Ad-Hoc-Komitee 1968

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Eine aus Medizinern, Juristen und Theologen gebildete Ad-Hoc-Kommission der Harvard University schuf am 05.08.1968 das sogenannte Hirntod-Konzept. Am Anfang dieser Definition steht der Grund:

Original Zitat: ""It should be emphasized that we recommend the patient be declared dead before any effort is made to take him off a respirator, ... [because] otherwise, the physicians would be turning off the respirator on a person who is, in the present strict, technical application of law, still alive. ...

Our primary purpose is to define irreversible coma as a new criterion for death. there are two reasons why there is need for a definition: (1) Improvements in resuscitative and supportive measures have led to increased ef­forts to save those who are desperately injured. Somtimes these efforts have only pa­tial succes so that the result is an individual whose heart continues to beat but whose brain is irreversibly damaged. The burden is great on patients who suffer permanent loss of intellect, on their families, on the hospitals, and on those in need of hospital beds already occupied by these comatose patient. (2) Obsolete criteria for the defini­tion of death can lead to controversy in obtaining organs for transplantation."[1]

Kriterien der Todesfeststellung

Ilona Leska gibt in ihrer Masterarbeit auf Seite 10 die vier Kriterien zur Feststellung des Hirntodes der Ad-Hoc-Kommission der Harvard Medical School (1968) wie folgt an:[2]

  1. . keine Wahrnehmbarkeit von Reizungen der Sinne sowie kein Reagieren auf Reizungen,
  2. . Ausfallen von Atmung und Bewegungen,
  3. . vollständiger Reflexausfall und
  4. . ein Null-Linien-EEG

Übersetzungen

Übersetzung von Hoff:

Es sei betont, dass wir empfehlen, dass der Patient für tot erklärt wird, bevor jeder weitere Schritt unternommen wird, um das Beatmungsgerät, an das er angeschlossen ist abzuschalten ... sonst würden die Ärzte die künstliche Beatmung einer Person abstellen, die nach strikter Anwendung des gegenwärtig geltenden Rechts im juristisch-medizinischen Sinne noch am Leben ist. ...

Unser primäres Anliegen ist es, das irreversible Koma als neues Todeskriterium zu definieren. Es gibt zwei Gründe für den Bedarf an einer neuen Definition:

  1. Der medizinische Fortschritt auf den Gebieten der Wiederbelebung und der Unterstützung lebenserhaltender Funktionen hat zu verstärkten Bemühungen geführt, das Leben auch schwerstverletzter Menschen zu retten. Manchmal haben diese Bemühungen nur teilweisen Erfolg: Das Ergebnis sind dann Individuen, deren Herz fortfährt zu schlagen, während ihr Gehirn irreversibel zerstört ist. Eine schwere Last ruht auf den Patienten, die den permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, auf ihren Familien, auf den Krankenhäusern und auf solchen Patienten, die auf von diesen komatösen Patienten belegte Krankenhausbetten angewiesen sind.
  2. Überholte Kriterien für die Definition des Todes können zu Kontroversen bei der Beschaffung von Organen zur Transplantation führen.[3]

Übersetzung von Wolfram Höfling:

Unser primäres Anliegen ist, das irreversible Koma als neues Todeskriterium zu definieren. Es gibt zwei Gründe für den Bedarf an einer neuen Definiton: Der medizinische Fortschritt auf den Gebieten der Wiederbelebung und der Unterstützung lebenserhaltender Funktionen hat zu verstärkten Bemühungen geführt, das Leben auch schwerstverletzter Menschen zu retten. Manchmal haben diese Bemühungen nur teilweisen Erfolg: Das Ergebnis sind dann Individuen, deren Herz fortfährt zu schlagen, während ihr Gehirn irreversibel zerstört ist. Eine schwere Last ruht auf den Patienten, die den permanenten Verlust ihres Intellekts erleiden, auf ihren Familien, auf den Krankenhäusern und auf solchen Patienten, die auf von diesen komatösen Patienten belegte Krankenhausbetten angewiesen sind. Obsolete Kriterien für die Definition des Todes können zu Kontroversen bei der Beschaffung von Spenderorganen führen.[4]


Von Kritikern wird meist nur der wesentlich kürzere 2. Punkt genannt. Der rund viermal so lange 1. Punkt, der zu diesem Zeitpunkt nachweislich schon über 8 Jahre praktiziert wurde, wird von ihnen verschwiegen.

Sonstiges

Zitate

Dag Moskopp geht als Neurochirurg und Wissenschaftler mit dem Papier der Ad-Hoc-Kommission hart ins Gericht:[5]

Das Harvard-Papier (Ad hoc 1968) erweist sich bei genauerer Betrachtung mehrdimensonal als fragwürdig - sowohl handwerklich als auch konzeptionell. Dabei soll an dieser Stelle noch nicht einmal vertieft werden, dass man sich als erstes gewünscht hätte, dass nicht gerade ein Protagonist wie Henry K. Beecher, mit einer derartigen Verstrickung zu Machenschaften des CIA und des Nationalsozialismus, als Chef des Kommittees fungierte (Koch u. Wech 2003, McCoy 2007). Des Weiteren bleibt es sicherlich dem Leser dieses Boston-Reports unverständlich, weswegen die Kommission einer weltweit renomierten Universität zu diesem besonderen Thema ein Papier schreibt, das nur eine Textreferenz ausweist, nämlich die der Papstrede (die es fraglos verdient hat). Auch manch anderes Detaill erschließt sich nicht - etwa, weswegen Patienten aus Bostoner Sicht damals bis 32,3°C abgekühlt sein durften, wenn eine Untersuchung auf das Vorliegen des Hirntodes vorgenommen werden soll, oder weswegen ausgerechnet ein Stillstand der extrakraniellen Retinadurchblutung (!) repräsentativ für einen intrakraniellen, zerebrovaskulären Stillstand sein soll. Aus welchem Grund sollte auch 'ad hoc' und derart disproportioniert zum weltweit publizierten Wissensstand 1968 aus der Harvard Universität Stellung genommen werden? Belastbar publiziertes Wissen hierzu ist rar.

Infos

Am 05.08.1968 formulierte die 22. Weltmedizinische Versammlung eine wesentliche Aussage zum menschlichen Tod. Als Willkür der Geschichte veröffentlichte das Journal of the American Medical Association am selben Tag einen wegweisenden Artikel, eine Definition des irreversiblen Komas, den Bericht des Ad Hoc-Ausschusses der Harvard Medical School zur Untersuchung der Definition des Hirntodes.[6]

„Der Harvard-Bericht hatte folgenschwere Auswirkungen und stellte einen bahnbrechenden Bericht dar, der ein Paradigma für die Definition des Todes nach neurologischen Kriterien etablierte. Nachdem der Bericht des Harvard-Ausschusses veröffentlicht wurde, wurde der Hirntod weitgehend akzeptiert.“[6]

Anhang

Anmerkungen


Einzelnachweise

  1. The Ad-Hoc Committee of the Harvard Medical School to Examine the Definition of Brain Death: A definition of irreversible coma. JAMA 1968; 205:337-340.
  2. Ilona Leska: Organspende im Spannungsfeld verschiedener Interessen und die Notwendigkeit einer unabhängigen und ergebnisoffenen Beratung. (Masterarbeit) Mittweida 2015. Nach: https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/6187/file/Masterarbeit+Bibliotheksexemplar.pdf Zugriff am 12.03.2019.
  3. Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche von Hoff. In: Schmitten (Hg.): Wann ist der Mensch tot? Reinbek 1994, S.157.
    Weitere Übersetzung in: Bernard N. Schumacher: Der Tod in der Philosophie der Gegenwart. Darmstadt 2004, 28.
  4. Wolfram Höfling: Rechtliche Grenzen medizinischer Innovation: Lebensschutz – Lebensrecht. In: Konrad Adenauer-Stiftung (Hg.): Innovationen in Medizin und Gesundheitswesen. Freiburg 2010, 407f. Nach: http://www.kas.de/upload/dokumente/verlagspublikationen/Innovation-Medizin/innovation_medizin_hoefling.pdf Zugriff am 28.2.2018.
  5. Dag Moskopp: Hirntod: Konzept und Kontext. In: Stephan M. Probst: Hirntod und Organspende aus interkultureller Sicht. Leipzig 2019, 47.
  6. a b Calixto Machado, Julius Korein, Yazmina Ferrer, Liana Portela, Maria de la C García, and José M Manero: The concept of brain death did not evolve to benefit organ transplants. In: J Med Ethics. 2007 Apr; 33(4): 197-200. Nach: https://europepmc.org/articles/pmc2652772 Zugriff am 22.07.2019.