einer Bereitschaftsorganisation in Räumen mit einer geringen Ereigniswahrscheinlichkeit."[1]


Medizin und Politik

Ärzte Um 1800 gab es einen Arzt auf etwa 10.000 bis 15.000 Menschen.[1] In Zeiten von Epidemie und Seuchen hatten sie besonders viele Leichenschauen zu leisten. Da wurde es nicht immer genau genommen. Schließlich wollte sich auch kein Arzt anstecken.

Preußen

Dadurch, dass die "Leichenschau"[3] im 18. Jh. oft durch bloßes Ansehen erfolgte - auch hier haben wir eine Verbindung zum "Scheintod"[3] - unterblieben gewissenhafte Kontrollen, ob der Schein trügt. Auch wurden keine Maßnahmen der Ersten Hilfe ergriffen, die hätten vor dem sicheren Tod bewahren können. Daher sah sich die Politik genötigt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Daher wurde 1775 im preußischen „Unterricht, durch welche Mittel plötzlich verunglückte ... Personen ... gerettet werden können" bekräftigt, was zuvor schon das Edikt in Schärfe formuliert hatte: Dass "hoffentlich ... niemand, wer er auch sey, aus falscher Schaam, albernem, durch das jetzige Edict bürgerlicher Strafe unterworfenem Vorurtheil, oder aus kindischem Eckel, Anstand nehmen [werde], dem Unglücklichen zu helfen".[4]

Deutlich gegen die Ärzte gerichtet heißt es darin auch: "Selbst dem Arzte oder Wundarzte muß nicht geglaubet werden, wenn er auf den bloßen Augenschein, oder nach ein paar flüchtigen Proben einen solchen unglücklichen Menschen vor todt erklärt."[1]

Diese Schrift wurde in mehreren Auflagen gedruckt und kostenlos verteilt. In der 3. Auflage waren es 59.000 Exemplare, in der 4. Auflage 41.500 Stück, zu einem Gesamtpreis von 280 preußischen Talern.[1]

1786 legte der Berliner Stadtphysikus Bötcher einen "Plan zur beßern und leichtern Rettung ertrunkener Personen in Berlin" vor. Darin beklagt er die schrecklichen Zustände: " Unter dieser Zeit kommt nun der herbeygerufene Chirurgus, und bringt nichts mehr, auch nichts weniger, als sein Aderlaßzeug mit. Er wiederräth das Verfahren des Pöbels, und dieser läßt von seiner Behandlung, wenn es gut gehet ab, doch aber geschiehet dieses mehr darum, wenn solches befolget wird, daß der Ertrunkene kann zur Ader gelaßen werden. Kömmt kein Bluth, so wird der Mensch für todt erklärt, und dabey bleibt es."[1]


Habsburger

1769 wurde erstmals das "Habsburgische Rettungspatent" veröffentlicht. 1792 schrieb der namhafte Prager Arzt Vincenz Zarda hierüber, dass die "Existenz kaum in den grösseren Städten bekannt, sondern beynahe vergessen ..., geschweige denn, daß es gefasset, gemerket worden sey, um die darinn enthaltenen Mitteln bey jäh zustoßenden Unglücken sogleich schicklich anwenden zu können."[1]

Da um 1800 nur wenige Menschen lesen und schreiben konnten, wurde auch verfügt, dass sich das Volk versammeln solle, um von den "Predigern"[3] die Maßnahmen der Leistungen der Ersten Hilfe zu erlernen.[1] Da noch niemand so recht verstand, was hierbei genau zwischen Leben und Tod abläuft, dürften diese Schulungen das Volk eher verunsichert und den Glauben an den Scheintod verstärkt haben.

Schriften

1787 brachte der Berliner Verleger Friedrich Maurer für das gemeine Volk den von ihm übersetzten "Katechismus der anscheinenden Todesfälle oder sogenannten Pulslosigkeiten" heraus.[1]

Leichenhäuser

Bau der Leichenhäuser

1792 wurde in Weimar das erster Leichenhaus vom Aufklärer Christoph Wilhelm Hufeland eröffnet, um den Scheintod zu entlarven. Hierüber gibt es eine detailgetreue Beschreibung: "In Weimar fand die Idee so allgemeinen Beifall, dass ohne Schwierigkeiten eine Subscription zur Eröffnung eines Leichenhauses zu Stande kam, die so gut ausfiel, dass ein Leichenhaus nach HUFELAND's [i. Orig. hervorgehoben] Angaben und unter seiner Aufsicht gebaut werden konnte. Es lag auf dem alten Gottesacker und enthielt ein grosses Zimmer, worin acht Leichen bequem liegen konnten. Es wurde durch Ofenröhren, welche unter dem Fußboden lagen, erwärmt und war mit Zugröhren versehen, um eine beständige Lufterneuerung hervorzubringen. Neben diesem grösseren Zimmer befand sich eine Stube für den Wächter mit einem Glasfenster in der Thür zur Beobachtung der Leichen. Diese Zimmer hatten eine Höhe von 12 Fuss, die Decke derselben war gewölbt. Eine Küche diente zur Bereitung der nötigen Hülfsmittel und namentlich warmer Bäder, wenn sich ja wiederkehrende Lebenszeichen darthun sollten. Damit keine, auch nicht die geringsten Zeichen des wiederkehrenden Lebens verloren gingen, bekamen die Wächter nicht allein eine sehr genaue Instruction, sondern es wurden auch Prämien für den ersten, der solche entdeckte, ausgesetzt. Um aber den Scheintodten es möglichst zu erleichtern, etwaige Zeichen von Leben von sich zu geben, wurden Hände und Füsse jedes Todten mit Fäden in Verbindung gesetzt, deren geringste Erschütterung sich durch eine damit verbundene Schelle hörbar machte."[5]

Andere Städte zogen nach. Beim Bau des Währinger Ortsfriedhof wurde 1828 ein ähnlicher "Rettungswecker" für Scheintote verwendet. Selbstmörder wurden an die Apparate nicht angeschlossen. Für den Wärter stand für die Wiederbelebung das gesamte intensivmedizinische Repertoire des 19. Jh. zur Verfügung: "Aufstellen eines galvanischen Rotationsapparates, einen auf einer Tasse sich befindlichen Schnellsieder sammt einer Flasche Wasser, Spiritus, einer gleichnamigen Lampe und Zundhölzchen, ein Kästchen mit starkem Riechmittel als Salmiakgeist, Essigäther usw., ein Kästchen mit aromatischen Tinkturen, gestoßenem Zucker und aromatischen Teesorten, Senfmehl, das in mehrere breite Leinwandstreifen eingewickelt ist, um dieselben sogleich bei der Hand zu haben, einige Bouteillen feurigen Weines und Zwieback, Klystierspritzen, Frottierbürsten, Wärmeflaschen, Flanell- und Leinwandstreifen, Aderlaßlanzetten, Blutegel, zwei Flanellmäntel, mehrere Löffel und Messer und einen bequemen Schlafsessel."[6]

1834 wurde in Ludwigslust ein Leichenhaus errichtet, in dem ab 1845 der Totengräber wohnte, um einem möglicherweise "Erwachendem" die Chance zu bieten, eine Verbindung mit der Außenwelt aufzunehmen, denn gab in weiten Kreisen eine Furcht vor dem "lebendig-begraben-werdend".[7]

Doch die Bevölkerung hielt lieber am Glauben an den Scheintod fest, als dass sie ihre Toten in die Leichenhallen brachten. Die Aufbahrung in den Leichenhäusern ging z.T. sehr schleppend voran. So wurde 1885 in Frankfurt/Main etwa 5% der Toten von der Leichenhalle aus bestattet, im Jahr 1892 - nach Bau einer neuen Leichenhalle - bereits 60%.[5] Einige Städte verbanden die Aufbahrung in einer Leichenhalle auch mit einer Prämie für den ersten Fall eines Scheintoten.

Prof. Norbert Fischer schreibt in seiner Arbeit über "Tod und Bestattung" im Kapitel "Zwischen Vernunftdenken und emotionalem Pathos" über diese Erscheinung des 18. und 19.Jh.: "Wenn es auch kaum wirklich überprüfbare Fälle von wiederauferstandenen Scheintoten gab, so bemühte man sich von aufgeklärter Seite um 'Entdämonisierung'. Beruhigend wirkten hier behördliche Vorschriften über den zeitlichen Ablauf der Bestattung und geregelte Leichenschauen."[5]

Über ihren Zusammenhang mit der grassierenden Furcht vor dem Scheintod hieß es in einer zeitgenössischen Schrift von 1796: "Zur wahren Verbesserung und der einzig guten Anstalt in dieser wichtigen Sache war der erste Schritt der, dass man allzu frühe Beerdigungen auf das feierlichste verbot. Aber da die Kennzeichen des Todes so trüglich sind, ... so fiel man endlich auf das sicherste unfehlbarste Rettungsmittel, auf Leichenhäuser. Hier muss sich der gebundene Lebenszustand zum Erwachen oder zum wirklichen Tod auflösen; hier ist schlechterdings kein Mensch mehr der Gefahr ausgesetzt, lebendig eingescharrt zu werden; denn hier werden die Leichen in offenen Särgen, unter der Aufsicht unterrichteter und beeidigter Wächter, so lange hingestellt, bis über die Gewissheit des Todes bey den Aerzten kein Zweifel mehr übrig seyn kann."[5]

Kritik an den Leichenhäusern

Der Darmstädter Medizinalrat Karl Graff rekapituliert z. B. 1837 in seiner Kritik über die Notwendigkeit von Leichenhäusern, es sei in keiner dieser Einrichtungen in Deutschland auch nur "ein einziger Fall von Erwachen oder Wiedererwecken eines Scheintoten bekannt geworden".[1]

Aussagen zum Scheintod

Aussagen des 19. Jh.

Krünitz schrieb um 1800 in seiner Encyclopädie in Bd. 73 unter dem Stichwort "Leiche" über Sterben und Tod: "Nicht Medicamente, nicht der Arzt und seine Kunst heilen die Menschen von Krankheiten ... sondern es thut der Mensch selbst, vermöge der in ihm liegenden stets wirksamen Bestrebung, seine zerütteten Theile wieder herzustellen ... damit die Natur desto ungehinderter wirken könne [...]. Alles in unserm Körper beruhet auf Bewegung, und die Hauptursache dieser Bewegung entsteht aus den physischen und mechanischen Kräften, welche in den festen Theilen sich finden. Würde nun schon die mechanische Bewegung im Körper aufhören, wie z. B. das Athemholen ist, so lehret die Erfahrung, daß dennoch die physischen Kräfte verschiedentlich zurückbleiben und in einigen Theilen sich zeigen. Hierher gehört jeder Musikel, so wie auch das Herz ... wenn letztere auch schon aus dem Körper genommen worden, so setzen sie dennoch ihre wurmförmige Bewegung einige Zeit fort ... Ist die Möglichkeit der mechanischen Bewegung geblieben – sind die Organe des Körpers noch unverletzt – und ist physische Kraft noch vorhanden: so ist auch das Vermögen, alle Bewegung weider anzufangen, noch nicht erstorben. ... Dieses aber bey einer vorhandenen Leiche, welche besonders noch volkkomene Organe hat, sogleich zu bestimmen und auszumachen, ist unmöglich, und es gründet sich hierauf die Betrüglichkeit der angegebenen gewöhnlichen Kennzeichen einer vollkommenen Leiche ... Hieraus ist das wichtige Resultat fest zu setzen, daß der Tod des Menschen keine plötzliche Verwandlung, kein Werk des Augenblicks, sondern ein stufenweiser Übergang aus dem Zustande des wirklichen Lebens in den des gebundenen, oder Scheintodes, sey: und durch diesen tritt der totale Verlust aller Lebenskraft, der vollkommene Tod erst ein ... Ja sogar die Fäulniß kann ausbleiben, und doch ist der Mensch todt. Wiederum kann sie vorhanden seyn, und der Mensch lebt noch". [1]

Christoph Wilhelm Hufeland entwickelte über das Sterben eine 3-Stufen-Theorie. [1]

Christoph Wilhelm Hufeland nannte 1783 in seiner Schrift "Über die Ungewissheit des Todes" das Beispiel von einem Ertrunkenen: Der Nichtmediziner, der einen Ertrunkenen findet, hält diesen meist für tot, „da man annimmt, der Todt erfolge in dem Moment als das Athemholen nachlasse." [1] Mit dieser Schrift wollte er den Glauben an den Scheintod zerstören, erreichte jedoch das Gegenteil.


Der Dramatiker Johann Nestroy (1801-1862) hielt nicht viel von den ärztlichen Todesfeststellungen des 19. Jh., denn er schrieb: "... die medizinische Wissenschaft ist leider noch in einem Stadium, daß die Doktoren, selbst wenn sie einen umgebracht haben, nicht einmal gewiß wissen, ob er tot ist, der Patient."[8]


Aussagen des 20. Jh.

Der frz. Biologe Jean Rostand (1894-1977) vertrat Mitte der 1960er Jahre die Auffassung: "Ein Mensch, der 1966 als tot gilt, wird vielleicht unter gleichen Umständen im Jahre 2000 noch nicht für tot erklärt."[9]

Fälle von Scheintod

Scheintote im 20. Jh.

1964 wurde in England der Fall John Higgins gemeldet. Er soll 10 Mal für tot gehalten worden ein. 3 Mal wachte Higgins erst wieder in der Leichenhalle auf.[9]

1966 wurde an der 71-jährigen New Yorker Krankenschwester Henrietta Landau der Totenschein ausgefüllt. Im Beerdigungsinstitut kam sie wieder zu sich.[9]

Am 26.7.1967 trat der 22-jährige US-Soldat Jacky Bayne im Vietnamkrieg auf eine Mine. Im Lazarett versuchten die Ärzte, ihn am Leben zu halten. Nach 45 Minuten gaben sie auf. Das EKG zeigte keinen Ausschlag. Jacky Bayne kam in die Leichenhalle. Später wollte ihn ein Wärter einbalsamieren und stellte schwache Pulsschläge am Oberschenkel fest. Sofort wurden alle Reanimationsmaßnahmen wieder aufgenommen. Nach 3 Wochen Bewusstlosigkeit kam Jacky Bayne wieder ins Leben zurück. Er trug nur leichte Sprachstörungen davon. Sein zerfetztes rechtes Bein musste hingegen amputiert werden.[9]


Scheintote im 21. Jh.

März 2015 stellte in einem Gelsenkirchener Pflegeheim die Pflegefachkraft an einer 92-jährigen Bewohnerin weder Atmung noch Puls fest. Hierauf rief sie einen Arzt, der schließlich den Totenschein ausfüllte. Die 92-Jährige wurde vom Bestatter abgeholt und schlug bei ihm plötzlich die Augen auf. Es war vom Arzt die Leichenschau nicht ordentlich durchgeführt worden. 2 Tage später starb die Oma im Krankenhaus.[10]

Anhang

Anmerkungen

  1. Hierbei wurde vor allem rektale Tabakeinblasungen empfohlen, weniger orale.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r http://pub.uni-bielefeld.de/luur/download?func=downloadFile&recordOId=2301553&fileOId=2301559 Zugriff am 2.9.2015.
  2. a b Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens uni" wurde kein Text angegeben.
  3. a b c Bis heute ist der Begriff des Schauens erhalten geblieben. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Anm.“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Anm.“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  4. "Unterricht, durch welche Mittel plötzlich verunglückte, todt scheinende Personen in den meisten Fällen gerettet werden können“, 3. Seite (GStA PK, I. HA., Rep. 76 VIII A, Nr. 2341, Pag. 42). Zitiert nach: http://pub.uni-bielefeld.de/luur/download?func=downloadFile&recordOId=2301553&fileOId=2301559 Zugriff am 2.9.2015.
  5. a b c d http://www.n-fischer.de/tod_geschichte_3.html Zugriff am 2.9.2015.
  6. http://www.springermedizin.at/artikel/6215-der-tod-muss-ein-wiener-sein-altes-medizinisches-wien-51 Zugriff am 2.9.2015.
  7. http://pix.kirche-mv.de/fileadmin/elkm/propstei_parchim/ludwigslust/friedhof/geschichte_friedhof_ludwigslust_internet.pdf Zugriff am 2.9.2015.
  8. http://www.springermedizin.at/artikel/6215-der-tod-muss-ein-wiener-sein-altes-medizinisches-wien-51 Zugriff am 2.9.2015.
  9. a b c d http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46196251.html Zugriff am 22.8.2015.
  10. http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/scheintod/wieso-wurde-die-alte-dame-fuer-tot-erklaert-40294266.bild.html Zugriff 22.8.2015.