"Hirntod" im Bundestag

Aus Organspende-Wiki
Version vom 20. Dezember 2020, 17:52 Uhr von Klaus (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „ === 19. Wahlperiode === * 14.09.2018: Plenarprotokoll 19/50<ref>Deutscher Bundestag – 19 Wahlperiode – 50 Sitzung Berlin, Freitag, den 14 September 2018…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen


19. Wahlperiode

  • 14.09.2018: Plenarprotokoll 19/50[1]
    • Stephan Pilsinger (CDU/CSU): "Ein weiterer wichtiger Punkt, den der Gesetzentwurf enthält, ist die Einrichtung neurologischer konsiliarärztlicher Bereitschaftsdienste. Damit wird sichergestellt, dass in jedem Entnahmekrankenhaus zeitnah der Hirntod festgestellt werden kann. Aktuell ist das Problem, dass gerade kleinere Häuser nicht über das notwendige Know-how verfügen." (5294)
  • 28.11.2018: Plenarprotokoll 19/67[2]
    • Dr. Axel Gehrke (AfD): "Wie steht es mit Verfügungserklärungen vieler Menschen, das Leben nicht unnötig zu verlängern, das heißt, die Geräte abzuschalten, auch wenn der Hirntod noch nicht eingetreten ist?" (7585)
    • Robby Schlund (AfD): "Der Hirntod ist ein sicheres Zeichen für den Tod eines Patienten. Nur dann kann ein Organ entnommen werden. Aber wie sicher ist denn die Hirntoddiagnostik in Deutschland? Das Transplantationsgesetz, § 5, regelt, dass zwei dafür qualifizierte Ärzte unabhängig voneinander in drei Stufen über den Hirntod und dessen Unumkehrbarkeit entscheiden. Diese Ärzte sind nicht an Entnahme und Übertragung der Organe beteiligt. Danach erfolgt eine Meldung an die Deutsche Stiftung Organtransplantation und an Eurotransplant. Erst bei der Entnahmeoperation wird endgültig entschieden, ob ein Organ wirklich zur Transplantation geeignet ist oder nicht. So weit, so gut und logisch nachvollziehbar.
      Doch laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ aus dem Jahr 2014 werden in deutschen Krankenhäusern manchmal Menschen fälschlicherweise für hirntot erklärt. Die Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes erfordern hohen Sachverstand. Die Ärzte werden zum Teil unzureichend dazu ausgebildet. Das ist der Vorwurf. So zum Beispiel bei einem Kleinkind: Organe wurden entnommen, ohne dass der Hirntod korrekt diagnostiziert wurde. ...
      Fangen wir erst einmal an, ein vernünftiges Entscheidungsregister einzuführen, das lange überfällige Dialyseregister ins Leben zu rufen und mit dem Transplantationsregister zu verknüpfen. So wird ein Schuh draus. Schnüren Sie ein Maßnahmenpaket, das die hirntodfeststellenden Ärzte besser befähigt! Motivieren Sie freiwillige Organspender mit extra Bonuspunkten auf der Priorisierungsliste! Ich persönlich wünsche mir, dass der hohe Standard der bewussten Entscheidung in Deutschland erhalten bleibt; denn die Organspende ist nun einmal eine Spende. Und Spenden sind zumindest für mich immer freiwillig." (7596)
    • Harald Weinberg (DIE LINKE): "Nach der Widerspruchslösung muss jemand eine Organentnahme nach Eintreten des Hirntodes dulden, wenn er zu Lebzeiten nicht widersprochen hat. Der Hirntod an sich beendet aber nicht automatisch jeden Grundrechtsschutz, sondern verändert ihn lediglich in seinem Gehalt. Das über den Tod hinaus wirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen bewirkt, dass lebzeitige Entscheidungen und Verfügungen über den eigenen Körper und seine Organe auch nach dem Tode zu achten sind. Durch den Hirntod wird der Mensch nicht zu einem bloßen Objekt. Das ist und bleibt Kern der Menschenwürde des Artikels 1 Grundgesetz.
      ... Die Entnahme der Organe ist daher ein schwerwiegender Eingriff in höchstpersönliche Rechte, der auch nach Eintritt des Hirntods gerechtfertigt werden muss. Eine Rechtfertigung läge in jedem Falle dann vor, wenn es sogar eine Pflicht zur Duldung der Organentnahme gäbe, also eine Art Solidaritätspflicht nach dem Motto: Da jeder potenzieller Empfänger sein kann, muss man auch immer potenzieller Spender sein." (7598)
    • Georg Nüßlein (CDU/CSU): "Übrigens ist das in der Konsequenz für den Betroffenen noch viel weitergehender als die Organspende bei Hirntod." (7599)
      "Ich >bin froh, dass hier bisher noch niemand aufgetreten ist, der generell über das Hirntodkonzept diskutiert." (7600)
    • Wolfgang Kubicki (FDP): "Ich könnte jetzt auch sagen: Wir haben einfach zu wenig Gehirntote; denn das Transplantationsgesetz schreibt vor, dass Organe zum Zweck einer Transplantation nur entnommen werden dürfen, wenn der Hirntod festgestellt wurde. Ein solcher Fall – das sagen Mediziner – tritt aber nur ein, wenn der Körper mittels maschineller Beatmung mit Sauerstoff versorgt wird, da ohne eine solche Maßnahme in kurzer Zeit alle Organfunktionen erlöschen würden.
      Da beginnt ein dramatisches juristisches Problem. Jeder ärztliche Eingriff ist rechtswidrig, es sei denn, er wird durch die Zustimmung des Patienten legitimiert." (7601)
    • Kathrin Vogler (DIE LINKE): "Das Bewusstsein dafür ist in den letzten Jahren gewachsen, was sich in der zunehmenden Zahl von Organspenderausweisen, aber auch in einer überwiegend positiven Haltung der meisten Menschen zur Organspende nach dem Hirntod ausdrückt." (7602)
    • Rudolf Henke (CDU/CSU): "Es ist dokumentiert, dass 36 Prozent der Menschen in Deutschland einen Organspendeausweis haben. Deshalb, glaube ich, ist der Ansatzpunkt eine Veränderung der Realität in den Krankenhäusern, die dafür sorgt, dass wenigstens diese 36 Prozent der Menschen, die bereit sind, sich als Spender zur Verfügung zu stellen, diesen Willen tatsächlich erfüllt bekommen, wenn sie den Hirntod erleiden.
      Ich finde, wir sollten uns jetzt auf den Gesetzentwurf konzentrieren, den Jens Spahn in den Deutschen Bundestag einbringen wird. Weil eben in einer Rede von einem Spender die Rede war, bei dem die Hirntoddiagnostik falsch gewesen wäre, will ich auch sagen, dass die Qualität der Hirntodfeststellung in Deutschland gut und die Hirntoddiagnostik sicher ist. Auch in diesem Fall hat sich später gezeigt – das hat die DSO genau analysiert –, dass der Spender bei der Organentnahme tatsächlich hirntot gewesen ist." (7608)[Anm. 1]
    • Mario Mieruch (fraktionslos): "Wir brauchen den breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, ab wann wir von Hirntod reden oder wie wir das definieren wollen." (7612)
    • Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU): "Die Widerspruchslösung verstößt zum einen gegen das zu Lebzeiten bestehende Selbstbestimmungsrecht. Zum anderen verstößt sie gegen die objektivrechtliche Dimension der Würdegarantie in Form des sogenannten postmortalen Schutzes der mit dem Hirntod eigentlich beendeten Grundrechte aus Artikel 2 und Artikel 1 unseres Grundgesetzes." (7615)
    • Maria Flachsbarth (CDU/CSU): "... eine Vergütung der Organentnahmen, die am tatsächlichen Aufwand bemessen wird, anstatt pauschal zu erfolgen; ein flächendeckender neurologischer konsiliarärztlicher Bereitschaftsdienst, um die Krankhäuser dabei zu unterstützen, den sogenannten Hirntod festzustellen, und eine verbesserte Betreuung der Angehörigen.
      ... Es ist meiner Überzeugung nach unabdingbare Voraussetzung einer Organspende, dass eine freiwillige Zustimmung der Betroffenen selbst vorliegen muss – oder nach Eintreten des Hirntods eine freiwillige Zustimmung ihrer Angehörigen." (7664)
    • Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): "Gleichzeitig gebe ich zu bedenken, dass die Definition des Hirntods als entscheidende Voraussetzung für eine Organentnahme nach wie vor umstritten ist. Von daher kann ich jeden verstehen, der informiert eine Entscheidung gegen die Organentnahme trifft." (7664)




Anhang

Anmerkungen

  1. Nach Umfragen sollten 36% der Deutschen einen OSA besitzen. Nach Feststellung des Hirntodes sind es jedoch rund 15%, also noch nicht einmal die Hälfte.

Einzelnachweise

  1. Deutscher Bundestag – 19 Wahlperiode – 50 Sitzung Berlin, Freitag, den 14 September 2018. Nach: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19050.pdf Zugriff am 20.12.2020.
  2. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 67. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2018. Nach: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19067.pdf Zugriff am 20.12.2020.