Lernen

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Lernen ist der Erwerb neuen Verhaltens. Erfahrungen steuern Wachstum und Verbindungen von Nervenzellen, je früher im Leben, desto intensiver. Jenseits einer bestimmten Reifungsperiode des Gehirns, welche nicht zum Erwerb neuen Verhaltens genutzt wurden, können diese nicht mehr erlernt werden (Kaspar-Hauser-Effekt).[1]

Die Regel des kanadischen Psychologen Donald Hebb besagt: "Wenn ein Axon des Neurons A nahe genug an einem Neuron B liegt, so dass die Zelle B dauernd vom Neuron A erregt wird, so wird die Effizienz von Neuron A für die Erregung des Neurons B durch einen Wachstumgsprozess oder eine Stoffwechselverlängerung in beiden oder einem von beiden Neuronen erhöht."[1]

Synapsen, die so reagieren, nennt man "Hebb-Synapsen". Sie liegen vorwiegend im Neokortex und limbischen System. "Lernen und Erfahrungen im Gedächtnis speichern, bedeutet also eine strukturelle Veränderung der kortikalen Neuronen und ihrer Synapsen."[1]

Die apikalen dentritischen Synapsen und Spines sind die wesentlichen Orte des Lernens und der erworbenen Individualität. Im Laufe des Lebens stehen immer weniger unberührte Synapsen für das Erlernen von Neuem zur Verfügung.[1]

Beim Lernen wird zwischen impliziertem und expliziertem Lernen unterschieden:[1]

  • Impliziertes Lernen
    Impliziertes Lernen sind erlernte Verhaltensweisen. Sie werden im Unterbewusstsein erworben und wiedergegeben.
  • Expliziertes Lernen
    Expliziertes Lernen verschafft Gedächtnisvorräte, dem dem bewussten Zugriff zugänglich sind (Wissensgedächtnis).


https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/lernen-von-zelle-zu-zelle

Die Übertragung von elektrischer Erregung erfolgt an der Synapse, wo chemische Botenstoffe aus der präsynaptischen Zelle Vorgänge in der postsynaptischen Zelle auslösen. Informationen werden gespeichert, indem sich diese Reizweiterleitung oder die Verschaltung der Zellen verändert. Eine Zelle, die häufig eine andere Zelle aktiviert, wird immer besser darin, sie zu aktivieren. Dieser Effekt heißt Langzeitpotenzierung (LTP). Der gegenteilige Effekt heißt Langzeitdepression (LTD). Darüber hinaus können sich auch beim Erwachsenen ganz neue Synapsen und sogar neue Zellen bilden.

Wir brauchen unseren Schlaf, damit sich das neu Gelernte festigen kann. Die Übertragung der zu lernenden Informationen vom Hippocampus zum Großhirn erfolgt vor allem nachts.[2]

Lernen als biologischer Vorgang

Lernen führt zu strukturellen Veränderungen im Gehirn, wie Ramón y Cajal bereits 1894 feststellte.[3]

Ratten lieben von Natur aus dunkle Räume. Amerikanische Forscher haben Ratten darauf trainiert, dunkle Räume zu meiden. Nachdem die Ratten die "Dunkelangst" gelernt hatten, wurden sie getötet. Aus ihrem Gehirn wurde ein Extrakt hergestellt, das normalen Ratten eingespritzt. Danach mieden auch diese Ratten dunkle Räume. Dies wurde in anderen Labartorien wiederholt, aber nie mit Erfolg bestätigt.[4]

An der Universität Göteborg wurde eine Gruppe Ratten zum Seiltanzen angeregt, indem sie für langes Obenbleiben mit Futter belohnt wurden. Die Kontrollgruppe wurde davon unabhängig gefüttert. Dabei wurde festgestellt:[5]

  • Die eine Gruppe lernte Seiltanzen, die andere nicht.
  • Die "Seiltänzer" hatten rund 12% mehr RNA als die Kontrollgruppe.
  • Bei den "Seiltänzern" hatte sich die Basensequenz der RNA geändert.

An der Universität Michigan wurden Plattwürmer und später Goldfische, die sonst zum Licht streben, durch schwache Stromschläge darauf trainiert, eine Lichtquelle zu meiden. Nach dem Lernvorgang wurde einer Gruppe von ihnen eine chemische Substanz verabreicht, die die Bildung von Proteinen hemmt. Die Tiere lernten weiterhin genauso schnell, doch den behandelten Tieren fehlte die Erinnerung an das Langzeitgedächtnis.[6]

Gourdon entnahm 1968 der Darmzelle einer Kaulquappe der Kern und setzte ihn einer entkernten Eizelle eines Frosches ein. Die Eizelle entwickelte sich nicht zu einem Darm einer Kaulquappe, sondern zu einem normalen Frosch. Französische Forscher haben entdeckt, dass bestimmte Eiweißmoleküle, sogenannte Unterdrücker (Repressoren), bestimmte Funktionen der Zellen blockieren und somit die Spezialisierung bewirken. Die Gehirnzellen haben sich so weit spezialisiert, dass sie sich nie wieder teilen und auch nie in ihren Urzustand zurückkehren können. "Aus diesem Grunde allein könne wir mit unseren Gehirnzellen - und nur mit diesen - denken."[7]




Rekorde

Der Schwede Marwin Wallonius im Jahr 2015 einen neuen Weltrekord auf: Er merkte sich in 5 Minuten 520 Ziffern und gab sie in 10 Minuten fehlerfrei wieder.[8]


Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. a b c d e Hermann Bünte, Klaus Bünte: Das Spektrum der Medizin. Illustriertes Handbuch von den Grundlagen bis zur Klinik. Stuttgart 2004, 1553.
  2. Christiane Stenger: Wer lernen will, muss fühlen. Wie unsere Sinne dem Gedächtnis helfen. Reinbeck 2016, 88f.
  3. Dick Swaab: Wir sind unser Gehirn. Wie wir denken, leiden und lieben. München 2010, 322.
  4. Siehe: Frederic Vester: Denken, Lernen, Vergessen. Was geht in unserem Kopf vor, wie lernt das Gehirn, und wann lässt es uns im Stich? 35. Auflage. München 2012, 73-75.
  5. Siehe: Frederic Vester: Denken, Lernen, Vergessen. Was geht in unserem Kopf vor, wie lernt das Gehirn, und wann lässt es uns im Stich? 35. Auflage. München 2012, 83.
  6. Siehe: Frederic Vester: Denken, Lernen, Vergessen. Was geht in unserem Kopf vor, wie lernt das Gehirn, und wann lässt es uns im Stich? 35. Auflage. München 2012, 83.
  7. Frederic Vester: Denken, Lernen, Vergessen. Was geht in unserem Kopf vor, wie lernt das Gehirn, und wann lässt es uns im Stich? 35. Auflage. München 2012, 113.
  8. Christiane Stenger: Wer lernen will, muss fühlen. Wie unsere Sinne dem Gedächtnis helfen. Reinbeck 2016, 101f.